Rede von
Georg
Kurlbaum
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die praktische Bedeutung dieses Gesetzes liegt darin, daß die Ermächtigung der Bundesregierung und des Bundeswirtschaftsministers auf Lieferauflagen und Zuteilungen an Betriebe ausgedehnt wird, wenn es das Exportinteresse oder die Einfuhr lebensnotwendiger Dinge verlangt. Das ist im wesentlichen der praktische Inhalt dieser neuen Ergänzung.
Wenn Sie sich den Umdruck Nr. 38, den wir im Dezember vorigen Jahres dem Plenum vorgelegt haben, ansehen, werden Sie feststellen, daß dieser Umdruck im wesentlichen dasselbe will, was heute von den Regierungsparteien als Ergänzung beantragt wird. Wir haben damals schon mit Bedauern festgestellt, daß im Ausschuß für Wirtschaftspolitik nach fünfminutiger Beratung unser Antrag abgelehnt worden ist. Wir haben es ganz besonders bedauert, daß dann am 25. Januar unser Antrag im Plenum wieder abgelehnt worden ist, obwohl wir ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, daß es doch eigentlich im Interesse des Ansehens des Hohen Hauses läge, wenn wir Gesetze schaffen würden, die nicht kurzfristig wieder geändert werden müssen.
Ich halte diesen Hinweis nicht nur mit Rücksicht auf diesen Einzelfall, sondern auch deshalb für notwendig, weil wir als Opposition die Beobachtung machen müssen, daß dieses Zögern, dieses stückweise Handeln heute das ganze Konzept der Koalitionsparteien und der Bundesregierung auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik beherrscht. Wir glauben uns dies allerdings auch erklären zu können; denn die Koalitionsparteien haben sich in den vergangenen Monaten und Jahren durch ihre Polemik gegen die Wirtschaftspolitik der SPD in einer sehr unglücklichen Weise festgelegt, die es ihnen sehr schwer macht, das zu tun, was die heutige Lage erfordert.
Zwei Folgen hat nun dieser Zustand. Erstens einmal kommen die Maßnahmen der Bundesregierung im wesentlichen zu spät. Dadurch müssen sie viel schärfer und einschneidender werden, als wenn sie rechtzeitig erfolgt wären. Zum zweiten wird durch diese Art des Vorgehens das Vertrauen sowohl im Inland als auch im Ausland aufs stärkste untergraben. Man erhält den Eindruck, daß die Bundesregierung nicht in der Lage ist, mit der Situation, wie sie durch den Koreakrieg entstanden ist, fertig zu werden.
— Die Engländer haben diese Sorge nicht, die Sie, meine Herren von den Koalitionsparteien, dadurch haben, daß unsere Zahlungsbilanz in Unordnung geraten ist und wir jetzt unter Kuratel einer ausländischen Kommission gestellt worden sind, die in Paris bestimmt, was wir in Zukunft einführen.
— Das hat mit unseren Nöten doch gar nichts zu tun. Wir wollen aber nicht auf das Niveau der Wahlversammlungen absinken.
— Das ist nicht der Fall.
Aber es ist Ihnen natürlich sehr unangenehm, sich einmal diese Dinge sagen lassen zu müssen.
Es ist Ihnen ganz besonders unangenehm, daß Sie
jetzt alle diese Dinge durchführen müssen, die wir
Ihnen schon vor Monaten und Jahren vorgehalten
haben.
Diese Vorgänge zwingen uns, uns bei dieser Gesetzesvorlage der Stimme zu enthalten. Wir haben auf Grund der Erfahrungen der Vergangenheit nicht das Vertrauen, daß die Bundesregierung so rechtzeitig und in einem so umfassenden Maße von der Ermächtigung Gebrauch machen wird, wie wir es für notwendig halten. Wir sehen uns daher leider gezwungen, uns bei diesem Ermächtigungsgesetz der Stimme zu enthalten.