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ID0113809600

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    Deutscher Bundestag - 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 5425 138. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 Geschäftliche Mitteilungen 5426D Eintritt des Abg. Merten in den Bundestag 5426D Mandatsniederlegung des Abg. Nuding . . 5426D Zur Tagesordnung 5432B, 5466C Dritte Beratung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg -Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849, 2160 der Drucksachen) . . 5427A, 5442C Maier (Freiburg) (SPD) 5427A Dr. Kopf (CDU) . . 5429D, 5448C, 5449B Dr. Fink (BP) 5432B Dr. von Merkatz (DP) 5433C Freudenberg (FDP -Hosp.) 5435A Dr. Hamacher (Z): zur Sache 5436B zur Abstimmung 5446D Kiesinger (CDU) 5437C, 5448D Mayer (Stuttgart) (FDP) 5438D von Thadden (DRP) 5439C, 5448A Fisch (KPD) 5440A Wohleb, Staatspräsident von Baden 5440D Dr. Jaeger (CSU) 5442D Dr. Wuermeling (CDU) 5444B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 5444D Mehs (CDU) 5445B, 5447C Erler (SPD) 5446B Farke (DP) 5447D Abstimmungen . . 5442D, 5446D, 5448A, 5449A Wahl der Wahlmänner zur Wahl der Richter beim Bundesverfassungsgericht (Umdruck Nr. 157) 5432B, 5442A Dr. Seelos (BP) (zur Abstimmung) . 5442A Beschlußfassung 5442B, 5449B, 5460C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Erhöhung der Dienstbezüge der Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 2096 der Drucksachen) . . 5449C Pannenbecker (Z), Antragsteller . 5449D Gundelach (KPD) 5451D Dr. Wuermeling (CDU) 5452B Dr. Menzel (SPD) 5453B Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . . 5454C Ausschußüberweisung 5455B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Aufhebung des Verbots der „Wahrheit" und der „Volkstimme" durch die Alliierte Hohe Kommission (Nr. 2125 der Drucksachen) 5455B Fisch (KPD), Antragsteller 5455B Bausch (CDU) 5457B Übergang zur Tagesordnung 5457C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister (Nr. 2184 der Drucksachen) 5457C Beschlußfassung 5457D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19. Dezember 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island (Nr. 2150 der Drucksachen) 5457D Ausschußüberweisung 5457D Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr Müller (Bonn), Dr. Horlacher u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Nr. 2107 der Drucksachen) 5458A Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5458A Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Zuckerungsfrist bei Wein (Nr. 2163 der Drucksachen) 5458C Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nr. 2148 der Drucksachen) 5458C Renner (KPD) : zur Geschäftsordnung 5458D zur Sache 5461B Mende (FDP), Antragsteller . . . 5459B Dr. Laforet (CSU) 5460D Bazille (SPD) 5462B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5464A Frau Kalinke (DP) 5464C, 5465C Frau Arnold (Z) 5465A Ausschußüberweisung 5465B Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2164 der Drucksachen) 5465C Ausschußüberweisung 5465C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Nr. 2051 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2156 der Drucksachen) 5465C Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . 5465D Beschlußfassung 5466A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes (Nr. 1575 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2077 der Drucksachen, Änderungsanträge Umdruck Nrn. 79, 120 [neu], 126) 5466A, 5469B Eickhoff (DP), Berichterstatter . . . 5469B Dr. Horlacher (CSU) 5470A Dr. Gülich (SPD) 5471A, 54'73D Dr. Kneipp (FDP) 5473A Dr. Bertram (Z) 5473C, 5474A Dannemann (FDP) 5474A Abstimmungen 5474B, D Weiterberatung wegen Beschlußunfähigkeit vertagt 5475A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans (Nr. 1905 der Drucksachen) 5466B Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5466B Beratung abgesetzt 5466B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Neue Wellenlänge für Radio München (Nrn. 2016, 1137 der Drucksachen) 5466C Beratung zurückgestellt 5466C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Herausgabe neuer Briefmarken durch die Bundespost (Nrn 2035, 1797 der Drucksachen) 5466C Stahl (FDP), Berichterstatter . . . 5466C Dr. Bergstraeßer (SPD) 5467B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 5468C Beschlußfassung 5469D Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 5475C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Michael Horlacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich bemühen, in aller Kürze die jetzt vorliegenden Anträge zu behandeln, damit wir uns auskennen, wie auch die Abstimmung vorgenommen werden kann.
    Es handelt sich zunächst um die Vorgeschichte dieses Antrages. Sie ist sehr lang. Damit hat sich auch der Bundesrat schon beschäftigt, und der Bundesrat hat beinahe einen ähnlichen Antrag angenommen, wie ich ihn später hier im Hause eingebracht habe, und zwar ist der Antrag damals im Bundesrat mit 21 gegen 15 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen worden. Ich habe nun in meinem weitergehenden Antrag diesen Vorschlag des Bundesrates dazu verwendet, Ihnen den Änderungsantrag vorzulegen, den Sie in Händen haben, wonach in § 18 Abs. 1 eine neue Ziffer 22 eingefügt werden soll.
    Das Wesentliche dieses Antrages ist die Steuerfreiheit bei geschlossener Hofübergabe. Während der Bundesratsantrag beim Einheitswert bis zu einer Grenze von 100 000 DM gehen wollte, und zwar in der Form, daß die Länder die Ermächtigung bekommen sollten, hier besondere Vorschriften zu erlassen, habe ich das hier eigentlich auf die Bedürfnisse des Bauerntums zurückgeführt und habe dann in meinem Antrag zum Ausdruck gebracht, daß man eine steuerfreie Grenze von 30000 DM bis zu einem Einheitswert von 90 000 DM einsetzen sollte, mit der Maßgabe, daß sich bei einem Einheitswert über 90 000 DM der Freibetrag je angefangene 10 000 DM um 5000 DM ermäßigt. so daß also hier in der Steuergesetzgebung kein Snrung mehr ist, sondern der steuerfreie Betrag bei einem Einheitswert von 140 000 DM wieder ausläuft. Das ist der eine — weitergehende — Antrag. der auf die Notwendigkeit der geschlossenen Hofübergabe Rücksicht nimmt. Es ist begrenzt bis zu einem gewissen Einheitswert, in der Regel wirksam bis 90000. 100 000 DM, und dann fällt ja diese Steuerfreiheit ab.
    Der andere Antrag, den der Ausschuß angenommen hat, ermäßigt hier die Steuerklassen, und zwar führt er die Steuerklassen III und IV auf die Steuerklasse II zurück. Naturgemäß ist das eine gewisse Erleichterung.
    Ich habe dafür Sorge getragen, daß ich Unterlagen bekommen habe. Ich habe die Unterlagen aus wirklichen Verhältnissen bei der Hofübergabe und im Falle der Erbschaft jetzt da. Da hat sich folgendes gezeigt. Ich habe hier z. B. die Zahlen für einen Hof, dessen steuerpflichtiger Wert für den Erwerber — nach Abzügen für Kinder usw. — 7100 DM beträgt. Bei Steuerklasse III beläuft sich hier die Erbschaftsteuer auf 12 0/o gleich 852 DM, nach dem Antrag des Ausschusses auf 568 DM. Ich habe einen andern Fall, wo das Anwesen auf einen entfernteren Verwandten, auf den Brudersohn übergegangen ist: reiner Nachlaß 30 540 DM, Steuern für jeden der beiden in Frage kommenden Erben 2432 DM, nach dem Antrag des Ausschusses 1832 DM, nach meinem Antrag 28 DM für jeden Erben,
    bei dem ersten von mir genannten Fall Steuerfreiheit.
    Dann die Übergabe an die Schwester: Erwerb 9831 DM, Steuer nach den jetzigen gesetzlichen Bestimmungen 1176 DM, nach dem Ausschußbeschluß 784 DM. Dann einen andern Fall, wo es sich um den Übergang eines größeren Anwesens — 76 500 DM — handelt: Steuerklasse III, 22 % Erbschaftsteuer gleich 17 182 DM, nach dem Antrag des Ausschusses 14 074 DM, nach meinem Antrag 9 620 DM. Weiter habe ich einen andern Fall, wo es sich um ein Anwesen mit einem Einheitswert von 21 400 DM handelt: steuerpflichtiger Erwerb 14 542 DM, Steuer nach Steuerklasse IV 2320 DM, bei Überführung in Steuerklasse II 2035 DM, nach meinem Antrag bei diesem verhältnismäßig kleinen Anwesen Steuerfreiheit.
    Aus diesen Beispielen sehen Sie, daß der Antrag des Ausschusses nicht das bewirkt, was man eigentlich „Förderung der geschlossenen Hofübergabe" heißen könnte. Denn in den Beispielen, deren ich noch mehrere anführen könnte, ermäßigen sich zwar die Beträge nach dem Antrag des Ausschusses, sind aber doch noch hoch genug, um einen Anreiz dafür zu bieten, eine Erbteilung vorzunehmen, um in den Genuß der Erbschaftsteuerfreiheit zu kommen. Deswegen würde ich Sie dringend bitten, meinem Antrage zuzustimmen.
    Nun ein weiteres. Nach meiner Ansicht wäre dann zunächst über den Antrag Horlacher abzustimmen und dann über den Antrag des Ausschusses, weil der auch noch weiter geht als der Antrag Ollenhauer und Fraktion, über den danach abzustimmen wäre. Zu diesem Antrag will ich weiter nicht Stellung nehmen; Herr Professor Dr. Gülich, das ist ja Ihre Aufgabe. Aber ich möchte die Unterschiede aufzeigen. Der Antrag Ollenhauer und Fraktion kennzeichnet sich dadurch, daß er sich grundsätzlich auf die Kriegsverhältnisse beschränkt, also auf die Fälle, wo der eigentliche Erbe durch Kriegsereignisse oder deren Folgen ausgefallen ist. Ich will nicht etwa sagen, der Antrag würde gewisse Fälle nicht richtig treffen, weil er bis zu einem Einheitswert von 30 000 DM die Überführung der Fälle mit den Steuerklassen II, III und IV in die Steuerklasse I vorsieht. Aber er geht immerhin nicht so weit wie der Antrag des Ausschusses. Bei einem Einheitswert bis zu 50 000 DM sieht er dann die Überführung in Steuerklasse II vor.
    Dagegen würde ich es für notwendig halten, daß wir unter allen Umständen, wenn die Abstimmungen entsprechend ausfallen sollten, den Antrag des Ausschusses noch durch den Satz ergänzen, der in dem Antrag Ollenhauer und Fraktion am Schluß der Ziffer 1 steht:
    Die Steuerfreiheit kommt in Fortfall, wennein Betrieb, dem diese Steuervergünstigung gewährt worden ist, innerhalb von 15 Jahren nach Eintritt des Erbfalls oder nach Abschluß des Übergabevertrages veräußert wird.
    Diese Sicherungsklausel haben wir in allen aus den
    bisherigen Beratungen hervorgegangenen Fassungen gehabt, denn wir wollen ein bodenständiges
    Bauerntum und die Gewähr haben, daß der Grundbesitz während dieser Zeit nicht veräußert wird
    Zu der Ziffer 2, die durch Einfügung der Worte
    „oder eines wüsten Hofes" ein neues Moment
    bringt, wird ja die antragstellende Fraktion selber
    Stellung nehmen.
    Ich würde dann also so verfahren: Zunächst Abstimmung über den Antrag Horlacher, der der


    (Dr. Horlacher)

    weitergehende Antrag ist, dann über den Antrag des Ausschusses und dann über den Antrag Ollenhauer und Fraktion.
    Ich bitte die Damen und Herren aber wegen der allgemeinen Gesichtspunkte, die hier in Frage kommen, dringend, dem von mir und meinen Freunden eingebrachten Antrag die Zustimmung zu erteilen. Ich habe Sie sicherlich nicht lange aufgehalten; ich habe mich bemüht, Ihnen zu erläutern, was hier vorliegt.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Gülich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es auch nicht gerade reizvoll ist, vor einem fast leeren Hause zu sprechen, so muß ich doch etwas zu dem Antrag des Ausschusses und dem Antrag Dr. Horlacher sagen. Beide Anträge bezwecken eine einseitige Bevorzugung der Landwirtschaft, der aus volkswirtschaftlichen und finanzpolitischen Erwägungen widersprochen werden muß.
    Über die Einführung von Vergünstigungen bei der Erbschaftsteuer ist ja seit Jahren von den Länderfinanzministern verhandelt worden, so daß uns diese Frage jetzt nicht neu ist. Nach den Ergebnissen dieser Erörterungen, nach meinen Erfahrungen und auch nach den Ausführungen eines sachverständigen Oberfinanzpräsidenten, den wir im Ausschuß gehört haben, liegen die Verhältnisse doch offenbar so, daß die Belastung der Landwirtschaft durch die Erbschaftsteuer von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Es ist uns klar geworden, daß in den Gebieten mit fortschreitender Zersplitterung des Klein- und Mittelbesitzes nicht die Erbschaftsteuer der Grund für die Zersplitterung ist und auch nicht einer der Gründe "dafür. Der Zerplitterung muß mit agrarpolitischen und wirtschaftspolitischen Mitteln begegnet werden, aber nicht mit steuerpolitischen.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Abg. Stücklen: Auch mit steuerpolitischen!)

    — Steuerpolitische Maßnahmen können der Zersplitterung nicht Einhalt gebieten, sondern nur eine Verbesserung aller Lebensbedingungen auf dem flachen Lande.
    Das Argument, das wir auch immer wieder hören, daß der Ertrag in der Landwirtschaft nur karg sei, die Landwirtschaft also eine karge Rente abwerfe, müssen wir grundsätzlich aus unseren Betrachtungen ausschalten. Die Erbschaftsteuer ist ihrem Wesen nach eine Substanzsteuer. Wenn wir den Gesichtspunkt des Ertrages überhaupt in Rechnung stellen, dann kommen mit größerem Recht der Hausbesitz oder die Fischerei und fordern ähnliche Steuervergünstigungen. Die Kollegen aus dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen erinnern sich, daß ja auch aus Gründen steuerlicher Gerechtigkeit, wie es hieß, im Ausschuß beantragt worden war, die Steuerbegünstigung auf gewerbliche Betriebe auszudehnen.

    (Abg. Stücklen: Sehr gut!)

    — Sehr gut!, sagen Sie. Aber wir können es ja nicht verantworten, daß wir ein Gebiet nach dem andern ausnehmen. Ich stimme Ihnen zu: Wenn wir die Steuervergünstigung in diesem Umfang für die Landwirtschaft einführen wollten, dann müßten wir sie auch für die gewerblichen Betriebe einführen. Wir brauchen nur an die große Zahl der handwerklichen Betriebe auf dem Lande zu denken, wir brauchen nur an die Hausbesitzer und an die Seefischer zu denken. Für diese müßten wir dann dieselbe Vergünstigung auch einführen.

    (Zuruf rechts.)

    — Ich habe Sie nicht verstanden.

    (Zuruf rechts: Die haben auch keine politischen Preise!)

    — Nein, das ist allerdings richtig. — Das Bedenkliche und das Unverständliche am Antrag des Finanzausschusses, aber auch am Antrag des Kollegen Horlacher ist, daß beide die Steuerbegünstigung ohne Rücksicht auf die Größe des Betriebes anwenden wollen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Horlacher.)

    Die Einreihung der Erwerber von landwirtschaftlichen Betrieben im Erbfolgegang in Steuerklasse II oder I — nach dem Ausschußantrag in II — ist nur gerechtfertigt, soweit es sich um Familienbetriebe handelt. Denn eine Zerschlagung von Familienbetriebseinheiten kann nicht im Sinne einer gesunden Agrarpolitik sein. Wer die Erhaltung und Förderung unserer bäuerlichen Familienbetriebe wünscht, der muß dafür eintreten, daß hier nicht durch steuerpolitische Maßnahmen der geschlossene Hofübergang gefährdet wird.
    Nun bin ich weiterhin der Meinung — wir haben das im Ausschuß ja bereits verhandelt —, daß die Steuerbegünstigung nur angewendet werden sollte, wo durch Kriegsereignisse der eigentliche Erbe ausgefallen ist. Durch den Krieg haben die Verwandtschaftsgrade ein anderes Gewicht bekommen. An die Stelle des gefallenen Sohnes tritt -der Vetter oder der Schwiegersohn. Es scheint mir deshalb gerechtfertigt, daß man in den Fällen, wo an Stelle des eigentlichen Erben der Erbe aus der weiteren Familie eintritt, dann nicht, wie es der Finanzausschuß mit der schönen Mehrheit von einer Stimme beschlossen hat, die Steuerklasse II anwendet; vielmehr muß man hier logischerweise die Steuerklasse I anwenden, um dem Gedanken der Erhaltung des Familienbetriebes voll Rechnung zu tragen.
    Die Grenze des Familienbetriebes liegt bei 30 000 DM Einheitswert. Wenn man nun ganz gerecht sein will und in den Gebieten, für die es nötig ist — die Einheitswerte sind ja in Deutschland nicht sehr gleichmäßig festgesetzt —, auch für Übergänge noch eine gerechte Lösung schaffen will, so haben wir in unserem Antrag vorgesehen, daß bei Erbübergängen von Einheitswerten zwischen 30- und 50 000 DM die Erwerber, die in die Steuerklassen IV und III fallen würden, nach Steuerklasse II veranlagt werden sollen.
    Die Absicht, noch größere Betriebe ebenso zu behandeln, entspricht ja im wesentlichen der Vorstellungswelt des Erbhofgesetzes. Im ersten Antrag Dr. Kneipp wie auch beim Antrag Dr. Horlacher war von einer „wirtschaftsfähigen Person" die Rede, die an die Stelle der „bauernfähigen Person" aus dem Reichserbhofgesetz treten soll. Es scheint mir am Beschluß des Ausschusses recht unglücklich zu sein, daß er sogar auf die „wirtschaftsfähige Person" verzichtet und Steuerbegünstigung in jedem Falle eintreten soll, ganz gleichgültig, ob der Erwerber ein Landwirt ist oder nicht.
    Der Gedanke der Erhaltung der Sippe spielt hier die entscheidende Rolle. Ich sehe es aber als sehr bedenklich an, daß bei beiden Anträgen die Führungsstellung des Großgrundbesitzes in solchen Gebieten, in denen der Großgrundbesitz eine maßgebliche Rolle spielt, begünstigt wird, und dies,


    (Dr. Gülich)

    obwohl bei diesen der Zahl nach oftmals nicht entscheidenden, der Fläche nach aber schwer ins Gewicht fallenden Betrieben ein sozialer wie wirtschaftlicher Reinigungsprozeß unbedingt notwendig wäre. Ich will Ihnen das kurz am Beispiel Schleswig-Holsteins .erläutern.
    Die Statistik des Deutschen Reiches, Band 526 — die Hauptfeststellung der Einheitswerte nach dem Stand vom 1. Januar 1935 —, Seite 263 ergibt, daß von rund 162 000 Betrieben 84 % Einheitswerte bis zu 20 000 RM haben; 8350 Betriebe — gleich 5 % — haben Einheitswerte zwischen 20 000 und 30 000 RM. Es haben also rund 144 000 Betriebe --- gleich 89 %
    — mit einer Fläche von rund 1 Million ha — 39 % der Gesamtfläche. Knapp 18 000 Betriebe — gleich 11 % aller Betriebe — mit über 30 000 RM Einheitswert besitzen 62% der Fläche. 5,7 %, also knapp 6 % aller Betriebe — mit Grundbesitz von über 50 000 RM Einheitswert — besitzen 48% der Fläche.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Mit diesem Beispiel habe ich bewiesen, daß die Zahl der in Frage kommenden großen Landwirte zwar nicht sehr groß, daß aber die Fläche, die sie besitzen, von entscheidender Bedeutung ist.
    In Schleswig-Holstein ist es also so, daß knapp 6 % der Eigentümer über der Grenze von 50 000 DM liegen, daß aber diese knapp 6% volle 48% der Fläche haben. Ich komme deswegen zu folgendem Schluß: für die Gebiete mit Realteilung und Kleinbesitz — ich habe das in meiner ländlichen Heimat, wo die Verhältnisse ähnlich wie in Süddeutschland liegen, auch bestätigt gefunden -- ist das ganze Problem uninteressant; aber für die Gebiete mit landwirtschaftlichen Großgrundeigentum ist die Regelung, wie sie, der Ausschuß und der Antrag Dr. Horlacher vorsehen, höchst gefährlich.

    (Abg. Strauß: Der ganze Mann ist gefährlich!)

    — Ich halte ihn gar nicht einmal für so gefährlich — er ist ganz nett und umgängig —, nur bringt er für die Landwirtschaft manchmal solche Sachen vor, daß man etwas vorsichtig sein muß. Man kann doch, Herr Kollege Horlacher, unmöglich all diesen von mir aufgeführten landwirtschaftlichen Großgrundeigentümern eine derartige Steuervergünstigung einräumen!

    (Abg. Stücklen: Bei 100 000 Mark hören sie auf!)

    --- Ja, aber das ist viel zuviel. Sehen Sie mal, wir haben in Schleswig-Holstein an 3000 Grundeigentümer mit Grundbesitz über 100 000 DM Einheitswert. Wir haben ja allein in Schleswig-Holstein 50 Mehrfachbesitzer, wie wir sie nennen, die im Durchschnitt annähernd 2000 ha haben, in viele Betriebe aufgegliedert. Es wäre doch ganz unmöglich, daß der Bundestag diesen landwirtschaftlichen Großgrundeigentümern derartige Steuervergünstigungen gewährte. Was wallen wir denn mit unserer Siedlungspolitik, mit der gesamten Agrarpolitik des Bundes? Wir wollen das Bauerntum festigen und wollen durch das Flüchtlingssiedlungsgesetz Flüchtlingsbauern Land unter die Füße geben. Mit einer Gesetzgebung, wie sie der Ausschußantrag und der Antrag Dr. Horlacher vorsehen, würden wir es ja geradezu begünstigen, daß der Großgrundbesitz so beisammen bleibt. Auch ein seit Jahrzehnten bestehendes Ziel der Agrarpolitik, nämlich die Absiedlung vom Hof, würde durch die Erbschaftsteuerregelung, wie sie hier vorgeschlagen wird, vereitelt. Ich bin der Meinung: solchen Vorschlägen kann der Bundestag nicht zustimmen.
    Noch ein Wort zum Antrag Dr Horlacher, der eine neue Ziffer 22 dem ohnehin längsten Paragraphen des Erbschaftsteuergesetzes anfügen will. Herr Kollege Horlacher, ich habe. mir das vorhin nochmals überlegt. Die Anfügung dieser gewaltigen Ziffer 22 in § 18 scheint mir schon gesetzestechnisch eigentlich unmöglich zu sein.

    (Zuruf des Abg. Dr. Horlacher.)

    Das paßt gar nicht in das System. Ich bin mit Ihnen in der Sache vollkommen einer Meinung, daß die Familienbetriebe erhalten werden müssen. Ich glaube nicht, daß Sie in mir einen geringeren Freund der Landwirtschaft feststellen können, als Sie selber einer sind. Für die Landwirte, deren Förderung und Erhaltung wir im Auge haben, ist den Anforderungen mit der gegenwärtigen Erbschaftsteuerregelung nach den Steuerklassen I und II ja vollauf Genüge getan. Die Freigrenzen sind hoch, die Altenteile können abgezogen werden, die Lastenausgleichsbelastungen ebenfalls, so daß ich für die Landwirtschaft im großen gar keine Veranlassung sehe, darüber hinauszugehen. Aber unter den Gesichtspunkten, die ich dargestellt habe, scheint es richtig und billig zu sein, daß wir für die Erben, die an die Stelle der im Kriege Gefallenen treten, Vergünstigungen einführen, wie sie Ihnen in dem Antrag meiner Fraktion vorgeschlagen werden.
    Daß wir uns über das Erbschaftsteuergesetz und diese Sonderregelung überhaupt so lange unterhalten müssen, finde ich eigentlich recht betrüblich. Wir haben im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen — ja, ich muß es schon sagen — mehrere Vormittage damit verbracht, eine Sonderregelung für die Landwirtschaft zu finden. Wir sollten aber unsere ganze Kraft aufwenden, um uns mit der Finanzpolitik im großen zu befassen, anstatt unsere Zeit mit solchen Quisquilien zu verbrauchen.
    Wenn wir uns also auf das beschränken, was im Antrag meiner Fraktion dargelegt worden ist, dann, glaube ich, tun wir alles, was zur Förderung der Landwirtschaft und zur Erhaltung der bäuerlichen Familienbetriebe erbschaftsteuerpolitisch getan werden kann. Sollten Sie aber den Antrag des Finanzausschusses — mit einer schwachen Mehrheit --- annehmen, dann bleibt nur die Hoffnung auf den „Stiefvater Bundesrat", der sich das unmöglich gefallen lassen kann. Denn die ganze Erbschaftssteuerregelung geht ja nun einmal wieder zu Lasten der Länder. Natürlich spielt die Erbschaftsteuer summenmäßig keine große Rolle. Ich glaube, es war Professor Gastrow, der vor dem ersten Weltkrieg gesagt hat: Wenn Sie sich ihre Bedeutung klarmachen wollen, dann können Sie sich als Faustregel merken: sie hat gar keine Bedeutung; denn sie ist wesentlich unter 1%. Tatsächlich liegt das Erbschaftsteueraufkommen bei 0,6%, 0,7%, 0,8%. In Schleswig-Holstein haben wir im letzten Jahre ein Erbschaftsteueraufkommen von 1,5 Millionen bei 171 Millionen Gesamtsteueraufkommen an Landessteuern. Die Regelung des Ausschusses und die Regelung nach dem Antrag Dr. Horlacher, die roch weitergeht, würde, wie ich vermute, das Erbschaftsteueraufkommen auf die Hälfte mindern. Die Sache fängt da doch an, für die Länder interessant zu werden.
    Meine Damen, und Herren! Ich hoffe, daß Sie sich meine Darlegungen durch den Kopf gehen lassen und nicht dem Antrag des Finanzausschusses und auch nicht dem Antrag des hochgeschätzten Kollegen Horlacher Ihre Zustimmung geben.

    (Beifall bei der SPD.)