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ID0113805300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 5425 138. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 Geschäftliche Mitteilungen 5426D Eintritt des Abg. Merten in den Bundestag 5426D Mandatsniederlegung des Abg. Nuding . . 5426D Zur Tagesordnung 5432B, 5466C Dritte Beratung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg -Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849, 2160 der Drucksachen) . . 5427A, 5442C Maier (Freiburg) (SPD) 5427A Dr. Kopf (CDU) . . 5429D, 5448C, 5449B Dr. Fink (BP) 5432B Dr. von Merkatz (DP) 5433C Freudenberg (FDP -Hosp.) 5435A Dr. Hamacher (Z): zur Sache 5436B zur Abstimmung 5446D Kiesinger (CDU) 5437C, 5448D Mayer (Stuttgart) (FDP) 5438D von Thadden (DRP) 5439C, 5448A Fisch (KPD) 5440A Wohleb, Staatspräsident von Baden 5440D Dr. Jaeger (CSU) 5442D Dr. Wuermeling (CDU) 5444B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 5444D Mehs (CDU) 5445B, 5447C Erler (SPD) 5446B Farke (DP) 5447D Abstimmungen . . 5442D, 5446D, 5448A, 5449A Wahl der Wahlmänner zur Wahl der Richter beim Bundesverfassungsgericht (Umdruck Nr. 157) 5432B, 5442A Dr. Seelos (BP) (zur Abstimmung) . 5442A Beschlußfassung 5442B, 5449B, 5460C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Erhöhung der Dienstbezüge der Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 2096 der Drucksachen) . . 5449C Pannenbecker (Z), Antragsteller . 5449D Gundelach (KPD) 5451D Dr. Wuermeling (CDU) 5452B Dr. Menzel (SPD) 5453B Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . . 5454C Ausschußüberweisung 5455B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Aufhebung des Verbots der „Wahrheit" und der „Volkstimme" durch die Alliierte Hohe Kommission (Nr. 2125 der Drucksachen) 5455B Fisch (KPD), Antragsteller 5455B Bausch (CDU) 5457B Übergang zur Tagesordnung 5457C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister (Nr. 2184 der Drucksachen) 5457C Beschlußfassung 5457D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19. Dezember 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island (Nr. 2150 der Drucksachen) 5457D Ausschußüberweisung 5457D Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr Müller (Bonn), Dr. Horlacher u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Nr. 2107 der Drucksachen) 5458A Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5458A Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Zuckerungsfrist bei Wein (Nr. 2163 der Drucksachen) 5458C Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nr. 2148 der Drucksachen) 5458C Renner (KPD) : zur Geschäftsordnung 5458D zur Sache 5461B Mende (FDP), Antragsteller . . . 5459B Dr. Laforet (CSU) 5460D Bazille (SPD) 5462B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5464A Frau Kalinke (DP) 5464C, 5465C Frau Arnold (Z) 5465A Ausschußüberweisung 5465B Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2164 der Drucksachen) 5465C Ausschußüberweisung 5465C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Nr. 2051 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2156 der Drucksachen) 5465C Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . 5465D Beschlußfassung 5466A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes (Nr. 1575 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2077 der Drucksachen, Änderungsanträge Umdruck Nrn. 79, 120 [neu], 126) 5466A, 5469B Eickhoff (DP), Berichterstatter . . . 5469B Dr. Horlacher (CSU) 5470A Dr. Gülich (SPD) 5471A, 54'73D Dr. Kneipp (FDP) 5473A Dr. Bertram (Z) 5473C, 5474A Dannemann (FDP) 5474A Abstimmungen 5474B, D Weiterberatung wegen Beschlußunfähigkeit vertagt 5475A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans (Nr. 1905 der Drucksachen) 5466B Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5466B Beratung abgesetzt 5466B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Neue Wellenlänge für Radio München (Nrn. 2016, 1137 der Drucksachen) 5466C Beratung zurückgestellt 5466C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Herausgabe neuer Briefmarken durch die Bundespost (Nrn 2035, 1797 der Drucksachen) 5466C Stahl (FDP), Berichterstatter . . . 5466C Dr. Bergstraeßer (SPD) 5467B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 5468C Beschlußfassung 5469D Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 5475C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Otto Pannenbecker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Fraktionsfreund Dr. Bertram

    (anhaltende Unruhe)

    hat gelegentlich der ersten Beratung ides Entwurfs zum Altsparergesetz unter anderem gesagt: Wir müssen dafür sorgen, daß das Gebot der Vertragstreue auch vom Staat anerkannt wird. Ich übernehme dieses Wort hier und möchte hinzufügen, daß die Vertragstreue gegenüber den Beamten von der Bundesregierung zweifellos grundsätzlich anerkannt wird. Denn die Bundesregierung hat durch ihre Sprecher oft genug das Berufsbeamtentum bejaht. Aber zwischen der grundsätzlichen Anerkennung und einer guten finanziellen Inganghaltung entsprechend dieser Anerkennung scheint sich doch in der letzten Zeit eine allzu tiefe Kluft aufgetan zu haben. Mit einer mehr oder weniger großen fiskalischen Zweckkonstruktion, wie sie die Regierung bei der Einbringung des Gesetzes nach Art. 131 des Grundgesetzes beabsichtigte, ist nach meiner Meinung die Lage heute nicht mehr zu meistern. Von der Beamtenschaft verlangt die Regierung — und ich sage: mit Recht —, daß sie die selbstverständliche Treue gegenüber dem Staat durch die Tat, also durch äußerste Pflichterfüllung bekunde. Das löst die Formel aus: Treue um Treue! Mehr verlangt die Beamtenschaft nicht. Sie wünscht nicht einmal ein nominal besonders hohes Einkommen. aber sie ist für die Erhaltung und für ,die Festigung des Realeinkommens; und das ist ein gesunder Standpunkt.
    Meine Damen und Herren, wenn jetzt trotzdem eine Erhöhung der Bezüge gefordert wird, so deswegen, weil eine erhebliche Schrumpfung der realen Kaufkraft und in ihrem Gefolge eine erschreckende Verschuldung der Beamtenschaft eingetreten ist. Diese erschreckende Tatsache der Ver-


    (Pannenbecker)

    Schuldung muß alarmierend wirken. Der Herr Bundesfinanzminister hat vor einiger Zeit einmal gesagt: Der soziale Friede ist wichtiger als Divisionen. Den sozialen Frieden braucht auch die Beamtenschaft, und der Staat braucht ihn nicht zuletzt im Hinblick auf die Beamtenschaft. Dem dankenswerten Bestreben, zu einer Entproletarisierung bestimmter Schichten des Volkes zu kommen, steht eine sich mehr und mehr entwickelnde Verproletarisierung weiter Kreise der Beamtenschaft gegenüber. Nach einer Statistik ist das Realeinkommen der Beamten gegenüber dem Jahre 1938 um 25% gefallen. Das ist verständlich; man bedenke, daß die Bezüge der Beamten, abgesehen von einigen kleinen Aufbesserungen, noch nach der Besoldungsordnung von 1927 gewährt werden.
    Es ist eine durchgängige Verbesserung der Bezüge der Beamten von unten nach oben notwendig. Meine Fraktion legt zunächst Wert darauf, daß unten ein anständiges Existenzminimum gewährt wird, dann aber auch darauf, daß den Beamten der anderen Gruppen ein standesgemäßes — oder, wenn das Wort anstößig sein sollte, sage ich auch hier: ein anständiges — Auskommen sichergestellt wird. Hier handelt es sich um eine kulturtragende, kulturgestaltende Mittelschicht im Volk.
    Die scharfe Sprache der Beamtenschaft ist angesichts der Umstände verständlich. Man kann den Beamtengewerkschaften unter den jetzigen Verhältnissen kaum zumuten, daß sie diese Schärfe der Sprache zügeln oder bremsen; das ist schlechterdings nicht mehr möglich. Auch der Hinweis der Beamtengewerkschaften, daß unter Umständen eine „Explosion" entstehen könnte — damit ist der Beamtenstreik gemeint —, ist verständlich. Meine Fraktion lehnt nach wie vor mit aller Entschiedenheit den Beamtenstreik ab. Aber ich darf hinzufügen: wenn 'heute mit diesem Gedanken wieder gespielt wird, dann ist die Regierung nicht ganz unschuldig daran.
    Der Antrag meiner Fraktion fordert eine 20%ge Erhöhung der Bezüge. Ich glaube, man kann sagen, daß das ein maßvoller Antrag ist. Er ist mit Absicht maßvoll gehalten worden. Es wäre sachlich möglich, eine 'höhere Forderung zu begründen; aber wir sind 'der Auffassung, daß zunächst einmal das Notwendige geschehen muß. Dabei bewegen wir uns, 'nach dem zu schließen, was durchgesickert ist, auf der Linie, die die große Mehrheit des Bundeskabinetts vertritt. Deswegen möchte ich an den Herrn Bundesfinanzminister appellieren, der statt der 200/o, die man wohl im Bundeskabinett zu geben geneigt war, nur 15% zugestanden 'hat. Herr Bundesfinanzminister, ein 'alarmierender Warnruf ist 'hier angesichts der heraufziehenden Radikalisierung der Beamtenschaft am Platze. Die Demokratie, in deren Werden wir ja noch stecken, kann eine Radikalisierung der Beamtenschaft am schlechtesten vertragen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Der Herr Bundesfinanzminister ist bei den Beratungen über das Gesetz nach Art. 131 des Grundgesetzes den Beschlüssen gefolgt, die der Beamtenrechtsausschuß gefaßt hat, und hat, als nach und nach mehr und mehr Mittel erforderlich wurden, als zunächst zugestanden waren, die Beträge wesentlich erhöht. Damit hat er, ich möchte sagen, einen reckenhaften Sprung getan. Wenn Sie, Herr Bundesfinanzminister, 20% statt 15% geben, brauchen Sie idiesen reckenhaften Sprung nicht noch einmal zu tun; es genügt ein wesentlich kleinerer Sprung.

    (Abg. Dr. Mießner: Aber 20% der Bezüge, nicht des Grundgehalts!)

    — Das sind so Feinheiten, Herr Kollege Mießner;
    auch Sie würden jedem 20% der Bezüge wahrscheinlich eher gönnen als 20% des Grundgehalts.

    (Abg. Dr. Mießner: Das muß aber in der Öffentlichkeit einmal klargestellt werden!)

    Und nun noch eines, meine Damen und Herren. Die junge Demokratie, von der ich vorhin schon sprach, kann es auch nicht vertragen, was in einem Richterspruch — er ist vor einiger Zeit ergangen — gesagt wird: daß von einer Erfüllung der staatlichen Treuepflicht gegenüber einem Beamten keine Rede sein könne, wenn einem Hilfspostschaffner monatlich ganze 124 DM gegeben werden. Das ist eine bittere Pille, die das Gericht hier verabreicht hat. Das Bundespostministerium ist hier nicht schuldig zu sprechen, denn es ist genau wie die anderen Verwaltungen an die Besoldungsordnung von 1927 gebunden. Der Richter hat gemeint, es handle sich bei den 124 DM vielleicht um einen Wohlfahrtsunterstützungssatz. Sehen Sie, man spricht so oft von der Weltfremdheit der Richter. Hier kann man von einer sozialen Aufgeschlossenheit sprechen.
    Eine nur unzulängliche Aufbesserung wäre nicht zu verantworten. Wir stehen vor Erschütterungen innerhalb der Beamtenschaft, und es wäre ebenfalls nicht zu verantworten, dies außer acht zu lassen. Der Herr Bundesfinanzminister will den aktiven planmäßigen und außerplanmäßigen Beamten 15 % geben, dagegen nicht auch den Beamten im Vorbereitungsdienst im unteren, mittleren, gehobenen und höheren Dienst. Aber gerade auch die im Vorbereitungsdienst Befindlichen, meine Damen und Herren, sind 'ebenso bedürftig wie die übergangenen Ruhestandsbeamten, Witwen und Waisen. Wenn es' sich darum handelte, die Bezüge zu kürzen, hat man jedesmal die Ruhestandsbeamten, Witwen und Waisen einbezogen; und hier sollen sie 'nun nicht einbezogen werden! 65,98% aller Ruhestandsbeamten haben Bezüge 'bis zu 175 DM monatlich;
    '(Hört! Hört! 'bei der FDP)

    bei der Postverwaltung sind es im Mittel 158 DM im Monat. Nach meiner Auffassung und nach der meiner politischen Freunde ist es nicht zu verantworten, daß die Ruhestandsbeamten, Witwen und Waisen leer ausgehen.
    Der Herr Bundeskanzler und der Herr 'Bundesinnenminister sollen sich Pressemeldungen zufolge auf den Standpunkt gestellt haben, daß jetzt auch den Ruhestandsbeamten, Witwen und Waisen geholfen 'werden müsse. Der Herr Bundesinnenminister hat nach Presseberichten einem Vertreter des Deutschen Beamtenbundes gesagt, es könne keinem Zweifel unterliegen, daß die Versorgungsbezüge mit erhöht werden müssen. Er hat weiter gesagt, der Versorgungsempfänger leide unter der Teuerung relativ stärker als der aktive Beamte und müsse daher ebenfalls berücksichtigt werden.
    Jetzt, Herr Bundesfinanzminister, möchte ich unter Hinweis auf die Einsicht des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Bundesinnenministers, der der zuständige Minister für die 'Beamten ist, noch einmal an Sie appellieren. Man darf hier nicht Politik gewissermaßen gegen den geringsten Widerstand treiben. Herr Finanzminister, ich bitte, die fiskalische Kruste, die sich bei Ihnen in 'etwa ge-


    (Pannenbecker)

    bildet hat, durch ein Wohlwollen gegenüber der Beamtenschaft etwas aufzulockern. Das ist um so notwendiger, als das, was man dritte Notverordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen vom 16. März 1949 nennt, zum Schaden der Beteiligten noch besteht. Dieser Schaden hätte längst wettgemacht werden müssen. Durch diese Notverordnung sind seit mehr als zwei Jahren alle diejenigen geschädigt, die eine ruhegehaltsfähige Dienstzeit von 33 Jahren nicht hatten.
    Für die Erhöhung, der Bezüge der Beamten haben sich aber nicht nur die 'Beamtengewerkschaften eingesetzt, sondern auch Länder- und Kommunalbehörden. Unter anderem weist der Rat der Stadt Essen mit Nachdruck und vollem Ernst in einer eigens dazu abgefaßten Entschließung auf die dringende Notwendigkeit einer unverzüglichen Neuordnung der Bezüge der öffentlichen Bediensteten mit dem Ziel der Anpassung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten hin:
    Die allgemeine Notlage der öffentlichen Bediensteten hat einen Grad erreicht. die einer sofortigen Abhilfe bedarf. Eine 15%ige Erhöhung würde den Teuerungsverhältnissen nicht gerecht werden.
    Nun wird der Herr Bundesfinanzminister mit großen Zahlen aufwarten. Diese Zahlen hängen immer in einer etwas vernebelten Atmosphäre, und zwar deshalb, weil nie mitgeteilt wird, welcher Betrag bei Einkommensverbesserungen aus der Erhöhung der Einkommens- und Lohnsteuer wieder zurückfließt. Ich könnte mir denken, daß sich der Bundestag auch einmal für diese Zahlen interessieren wird.
    Auf die angeordnete Erhöhung der Bezüge werden mittlerweile Abschlagszahlungen geleistet. Eine Verwaltung hat ,dienerhalb eine allgemeine Verfügung erlassen, deren Abschrift mir vorliegt. Der Einsender hat dieses Schriftstück mit der Überschrift „Seltsame Rechenkünstler" versehen. Die Abschlagszahlungen sind dadurch verunstaltet warden, daß die Steuerabzüge primär in den Vordergrund geschoben worden sind. Ich darf Ihnen das an einigen Beispielen klarmachen. Bei 176 DM Grundgehalt beträgt eine 15%ige Aufbesserung 26,40 DM; davon gehen 10% Steuern — 2,64 DM — ab, so daß ein Rest von 23,76 DM verbleibt. Auf diesen Betrag ist die Zahlung eines Abschlags von 15 DM verfügt worden. Es werden mithin 8,76 DM zu wenig gezahlt. Bei einem Grundgehalt von 275 DM werden an den Betreffenden. wenn wir eine 15%ige Steuer annehmen, 20,60 DM zu wenig gezahlt. Bei einem Grundgehalt von 850 DM und 40% Steuern werden statt '76,50 DM nur 45 DM gezahlt, also 31,50 DM zu wenig. Meine Damen und Herren, ich glaube, die Bezeichnung „Seltsame Rechenkünstler" ist hier berechtigt. Die fiskalische Bürokratie ist in diesem Falle reichlich engherzig. Es wird übersehen, daß es bei dem einzelnen bei den jetzigen Verhältnissen wirklich auf jede Mark ankommt. Wenn man in anderem Zusammenhange sagt, es komme auf jede Stimme an, dann darf man hier sagen: es kommt auf jede Mark an.
    Was ich hinsichtlich der Verbesserung der Bezüge der Beamten einschließlich der Beamtenanwärter — das möchte ich noch einmal hervorheben -- und einschließlich der Ruhestandsbeamten, der Witwen und Waisen gesagt habe, gilt selbstverständlich auch für die Angestellten und Arbeiter von Behörden.
    Ich beantrage, den Antrag der Zentrumsfraktion auf Drucksache Nr. 2096 dem Ausschuß für Beamtenrecht zu überweisen.

    (Beifall beim Zentrum.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, wir müssen zunächst die Redezeit für die Aussprache festsetzen. Ich glaube, daß in Anbetracht der Besetzung des Hauses eine Gesamtredezeit von 40 Minuten genügen könnte.

(Abg. Mellies: 60 Minuten waren festgesetzt! — Abg. Dr. Wuermeling: 40 Minuten! — Abg. Gundelach: Es ist doch festgelegt worden!)

— Das Haus legt die Redezeit fest, Herr Kollege Gundelach, und ich mache dem Haus lediglich einen Vorschlag. Das Haus kann den Vorschlag ablehnen. Der Ältestenrat wollte 90 Minuten empfehlen; ich glaube aber, daß der Ältestenrat davon ausgegangen ist, daß das Haus anders besetzt sein würde, als es der Fall ist.
Sie haben 60 Minuten vorgeschlagen.

(Abg. Gundelach: 90 Minuten, wie der Ältestenrat vorgeschlagen hat!)

— Gut, der weitestgehende Antrag geht dahin, 90 Minuten festzusetzen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abgelehnt!
Der nächste Antrag geht dahin, 60 Minuten festzusetzen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Abgelehnt.
Der letzte Antrag geht dahin, 40 Minuten festzusetzen. Wer dafür ist, den bitte ich die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Das Wort hat der Abgeordnete Gundelach.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gustav Gundelach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! I Es ist kennzeichnend, daß die Mitglieder des Hauses für eine so wichtige und dringende Angelegenheit, die eine große Schicht unseres Volkes angeht, ganze 40 Minuten übrig haben, d. h. für eine kleine Fraktion ganze 4 Minuten. Ich muß mich deswegen sehr einschränken und kann hier nicht das Material vortragen, das der Öffentlichkeit selbst aus den Beamtenkreisen unterbreitet wird und das immerhin verdient, hier in diesem Hause mit zur Diskussion gestellt zu werden. Im allgemeinen ist von dem Begründer des Antrages der Zentrumsfraktion bereits zum Ausdruck gebracht worden, wie elend die Lage gerade der unteren und mittleren Schichten des Beamtenstandes und der Angestelltenschaft ist, die im Behördendienst tätig ist, wie auch insbesondere jener Teile dieser Schichten, die heute Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld beziehen.
    Ich versage es mir, hier noch viele Tatsachen über die Verteuerung anzuführen, möchte aber doch einige Beispiele erwähnen, wie sie selbst in der Tagespresse, nicht in der kommunistischen, sondern in der bürgerlichen Tagespresse, enthalten sind. Ich möchte einen Hinweis über Löhne und Preise aus der „Deutschen Zeitung" vom 14. April 1951 zitieren. Danach kostete ein Kilo Mischbrot im Jahre 1938 34 Pf., während es heute 69 Pf. kostet. Das sind 109 % mehr. Das Kilo Rindfleisch kostete im Jahre 1938 1,74 RM, es kostet im Jahre 1951 3,34 DM. Das sind 92 % mehr. Das Kilo Schweinefleisch kostete im Jahre 1938 1,78 RM, es kostet im Jahre 1951 4,40 DM. Das sind 147 % mehr. Das Kilo Schweineschmalz — das Schmierfett des größeren Teils der Beamtenschaft, der mittleren und unteren Beamtenschaft — kostete im Jahre 1938 2,19 RM, es kostet im Jahre


    (Gundelach)

    1951 4,07 DM. Das sind 85,8 % mehr. Sb kann man eine ganze Reihe weiterer Artikel, besonders von Bedarfsartikeln usw., anführen. Man kann dabei feststellen, daß z. B. Männerstraßenschuhe heute 175 °/o mehr kosten als im Jahre 1938. Alle anderen Bedarfsartikel, die man sonst zum Lebensunterhalt braucht — das ist ja allgemein bekannt —, sind gegenüber 1937/38 mindestens um 50 bis 80 % im Preise gestiegen.
    Tatsache ist, daß die Gehaltsordnung aus dem Jahre 1927 heute noch für die Beamten Geltung hat. Schon daraus ist ersichtlich, daß die 15 %, die heute zugestanden werden, in keiner Weise auch nur annähernd den berechtigten Forderungen der Beamten- und Angestelltenschaft entsprechen können. Selbst die 20 %, die die Mehrheit in der Regierung für diesen Zweck auszugeben bereit ist, reichen bei weitem nicht aus. Der Begründer des Antrages hat angeführt, wie es in der Wirklichkeit aussieht. Ich kann hier ein Beispiel aus der „Frankfurter Rundschau" vom 14. April 1951 zitieren. Danach bekommt ein 54jähriger Angestellter, der ein Nettoeinkommen von 258,50 DM hatte, ein Mehr von sage und schreibe 50 Pf. pro Tag, wenn, wie es vorgesehen ist, die Teuerungszulage wegfällt. Ein anderes angeführtes Beispiel ergibt ganze 29 Pf. pro Tag.
    Ich glaube, schon damit ist die Forderung der Beamten in jeder Weise begründet. Die Beamten sagen: bis zu einer neuen Gehaltsreform ist das Allermindeste,. daß wir eine Aufbeserung unserer Bezüge um 33 1/3 % erhalten, weil wir einfach nicht mehr existenzfähig sind. Ich weiß, daß der Herr Finanzminister auch hier wieder erklären wird: für derart hohe Ausgaben, wie sie hier nach den berechtigten Forderungen der Beamten erforderlich wären, habe ich nicht die ausreichenden Mittel zur Verfügung. Das ist ein altes Lied. Wir als Kommunisten sagen: derselbe Finanzminister, der hier erneut die Hand auf den Geldbeutel hält und nicht bereit ist, die Gelder zur Verfügung zu stellen, die für diese großen Schichten unseres Volkes zur Aufrechterhaltung ihrer Existenz gegeben werden müßten, hat nichts dagegen einzuwenden, sondern ist absolut bereft — und findet auch jedesmal eine ausreichende Begründung dafür —, wenn es gilt, für die Remilitarisierung, für die Besatzungsmächte usw. die Milliarden nur so hinauszuschleudern. Tatsache ist, daß in diesem Jahr an 9 bis 10 Milliarden DM für Besatzungskosten erforderlich sein werden. Der Herr Finanzminister hat vor einiger Zeit in der Öffentlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß er neue Mittel in Höhe von 4,7 Milliarden DM benötigt, um, wie er sagt, die innere und äußere Sicherheit des Bundes zu garantieren. Wir sind der Meinung, eine Sicherung des inneren Friedens und die äußere Sicherheit sind viel besser gegeben, wenn man das Volk so ernährt, daß es keine Ursache zum Klagen hat.

    (Beifall bei der KPD.)