Rede von
Walter
Fisch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß die Angelegenheit dadurch klarer wird,
daß man die Reden heute wiederholt, die vor einer Woche hier gehalten worden sind. Ich denke, die Frage ist klar, und es nutzt nichts, hier Neuauflagen zu veröffentlichen, besonders wenn nichts daran neu ist als das falsche Pathos,
mit dem die Dinge umkleidet werden.
Meine Damen und Herren, der Streit konzentriert sich auch heute wieder um die eine Frage: In welcher Weise soll die Volksabstimmung in den drei Ländern des Südwestens stattfinden? Soll sie auf dem Boden der historischen zwei Länder oder im Rahmen der Länder stattfinden, die durch die Eingriffe der Besatzungsmächte im Jahre 1945 geschaffen worden sind? Wenn man doch seiner Sache so sicher ist, wenn man absolut sicher weiß, daß es sich um eine Handlung im Sinne des „Fortschritts" und der „Vernunft" handelt, wie es von den Befürwortern des Südweststaates vorgetragen wird, dann soll man der Bevölkerung in diesen Ländern getrost das Urteil überlassen, dann sollte man es auch nicht nötig haben, in das Gesetz Bestimmungen einzubauen, durch die das Resultat der Volksbefragung vorweggenommen wird. Darum handelt es sich; um gar nichts anderes! Meine Fraktion ist der Meinung, daß wir keinerlei Ursache haben, solche Machinationen zu unterstützen, die durch die Formulierung der Paragraphen das Resultat der Volksabstimmung vorwegnehmen wollen. Wir haben keinen Grund, irgendwelche offenen oder versteckten Hilfsdienste für die künstliche Herbeiführung des Südweststaates zu leisten, und zwar besonders deshalb, weil wir den Südweststaat für eine ebenso fremde und den Interessen der Bevölkerung ebenso entgegengesetzte Lösung halten wie die drei Länder, die auf Veranlassung der Westmächte im Jahre 1945 geschaffen worden sind.
Wir sind außerdem der Auffassung, daß wir keinerlei Handlung begehen sollten, die sich als ein Hilfsmittel für die amerikanische Politik auf deutschem Boden herausstellt. Der Südweststaat, dessen Bildung und dessen Grenzen politischen und militärischen Erwägungen der Besatzungsmacht entsprungen sind
und den Vorstellungen der amerikanischen Machtpolitik über die Ausbeutung des deutschen Bodens entsprechen, hat keinen Anspruch darauf, von den Menschen dieses Gebietes unterstützt zu werden. Auch deswegen sind wir der Auffassung, daß, wenn schon ein Gesetz geschaffen wird, auf Grund dessen das Volk befragt werden soll, dies so geschehen muß, daß die Befragung auf eine einwandfreie, saubere und demokratische Art vor sich geht. Wenn Sie alles überflüssige Pathos weglassen und sich wirklich auf den Standpunkt stellen wollen, daß das Volk selbst entscheiden soll, dann müssen Sie zur Grundlage die Abstimmungsbezirke nehmen, die den früheren Ländern entsprechen, wie sie in einer hundertfünfzigjährigen Geschichte natürlich gewachsen sind und in der neueren Geschichte unserer Heimat ernst zu nehmende wirtschaftliche und politische Faktoren darstellen.
Aus diesem Grunde, weil wir gegen jede Majorisierung eines Teils der Bevölkerung sind,
weil wir gegen die Mißachtung der demokratischen Grundrechte der Bevölkerung sind,
weil wir gegen die künstliche und dem Volksempfinden und Volkswillen widersprechende amerikanische Lösung des Südweststaats sind, darum werden wir den Antrag unterstützen, der sich dafür ausspricht, daß die Abstimmung auf der Grundlage der zwei historischen Lander durchgeführt wird.