Rede von
Adolf
von
Thadden
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DRP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DRP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich an ein Wort des Herrn Kollegen Kiesinger anknüpfen. Ich glaube, daß es sich bei dieser ganzen Debatte für oder wider den Südweststaat auch und vielleicht nicht zuletzt um ein Generationsproblem handelt. Die Aufrechterhaltung der alten Länder wird von den betagten Herrschaften verlangt.
— Die ganze jüngere Generation, Herr Präsident Köhler, hat kaum einen Sinn dafür, daß Länder aufrechterhalten werden, die, wie jeder weiß, allein nicht lebensfähig sind.
Wenn der Föderalismus in Deutschland wieder als Bremse gegenüber einem Zentralismus verankert werden soll, wie wir ihn erlebt haben, dann ist unabdingbare Voraussetzung, daß die Länder in einem solchen Staatswesen auch untereinander ausgeglichen und wirklich lebensfähig sind. Ich glaube, daß die Bildung, wie sie angestrebt wird, im südwestdeutschen Raum einen solchen Staat schaffen würde.
Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, daß der Widerstand gegen den' Südweststaat von Bürokratien ausgeht, die immer außerordentlich zählebig sind, und zwar ganz besonders dann, wenn irgend jemand daran geht, sie zu beseitigen.
Ein kleines Argument, das in einer Zeitung stand, möchte ich Ihnen hier einmal bringen. „Die Zeit" schrieb in ihrer letzten Ausgabe:
Südbadens Staatspräsident Wohleb hat Angst, Angst vor einem Südweststaat, der seinen Miniaturstaat verschlingen könnte. Für sein Leben gern möchte er Südbaden erhalten. Gewiß nicht jedes Mittel, anscheinend aber jedes Argument scheint dem wackeren Föderalisten zur Erlangung dieses hohen Ziels recht zu sein. In einer Ansprache über den Bayerischen Rundfunk warnte er dieser Tage davor, die Forderung nach einer Neugliederung im Südwesten mit Größenverhältnissen zu begründen. Denn, so sprach Leo Wohleb, beispielsweise hätten 17 Staaten der USA weniger Einwohner als Südbaden.
Und „Die Zeit" knüpft die Bemerkung daran: Auch unter den Liliputanern gab es manche, die glaubten, Gulliver sei in Wirklichkeit kleiner als sie.
Die CDU, von der hier der wesentliche Widerstand gegen den Südweststaat ausgeht, und gleichzeitig die DP möchte ich auf Flugblätter hinweisen, deren Inhalt gegenüber den hier vorgetragenen Argumenten eine totale Diskrepanz aufweist. Man kann in einem Flugblatt doch unmöglich schreiben: „Den übertriebenen Länderföderalismus lehnen wir ab und treten ein für eine gesunde Selbstverwaltung" und dann fortfahren:
Elf westdeutsche Länder mit ebenso vielen Volksvertretungen und über einhundert Ministern muten im 20. Jahrhundert einigermaßen grotesk an.
Sie belasten zudem nicht nur die öffentlichen Haushalte, sondern auch unsere Gesetzesmaschinerie, die durch den Bundesrat — die Vertretungskörperschaft der Länder — immer wieder gehemmt wird.
Das könnte fast von uns sein,
ist aber von der CDU. Meine Damen und Herren von der CDU, die Sie hier gegen den Südweststaat Sturm laufen, fangen Sie an, die Parole dieses Flugblattes zu realisieren! Streichen Sie von den elf Ländern, die Ihrer Meinung nach zuviel sind, zwei ab, und dann wird die restliche fällige Neuordnung des deutschen Raumes zweifellos leicht über die Bühne gehen.