Rede von
Ernst
Mayer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie wenigstens einem einzigen nordwürttembergischen Abgeordneten einige schüchterne Bemerkungen. Ich will nicht den Versuch machen, mit den Unterstellungen, mit den Vorurteilen aufzuräumen, die auch heute wieder hier strapaziert wurden. Ich will mich auch nicht weiter in geschichtlichen Reminiszenzen ergehen. Einige Sätze nur gegen die Verfälschung der Motive der Anhänger des Südweststaates und gegen die Verfälschung der Motive meiner eigenen politischen Freunde.
Meine Damen und Herren! Was wir vor allem wollen, ist die Beendigung des Status quo. Wir wollen eine Entscheidung so oder so und wenden uns deswegen gegen jeden neuerlichen Versuch der Verschleppung. Meine politischen Freunde und ich wollen den Südweststaat. Man hat uns unterstellt,
das entspringe unserem Willen zum Zentralismus. Ich habe keine Zeit, mich über Zentralismus und Föderalismus mit Ihnen zu unterhalten. Aber ich habe die ernste Sorge — und viele Föderalisten teilen sie mit mir —, daß, wenn es so weitergeht und die Länder so bleiben, wie sie augenblicklich sind, der Föderalismus in Deutschland an sich selbst stirbt.
Er ist doch heute schon denaturiert. Die Länder, die wegen ihrer finanziellen Abhängigkeit auf die Wohlmeinung der anderen angewiesen sind, sind nicht mehr frei. Das letzte Mal hat uns Herr Staatspräsident Wohleb gesagt, es sei doch der Sinn des Bundesstaates, daß in jedem Falle die stärkeren Länder die schwächeren unterstützten. Ich weiß es nicht, ob das der Sinn eines Bundesstaates ist. Auf jeden Fall weigern sich heute schon die stärkeren Länder, den Luxus einer staatspolitischen Eigenständigkeit lebensunfähiger Länder zu finanzieren. Sie kennen die Stimmen nicht nur aus Stuttgart, Sie kennen auch die aus Düsseldorf, und Sie kennen, meine Damen und Herren, letztlich auch die Mahnungen des Herrn Bundesfinanzministers.
In diesem Zusammenhang ein Satz zur Ehrenrettung des Landes, das mir vor fünf Jahren Heimatrecht gegeben hat, ohne mich als „Untermieter" zu behandeln, womit die Heimatvertriebenen im Ausschuß einmal verglichen worden sind, ein Wort zur Ehrenrettung Württembergs! Es ist auch in dieser Debatte wieder aufgeklungen — es wurde vorhin expressis verbis gesagt —, daß die Württemberger den Südweststaat wollten, weil sie darin ihren Vorteil sähen. Meine Damen und Herren, der Vorteil Württembergs aus dem Zusammenleben mit Nordbaden sah doch bisher so aus, daß Nordwürttemberg allein seit der Währungsreform 100 Millionen DM für Nordbaden gezahlt hat. Daß es daneben in einem Jahr noch 22,3 Millionen an Bayern zahlen durfte, über 51 Millionen an Schleswig-Holstein, über 42 Millionen an Niedersachsen und dann noch einiges an die Pfalz und an Hessen, das steht auf einem anderen Blatt. Es ist nicht so, daß die Württemberger um ihres Vorteils willen zu dieser Entscheidung drängen!
Zum Abschluß: Das letzte Mal wurde hier von Herrn Kollegen Hilbert Verwahrung dagegen eingelegt, daß man dieses Gesetz durchpeitschen wolle. Man kann nach den jahrelangen Verhandlungen außerhalb dieses Hauses und nach den wochen-
und monatelangen Verhandlungen im Ausschuß nicht von Durchpeitschen reden. Der andere Vorwurf geht dahin, daß man die Absicht habe, Südbaden zu majorisieren. Wir haben im Ausschuß alles getan, um diesen Vorwurf auszuräumen, und dies hat in der Gesetzesvorlage seinen Niederschlag gefunden. Wir haben nur zu verhindern versucht, daß eine Minderheit eine Mehrheit majorisieren kann.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wer nach mir noch zu sprechen beabsichtigt. Vielleicht bin ich der letzte. Lassen Sie uns doch — ganz gleichgültig, wie heute die Entscheidung fällt — in dem uns bevorstehenden Abstimmungskampf dafür sorgen, daß die Gehässigkeit und Bitterkeit, die durch die ungerechten Unterstellungen hervorgerufen worden sind, ausgeräumt werden, so daß sich nachher in zwei Ländern oder in einem Land die deutschen Menschen des Südwestens wieder zu einer deutschen Aufgabe vereinigen können.