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ID0113801600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 5425 138. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. April 1951 Geschäftliche Mitteilungen 5426D Eintritt des Abg. Merten in den Bundestag 5426D Mandatsniederlegung des Abg. Nuding . . 5426D Zur Tagesordnung 5432B, 5466C Dritte Beratung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg -Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849, 2160 der Drucksachen) . . 5427A, 5442C Maier (Freiburg) (SPD) 5427A Dr. Kopf (CDU) . . 5429D, 5448C, 5449B Dr. Fink (BP) 5432B Dr. von Merkatz (DP) 5433C Freudenberg (FDP -Hosp.) 5435A Dr. Hamacher (Z): zur Sache 5436B zur Abstimmung 5446D Kiesinger (CDU) 5437C, 5448D Mayer (Stuttgart) (FDP) 5438D von Thadden (DRP) 5439C, 5448A Fisch (KPD) 5440A Wohleb, Staatspräsident von Baden 5440D Dr. Jaeger (CSU) 5442D Dr. Wuermeling (CDU) 5444B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 5444D Mehs (CDU) 5445B, 5447C Erler (SPD) 5446B Farke (DP) 5447D Abstimmungen . . 5442D, 5446D, 5448A, 5449A Wahl der Wahlmänner zur Wahl der Richter beim Bundesverfassungsgericht (Umdruck Nr. 157) 5432B, 5442A Dr. Seelos (BP) (zur Abstimmung) . 5442A Beschlußfassung 5442B, 5449B, 5460C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Erhöhung der Dienstbezüge der Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nr. 2096 der Drucksachen) . . 5449C Pannenbecker (Z), Antragsteller . 5449D Gundelach (KPD) 5451D Dr. Wuermeling (CDU) 5452B Dr. Menzel (SPD) 5453B Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . . 5454C Ausschußüberweisung 5455B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Aufhebung des Verbots der „Wahrheit" und der „Volkstimme" durch die Alliierte Hohe Kommission (Nr. 2125 der Drucksachen) 5455B Fisch (KPD), Antragsteller 5455B Bausch (CDU) 5457B Übergang zur Tagesordnung 5457C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister (Nr. 2184 der Drucksachen) 5457C Beschlußfassung 5457D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19. Dezember 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island (Nr. 2150 der Drucksachen) 5457D Ausschußüberweisung 5457D Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr Müller (Bonn), Dr. Horlacher u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Nr. 2107 der Drucksachen) 5458A Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5458A Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Zuckerungsfrist bei Wein (Nr. 2163 der Drucksachen) 5458C Ausschußüberweisung 5458C Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nr. 2148 der Drucksachen) 5458C Renner (KPD) : zur Geschäftsordnung 5458D zur Sache 5461B Mende (FDP), Antragsteller . . . 5459B Dr. Laforet (CSU) 5460D Bazille (SPD) 5462B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5464A Frau Kalinke (DP) 5464C, 5465C Frau Arnold (Z) 5465A Ausschußüberweisung 5465B Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2164 der Drucksachen) 5465C Ausschußüberweisung 5465C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Nr. 2051 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2156 der Drucksachen) 5465C Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . 5465D Beschlußfassung 5466A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes (Nr. 1575 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2077 der Drucksachen, Änderungsanträge Umdruck Nrn. 79, 120 [neu], 126) 5466A, 5469B Eickhoff (DP), Berichterstatter . . . 5469B Dr. Horlacher (CSU) 5470A Dr. Gülich (SPD) 5471A, 54'73D Dr. Kneipp (FDP) 5473A Dr. Bertram (Z) 5473C, 5474A Dannemann (FDP) 5474A Abstimmungen 5474B, D Weiterberatung wegen Beschlußunfähigkeit vertagt 5475A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans (Nr. 1905 der Drucksachen) 5466B Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 5466B Beratung abgesetzt 5466B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Neue Wellenlänge für Radio München (Nrn. 2016, 1137 der Drucksachen) 5466C Beratung zurückgestellt 5466C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Herausgabe neuer Briefmarken durch die Bundespost (Nrn 2035, 1797 der Drucksachen) 5466C Stahl (FDP), Berichterstatter . . . 5466C Dr. Bergstraeßer (SPD) 5467B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 5468C Beschlußfassung 5469D Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 5475C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Wilhelm Hamacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DZP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DZP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um nicht in den Verdacht zu kommen, den Herr Kollege Freudenberg vorhin ausgesprochen hat, als ginge der eine oder andere Abgeordnete, der hier zu diesem Thema zu sprechen hat, von vorgefaßten Meinungen aus, möchte ich
    Ihnen zunächst mit der Erlaubnis des Herrn Präsidenten einen Brief vorlesen, der mir soeben zugegangen ist, und zwar aus der Stadt Karlsruhe, einer Stadt, die doch wohl mehr zu Nord- als zu Südbaden gehört. In diesem Brief heißt es:
    Die Debatte zeigt wiederum mit aller Deutlichkeit, wie am Kern des Problems vorbeigedacht und bewußt vorbeigeredet wird.

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Das scheint mir auch so!)

    Bei der ganzen Angelegenheit geht es doch ausschließlich nur um zwei Fragen: erstens: will Baden wieder ein selbständiger Bundesstaat werden?

    (Zuruf von der FDP: Und Karlsruhe die Residenz?)

    zweitens: will Baden unter endgültiger Aufgabe seiner Selbständigkeit an Württemberg angeschlossen werden? — Es ist somit eine ausschließlich badische Angelegenheit. Eine Volksabstimmung ist deshalb auch nur in Baden notwendig. Die Wahlkosten für Württemberg könnten gespart werden;

    (Heiterkeit)

    denn der 24. September 1950 hat mit aller Deutlichkeit gezeigt, daß Württemberg den Südweststaat will, weil es dadurch nur gewinnen kann; Baden kann durch den Anschluß aber nur verlieren. Die letzten Jahre haben dafür genügende Beweise erbracht.

    (Unruhe. — Zurufe.)

    Bei den Bevölkerungsverhältnissen von Baden zu Württemberg — 40 zu 60 — wäre aber auch eine Majorisierung der Badener bei oben vorgeschlagener Fragestellung in einer Abstimmung nur in Baden ganz von selbst ausgeschlossen. Wählen dagegen alle vier Landesteile, so wählt natürlich fast ganz Nord- und Südwürttemberg den Südweststaat. Durch die Überzahl der Bevölkerung ergibt sich aber schon hier eine Mehrheit. Eine Volksabstimmung in Baden wäre in diesem Falle illusorisch, ja, vollkommen überflüssig schon deshalb, weil es in Baden wegen der Aussichtslosigkeit gegenüber der Überwältigung nur eine äußerst schwache Wahlbeteiligung gäbe (vergleiche Landtagswahl!). Und immer wieder: Wären keine Zonengrenzen gekommen, hätte es überhaupt niemals eine Südweststaatfrage gegeben.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Abg. Gengler: Das ist falsch!)

    Gebt deshalb dem badischen Volke eine echte Chance mit einer Fragestellung in obigem Sinne. Damit wäre eine wahrhaft richtige, demokratische Tat vollbracht. Mag dann die Abstimmung ausfallen, wie sie will: Das badische Volk ist politisch klug genug und würde sich mit dem Mehrheitsergebnis zufrieden geben.
    Gerade das letzte Urteil, meine Damen und Herren, kann sich jeder zu eigen machen, der mit der Geschichte Badens einigermaßen vertraut ist. Ich will nicht in vergangene Jahrhunderte zurückschauen, sondern nur noch einen kurzen Blick in das 19. und das jetzige 20. Jahrhundert werfen. Da wird niemand dem badischen Volk das Zeugnis ausstellen, daß es nicht auf Gesamtdeutschland eingestellt gewesen sei und daß es nicht manche Opfer für Gesamtdeutschland gebracht, aber nicht auch manche Persönlichkeiten gestellt habe, die


    (Dr. Hamacher)

    nicht nur für die badische Heimat, sondern für Gesamtdeutschland Großes, ja Bedeutendes und auch Nachhaltiges geleistet haben. Ich will auf die einzelnen Persönlichkeiten nicht näher eingehen -- ich darf annehmen, daß das dem •einen oder anderen bekannt ist —, sondern will nur noch einen Gedanken hervorheben, der in den beiden vorhergegangenen Debatten wie auch in den Ausschußsitzungen immer wieder durchklang und bei dem ich mich immer wieder fragte: Worum wird denn nun eigentlich gerungen?
    Wir sind uns doch bewußt, daß wir hier einen historisch-politischen Vorgang erleben bzw. bei einem historisch-politischen Prozeß mitwirken; historisch in der Rückschau gesehen, weil sich hier das Alte, das gesund ist, gesund gewachsen ist, finanziell sich tragen kann und wirtschaftlich auf jeden Fall entwicklungsreif ist, behaupten will; historisch auch in der Richtung nach vorwärts gesehen, weil es jetzt darum geht, daß wir nicht wieder in den Fehler des Mittelalters der deutschen Geschichte zurückfallen, daß in dem großen geschichtlichen Prozeß der letzten tausend Jahre die Spannung zwischen Einheit und Vielheit in Deutschland nicht zugunsten des Zentralismus, aber auch selbstverständlich nicht zugunsten einer zu weitgehenden Gliederung geht, sondern daß wir hier nach der Spannungseinheit suchen. Hier hat das Parlament zu beweisen, daß es diesen historisch-politischen Prozeß erkennt. Wenn Sie dem Gedankengang des Briefschreibers nachgehen — —(Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Der Briefschreiber ist doch ganz offenbar schwachsinnig!)

    -- Ich habe selten einen so logisch aufgebauten Brief gesehen wie diesen, Herr Professor!

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Das tut mir leid für Sie!)

    -- Ich freue mich sehr, daß dieser Brief gerade im letzten Augenblick gekommen ist; denn das deckt sich genau mit dem

    (Zurufe von der SPD)

    -- ich habe ihn nicht bestellt, meine Herren —, (Abg. Dr. Schmid [Tübingen] : Ich habe ihn auch bekommen!)

    was ich in den Ausschußsitzungen immer wieder an Eindrücken gewonnen habe. Ich darf wohl annehmen, daß Sie bei allen Spannungen, die zwischen Ihnen und mir bestehen, Herr Professor Schmid, mir nicht den Vorwurf der Schwachsinnigkeit machen.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Nein, nein! Ich fühle auch keine Spannungen!)

    — Doch, das sind Spannungen! Denn hier geht es darum: Soll dem badischen Volk und der geschichtlich gewordenen Einheit das Recht auf Eigenleben gewahrt bleiben oder nicht? Die Mehrheit hat zwar im Sinne des Zentralismus, der Zusammenfassung entschieden; aber wer die wahre, richtige Spannungseinheit haben will, der kann nur dem Antrag der Minderheit stattgeben, daß dieses badische Land erhalten bleibt und daß ihm die Möglichkeit gegeben wird, sein Recht eventuell auch beim Verfassungsgerichtshof durchzusetzen; denn das badische Volk hat die Grundgedanken des Grundgesetzes auf seiner Seite, daß es geschichtlich geworden und organisch gewachsen ist, daß es finanziell seine normalen Landesaufgaben erfüllen kann und daß es wirtschaftlich einen Kraftquell in den Schwarzwaldflüssen und Schwarzwaldbächen hat, den es bisher glänzend
    ausgenutzt hat und weiter ausnutzen kann. Darum beantrage ich im Namen meiner Freunde, dem Antrag der Kollegen Dr. Kopf und Dr. Jaeger zuzustimmen.

    (Beifall beim Zentrum und einem Teil der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Kiesinger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Kurt Georg Kiesinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe bei der zweiten Lesung das Wort deshalb nicht ergriffen, weil ich bis zum letzten Augenblick versuchen wollte, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe, in dem Raume selber, den diese Entscheidung angeht, noch eine Einigung zu finden. Diese Einigung ist nicht gefunden worden. Ich muß daher heute die Gelegenheit ergreifen, um mein Votum und den Antrag, der neben einer Reihe von Namen politischer Freunde auch meinen Namen trägt, ganz kurz zu begründen; denn ich bin keineswegs mit allen Argumenten einverstanden, die die Freunde des Südweststaat-Gedankens — schauerliches Wort; man sollte sich endlich daran gewöhnen, „Württemberg-Baden" oder „Baden-Württemberg" zu sagen —

    (Abg. Dr. Jaeger: Groß-Schwaben! — Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Groß-Baden!) vorgebracht haben.

    Herr von Merkatz hat recht: Dieses Parlament entscheidet nicht darüber, ob das neue Land gegründet werden soll; darüber entscheidet das zu befragende Volk im Südwestraum. Aber wir haben über das Verfahren zu entscheiden, und es ist klar, daß diese Entscheidung in gewissem Sinne die Entscheidung des Volkes selber beeinflußt.
    Ich habe selten so ungern mit einem Gegner die Klinge gekreuzt wie in diesem Falle mit dem Herrn Staatspräsidenten Wohleb und seinen Freunden; denn ich anerkenne durchaus, daß bei der Entscheidung um dieses kommende WürttembergBaden zwei echte Prinzipien, zwei durchaus vertretbare, legitime Auffassungen, miteinander streiten. Ich kann nicht zustimmen, wenn von seiten einiger unserer badischen Freunde gesagt wird, die alten Länder Württemberg und Baden bestünden de iure noch. Sie bestehen nicht mehr!

    (Unruhe in der Mitte.)

    Sie sind nicht zerstört worden durch ein paar Striche, die Offiziere der Besatzungsmächte einst über die Landkarte gezogen haben,

    (Abg. Dr. Wuermeling: Na, na, na!) sondern sie sind dadurch untergegangen, daß die Bevölkerung in diesem Gebiet eben das Fazit gezogen hat, daß sie Landtage gewählt hat, daß Regierungen bestellt worden sind.


    (Zuruf in der Mitte: Was sollte sie denn machen?)

    Wir haben nun einmal neue Länder in diesem Raum, und wer unvoreingenommen das Grundgesetz liest, kann sich der Meinung nicht entziehen, daß auch das Grundgesetz diese Auffassung teilt. In Art. 118 heißt es:
    Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend ... erfolgen.
    Dabei anerkenne ich aber durchaus, daß es sehr wohl noch eine starke württembergische und badische Tradition gibt, und ich kann verstehen, daß es


    (Kiesinger)

    Badener gibt, die bei dieser Entscheidung das alte Baden wieder hergestellt wissen wollen. Vielleicht gibt es auch Württemberger, die das alte Württemberg hergestellt wissen wollen. Ich habe jedenfalls solche Leute schon gehört. Und wenn ich unsere badischen Freunde manchmal argumentieren höre — auch heute ist es wieder geschehen —, daß wir Württemberger als Eroberer auszögen, um badische Reichtümer mit nach Hause zu bringen, dann würde ich auf gut schwäbische Weise dem ein kurzes, aber kräftiges „Ha no" entgegenhalten.

    (Heiterkeit.)

    Württemberg hat genug. Nicht nur Uhland hat den Reichtum, den bescheidenen Reichtum, die solide Wohlhabenheit Württembergs besingen können; auch heute ist es ein Land, das sich sehen lassen kann. Wenn wir in Württemberg und im besonderen wir in Württemberg-Hohenzollern eine neue Lösung anstreben, dann deswegen, weil wir bei aller Anerkennung des Standpunkts badischer Freunde sagen müssen: Es gibt eine Tradition des Südwestraums nicht erst seit dem Reichsdeputationshauptschluß und seit 1815.
    Herr Hamacher hat eben gesagt, er wolle nicht in die früheren Jahrhunderte zurückgreifen. Warum, Herr Kollege Hamacher, wollen Sie beim Jahre 1815 Halt machen? Für mich jedenfalls war es eine der erstaunlichsten Tatsachen, daß gerade die Bevölkerung Oberschwabens, die Bevölkerung auch meines Wahlkreises vom Bodensee am stärksten den Wunsch nach der Gründung eines neuen vereinigten Landes im Südwesten hat. Den Allgäuer Bauern und den Friedrichshafener Arbeitern kann man wahrhaftig nicht vorwerfen, daß sie nach badischen Reichtümern schielen. Hier lebt vielmehr eine Tradition, die älter ist als die württembergische und badische Tradition und die zurückgeht auf die große alte Tradition insbesondere des Bodenseeraumes vor 1800, des Raumes von der heutigen östlichen württembergischen Grenze bis über den Schwarzwald hinüber zum Rhein. Jeder, der die Dinge unvoreingenommen sieht, muß anerkennen, daß diese Tradition da unten lebt; sie ist eine genau so starke politische Wirklichkeit wie das alte Baden. Wenn man noch daran denkt, daß die stärkste Stütze des badischen und württembergischen Staatsgefühls die Dynastie war und daß diese Stützen im Jahre 1918 weggefallen sind, dann gewinnt diese ältere Tradition eine noch stärkere Berechtigung. Schon nach 1918 lebten daher die Gedanken einer Vereinigung der beiden Länder auf. Diese Vereinigung ist damals nicht zustande gekommen; aber schon damals war es nicht württembergischer, schwäbischer Eroberungsdrang, der dieses Ziel anstrebte.
    Meine Damen und Herren! Auch ich bin überzeugter Föderalist. Ich glaube mit Jacob Burckhardt, daß der kleine Staat dazu da ist, echtes demokratisches Staatsbürgertum zu ermöglichen. Aber Föderalist sein heißt nicht, unter allen Umständen das Bestehende erhalten wollen. Man kann sehr wohl auch in diesem Sinne einmal an Fortschritt denken. Im übrigen teile ich die Bedenken, die der Herr Bundestagspräsident hier geäußert hat. Man soll bei Neubildungen dieser Art nicht allzusehr vernünfteln und räsonieren. Hier sind sehr häufig unlogische, aber gewachsene Gebilde sehr viel kräftiger und richtiger. Aber gewachsen ist eben auch das, was wir anstreben, dieses neue Land aus Württemberg und Baden. Fragen Sie einmal unsere Bauern aus dem Allgäu, aus der Gegend von Meersburg — jetzt übers Wochenende bin ich wieder im Lande gewesen —: sie wollen ganz einfach das Neue, weil es das ehrwürdige Alte ist.

    (Bravo! in der Mitte. — Unruhe und Widerspruch bei der FDP.)

    — Das ist meine Auffassung! Ich will damit ganz bestimmt nicht späteren Lösungen im Bunde, die mit Rechenstift und Lineal gemacht werden sollten, das Wort reden. Wenn bei der Gründung des neuen Staates nur räsoniert und vernünftelt würde — wie einst von Reitzenstein und Montgelas und unser wohlbeleibter König Friedrich aus bloßem Räsonieren heraus ihre neuen Staaten gegründet haben —, dann würde ich mich weigern, dazu meine Hand zu reichen.
    Wir in diesem Raum sind eine besonders geschichtsbewußte Bevölkerung. Vielleicht ist es anderswo nicht so. Wir wachsen von Kindesbeinen an

    (Zuruf von Mitte: Wir auch!)

    mit all jenen ehrwürdigen Büchern auf, angefangen mit dem Waltharilied, über den Ekkehard, Hauffs Lichtenstein usw. bis zu Uhlands Balladen.

    (Abg. Dr. Köhler: Götz von Berlichingen!) — Nein, Götz von Berlichingen war ein Franke, Herr Kollege Köhler; ich weigere mich, ihn als Schwaben anzuerkennen. — Wir haben bei all diesen Erinnerungen nie an den württembergischen und badischen Grenzen Halt gemacht. Gewiß gibt es liebenswürdige Unterschiede, und keiner hat diese Unterschiede liebenswürdiger und schöner beschrieben als Wilhelm Hauff in dem schönsten Märchen, das er geschrieben hat, in seinem Märchen vom kalten Herzen. Aber diese Unterschiede sollten uns nicht trennen. Föderalismus — ja! Aber Föderalismus in einer Weise, die von der jungen und der künftigen Generation in Deutschland angenommen wird. Ich bin zutiefst davon überzeugt: wenn uns diese Lösung gelingt und wenn wir uns dann in dem neuen Lande zusammenfinden, dann wird es uns auch gelingen, gegenüber dem drohenden Unitarismus und dem Zentralismus, den ich für ein Unheil und ein Verderben für uns halten würde, ein Land zu schaffen, das fähig ist, nicht nur in sich gesund und stark, sondern auch für den Bund gesund und stark 'zu handeln.


    (Beifall bei der CDU und bei der SPD.)