Rede:
ID0113307300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wert: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Bausch.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 18g. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. April 1951 5119 133. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. April 1951 Geschäftliche Mitteilungen 5120B Änderungen der Tagesordnung 5120C Erste Beratung des Entwurfs eines Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) (Nr. 2090 der Drucksachen) 5120C Storch, Bundesminister für Arbeit 5120C Ausschußüberweisung 5121C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen): Einzelplan VII — Haushalt des Bundesministeriums der Justiz (Nr. 1908 der Drucksachen, Umdruck Nrn. 99, 130) . 5121D Erler (SPD), Berichterstatter . . . . 5121D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 5125C Dr. Arndt (SPD) 5131D Dr. von Merkatz (DP) 5139B Kiesinger (CDU) 5141C Neumayer (FDP) 5145A Dr. Schneider (FDP) 5147C Loritz (WAV) 5149C Dr. Reismann (Z) 5151C Müller (Frankfurt) (KPD) 5154D Dr. Greve (SPD) 5156A Abstimmungen 5156D Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik zur Beratenden Versammlung des Europarats (Nr. 2109 der Drucksachen) 5157A Dr. Seelos (BP) 5157B Dr. Horlacher (CSU) 5158A Abstimmungen 5158B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Ermöglichung der Kapitalkreditbeschaffung für landwirtschaftliche Pächter (Nr. 2091 der Drucksachen) 5158C Ausschußüberweisung 5158C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 127) 5158D Ausschußüberweisung 5158D Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und eines Wirtschaftsstrafgesetzes (Nr. 2100 der Drucksachen) 5158D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 5158D Ausschußüberweisung 5159A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Aufhebung von Kriegsvorschriften (Nr. 2093 der Drucksachen) . . 5159A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 5159A Ausschußüberweisung 5159B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Schaffung eines Internationalen Patentbüros (Nr. 2094 der Drucksachen) . . . . 5159B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 5159C Ausschußüberweisung 5159C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden über die Verlängerung von Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2095 der Drucksachen) 5159C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 5159C Ausschußüberweisung 5159D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den ersten Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Nrn. 720, 1153 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 2106 der Drucksachen) 5159D Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter 5159D Strauß (CSU) 5160B Arnholz (SPD) 5160B Abstimmungen 5160A, C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen): Einzelplan VI — Haushalt des Bundesministeriums des Innern (Nr. 1907 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Wiederbesiedlung der Insel Helgoland (Nr. 2017 der Drucksachen), der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Sicherung von Eigenturn auf der Insel Helgoland (Nr. 2018 der Drucksachen), der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Bemühungen zur Freilassung von in der Ostzone inhaftierten Jugendlichen (Nr. 2019 der Drucksachen) sowie der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Zurückziehung des Beschlusses der Bundesregierung über Maßnahmen gegen Unternehmungen, die politische Organisationen verfassungsfeindlichen Charakters unterstützen (Nr. 2099 der Drucksachen) . . 5160D Steinhörster (SPD), Berichterstatter . 5161A Dr. Hamacher (Z), Antragsteller . 5164A Renner (KPD): als Antragsteller 5164C als Abgeordneter 5189D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 5166A, 5172D, 5182C, 5183C, 5195C Maier (Freiburg) (SPD) 5167A Dr.-Ing. Decker (BP) 5177A Dr. Wuermeling (CDU) . . . . 5177C, 5189C Brunner (SPD) 5179B Bausch (CDU) 5180D Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . 5183A Neumayer (FDP) 5184A Frau Dr. Weber (Essen) (CDU) . . 5184D Loritz (WAV) 5185C Frau Dr. Steinbiß (CDU) 5187B Brese (CDU) 5188C Kunze (CDU) (zur Geschäftsordnung) 5195D Dr. Reismann (Z): zur Geschäftsordnung 5196A zur Sache 5196C Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 5196B Weiterberatung vertagt 5197D Nächste Sitzung 5197D Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karl Brunner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich betrete diesen Platz mit einigem Bangen, weil ich mir nicht ganz gewiß bin, ob ich den gemütvollen Stil der Unterhaltung hier werde durchhalten können.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Vor kurzem ist dem Hohen Hause ein Antrag der Deutschen Partei vorgelegt worden, die Bundesregierung zu beauftragen, ein Bundesrundfunkgesetz einzubringen. Dieser Antrag ist dann wieder abgesetzt worden, und man hörte, daß das Bundesinnenministerium an dieser Angelegenheit interessiert sei und binnen kurzem selbst ein solches Gesetz dem Hohen Hause vorlegen wolle. Wir haben es hier auch mit einem der Bereiche zu tun, wo noch bestehendes Besatzungsrecht oder Zustände, die vom Besatzungsrecht hergeleitet sind, durch ein deutsches Recht ersetzt werden müssen. Nun ist es hier freilich so, daß wir alles in allem besorgt sein müssen, uns das zu bewahren, was durch das Besatzungsrecht auf diesem Gebiet geschaffen worden ist: ein Rechtszustand, der die in dieser Beziehung gewiß garantierte Meinungsfreiheit aufrechterhält.
    Nun hört man mancherlei Dinge, die einem Zweifel darüber beibringen, ob überall dieses Bestreben vorhanden ist. Um nur ein Beispiel zu nennen: Aus dem Bereich des Südwestfunks hört man von bereits — na, sagen wir: paraphierten Staatsverträgen, die aber nicht etwa jene Unabhängigkeit und Meinungsfreiheit des Rundfunks festlegen sollen, sondern die den Rundfunk zu einem Instrument der Propaganda der betreffenden Länderregierungen machen wollen. Man hat sehr stark den Eindruck, daß hier das Beispiel aus der vergangenen Zeit nicht abschreckend, sondern eher ermunternd wirkt, und die Aufgabe ist, daß ein Staatsrundfunk auf alle Fälle verhindert werden muß, ganz gleich, ob er sich in die bescheidende Joppe des Länderrundfunks oder in den weiten Mantel des Bundesrundfunks kleiden will.

    (Abg. Stücklen: Haben wir doch gar nicht!)

    Wenn jetzt von diesem Bundesrundfunkgesetz die Rede ist, so gilt es zu überlegen, ob die Bundesregierung imstande und vor allen Dingen ob sie gewillt sein wird, diesen Standpunkt der Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten. Was ist hier von der Bundesregierung zu erwarten? Wenn wir diese Frage stellen, so haben wir auch einige unserer Ansicht nach sehr anschauliche, sehr klar wirkende, gute Gründe — um in der Sprache von gestern zu reden —, um uns ein Urteil bilden zu können. Einer dieser Punkte, die eine bestimmte Haltung anschaulich machen, ist der Fall Peter von Zahn, der dadurch besonders wirksam und eindrucksvoll geworden ist, daß wir jetzt eigentlich zwei Fälle Peter von Zahn haben. Zahn hat im Januar im Rundfunk — wie er das zu tun pflegt — einige seiner Vorträge gehalten, die jetzt unter dem Titel „Von fern und nah" stehen, womit in der Tat die schöne Möglichkeit gegeben ist, über alles zu reden. Er hat bei der Gelegenheit über die Mitbestimmung gesprochen und er war dafür. Unser Herr Bundesinnenminister das hören und böse werden, war eines.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Er hatte sich schon einmal wegen Herrn von Zahn mit dem Generaldirektor des Nordwestdeutschen Rundfunks Dr. Grimme in Verbindung gesetzt. Er tat das bei der Gelegenheit noch einmal. Er hatte ihm schon einmal nahegelegt — um in der eigenen Ausdrucksweise des Herrn Bundesinnenministers zu reden —, Herrn Peter von Zahn „kaltzustellen".

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Dr. Wuermeling: Das wird auch höchste Zeit! — Gegenruf des Abg. Heiland: Das ist eine Unverschämtheit! — Weitere Rufe und Gegenrufe in der Mitte und bei der SPD.)

    Diese freundliche Ermunterung schien in diesem Falle nicht ausreichend, und er schrieb an den Generaldirektor einen Brief, aus dem ich — mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten — hier einige


    (Brunner)

    Sätze zitieren darf. In diesem Zusammenhang mit diesem Vortrag über den Bundesrundfunk wurde festgestellt:
    Ich kann nicht umhin, Ihnen vom Standpunkt der öffentlichen Sicherheit, Ruhe und Ordnung und des inneren Friedens diese meine schweren Bedenken zum Ausdruck zu bringen, und bitte Sie, angesichts der Zersetzungsarbeit, die sich unter Ihren Augen vollzieht, zu prüfen, als wessen Strohmann eigentlich Herr von Zahn fungiert.
    Der Herr Bundesinnenminister hielt diesen Satz für so schön, daß er ihn sofort auch Hans Böckler mitgeteilt hat, an den er übrigens appellierte, ihm in diesem Bestreben, Herrn von Zahn „kaltzustellen", freundlichst zu unterstützen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Er hat dann in derselben Angelegenheit noch einen weiteren Brief geschrieben. In diesem Brief finden sich die folgenden Sätze:
    Eine Bundesregierung, die solcher öffentlichen Wühlarbeit gegen die Staatsgewalt und den Staat nicht Einhalt gebietet, verliert das Vertrauen und die Achtung der Staatsangehörigen.

    (Richtig! in der Mitte.)

    Ja, es ist die Frage aufgeworfen worden: Als wessen Strohmann agierte eigentlich Herr von Zahn? Was hat er getan? Er hat empfohlen, was der Bundeskanzler sich nachher vorgenommen hat und was schließlich gestern der Bundestag getan hat: die Forderungen der Gewerkschaften in dieser Beziehung zu erfüllen.

    (Zuruf in der Mitte: Nein! Nein! — Das ist Ihre Auffassung!)

    Ich weiß nicht, ob Herr Dr. Lehr die Absicht gehabt hat, in dieser Hinsicht den Herrn Bundeskanzler zu desavouieren, oder ob er zum Ausdruck bringen wollte, daß alles, was für die Mitbestimmung getan wurde, höchst widerwillig getan wurde. Jedenfalls hat der Minister, der im besonderen berufen ist, als Schützer der Meinungsfreiheit und der Unabhängigkeit einzutreten, diese Grundsätze der Unabhängigkeit und der Meinungsfreiheit aufgehoben. Es ist unmöglich, daß eine Staatsinstanz gewissermaßen den Anspruch erhebt, die Rundfunkkommentatoren zu ernennen und zu entlassen, und sogar Neigung zeigt, Gewaltmittel einzusetzen, um gegen das Auftreten gewisser Kommentatoren vorzugehen.

    (Abg. Spies: Manchmal wäre es schon notwendig gewesen! Denken Sie an Geßner!)

    Der Vorgang hat übrigens seine tragische Folge gehabt. Herr von Zahn hat einen fürchterlichen Schock bekommen, hat einen langen Anlauf genommen und sich dem Bundeskanzler an den Hals geworfen; und als er seine Arme wieder frei hatte, griff er in die Harfe und jubelte gleich einer Lerche ein Preislied auf den Schumanplan in die Lüfte. Nach all den Befürwortern dieses Plans, die ich bisher gehört habe, glaube ich sagen zu müssen: Wenn sie diesen Vortrag gehört hätten, hätten sie feststellen müssen: So poetisch können wir das nicht. Auch das war eine ausgesprochene Parteinahme für eine in der Politik höchst umstrittene Sache, eine Parteinahme, die außerdem verbunden war mit einer impertinenten Kritik an denjenigen,

    (Abg. Dr. Orth: Haben Sie den Stuttgarter Rundfunk gehört?)

    — ja, haben Sie die Vorträge gehört, Herr Kollege? —, die eine andere Auffassung in dieser Beziehung haben als die Bundesregierung. Lediglich dem Verantwortungsgefühl der Vorgesetzten von Herrn Zahn ist es zu verdanken gewesen, daß in diesem Vortrag nicht ausgesprochene Ruppigkeiten und Unanständigkeiten stehengeblieben sind. Als ich diesen Vortrag hörte,, war meine erste spontane Reaktion die: Jetzt schreibt der Lehr wieder einen Brief an den Grimme! Aber das geschah nicht. Dabei sind Qualität, Art und Stil der Darstellung gleich gewesen: Kommentar mit einem ganz ausgeprägten Standpunkt! Einmal hat man auf die Angelegenheit heftig und böse reagiert, das andere Mal hat man sie praktisch nicht zur Kenntnis genommen. Ich habe den Eindruck, daß man das eine Mal Einsicht mit Polemik und das andere Mal Zustimmung mit Objektivität verwechselt hat. Wir würden uns in dem Blick auf ein kommendes Rundfunkgesetz etwas wohler fühlen, wenn gerade diese Begriffe von der zuständigen Instanz schärfer unterschieden werden könnten.
    Meine Redezeit kommt zum Schluß; ich muß auch zum Schluß kommen. In der Pressearbeit der Bundesregierung hat sich jetzt eine neue, ich möchte sagen, Art Institution herausgebildet. Der Name, 'den ich jetzt gebrauchen werde, stammt nicht von mir, sondern von der zuständigen Instanz der Bundesregierung. Man spricht von „Staatsschreibern" und meint damit Journalisten, die die besondere Aufgabe haben, die Auffassungen der Bundesregierung populär zu machen. Wenn man etwa beim Rundfunk meinen sollte,, das sei die richtige Tribüne für „Staatssprecher", so sind wir der Meinung, daß das nicht der richtige Geist ist, aus dem die Gesetzgebung für diese Institution und diesen Bereich gestaltet werden kann. Wir haben den Eindruck — und wir haben zu unserer Freude feststellen können, daß viele Kollegen auch aus anderen Parteien, mit denen wir in diesen Dingen zusammenarbeiten, diesen Eindruck teilen —, daß wir hier auf der Hut sein müssen; und wir werden auf der Hut sein.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wert hat der Abgeordnete Bausch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Paul Bausch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, zunächst ein Wort zu den Ausführungen zu sagen, die mein Herr Vorredner gemacht hat.

    (Zuruf des Abg. Schmid [Tübingen].)

    Es gibt in der ganzen Welt kaum einen einzigen Staat, in dem die Dinge so geordnet sind, daß der Rundfunk nicht in irgendeiner positiv gearteten Zusammenarbeit mit der Staatsführung steht.

    (Oho-Rufe bei der SPD.)

    Das gibt es nicht in England, und das gibt es nicht in Amerika. Nur in Deutschland glaubt man, darauf verzichten zu können, daß der Rundfunk in positivem Kontakt mit der Staatsführung steht. Die Dinge sind bei uns so, wie sie jetzt liegen, keinesfalls befriedigend geregelt.

    (Zuruf von der Mitte: In keiner Weise! — Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Das war grad' nicht richtig, was Sie sagen!)

    — Meine Damen und Herren von der Opposition,
    wenn Sie heute zu regieren hätten, dann würden
    Deutscher Bundestag — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den il. April 1951 5181

    (Bausch)

    1 Sie meiner Auffassung durchaus zustimmen. Sie würden ganz sicher als eine Ihrer ersten Maßnahmen eine Neuordnung des Verhältnisses zwischen Rundfunk und Staatsführung durchführen.

    (Abg. Spies: Die haben Sie ja schon! — Abg. Mellies: Sind Sie Prophet geworden?)

    — Ich weiß, daß politische Prophetie eine gefährliche Sache ist.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen] : Sie würden dann die Freiheit des Rundfunks verteidigen! — Heiterkeit.)

    — Ich bin für Freiheit des Rundfunks. Aber ich bin auch für vernünftige Zusammenarbeit. Gerade angesichts der Situation, in der wir heute leben, angesichts der Weltlage, wie sie uns heute entgegentritt, darf es keinen vernünftigen Menschen geben, der nicht für eine gute, ordentliche Zusammenarbeit zwischen Rundfunk und Staatsführung eintritt.

    (Zurufe von der SPD und KPD.)

    Nun möchte ich aber zu zwei Fragen Stellung nehmen, die uns im Blick auf die Tätigkeit des Bundesministeriums des Innern besonders am Herzen liegen. Die eine Frage betrifft die Jugendfürsorge. Der- Herr Bundesminister- des Innern hat sich ein großes Verdienst dadurch erworben, daß er die Fragen der Jugend mit großer Entschlossenheit und mit einer großen inneren Wärme in Angriff genommen hat.

    (Abg. Dr. Gerstenmaier: Sehr richtig!) Dafür möchte ich ihm an dieser Stelle meinen besonderen Dank aussprechen.


    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Man hat bei der ganzen Tätigkeit des Bundesinnenministeriums in Jugendfragen gemerkt, daß ein warmer Herzton mitspricht. Das hat die Jugend gemerkt, und das hat das ganze Volk gemerkt. Das war der gute Weg, den wir gerade in dieser Frage besonders sorgfältig einhalten müssen.

    (Zurufe von der KPD.)

    Wir wissen alle, daß im Haushalt des Bundesinnenministeriums 171/2 Millionen für Zwecke der Jugend bereitgestellt sind. Im übrigen Haushalt sind weitere Beträge bereitgestellt. Insgesamt sind im Haushalt für 1950, wenn man die verschiedenen Einzelpläne zusammennimmt, etwa 53 Millionen DM für Jugendzwecke zur Verfügung gestellt.
    Nun liest man neuerdings eine Reihe von kritischen Bemerkungen darüber, daß der Bundesjugendplan wohl sehr. sorgfältig 'aufgestellt worden sei, daß aber neuerdings gewisse Hemmungen in der Durchführung in Erscheinung getreten seien. In einer Zeitung, die in meiner Heimat erscheint, in der „Stuttgarter Zeitung" stand gestern oder vorgestern ein Artikel, aus dem ich mit der gütigen Erlaubnis des Herrn Präsidenten einige Sätze vorlesen möchte:
    Es ist unverständlich, wie der Jugendförderungsplan, der kurz vor Weihnachten verkündet wurde, in Bonn behandelt worden ist. Ein Gesamtbetrag von 53 Millionen DM wurde damals für Zwecke der beruflichen Erziehung in Aussicht gestellt. Nach monatelangen Verhandlungen ist dieser Betrag auf 13,5 Millionen zusammengestrichen worden. Gerade die dringlichsten Projekte sind gefallen. So sollten z. B. der freien Wirtschaft und besonders den Betrieben, in deren Lehrwerkstätten Maschinendemontiert worden sind, 20 Millionen DM
    Kredite gegeben werden, um zusätzliche Lehrstellen zu schaffen. Der Finanzminister hat es nicht genehmigt. Es sollten ferner 13 Millionen DM ,den Ländern zur Verfügung stehen, um für die Flüchtlinge, die Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Spätheimkehrer Umschulungs- und Fortbildungskurse einzurichten. Sie sind auf eine Million zusammengeschmolzen, die praktisch überhaupt nichts mehr bedeutet. Auch die für die Errichtung von Jugendwohnheimen vorgesehenen Mittel sind so reduziert worden, daß sie kaum noch eine Rolle spielen.
    Ich kann mir kein Urteil darüber erlauben, ob und inwieweit diese Kritik berechtigt ist. Ich wäre aber sehr dankbar, wenn uns der Herr Minister Auskunft darüber geben würde, wie es mit der Durchführung des Bundesjugendplans steht und ob wir damit rechnen können, daß die dafür im Haushaltsplan bereitgestellten Mittel tatsächlich auch diesen Zwecken zugeführt werden.
    Ich darf sodann noch auf eine Frage zurückkommen, die der Herr Minister selbst angeschnitten hat. Sie, Herr Minister, sind ja auch der Verfassungsminister. Sie sind der Mann, dem es besonders obliegt, die Verfassung zu verteidigen. Sie haben mit Recht darüber geklagt, daß heute nicht nur von links, sondern auch von rechts die schwersten Angriffe gegen unseren Staat gerichtet werden. Sie haben auf gewisse Vorgänge hingewiesen, die sich jetzt im Wahlkampf in Niedersachsen ereignet haben. Aber nicht nur in Niedersachsen, sondern fast in allen Ländern können wir solche Vorgänge beobachten. Ich bin mir völlig klar darüber, daß mit polizeilichen Maßnahmen nicht das Entscheidende geschehen kann.

    (Zuruf des Abg. Spies.)

    Es wird in allererster Linie darauf ankommen, daß unser ganzes Volk, vor allem unsere Jugend, zu einer inneren Überwindung des „Ohne-Mich"Standpunktes kommt

    (Zuruf von der KPD)

    und daß sich die breitesten Schichten unseres Volkes in lebendiger Anteilnahme und in innerer Verbundenheit für den heutigen Staat einsetzen und Verantwortung für diesen Staat übernehmen.

    (Abg. Renner: Und sich für die amerikanischen Imperialisten totschießen lassen!)

    Aber das allein genügt nicht. Dieser Staat muß sich seiner Haut wehren. Wir haben in der Geschichte die bittersten Erfahrungen machen müssen, und zwar einfach deshalb, weil die Weimarer Demokratie nicht entschlossen genug war, sich ihrer Haut zu wehren und ihre Existenz gegen Staatsfeinde zu verteidigen.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Beim Ermächtigungsgesetz hättet Ihr daran denken müssen! — Gegenrufe von der Mitte.)

    Diese Lehren der Geschichte sollten heute beachtet werden. Keine Partei, die für 'diese Demokratie eintritt, kann darauf verzichten, diese Lehren zu beachten. Sonst werden wir wiederum ,diese bitteren Erfahrungen machen müssen.
    Wir sollten uns ganz offen die Fehler eingestehen, die gemacht worden sind. Ich will zuerst von Iden Fehlern sprechen, die dieses Parlament gemacht hat.

    (Abg. Spies: Das ist nicht notwendig!)



    (Bausch)

    — Dies ist dringend nötig! Diese Fehler sind gemacht worden. Sie müssen ausgesprochen und festgestellt werden.
    Ich erinnere mich, daß es im Ausschuß zum Schutze der Verfassung in einer 'der allerersten Sitzungen zu einer grundlegenden Aussprache darüber kam, wie dieser Staat seine Existenz verteidigen soll. Alle Parteien waren sich darüber einig, daß der Staat entschlossen sein müsse, alle seine Machtmittel anzuwenden, um den Feinden der Demokratie entgegenzutreten. Es war der Abgeordnete Professor Carlo Schmid,

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Jawohl!)

    der in dieser Sitzung des Ausschusses zum Schutze der Verfassung erklärt hat, dieser Staat müsse ,.mit Rute und Beil" verteidigt werden.

    (Abg, Dr. Schmid [Tübingen]: Nein. mit Ruten!)

    Aber, meine Damen und Herren, ich habe bisher mach nichts davon gesehen, daß dieser Staat solche Machtmittel angewandt hätte.

    (Zuruf des Abg. Heiland.)

    Bis zum heutigen Tag gibt es keine ausreichende gesetzliche Grundlage dafür, den Feinden der Demokratie entgegenzutreten. Dieses Parlament war in 11/2 Jahren nicht fähig, diese Rechtsgrundlage zu schaffen. Sie, Herr Bundesminister, haben diesen Mangel soeben festgestellt. Es ist niemand in diesem Hause, der dieser Feststellung wird widersprechen können.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Wir haben uns vor einiger Zeit über die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten dieses Hauses unterhalten, der einen Innenminisber eines deutschen Landes in der groblichsten Weise beschimpft hat. Ich habe der Aufhebung der Immunität dieses Mannes zugestimmt. Ich bin mir aber völlig klar darüber gewesen, daß die Gerichte gar keine ausreichende rechtliche Handhabe besitzen, um diesen Mann ernsthaft zu verfolgen und ihn dort hinzubringen, wohin er gehört.

    (Wiederholte Zurufe von der SPD.)

    Wir wollen zugestehen, daß dies ein Fehler und eine Schande für uns alle ist. Hier ist etwas versaumt worden. Wir haben seinerzeit vom Justizministerium die Strafrechtsnovelle zugestellt bekommen. Sie liegt ja nun — ich weiß nicht genau, wie lange, wohl schon seit einem Jahr — beim Rechtsausschuß.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Ich will nichts gegen unsere Kollegen von der Juristenzunft sagen, die sich mit diesen Fragen im Rechtsausschuß befassen. Die Dinge liegen aber nun wirklich nicht so, daß man sie einfach auf die lange Bank schieben 'kann. Man kann die Beratung dieses umfangreichen Gesetzentwurfes nicht monatelang und nochmals monatelang hinziehen, ohne daß auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes überhaupt etwas Wirksames geschieht. Das ist ein, vollkommen unmöglicher Zustand.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Richtig!)

    Ich möchte namens meiner Fraktion erklären, daß wir nicht willens sind, diesen Zustand noch länger hinzunehmen. Ich halte es für notwendig, daß die wichtigsten in dieser Strafrechtsnovelle vorgesehenen Paragraphen zum Schutze des Staates aus dem Gesetzentwurf herausgenommen, in einem Sondergesetz zusammengefaßt und vom Parlament möglichst rasch verabschiedet werden. Wenn man auf anderen Gebieten Gesetze rasch verabschieden
    kann, muß es auch möglich sein, auf dem Gebiet des Staatsschutzes ein Gesetz mit größter Beschleunigung zustande zu bringen, das unseren Gerichten, dem ganzen Staat und dem ganzen Volk das Bewußtsein gibt, daß dieser Staat entschlossen ist, sich seiner Haut zu wehren, seine Autorität und seine Existenz zu verteidigen

    (Zuruf des Abg. Arnholz)

    und die Zustände nicht länger so bestehen zu lassen, wie sie jetzt sind.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Aber auch die Regierung und insbesondere Sie, Herr Bundesinnenmmister, möchte ich bitten, dafür einzutreten, daß diesem Zustand unverzüglich ein Ende gemacht wird'. Sie haben es selbst bedauert, daß es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage fehlt, um den Staat zu schützen. Treten Sie, Herr Minister, im Kabinett bitte dafür ein, daß auch das Kabinett unsere 'Bemühungen unterstützt, diesem unerträglichen Zustand ein Ende zu machen. Unser Volk hat einen Anspruch darauf, von dieser Obrigkeit und von diesem Staat davor geschützt zu werden, daß sich Katastrophen, wie wir sie in der Vergangenheit erlebten, noch einmal ereignen, weil die 'berufenen Organe nicht rechtzeitig die nötigen Maßnahmen durchgeführt haben.

    (Beifall in der Mitte.)