Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind inzwischen zu dem § 1 zwei Abänderungsanträge gestellt, die sich auf insgesamt sechs Punkte beziehen. Ich will mich des besseren Verständnisses wegen bemühen, in derselben Reihenfolge, wie diese Anträge gestellt worden sind, Stellung zu nehmen.
Diejenigen, die die Ausschußarbeiten etwas näher kennen, wissen, daß der § 1 die große Crux in der ganzen Sache gewesen ist, -nicht etwa die politische Crux, sondern die Crux für die Formulierungs- und Abgrenzungskunst aller Beteiligten. Wir haben auf diesen § 1 in den verschiedensten Formulierungen Tage und Tage der Arbeit verwendet. Sie sehen das auch aus den hier gestellten Abänderungsanträgen.
— Sehr schön, Herr Henßler, ich glaube, daß Sie ohne meine Mitwirkung vielleicht doch noch größere Schwierigkeiten dabei gehabt hätten. Mindestens wird meine Mitwirkung nicht einer Primitivierung der Problematik' gedient haben, sondern ich' glaube, daß wir die Problematik nach allen Seiten hin — juristisch, technisch und politisch — genügend ausgewogen haben.
Es handelt sich zunächst um die Frage, über die Herr Dr. Koch gesprochen hat, ob die Worte „und nicht liquidiert" gestrichen werden sollen. Wir können diese Worte nicht streichen; denn die Buchstaben b und c von § 1 Abs. 1 Ausschußvorlage bilden in ihrer Abstimmung aufeinander ein einheitliches Ganzes. Die Schwierigkeit liegt darin, daß wir in den Buchstaben b und c nicht eine generelle Definition der Eisen- und Stahlindustrie gegeben haben und auch nicht geben konnten vielleicht auch nicht geben wollten —, sondern daß wir uns in den Buchstaben b und e an das Gesetz Nr. 27 angelehnt haben und damit übrigens dem gefolgt sind, was auch in den ursprünglichen Richtlinien einmal vorgesehen war. Das zwingt dazu, zu berücksichtigen, daß z. B. — um nur das Hauptproblem dabei herauszustellen — die Vereinigten Stahlwerke AG. als eine große Spitzengesellschaft selbstverständlich nur einmal in diesem Gesetz auftauchen. Wir alle aber wissen, daß bei der Neuordnung allerhand komplizierte Vorgänge erfolgen, die es erforderlich machen, daß wir hier die Formulierung in der Abstimmung aufeinander, wie sie die Buchstaben b und c bilden, beibehalten. Denn Sie werden in Buchstabe e sehen, daß wir da von den Gesellschaften gesprochen haben, die von der zu liquidierenden Spitze, nämlich der Spitzengesellschaft, in diesem Beispiel der Vereinigten Stahlwerke AG, abhängen. Diese abhängigen Gesellschaften werden durch Buchstabe c erfaßt. Brechen Sie also b und e auseinander, werden Sie mit dem Gesetz technisch nicht mehr fertig. Ich will im Hinblick auf diejenigen, die in die Materie nicht so eingehend eingedrungen sind, die Dinge nicht ausführlicher darstellen.
Aus denselben Gründen der Anlehnung an das Gesetz Nr. 27 und an die Bildung der Einheitsgesellschaften können wir auch dem Antrage nicht folgen, den Sie unter Ziffer 2 gestellt haben, nämlich eine Definition der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie zu geben. Wir haben den Bereich, der von diesem Gesetz erfaßt werden soll, in einer absolut zuverlässigen Weise abgegrenzt. Er wird sich in den Einheitsgesellschaften oder in den Kerngesellschaften wiederfinden. Das macht es gegenstandslos, wenn nicht sogar schädlich, eine zusätzliche Definition einzufügen. Das Bedenken, das Herr Dr. Koch vorgebracht hat, erklärt sich daraus, daß bei .der hessischen Sozialisierung Begriffsbestimmungen gewählt waren, die in der Tat zu einer Zerreißung von Betrieben an Ort und Stelle führen konnten. Das ist hier völlig ausge-
schlossen, da man sich über den Abgrenzungsbereich durchaus im klaren ist. Niemand wird so töricht sein, etwa der Bestimmung dieses Gesetzes wegen einen Einzelbetrieb aus einem großen Unternehmen loszulösen.
Sie haben dann unter Ziffer 3 beantragt, die Holding-Gesellschaften ebenfalls diesem Gesetz zu unterstellen. Wir sind nicht in der Lage, mindestens nicht im Augenblick, diesem Vorschlage zu folgen. Bei der Gründung der neuen Gesellschaften in Kohle und Eisen sind jedenfalls im Prinzip keine Holding-Gesellschaften vorgesehen. Sie werden möglicherweise sogar ausgeschlossen werden, so daß wir uns bei dem derzeitigen Stande der Entwicklung nicht in der Lage sehen, eine Bestimmung zu formulieren oder einer Bestimmung zuzustimmen, die einen Tatbestand unterstellt, mit dem wir wahrscheinlich in der nächsten Zeit noch nicht zu rechnen haben werden.
Für Ziffer 4 gilt folgendes. Es ist zutreffend, daß der Referentenentwurf, der in einer von dem Herkömmlichen abweichenen Art und Weise vorher bekanntgemacht worden ist, in der Tat eine Belegschaftsstärke von 300 Arbeitnehmern oder das . hier genannte Nennkapital vorgesehen hat. Wir haben aber festgestellt — und wir folgen in diesem Punkte dem Regierungsentwurf —, daß es richtig ist, ansehnliche Unternehmensgrößen zu wählen, und sind der Auffassung, daß das etwa in der Größenordnung von 1000 Arbeitnehmern der Fall sein wird. Ich glaube, daß wir damit im Grunde auch mit dem übereinstimmen, was gerade von seiten der Antragsteller oder mindestens von einem Mitgliede der Antragsteller in den Ausschußverhandlungen gesagt worden ist, daß es sich nämlich — ich versuche, es so wörtlich zu wiederholen, wie ich es in Erinnerung habe — darum handele, nicht irgendwelche kleinen Quetschen in dieses Gesetz einzubeziehen, sondern die großen Unternehmungen. Ich glaube, wir sollten von diesem Grundsatz nicht abweichen, sondern sollten die Grenze von 1000 in Übereinstimmung mit dem Regierungsentwurf einhalten. Ebenso verfehlt wäre es, wenn man, falls man schon die Tausender-
Grenze für richtig hält, etwa eine Nennkapitalgrenze von 1 Million DM einführen wollte. Denn es ist bei der Kapitalintensität in diesen Industrien klar, daß auf diese Weise die Unternehmungen, die gerade in der Größenordnung zwischen 300 und 1000 ausgeschlossen wurden, auf dem anderen Wege wieder hineinkämen. Ich glaube, niemand wird sich ernstlich beschwert fühlen können, wenn wir diesen Antrag hier ebenso wie in den Ausschüssen ablehnen.
Von der FDP sind zwei Anträge gestellt worden, die leider noch nicht umgedruckt vorliegen. Wenn ich Herrn Dr. Wellhausen richtig verstanden habe, hat er darauf hingewiesen, daß sich die Formulierung „und in den zur gesetzlichen Vertretung be-berufenen Organen" nicht im Regierungsentwurf finde. Im -Regierungsentwurf findet sich in der Tat diese Umschreibung nicht, sondern dort ist von den Vorständen gesprochen. Wir wissen aber aus den Beratungen, daß damit alle Gesellschaften, wie sich das aus dem Späteren ergibt, erfaßt werden sollten.
Weiter ist dazu Stellung zu nehmen, daß in § 1 Abs. 2 nur die Gesellschaftsformen der Aktiengesellschaft, der GmbH. und schließlich der bergrechtlichen Gewerkschaft genannt worden sind. Sie haben vorgeschlagen, den entsprechenden Passus zu streichen und es allgemein bei „den Unternehmen" zu belassen: Nun ist aber das Gesetz in seiner Technik auf diese drei Gesellschaftsformen abgestellt worden. In der Tat – und wir haben das sehr sorgfältig untersucht — sind das die drei einzigen zur Zeit in diesen Industrien vorkommenden Formen. Außer diesen drei Formen könnten nur noch — Herr Dr. Koch hat das erwähnt — die Kommanditgesellschaft auf Aktien und schließlich die Genossenschaft eine Rolle spielen. Die Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien ist hier nicht gebräuchlich, und ich sehe auch keinerlei Anlaß, warum sie wieder eingeführt werden sollte. Für die Genossenschaft gilt das gleiche. Sie können versichert sein, daß uns bei dieser Haltung nur die Klarheit des Gesetzesaufbaus, wie er hier geschaffen worden ist, leitet und daß wir keineswegs etwa — das könnte man vielleicht bei einigen Äußerungen zwischen den Zeilen lesen — die Vorstellung haben, daß hier nun klassische oder nichtklassische Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden sollten.
Ich glaube, daß ich mich zunächst auf diese Bemerkungen zu § 1 beschränken kann, und ich bitte Sie, den Abänderungsanträgen nicht zuzustimmen.