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ID0112707700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 127. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1951 4835 127. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. März 1951. Geschäftliche Mitteilungen 4836C, 4840D, 4862C, 4863D, 4879A Urlaubsgesuch des Abg. Nuding . . . 4836C, 4840D Änderungen der Tagesordnung 4836D Erste, zweite und dritte Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, des Zentrums, der WAV und der Gruppe BHE-DG betr. Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nr. 2057 der Drucksachen) 4837A Euler (FDP) (schriftliche Begründung 4837A, 4880A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 4837A Beschlußfassung 4837B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Nr. 2007 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der KPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung von Bestimmungen in dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 (RGBl. I S. 187) in der zur Zeit geltenden Fassung (Nr. 1958 der Drucksachen) und in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Bemessung und Höhe der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Nr. 2008 der Drucksachen) 4837B Storch, Bundesminister für Arbeit 4837C, 4841C, 4843B Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller . . . . 4838C, 4847A, 4849A Dr. Ott (BHE-DG) 4841A Keuning (SPD) 4841D Sabel (CDU) 4843C, 4850A Dr. Schäfer (FDP) 4845A Frau Kalinke (DP) 4845D Richter (Frankfurt) (SPD) 4848B Abstimmungen 4849A, 4850A Ausschußüberweisung des Antrags der KPD Nr. 1958 der Drucksachen . . . . 4850B Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Rückgabe nichtgenutzter, von der Besatzungsmacht beschlagnahmter Wohnungen (Nr. 1995 der Drucksachen) . . . 4850B Dr. Seelos (BP), Antragsteller . 4850B, 4858B Hoecker (SPD) 4851D Fisch (KPD) 4853B Strauß (CSU) 4854B Wirths (FDP) 4855C Dr. Reismann (Z) 4856C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4857B Beschlußfassung 4858C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsoder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen (Nr. 1985 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2055 der Drucksachen) 4858C Majonica (CDU), Berichterstatter . 4858C Beschlußfassung 4859B Zweite und dritte Beratung des vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes (Nr. 1998 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 2043 der Drucksachen) 4859B Stegner (FDP), Berichterstatter 4859C, 4861A Dr. Greve (SPD) 4860B Mellies (SPD) 4860D Beschlußfassung 4861B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister (Nr. 1370 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1999 der Drucksachen) 4861C Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 4861D Dr. Reismann (Z) 4862C Beschlußfassung 4862C, D Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2044 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) (Nr. 2056 der Drucksachen) 4863B Blachstein (SPD), Berichterstatter . 4863B Beschlußfassung 4863D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen (Nr. 1853 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2032 der Drucksachen) 4864A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP): als Berichterstatter 4864A als Abgeordneter 4874B Dr. Greve (SPD): zur Geschäftsordnung 4866C zur Sache 4869C Dr. Laforet (CSU) 4866D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) . . . 4867C, 4875D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4868C Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 4870D Pelster (CDU) 4872A Dr. Oesterle (CSU) 4872D Dr. Gülich (SPD) 4874A Dr. von Merkatz (DP) 4875A Beschlußfassung 4875D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundsteuergesetzes (Nrn. 1787, 1947 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2013 der Drucksachen) 4876A Zur Geschäftsordnung: Lausen (SPD) 4876A Dr. Kneipp (FDP) 4876B Zurückverweisung an den Ausschuß . . 4876C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Schumacher gem. Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 15. Dezember 1950 (Nr. 2004 der Drucksachen) . . . . 4876C Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 4876D Beschlußfassung 4877B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Freiherrn von Fürstenberg gem. Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 8. Januar 1951 und Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Berthold (München) vom 6. Dezember 1950 (Nr. 2005 der Drucksachen) 4877B Ritzel (SPD) : als Berichterstatter 4877B als Abgeordneter 4878C Donhauser (Unabhängig) 4877D Strauß (CSU) 4878B Zurückverweisung an den Ausschuß . . 4878D Antrag der SPD betr. Aufsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen des Bergbaues sowie der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung 4878D Nächste Sitzung 4879C Anlage: Schriftliche Begründung zum interfraktionellen Antrag betr. Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nr. 2057 der Drucksachen) 4880 Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 127. Sitzung Schriftliche Begründung zum Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, Z, WAV und der Gruppe BHE-DG betreffend Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden und .Württemberg-Hohenzollern (Nr. 2057 der Drucksachen) Der Entwurf eines Bundesgesetzes über die Neugliederung in dem die Länder Baden, WürttembergBaden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete gemäß Art. 118 Satz 2 des Grundgesetzes ist am 16. März 1951 im Ausschuß für innergebietliche Neuordnung verabschiedet und dem Rechtsausschuß zugeleitet worden. Der Gesetzentwurf sollte ursprünglich eine Bestimmung über die Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden und WürttembergHohenzollern für die Zeit bis zum Außerkrafttreten der beiden Länderverfassungen enthalten, wie in § 25 des vom Ausschuß für innergebietliche Neuordnung seiner Arbeit zugrunde gelegten Antrages der Abgeordneten Gengler, Kiesinger, Bauknecht und Genossen, Drucksache Nr. 1849, vorgesehen. Es hat sich als notwendig erwiesen, diese Bestimmung zum Gegenstand des vorliegenden Gesetzentwurfs zu machen, weil die Legislaturperiode des Landtags des Landes Baden bereits am 28. April 1951 und die des Landtags des Landes Württemberg-Hohenzollern bereits am 17. Mai 1951 abläuft und in beiden Ländern die Volksabstimmungen über die Verlängerung der Legislaturperiode der beiden Landtage bereits für den 8. April 1951 vorgesehen sind. Die Landtage der beiden Länder haben die Verlängerung ihrer Legislaturperioden durch verfassungänderndes Gesetz beschlossen, das nach den Verfassungen von Baden und Württemberg-Hohenzollern der Bestätigung durch Volksabstimmung bedarf, damit die in den Verlängerungen der Legislaturperioden liegende Änderung der Verfassungen der beiden Länder wirksam werden kann. Diese Volksabstimmungen sind, wie erwähnt, für den 8. April 1951 vorgesehen. Es kam dem Ausschuß für innergebietliche Neuordnung darauf an, die für den 8. April vorgesehene Volksabstimmung in den Ländern Baden und Württemberg-Hohenzollern zu vermeiden. Die beiden beteiligten Länder haben ein dringendes Interesse daran, daß diese Volksabstimmungen nicht stattzufinden brauchen. Ihre Durchführung wäre mit erheblichen Kosten verbunden; sie wäre ferner aus staatspolitischen Gründen unerwünscht, weil die Wahlbeteiligung unzweifelhaft nur eine außerordentlich geringe sein würde. In den beiden Ländern hat bereits eine Volksbefragung über das Zustandekommen des Südweststaats stattgefunden. Das Bundesgesetz über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern wird in den kommenden Monaten eine weitere Volksabstimmung notwendig machen. Die Bevölkerung der drei beteiligten Länder wird dann wiederum nach einigen Monaten zum dritten Male zur Wahlurne gerufen, weil nach dem Volksentscheid gemäß Art. 118 Satz 2 des Grundgesetzes die verfassunggebende Landesversammlung des Südweststaats oder aber die verfassunggebenden Landesversammlungen der wiederhergestellten alten Länder Baden und Württemberg zu wählen sind. In Anbetracht dieser Häufung von Wahlen in den Ländern des Südwestraums ist es staatspolitisch dringend erwünscht, die Volksabstimmungen vom 8. April 1951 über die Verlängerung der Legislaturperioden der Landtage von Baden und Württemberg-Hohenzollern zu vermeiden. Dies ist möglich, wenn das mit dem vorliegenden Antrag aller Parteien und .Gruppen des Bundestages angestrebte Bundesgesetz rechtzeitig wirksam wird. Im Ausschuß für innergebietliche Neuordnung, dem Abgeordnete aus dem Lande Baden und aus dem Lande Württemberg-Hohenzollern angehören, bestand volle Einmütigkeit darüber, daß durch das mit dem vorliegenden Antrag angestrebte Bundesgesetz die Volksabstimmungen vom 8. April vermieden werden sollten. Das Gesetz begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Es hat den unmißverständlichen Charakter eines Sondergesetzes, das sich auf einen Ausnahmetatbestand gründet. Wenn der Verfassunggeber die Gesetzgebungsorgane des Bundes ermächtigt hat, die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden, und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete durch Bundesgesetz zu regeln, und ihnen damit die Möglichkeit gegeben hat, eine Regelung zum Gesetz werden zu lassen, die über die Volksabstimmung zur Aufhebung der bisherigen Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern führt, dann ist in dieser Befugnis auch die weit mindere Befugnis enthalten, eine Verlängerung der Legislaturperioden der Landtage in den beteiligten Ländern anzuordnen, um vermeidbare Volksabstimmungen auszuschließen. Bonn, den 15. März 1951. Euler
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    Rede von Dr. Otto Heinrich Greve


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Ich kann auf einen Teil meiner Ausführungen verzichten, weil der Herr Bundesfinanzminister den Herren Kollegen Dr. Laforet und Dr. Etzel eine bessere Antwort auf ihre Ausführungen erteilt hat, als ich es überhaupt je hätte tun können.
    Es handelt sich hier meines Erachtens richtigerweise überhaupt nicht darum, ob Art. 134 Abs. 1 unmittelbar geltendes Recht oder nur Programmsatz ist. Ich bin aber trotzdem gehalten, zu einigen Ausführungen, insbesondere des Herrn Kollegen Dr. Laforet, Stellung zu nehmen, weil sie auf die Entwicklungsgeschichte des Art. 134 des Grundgesetzes zurückgehen.
    Es ist meines Erachtens im Grunde genommen müßig, zu versuchen, aus diesem oder jenem Wort des Art. 134 Abs. 1 zu beweisen, daß diese Bestimmung unmittelbar geltendes Recht oder nur ein Programmsatz sei. Entscheidend ist vielmehr, daß den gesamten Arbeiten des Parlamentarischen Rates die sogenannte Identitätstheorie zugrunde lag. Es sollte, wie die damaligen Abgeordneten des Parlamentarischen Rates Schmid, Süsterhenn und Seebohm eindeutig erklärt haben, kein neuer Staat geschaffen, sondern das Reich lediglich neu organisiert werden. Diese Identitätstheorie lag auch den Spezialberatungen zu Art. 134 zugrunde, Herr Kollege Dr. Laforet. Der Abgeordnete Dr. Schmid hat in der Sitzung des Hauptausschusses vom 10. Februar 1949 erklärt:
    Die Sache ist klar: es gilt das Recht der Universalsukzession. Die Juristen wissen, was das heißt; es ist gar nichts Geheimnisvolles, es bedeutet, daß alle Forderungen und alle Schulden übergehen, gerade wie alle vertraglichen Verpflichtungen und alle vertraglichen Rechte.
    Das ist ganz eindeutig und ganz klar.
    Wenn aber die Rechtspersönlichkeit Deutsches Reich sich in der Bundesrepublik fortsetzt, wenn also beides nur Bezeichnungen für ein und dieselbe Rechtspersönlichkeit sind, dann muß zwangsläufig — und das hat der Herr Bundesfinanzminister eben ja auch zum Ausdruck gebracht — das ehemalige Reichsvermögen Bundesvermögen geworden sein,


    (Dr. Greve)

    gleichgültig, wie man immer die Bestimmungen über das Reichsvermögen im Grundgesetz gefaßt haben mag. Dem Grundgesetzgeber zu unterstellen, daß er für die Überleitung des Reichsvermögens auf den Bund einen besonderen Gesetzgebungsakt für erforderlich gehalten habe, würde juristisch bedeuten, daß der Grundgesetzgeber das Reichsvermögen mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes herrenlos machen wollte — denn der bisherige Rechtsträger setzte sich ja im Bund als ein und dieselbe Rechtspersönlichkeit fort —, und das kann auch nach Ihrer Auffassung, Herr Kollege Laforet, nicht der Wille desjenigen gewesen sein, der das Grundgesetz geschaffen hat, nämlich des Parlamentarischen Rates.

    (Abg. Dr. Laforet: Das ist schief!)

    Ich darf nur kurz noch zu dem Versuch einer Wortinterpretation des Art. 134 Abs. 1 des Grundgesetzes Stellung nehmen. Die Vertreter der Programmsatztheorie berufen sich meist entscheidend auf den Art. 134 Abs. 4, und das haben Sie auch getan, Herr Kollege Laforet. Dieser Absatz bezieht sich nicht nur auf Abs. 2 und 3, sondern auch auf Abs. 1 des Art. 134 des Grundgesetzes. Demgegenüber muß dann aber darauf hingewiesen werden, daß der Art. 134 Abs. 4, so wie er jetzt Gesetz ist, auch in den Fassungen enthalten war, in denen Abs. 1 lautete: „Das Reichsvermögen ist Bundesvermögen". Ich kann mich in diesem Zusammenhang auf das beziehen, was der Herr Kollege Dr. Höpker-Aschoff als Berichterstatter heute dem Plenum vorgetragen hat. Art. 134 Abs. 1 lautete während der Beratungen — wie schon angedeutet —mehrfach: Das Reichsvermögen ist Bundesvermögen. Die Vertreter der Programmsatztheorie, zu der Sie ja auch gehören, Herr Kollege Dr. Laforet, erkennen zwar an, daß bei einer solchen Formulierung über die unmittelbare Wirkung des Art. 134 Abs. 1 kein Zweifel bestehen könnte; sie glauben aber, daß die Formulierung „Das Reichsvermögen wird grundsätzlich Bundesvermögen" eindeutig für die Programmsatztheorie spricht. Hierbei stützen sie sich neuerdings vor allen Dingen auf den Bericht des Herrn Kollegen Dr. von Brentano zu Art. 134. Insoweit möchte ich mich auch auf die zutreffenden Ausführungen des Herrn Berichterstatters beziehen.
    Herr Dr. Höpker-Aschoff hatte bereits im Januar 1949 beantragt, den ersten Satz des Art. 134 wie folgt zu formulieren:
    Das Reichsvermögen wird grundsätzlich Bundesvermögen.
    Er hat damals ausdrücklich erklärt, daß eine materielle Änderung gegenüber der bisherigen Fassung „ist Bundesvermögen" nicht beabsichtigt sei.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Herren Abgeordneten Dr. Lehr und Dr. Katz haben die Vorschläge des Abgeordneten Dr. HöpkerAschoff ausdrücklich als Verbesserungen bzw. redaktionelle Änderungen bezeichnet.

    (Erneute Zurufe: Hört! Hört! bei der SPD.)

    Der Sachverständige Ministerialdirektor Dr. Ringelmann aus dem bayerischen Finanzministerium hat zu dem Vorschlag des Herrn Kollegen Dr. Höpker-Aschoff u. a. folgendes erklärt:
    Herr Minister Dr. Höpker-Aschoff hat beantragt, daß der Zusatz: „Gesetzliche oder vertragliche Heimfallrechte bleiben unberührt" als entbehrlich gestrichen wird. Ich habe Zweifel, ob auf Grund der absoluten Bestimmung, daß das Vermögen des Reiches Bundesvermögen
    wird und daß die mit diesem Vermögen in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten und Lasten auf den Bund übergehen, diese Heimfallrechte als Lasten angesehen werden können. Das erscheint mir nach verschiedenen Richtungen zweifelhaft.
    Und dann weiter in den Ausführungen des Ministerialdirektors Dr. Ringelmann:
    Jetzt könnte die Meinung entstehen, daß mit der Fassung, daß dieses Vermögen auf den Bund übergeht, über diese Heimfallrechte, diese Rückgabeansprüche ohne weiteres der Stab gebrochen ist. Die Länder könnten unter diesen Umständen gezwungen werden, vor dem Bundesverfassungsgericht Recht zu nehmen, und es könnte sich hieraus eine große Anzahl von Streitigkeiten ergeben. Aus diesem Grunde würde ich bitten, selbst wenn die Bestimmung, wie Herr Minister Dr. HöpkerAschoff meint, überflüssig ist, sie doch aufzunehmen. In diesem Falle würde das Superfluum jedenfalls nichts schaden.
    So Herr Ministerialdirektor Dr. Ringelmann aus dem Bayerischen Finanzministerium.
    Herr Kollege Dr. Laforet, gerade diese Erklärungen von Herrn Ministerialdirektor Dr. Ringelmann zeigen, daß auch er die Fassung von Herrn Kollegen Dr. Höpker-Aschoff: „Das Reichsvermögen wird grundsätzlich Bundesvermögen" dahin verstand, daß damit ein unmittelbar geltender Rechtssatz geschaffen würde. Es ist meines Erachtens völlig unerheblich, was aus diesem Vorschlag von Herrn Kollegen Dr. Höpker-Aschoff im Laufe der Beratungen geworden ist, entscheidend ist meines Erachtens nur, daß er im Mai 1949 eine Fassung wiederum wörtlich aufgriff, die er bereits vorher einmal gebracht hatte und von der sowohl er als auch alle andereh Beteiligten bei der ersten Erörterung der Fassung davon ausgegangen sind, daß sie einen unmittelbar geltenden Rechtssatz wiedergibt.
    Es ist auch durchaus verständlich, weshalb nach dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 19 Herr Dr. Höpker-Aschoff wieder auf seine alte Fassung zurückkam, und er selbst hat es ja andeutungsweise in seinem Bericht auch schon gesagt. Es galt damals nämlich, eine Fassung zu finden, die zum Ausdruck brachte, daß auch das durch das Gesetz Nr. 19 inzwischen auf die Länder übergegangene Reichseigentum mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes Bundesvermögen wird. Es bestand offenbar die Ansicht, daß dieser Wille mit der Fassung: .,Das Reichsvermögen ist Bundesvermögen" nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen ist.
    Das ist das, was ich Ihnen als Antwort auf Ihre Ausführungen zu sagen habe, Herr Kollege Dr. Laforet. Im übrigen halte ich die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers für so durchschlagend, daß ich bitten möchte, dem Gesetzentwurf, wie der Ausschuß es Ihnen vorschlägt, die Zustimmung zu geben.

    (Beifall bei der SPD und einem Teil der Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmid.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um die Bundesrepublik in den Stand zu setzen, das ehemalige Reichsvermögen in die Hand zu nehmen, wäre nicht ein


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    einziger Artikel im Grundgesetz notwendig gewesen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Dieser Artikel 134 war notwendig — und er schien nützlich zu sein —, weil man erstens über das Schicksal des preußischen Staatsvermögens im Grundgesetz etwas bestimmen mußte und weil man zweitens im Grundgesetz bestimmen wollte, daß den Ländern ein Teil des früheren Reichsvermögens zu Eigentum übertragen werden sollte. Aus diesem Grunde ist der Art. 134 notwendig gewesen und ist er nützlich.
    Wenn man der Meinung ist, irgendein Artikel im Grundgesetz sei notwendig gewesen, um zu bestimmen, daß Reichseigentum Bundeseigentum wird, dann muß man eine von zwei Prämissen akzeptieren. Entweder muß man dann davon ausgehen, daß 1945 das Deutsche Reich zerbrochen ist, daß es verschwunden ist, daß sich auf seinem Gebiet neue Staaten gebildet haben und daß diese Staaten — kraft Standrechts, möchte ich sagen — das alte Reichsvermögen okkupieren konnten. Ich glaube nicht, daß jemand in diesem Saale anwesend ist, der sich zu einer solchen Prämisse bekennen würde.
    Die zweite Prämisse, von der man sonst ausgehen müßte, wäre die, daß man annimmt, ein Befugter habe Reichsvermögen den Ländern übertragen, und diese Länder seien damit Eigentümer geworden und der deutsche Staat in seiner heutigen Form „Bundesrepublik" habe es damit verloren; er müsse es sich also kraft seiner Gesetzgebungsgewalt wieder zu Eigentum zurückübertragen. Das ist die zweite Prämisse, von der man ausgehen müßte.
    Wenn man von ihr ausgehen will, dann muß man sich auf bestimmte Rechtshandlungen stützen können und muß sich gefallen lassen, daß diese behaupteten Rechtshandlungen auf ihre Gültigkeit hin untersucht werden. Eine staatsrechtliche Legitimation für irgend jemanden, eine solche Übertragung vorzunehmen, ist nirgends zu finden, weder in der alten Verfassung noch in der Zwischenverfassung des Dritten Reiches noch etwa in dem, was nach 1945 in Deutschland bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes geschehen ist. Die einzige „Rechtshandlung", auf die man sich stützen könnte, wären Akte der Besatzungsmacht. Da gibt es das amerikanische Zonengesetz, das britische und das französische Zonengesetz. Diese drei Gesetze sind recht verschieden. In der britischen Zone ist man ohne jede Frage am korrektesten nach dem geltenden Völkerrecht, nämlich nach der Haager Landkriegsordnung, verfahren. Dort hat der Okkupant nicht mehr an Dritte — an die Länder — übertragen, als was ihm das Völkerrecht selbst gab. Das Völkerrecht gibt dem Okkupanten nur die Rechte des Nießbrauchs und des Verwaltens und nicht mehr; und: nemo plus iuris transferre potest quarr ipse habet!
    Die Amerikaner sind in der Textierung ihrer Verordnung nicht so vorsichtig gewesen; aber sie haben ganz offensichtlich dasselbe gemeint. Sie haben ganz offensichtlich nicht mehr übertragen wollen, als was sie nach Völkerrecht übertragen durften. Die Franzosen haben es anders gehalten. Sie wollten ausgesprochenermaßen mehr; sie wollten im Zuge der Politik, die sie damals für vernünftig hielten, den Ländern das Bundeseigentum übergeben, zu echtem Eigentum, damit es kein Reichseigentum mehr gäbe und so die Erinnerung an die Einheit Deutschlands nicht immer neu geweckt werde. Das geschah im Zuge der „föderalistischen" Außenpolitik der Franzosen von damals. Vielleicht ist ihre Deutschlandpolitik heute anders. Ich hoffe es; aber damals war sie s o. Das ging so weit, daß man den Ländern der französischen Zone — jedenfalls zweien davon — es geradezu aufzwingen wollte, das Eisenbahnvermögen zu übernehmen, und daß man die drei Länder der Zone veranlaßte, mit diesem ihnen nun „geschenkten" Reichseigentum eine besondere Eisenbahngesellschaft zu gründen. Wir in WürttembergHohenzollern und in Rheinland-Pfalz haben uns geweigert, das zu akzeptieren. Wir haben erklärtermaßen nur als Treuhänder und unter Vorbehalt der Rechte einer künftigen Deutschen Republik, die es damals noch gar nicht gab, unterzeichnet. Leider hat die badische Regierung sich geweigert, diesen Vorbehalt mit abzugeben.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Es tut mir leid, das feststellen zu müssen; aber es war so. Herr Abgeordneter Hilbert, es tut mir leid, daß es so war, auch um Sie!

    (Abg. Hilbert: Ich war damals selbst Mitglied des Kabinetts! Ihre Darstellung ist nicht richtig, Sie müssen alles sagen!)

    — Ja, es tut mir leid auch um Sie. Es wäre mir
    lieber gewesen, Ihr Staatspräsident hätte sich
    damals uns, den beiden anderen Regierungschefs,
    angeschlossen. Aber er meinte, er würde, wenn er
    den Vorbehalt mit unterschriebe, die Rechte des
    badischen Volkes kränken. — Nun, das ist vorbei,
    und solche Sachen bleiben ein für allemal vorbei.
    Verfügungen, die so gemeint gewesen sein sollten, daß Reichseigentum von der Besatzungsmacht an Länder zu Eigentum übertragen wird, sind völkerrechtswidrig. Keine Besatzungsmacht hat ein solches Recht, und es konnte darum durch diese drei Gesetze kein Eigentumstitel geschaffen werden. Alles, was an Rechten übergehen konnte, waren Verwaltungs- und Nießbrauchrechte und sonst nichts! Der Bund hat es nicht nötig, durch irgendein Gesetz zu bestimmen: Das und das, was einmal „Reichsvermögen" war, wird jetzt „Bundesvermögen", sondern das, was „Reichsvermögen" war, i s t „Bundesvermögen", ob der Art. 134 im Grundgesetz steht oder nicht.
    Was durch Gesetz geregelt werden muß, sind ausschließlich die Modalitäten des Übergangs der Verwaltung aus der einen Hand in die andere.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Mit anderen Worten: Dieses Gesetz hat nicht konstitutiven Charakter, sondern ausschließlich ordnenden Charakter. Es ist ein Gesetz, durch das eine Organisation wird aufgestellt werden müssen, durch das gewisse Stellen bestimmt werden müssen, die befugt sind, diese oder jene Abrechnung oder faktische Leistung vorzunehmen, aber nicht mehr.
    Und dann wird ein Gesetz nötig sein, das das ehemalige Reichsvermögen, das mit guten Gründen nunmehr an die Länder gegeben werden soll, diesen überträgt, weil die Länder jetzt Verwaltungsaufgaben zu erfüllen haben, die früher das Reich mit diesen Gütern erfüllte. Wenn das geschehen wird, dann wird man ein Gesetz erlassen müssen, das die Länder zu Eigentümern macht. — So steht die Sache!
    Meine Damen und Herren, das Problem ist ernst. Wenn wir in dieser Sache — aus Bequemlichkeit oder weil es für diesen oder jenen Länderfiskus profitabel sein könnte — eine Maßnahme gutheißen, von der man einmal Rückschlüsse auf eine falsche Grundauffassung über den juristischen Sta-


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    tus Deutschlands ziehen könnte, dann könnte es sein, daß uns unsere Reden einmal von einer Seite präsentiert werden, mit der wir dann nicht hier, in diesem Hause, werden diskutieren können!

    (Zurufe von der SPD: Sehr richtig! — Sehr wahr!)

    Und deswegen, meine Damen und Herren, bitte
    ich zu entschuldigen, daß ich diese juristischen Ausführungen gemacht habe. Ich glaube, es war notwendig, daß das getan wurde, und ich glaube, es
    ist notwendig, daß wir uns immer wieder auf diese
    Grundlage der juristischen und politischen Existenz
    der Bundesrepublik besinnen. Wenn ich mir vorhin erlaubt habe, dem Herrn Bundesfinanzminister
    einen Zwischenruf zu machen, als er sagte, es sei
    gleichgültig, wie man darüber denke, so war das
    so gemeint: Wir sollten das nicht als eine gleichgültige Angelegenheit ansehen, als einen Sport
    beflissener Juristen, ob man so oder so denkt,
    sondern wir sollten eh und je wissen, daß, wenn
    wir falsch in diesem Ansetzen der Gleichung unserer Existenz denken, alles, was wir damit einmal
    sollten errechnen wollen, nicht mehr stimmen kann.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten in der Mitte und rechts.)