Rede von
Dr.
Paul
Bleiß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der 114. Sitzung hat das Hohe Haus den Beschluß gefaßt, die Bundesregierung zu ersuchen, die Zentralbüro für Mineralöl GmbH , die entsprechenden Arbeitsgemeinschaften oder andere private Organisationen nicht mehr in die Mineralölwirtschaft einzuschalten.
Im Anschluß an diese Beschlußfassung wurde von den Fraktionen der CDU/CSU, der FDP und der DP die in der Drucksache Nr. 1969 formulierte Gesetzesvorlage zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft eingebracht. Der Inhalt des Gesetzentwurfs ist kurz folgender.
Art. 1 Ziffer 1 sieht die Beseitigung der Rechtsgrundlage des ZB durch Aufhebung einer seit dem Jahre 1939 bestehenden Anordnung mit Wirkung ab 1. April 1951 vor. Ziffer 2 bestimmt die Aufhebung der bisher bestehenden Preisbindungen für Mineralöl und für Treibstoff mit Wirkung ab 1. Mai 1951. Hiervon sollen nur die Bestände ausgenommen sein, welche das ZB am 30. April 1951 noch auf Lager hat. Nach Ziffer 3 werden die bisher den privilegierten Verbrauchern, also der Landwirtschaft, der Binnenschiffahrt, der Hochseeschiffahrt und der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger gewährten Vergünstigungen aufgehoben. Die Weiterführung dieser Vergünstigungen soll nunmehr durch Rechtsverordnungen geregelt werden, die der Bundesfinanzminister erläßt. Art. 1 stellt also im wesentlichen fest, was aufgehoben werden soll.
Art. 2 stellt fest, was bestehen bleibt, nämlich die Bewirtschaftung von Mineralöl, von Kraftstoff, von Spezial- und Testbenzin. Die Geltungsdauer der einschlägigen Verordnungen soll zunächst bis zum 30. Juni 1951 verlängert werden.
Art. 3 ermächtigt die Bundesregierung oder den Bundeswirtschaftsminister, mit Zustimmung des Bundesrats eine Verbrauchslenkung auf der Grundlage der durchgehenden Bezugsberechtigungen durchzuführen. Als Lenkungsorgan soll an die Stelle des in Fortfall kommenden ZB die Bundesstelle für den Warenverkehr treten, die mit der Durchführung der Bewirtschaftungsmaßnahmen die Fachstelle für Mineralöl mit dem Sitz in Hamburg beauftragen wird.
Die Bundesstelle für den Warenverkehr kann Ausschüsse bilden, deren Mitglieder aus Kreisen der Mineralölwirtschaft stammen sollen. In Aussicht genommen sind zwei Ausschüsse: ein Qualitätsausschuß — er soll sich aus 10 bis 12 Chemikern zusammensetzen —, zweitens ein Mengenausgleichsausschuß, der etwa 10 Personen umfassen soll. Hoheitsrechte dürfen auf diese Ausschüsse nicht übertragen werden.
So weit, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf.
Bei den Beratungen im Wirtschaftspolitischen Ausschuß konnte eine Übereinstimmung über die Gesetzesvorlage nicht erzielt werden. Von den Vertretern der SPD wurde darauf hingewiesen, daß eine Bewirtschaftung ohne Preisbindung sinnlos sei, weil sich der Preis unabhängig von dem durchlaufenden Bezugsrecht nach den Verknappungserscheinungen orientieren und nach oben auspendeln würde. Der Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums war der Meinung, daß die Preise für Vergaser- und Dieselkraftstoff zwar zunächst steigen, dann aber wahrscheinlich wieder sinken werden. Die Preissteigerung werde in der Hauptsache dadurch verursacht werden, daß sich auf Grund des Gesetzes die Übernahmepreise erhöhen und die Gleitzölle in Fortfall kommen.
Hinsichtlich der Tätigkeit der bei der Bundesstelle für den Warenverkehr einzurichtenden Ausschüsse entschied sich der Wirtschaftspolitische Ausschuß dahin, daß die Fachausschüsse nur zur Beratung in technischen Fragen herangezogen werden sollen.
In den Beratungen über den privilegierten Verbrauch der Landwirtschaft, der Binnenschiffahrt, der Hochseeschiffahrt usw. wurde von der SPD geltend gemacht, daß Art. 1 Ziffer 1 nicht klar erkennen läßt, ob die Vergünstigungen überhaupt bestehen und ob sie in der bisherigen Höhe bestehen bleiben sollen.
Der Ausschuß stellte mit Mehrheit fest, daß Art. 1 Ziffer 3 die Verpflichtung für den Bundesfinanzminister beinhalte, die vorgesehenen Rechtsverordnungen auch wirklich zu erlassen. Das gelte auch gegenüber der Landwirtschaft, obwohl von dem Vertreter des Bundesfinanzministeriums Bedenken geltend gemacht wurden, daß eine Privilegierung der Landwirtschaft zu einer mißbräuchlichen Verwendung der privilegierten Kontingente führen könnte.
Zu Art. 5 des Entwurfes wurde schließlich beschlossen, daß das Gesetz hinsichtlich der Bestimmungen des Art. 1 Ziffer 1 und der Art. 2, 3 und 4 ab 1. April dieses Jahres, hinsichtlich der übrigen Bestimmungen am 1. Mai 1951 in Kraft treten solle. Art. 3 des Gesetzes soll mit Ablauf des 30. Juni 1952 außer Kraft treten.
In der Schlußabstimmung wurde die Gesetzesvorlage in der geänderten Form mit einem Stimmenverhältnis von 10 zu 5 bei 2 Stimmenthaltungen gebilligt. Mit diesem Stimmverhältnis schlägt der Ausschuß dem Hohen Hause die Annahme des Antrags Drucksache Nr. 2022 vor.