Rede von
Heinrich Georg
Ritzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität muß leider erneut den Bundestag mit einer Immunitätsangelegenheit befassen, die ein Ausfluß der Verhandlungen des Untersuchungsausschusses auf Grund der Mitteilungen der Zeitschrift „Spiegel" ist. Der Oberstaatsanwalt in Hannover hat am 12. Oktober 1950 ein Ersuchen unterzeichnet, das verlangt, daß eine Entscheidung des Bundestages über die Genehmigung zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Donhauser erfolge. Dieses Ersuchen wurde durch Vermittlung des Herrn Bundesjustizministers übersandt.
Der Bundestagsabgeordnete Dr. Besold hat am 27. September 1950 gegen den Redakteur des „Spiegel", Augstein, und den Bundestagsabgeordneten Donhauser Strafantrag wegen Beleidigung gestellt, weil der „Spiegel" in der Ausgabe vom 27. September einen Aufsatz unter der Überschrift „Bundeshauptstadt — klug sein und Mund halten" veröffentlicht hat, in dem unter anderem wörtlich steht:
Da unterbrach Anton Donhauser, als der „Spiegel"-Vertreter das Protokoll verlas, nicht um zu protestieren, sondern zu der Feststellung: „Das schreiben Sie auf; aber daß der Besold 5000 DM von Kathreiner kassiert hat, damit er gegen den Kaffeezoll redet, das sagen Sie nicht!"
Der Ausschuß hatte sich nicht mit dem materiellen Inhalt der Sache zu befassen. Er steht grundsätzlich wie es bekannt ist, auch das Hohe Haus — auf dem Standpunkt, daß Beleidigungen politischen Charakters kein Anlaß zur Aufhebung der Immunität sein sollen. Aber im vorliegenden Falle mit Rücksicht auf den Zusammenhang mit den Beratungen und Feststellungen des Untersuchungsausschusses vertritt der Ausschuß wie in einem anderen hier bereits behandelten Falle gleichfalls die Auffassung, daß es im Interesse der Öffentlichkeit und der Sauberkeit des Parlamentes liegt, daß durch eine Gerichtsverhandlung die Möglichkeit zur Klarstellung des hier erhobenen Vorwurfes gegeben wird. Ich habe daher namens des Ausschusses den Auftrag, zu beantragen, die Immu-
nität des Herrn Abgeordneten Donhauser aufzuheben.