Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion beabsichtigt, dieser Gesetzesvorlage zuzustimmen — in voller Würdigung des Umstandes, daß sie an und für sich einen Bestandteil des Haushaltsplans bildet, und unter Betonung des von uns grundsätzlich eingenommenen Standpunktes, daß die politische Verantwortung für den Haushaltsplan von der Regierungskoalition getragen werden muß. Es erscheint uns aber unumgänglich notwendig, die Zwecke zu erreichen, zu denen diese Anleihen aufgenommen werden, und wir sehen auch keinen anderen Weg, zu den Mitteln zu kommen, die dafür nötig sind.
Der Entwurf enthält jetzt eine Anleiheermächtigung zur Deckung des außerordentlichen Haushalts, d. h. zur Finanzierung der Investitionen des außerordentlichen Haushalts. Ein Teil dieser Anleihe soll in Prämienbonds mit Spielanreiz ausgegeben werden, ein Experiment, das in dem vorgesehenen Umfang immerhin gemacht werden kann. Der Entwurf enthält weiter eine Anleiheermächtigung in Höhe von 310 Millionen zur Dekkung der Subventionsausgaben des Jahres 1950. Wir haben trotz einiger Bedenken der Aufnahme dieser Anleihe, die im wesentlichen oder ganz bei den Gegenwertkonten untergebracht werden soll, zugestimmt, nachdem uns versichert worden ist, daß die Inanspruchnahme der Gegenwertkonten auf diesem Wege ihre verwendung für Investitionen und was sonst notwendig ist nicht beeinträchtigen werde, und nachdem uns insbesondere zugesichert worden ist, daß im laufenden Haushalt des Jahres 1951/52 nicht nur die Beträge für die Tilgung dieser Anleihe eingestellt werden, sondern auch ausreichende Beträge für die nach Sachlage dann noch erforderlichen Subventionen; eine Verpflichtung, an deren Einhaltung ich gerade angesichts der jüngsten Entwicklung auf allen möglichen Gebieten mit Nachdruck erinnern möchte. Wir können also die se m Entwurf zustimmen, aber ich muß sagen, daß wir dem Regierungsentwurf keinesfalls hätten zustimmen können. Deswegen sind über den Regierungsentwurf, der vom Ausschuß abgelehnt worden ist, noch einige Worte zu sagen.
Der Regierungsentwurf sah eine steuerbegünstigte Anleihe vor, die mit 25 % Kapitalertragsteuerabzug nur interessant war für Leute, die über 25 % Einkommensteuer zahlen; für sie hätte das einen Effektivzins von 12 % aufwärts bedeutet. Ich will gar nicht davon sprechen, wie man auf ein solches Projekt kommen konnte, nachdem frühere steuerbegünstigte Anleihen heute noch erfolglos auf dem Markte herumliegen. Wir hielten — und erfreulicherweise hat sich der Ausschuß dem angeschlossen — ein derartiges Projekt für eine nicht zu verantwortende Gefährdung unserer Kapitalmarktlage; dies um so mehr, als uns in der Zwischenzeit eine Aussprache im Ausschuß für Geld und Kredit geradezu erschütternde Vorstellungen über die Pflege des Kapitalmarktes offenbart hat, wie sie auf Regierungsseite herrschen und auch bei der Bank deutscher Länder zu herrschen scheinen. Wir haben bei dieser Aussprache feststellen müssen, daß offenbar nicht der geringste Wille vorhanden ist, etwas Brauchbares für die Stabilisierung des Zinsfußes oder für die Beruhigung und den Aufbau des Kapitalmarktes zu tun. Wir haben feststellen müssen, daß man nicht daran denkt, für niedrige oder auch nur stabile Zinsen einzutreten, die der Staat als heute größter Schuldner und die wir für unsere laufenden Projekte — Wohnungsbau und viele andere Aufbaumaßnahmen — dringend brauchen. Wir haben festgestellt, daß man immer wieder an monetären und an schematischen Maßnahmen festhalten will und selektive Planungen, selektive Investitionsprogramme ablehnt. Wir haben feststellen müssen, daß man trotz der Devisenlage, trotz der unaufhaltsam auf uns andrängenden Planungsaufgaben immer wieder lediglich das Mottenkisten-Rezept der Zins-und Diskonterhöhung hervorholt, eine Maßnahme, die letzten Endes immer auf den kleinen Verbraucher zurückschlagen muß, den profitstarken aber ungeschoren läßt. Ich wollte noch nicht einmal etwas sagen, wenn man vernünftigerweise einmal zu einer scharfen und schlagartigen, allerdings vorübergehenden Diskonterhöhung käme, die aber dann die Gefahrenlage, in der wir uns befinden, mit aller Deutlichkeit aufzeigen würde. Solange man das aber vermeiden will und immer mit ratenweisen, kleinen, unwirksamen und schädlichen Zins- und Diskonterhöhungsmaßnahmen spielen will, können wir in eine solche Politik kein Vertrauen setzen. Wir haben, auch wieder gehört, daß man den angeblich nur zeitweilig heraufgesetzten Diskont keinesfalls wieder herabsetzen kann, und einstweilen versprach, ihn nicht weiter zu erhöhen. Nun, wir werden ja sehen, was am Ende dieser Woche aus den angesetzten Beratungen herauskommt. Wir werden wahrscheinlich
derartige Zusagen genau so beurteilen müssen, wie wir andere Zusagen beurteilen mußten, die in der Zwischenzeit gemacht worden sind. Ich glaube, daß Dinge, über die man vielleicht vor 14 Tagen noch hätte streiten können, heute fast unstreitig geworden sind, nachdem die Liberalisierungspolitik in ihrer derzeitigen Form wenigstens vorläufig zusammengebrochen ist.
Wir haben gehört, daß man auf dieser Seite von Abstoppen der Konjunktur spricht, — bei zwei Millionen Arbeitslosen! Wir haben gehört, daß man trotz allem eher noch zu weiteren Zinserhöhungen neigt, was nach unserer Überzeugung bei unseren laufenden Projekten — ich nenne wieder nur den Wohnungsbau — geradezu gemeingefährlich ist, schon im Hinblick auf die nötige Beruhigung des Kapitalmarktes.
Es genügt offenbar nicht mehr, die Unstetigkeit in diesen Dingen auf die immer noch schwebende Frage der Zuständigkeit zurückzuführen, die bezüglich der Kreditangelegenheiten zwischen dem Finanz- und dem Wirtschaftsministerium besteht, obwohl es nun endlich einmal an der Zeit wäre, auch in dieser Frage — einsame oder nicht einsame — Beschlüsse zu fassen. Wir sind allerdings langsam zu der Auffassung gekommen, daß auch eine Bereinigung der Zuständigkeitsfragen hier kaum mehr helfen wird. Wir gewinnen den Eindruck, daß die Planlosigkeit und Indolenz, die bisher im Wirtschaftsministerium geherrscht haben, nun auch auf das Finanzministerium übergreifen. Die neuen Steuervorlagen geben uns Grund zu dieser Annahme.
Unsere Ansicht zu diesen Dingen will ich nur kurz aussprechen. Wenn man nun endlich die Selbstfinanzierung als eine Gefahrenquelle erkannt hat, so genügt es nicht, sie negativ zu bekämpfen, sondern es müssen positive Gegenmaßnahmen, Maßnahmen für den Kapitalmarkt ergriffen werden. Wenn der Kapitalmarkt auf der Spartätigkeit beruht, so verlangt der Sparer heute nicht so sehr hoch zinsbringende Anlagen wie stabile Anlagen; und deswegen ist die Spartätigkeit eine direkte Funktion der Preispolitik und der Wirtschaftspolitik.
Man sollte sich endlich einmal, statt sich mit solchen halben und überstürzten Maßnahmen zu befassen, an konstruktive Überlegungen über moderne Formen des Sparens begeben; man sollte endlich einmal ernsthaft Gedanken über Sachwertanlagen, Sachwertpapiere usw. nachgehen.
Zum Schluß noch zu der durch den Abänderungsantrag aufgeworfenen Frage. Meine Fraktion wird sich gegen den Abänderungsantrag aussprechen. Ich möchte allerdings in aller Kürze sagen, daß die Ausführungen des Herrn Berichterstatters über die zugrunde liegende Rechtsfrage, die im Ausschuß eingehend geprüft worden ist, nicht ganz unwidersprochen bleiben können, wenn man das Problem hier vertiefen würde. Ich halte dafür, daß die eine oder andere Fassung die Bundesregierung nicht davon entbindet, diejenigen Beträge, die aus dem Erlös der Schuldurkunden nicht in den eigentlichen Anleiheerlös fließen, sondern zu Vergütungen für Disagio, Bankprovision usw. verwandt werden, im ordentlichen Haushalt als Ausgaben anzufordern und auf diese Art zu decken. Ich glaube, daß das — und eine einigermaßen grundsätzliche Einigung mit dem Finanzministerium ist im Ausschuß auch in dieser Beziehung erzielt worden — der richtige Weg sein würde, diese Anleihebegebung zu handhaben.