Rede von
Oskar
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist nicht ganz uninteressant, daß die Behandlung dieses Antrags zu ungefähr derselben Zeit erfolgt, in der die Kriegsverbrecher aus Landsberg entlassen worden sind. Es ist auch charakteristisch, daß dieser Antrag von Abgeordneten gestellt worden ist, deren politische Einstellung und wahrscheinlich auch Vergangenheit und Tätigkeit während der zwölf Hitlerjahre sie sicherlich dazu autorisiert,
sich in eine solche Angelegenheit einzumischen und sie zum Gegenstand einer politischen Hetze und Propaganda zu machen. Ich glaube, die Namen der Herren von Thadden, Dr. Richter, Dr. Dorls und Hedler sind so symbolisch, daß ich weitere Ausführungen dazu wohl nicht zu machen brauche.
Wenn nun diese Herren diesen Antrag eingebracht haben — Sie erinnern sich vielleicht daran, daß gestern derselbe Herr von Thadden den Antrag gestellt hat, die Sitzung des Bundestages im Hinblick auf die beabsichtigten Hinrichtungen in Landsberg
um eine halbe Stunde auszusetzen —, dann, glaube ich, ist das ein Beweis dafür, welche Gesichtspunkte für jene Herren maßgebend gewesen sind, nämlich durch eine Hetze gegen die Deutsche Demokratische Republik einen Schleier zu schaffen, hinter dem sich bereits eine neue Generation oder, sagen wir, eine neue Schicht von Kriegsverbrechern in Westdeutschland entwickelt,
während im Bereich der Deutschen Demokratischen Republik gegen jene Elemente — und das ist der grundlegende Unterschied zu den Verhältnissen in Westdeutschland — vorgegangen wird,
die, sei es in dieser oder jener Form, sich Verbrechen gegen die Demokratie zuschulden kommen lassen.
Um auf den Zwischenruf einzugehen: ich weiß nicht, ob Herr Kollege Schmid der Zwischenrufer gewesen ist; ich möchte ihm aber eine Antwort geben. Herr Kollege Schmid, ich hatte Gelegenheit zu einer Kontroverse mit dem Bürgermeister von Witzenhausen in Hessen, einem Mann, der sich wegen seiner Vergangenheit und aus anderen Gründen aus der Deutschen Demokratischen Republik nach dem Westen abgesetzt hat und hier im Westen schnell Bürgermeister in Witzenhausen geworden ist; er wurde aber von seiner eigenen Partei, der FDP, schließlich wegen seiner Vergangenheit ausgeschlossen. Bei dieser Kontroverse, die um dieselbe Behauptung ging, mit der die Herren von Thadden, Dr. Richter usw. diesen Antrag eingebracht haben, habe ich erklärt: Wären vor 1933, in der Weimarer Zeit, Maßnahmen ergriffen worden, durch die nicht nur Himmler, Hitler, sondern auch die ganze Generalskamarilla und die Herren Vögler, Krupp, Thyssen usw., die den Krieg vorbereitet haben, damals dingfest gemacht und hinter Stacheldraht gesetzt worden, Herr Kollege Carlo Schmid, dann wäre 1933 nicht gekommen und wir hätten nicht die Zustände, wie wir sie heute haben.
- Und um das zu verhindern, Herr Kollege Schmid, werden in der Deutschen Demokratischen Republik solche Elemente festgesetzt, die in derselben Richtung — im Gegensatz zu der Entwicklung hier im Westen — gearbeitet haben.
Und, Herr Kollege Carlo Schmid, hier in Westdeutschland sind dieselben Leute, die die Weimarer Republik zum 30. Januar geführt haben, wieder am Werk, und sie werden von dieser Seite aus unterstützt!
- Auch Sie, Herr Kollege Carlo Schmid, müßten aus den Erfahrungen der 12 Jahre die Möglichkeit haben, sich ein richtiges Urteil zu bilden. Es ist ganz klar, daß wir alle Veranlassung haben, uns gegen die Maßnahmen zu wehren und die Absichten zu durchkreuzen, die mit dieser Propaganda verfolgt werden, nämlich Stimmung gegen die Deutsche Demokratische Republik zu machen und damit den Herren Vorschub zu leisten, die auf einen Krieg hinsteuern. Dagegen müssen wir uns mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen, und ich glaube, jeder, der die Entwicklung seit 1945 bis heute überprüft und richtig einschätzt, wird das tun müssen und wird sich darüber im klaren sein, in welch ernster Stunde wir uns bereits heute befinden. Keiner, der es mit dem deutschen Volk und der Erhaltung des Friedens ehrlich meint, darf seine Hand zu einer solchen Hetze bieten, sondern muß sich dafür einsetzen, daß die Kriegstreiber und die Hetzer zum Krieg in Westdeutschland beseitigt bzw. dingfest gemacht werden, damit eben dem deutschen Volk der Friede erhalten bleibt.