Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundesrat hat in seiner 46. Sitzung vom 12. Januar 1951 beschlossen, hinsichtlich des vom Deutschen Bundestag am 14. Dezember 1950 verabschiedeten Preisgesetzes — Nrn. 972 und 1422 der Drucksachen
— zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes aus einer Reihe von Gründen gegen Teile des Gesetzes einberufen wird. Die Sitzung des Vermittlungsausschusses hat am -2. Februar 1951 stattgefunden. Der Beratung lagen der beschlossene Gesetzentwurf des Deutschen Bundestags und die zu einer Reihe von
Paragraphen vom Deutschen Bundesrat gemachten Änderungsvorschläge zugrunde. Die Berichte von Referent und Korreferent, die eine Übereinstimmung in allen wesentlichen Fragen aufwiesen, behandelten die in der Drucksache Nr. 1778 zusammengefaßten Vorschläge des Deutschen Bundesrats nach folgenden Gesichtspunkten: erstens die Zuständigkeitsregelung; zweitens die Ermächtigung der Exekutive zu Preisbindungen auf Gebieten, die im Katalog des § 1 des Gesetzes nicht aufgezählt sind; drittens die Freistellung der Exekutive hinsichtlich der Zustimmung des Bundesrats zu Preisverordnungen in den sogenannten Bagatellfällen; viertens die Zusammenfassung von Einzelfragen.
In der Frage der Zuständigkeitsregelung waren vom Bundesrat zwei in ihrer Zielsetzung Bleichlautende Vorschläge gemacht. In einem Falle sollte die Federführung in allen Fällen der gewerblichen Wirtschaft sowie der Ernährungs- und Landwirtschaft in der Hand des Bundeswirtschaftsministers liegen, während eine zweite Anregung die Errichtung eines obersten Preisamtes als Bundesoberbehörde vorschlug. In der Aussprache zeigte sich, daß die Auffassungen der Ausschußmitglieder in der Frage, ob die Federführung in Preisangelegenheiten auf dem Agrarsektor dem Bundesminister für Wirtschaft oder dem Bundesernährungsminister zustehen soll, auseinandergehen. Von den Befürwortern einer einheitlichen Federführung für beide Sektoren beim Bundeswirtschaftsminister wurde ausgeführt, daß die Entscheidung des Bundestages bei der Verabschiedung des Gesetzes eine Zufallsentscheidung gewesen sei und daß schon die Ministerpräsidentenkonferenz den Bundeswirtschaftsminister als den Generalreferenten für die Preisbildung vorgeschlagen habe, weil eine einheitliche Wirtschaftspolitik ohne Einflußnahme auf die Preispolitik undenkbar sei. Der von einer Minderheit vertretene Standpunkt, daß die Preisregelung aus Zweckmäßigkeitsgründen bei dem Ressort liegen müsse, in dessen Unterbehörden die für die Entstehung der Preisfragen maßgebenden Angelegenheiten bearbeitet würden, konnte die Mehrheit nicht überzeugen. Bei der Abstimmung votierten 11 Mitglieder für die Federführung des Bundeswirtschaftsministers und 7 Mitglieder für die Zuständigkeit des Bundesernährungsministers. Nach dieser Abstimmung besteht Übereinstimmung darüber, daß die Eventualfrage der Bildung eines besonderen Preisamtes nicht mehr zu erörtern ist.
Nunmehr wurde die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung des § 3 zur Erörterung gestellt und mit folgenden Änderungen einstimmig beschlossen. a) An Stelle der Bezeichnung „das gesamte Bundesgebiet" tritt die vom Rechtsausschuß des Bundestages bei allen Gesetzen verwendete Fassung „den Geltungsbereich des Grundgesetzes". b) Der in der Bundestagsfassung enthaltene Abs. 3 wird letzter Satz des Abs. 1. c) In Abs. 2 Zeile 2 werden hinter dem Wort „Bundesregierung" die Worte „oder ein anderer Bundesminister" eingefügt, um eine abweichende Zuständigkeit im Rahmen der Marktordnungsgesetze zu vermeiden. d) Im Abs. 4 werden die Worte „auf dem Gebiete der Einfuhr" gestrichen. e) Um der Vorschrift des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes gerecht zu werden, soll die Befugnis zum Erlaß der Rechtsverordnungen nur verliehen werden, um volkswirtschaftlich angemessene Preise zu sichern. Zur Fassung des § 3 Abs. 1 wird übereinstimmend klargestellt, daß als fachlich zuständiger Bundesminister jeder beteiligte Bundesminister zu verstehen ist. Die Erstrekkung der Rechtsverordnungsbefugnis auf Preisaus-
gleichsmaßnahmen wurde nach kurzer Erörterung gebilligt.
Im Zusammenhang mit der neuen Fassung des § 3 wird zugleich die entsprechende Änderung der Fassung des § 9 Abs. 1 einstimmig beschlossen. Er hat nunmehr folgenden Wortlaut:
Die Bundesregierung oder im Einvernehmen mit dem fachlich zuständigen Bundesminister der Bundesminister für Wirtschaft können die ihnen nach § 3 Absätze 1 und 4 zustehenden Befugnisse durch Rechtsverordnung auf die für die Preisbildung zuständige oberste Landesbehörde übertragen, soweit es sich um Güter oder Leistungen handelt, die in den Geltungsbereich des Grundgesetzes verbracht werden.
Bezüglich der Ermächtigung der Exekutive zu Preisbindungen auf Gebieten, die im Katalog des § 1 nicht aufgezählt sind, hat der Ausschuß folgende Stellung eingenommen. Die Aufstellung des Katalogs in § 1 ist zu einer Zeit erfolgt, als es noch keine Koreakrise gab. Die seit Korea eingetretene weltpolitische Entwicklung hat gezeigt, daß der Grundsatz, nach dem der Katalog aufgestellt war, einer Ergänzung bedarf. Da auch der Gesetzgeber nur beschränkt in die Zukunft blicken kann, ist eine solche Ergänzung im Gesetz im einzelnen jetzt nicht möglich. Es bleibt daher kein anderer Weg, als die ursprünglich abgelehnte Generalklausel unter den auf Art. 80 des Grundgesetzes abgestellten Voraussetzungen wieder einzufügen.
Während grundsätzliche Bedenken gegen eine Ermächtigungsbestimmung nur von einem Mitglied erhoben werden, das eine rechtzeitige gesetzliche Regelung selbst für den Notfall als gegeben ansieht, sind alle weiteren Sprecher der Auffassung, daß die gegenwärtige Entwicklung eine Ermächtigung, wie sie der Vorschlag zu § 6 a vorsieht, zwingend macht. Bedenken gegen eine mißbräuchliche Anwendung des § 6 a werden mit dem Hinweis zerstreut, daß der Bundestag durch Beschluß oder Gesetz zu jeder Zeit die Aufhebung einer Verordnung erreichen könne. Eine weitere Sicherung sei in dem Erfordernis der Zustimmung des Bundesrats gegeben. Es handelt sich also nicht um ein Ermächtigungsgesetz; denn das -Parlament schaltet sich nicht aus. Einer Anregung, die Verordnungsermächtigung auf die Bundesregierung zu beschränken, wird stattgegeben.
In der nun folgenden Abstimmung wird die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung eines § 6 a mit der Änderung beschlossen, daß die Verordnungsbefugnis nur der Bundesregierung zusteht, daß in Zeile 7 neben dem § 1 Abs. 1 auch der Abs. 2 genannt wird und daß an Stelle der Bezeichnung „das gesamte Bundesgebiet" die Bezeichnung „den Geltungsbereich des Grundgesetzes" tritt. Ferner wird beschlossen, dem § 6 a einen zweiten Absatz folgenden Inhalts hinzuzufügen:
Rechtsverordnungen gemäß Abs. 1 sind gleichzeitig mit der Zuleitung an den Bundesrat dem Bundestag bekanntzugeben.
Der Beschluß wird mit 13 gegen 1 Stimme gefaßt.
In bezug auf die Änderungsvorschläge hinsichtlich der Zustimmung des Bundesrats zu Preisverordnungen in den sogenannten Bagatellfällen gab es eine längere Erörterung. Bei der der Exekutive gegebenen Ermächtigung zu Preismaßnahmen erhebt sich die Frage, in welchem Umfange die Exekutive beim Erlaß von Rechtsverordnungen an die Zustimmung des Bundesrats gebunden werden soll. Art. 80 Abs. 2 des Grundgesetzes sieht das Erfordernis der Zustimmung vor, soweit nicht eine anderweitige bundesgesetzliche Regelung anders bestimmt.
Der erste Änderungsvorschlag betrifft den § 4 der Vorlage. Dieser nimmt einige Sachgebiete des § 1 wie z. B. Edelmetalle, orthopädische Hilfsmittel, Leistungen des Filmverleihs aus, bei denen auf die Zustimmung verzichtet werden kann. Aber auch in anderen Fällen soll die Zustimmung nicht erforderlich sein, „wenn nur eine Auswirkung von untergeordneter Bedeutung für den gesamten Preisstand, insbesondere die Lebenshaltung, zu erwarten ist".
Diese Bagatellklausel entspricht der Regelung des gegenwärtig geltenden „Preisverlängerungs-
und -änderungsgesetzes". Gegen diese Fassung hatte der Bundesrat in seiner ersten Stellungnahme justizpolitische Bedenken angemeldet, denen sich die Bundesregierung nicht anschließen konnte. Es soll nicht verkannt werden, daß die Klausel „Auswirkung von untergeordneter Bedeutung" Auslegungsschwierigkeiten begegnet. Da aber bisher Schwierigkeiten nicht aufgetreten sind, sollte die Zweckmäßigkeitsfrage entscheidend für die Beibehaltung der Bagatellklausel sein.
Der Antrag des Bundesrats beinhaltet zwei weitere Änderungen der Bundestagsvorlage. Es handelt sich einmal darum, daß Anordnungen über Preise für eingeführte Güter und Leistungen in den Katalog des § 4 Abs. 1 Satz 1 einbezogen werden sollen. Der Antrag erscheint zweckmäßig, da die Generalklausel „eingeführte Güter und Leistungen" offenläßt, welche unter Umständen — wichtigen Güter in Betracht kommen. Zum anderen handelt es sich darum, daß im Gegensatz zur Festsetzung von Preisen die Freigabe immer der Zustimmung des Bundesrats bedarf.
Mit einem zweiten Antrag versucht der Bundesrat auf den Gebieten des Verkehrs- und Postwesens die Auslegungsschwierigkeiten dadurch zu lösen, daß die Feststellung des Falles von untergeordneter Bedeutung nicht der Exekutive überlassen wird, sondern durch eine zahlenmäßige Begrenzung bereits im Gesetz festgelegt wird.
Nach kurzer Erörterung werden bei der folgenden Abstimmung die Änderungsvorschläge des Bundesrates zu den §§ 5 und 6 einstimmig abgelehnt. Das gilt insbesondere auch für den Änderungsvorschlag zu § 5 Abs. 4. Hierzu besteht übereinstimmend die Auffassung, daß der Bundesminister für Verkehr nicht nur bezüglich der Eisenbahntarife, sondern auch bezüglich der Tarife im Güterfern- und Nahverkehr des Einvernehmens des Bundeswirtschaftsministers nur bedürfen soll, wenn eine erhebliche Auswirkung auf den gesamten Preisstand, auf den des betroffenen Wirtschaftszweiges oder auf die Lebenshaltung zu erwarten ist.
Zu den Änderungen in Einzelfällen wird nach kurzer Erörterung einstimmig beschlossen, die Anwendung der Preisvorschriften gemäß § 1 unter 2 d) auch auf Silber zu erstrecken und § 1 Abs. 1 zu 3 wie folgt zu fassen: „Güter und Leistungen, die in den Geltungsbereich des Grundgesetzes verbracht werden." Dadurch soll klargestellt werden, daß auch der Interzonenverkehr mit einbezogen wird.
Der Bundesratsvorschlag zu § 1 Nr. 4 d) bezüglich der Herausnahme bestimmter land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke wird einstimmig abgelehnt. Zur. Klarstellung wird einstimmig folgende Fassung beschlossen:
die Veräußerung von unbebauten Grundstücken, von Grundstücken mit Gebäuderesten, auf denen oberhalb des Kellergeschosses benutzbarer Raum nicht mehr vorhanden ist, und von geringfügig bebauten Grundstücken, wenn das Grundstück als Bauland veräußert oder steuerlich als Bauland behandelt wird oder aus Gründen, insbesondere wegen der Höhe des Kaufpreises, auf die Verwertung des Grundstückes zu baulichen Zwecken geschlossen werden kann.
Der Änderungsvorschlag des Bundesrates auf Einfügung einer neuen Nr. 5 in § 1 Abs. 1 wird gegen eine Stimme angenommen. Zum Bundesratsvorschlag, dem § 1 Abs. 1 eine neue Ziffer 6 hinzuzufügen betreffend die Bauleistungen bei öffentlichen oder mit öffentlichen Mitteln finanzierten Aufträgen, gibt es Meinungsverschiedenheiten. Nach kurzer Erörterung wird der Bundesratsvorschlag mit 12 gegen 3 Stimmen angenommen mit der Ergänzung, daß alle mit öffentlichen Mitteln „ganz oder teilweise" finanzierten Aufträge betroffen werden.
Die weiteren Vorschläge des Bundesrates auf Änderung der §§ 7, 10 a, die Änderungsvorschläge zu § 1 Abs. 3 und Abs. 4 und zu § 10 werden einstimmig angenommen. Dabei wird die übereinstimmende Auffassung klargestellt, daß die nicht im Bericht zur Bundesfassung des Gesetzes aufgenommenen Preisvorschriften außer Kraft treten.
Auf Vorschlag eines Regierungsvertreters wird die Fassung des § 9 der zu § 1 Abs. 1 Nr. 3 beschlossenen Änderung angepaßt. Die Fassung soll lauten:
... die ihnen nach § 3 Absätze 1 und 4 zustehenden Befugnisse durch Rechtsverordnung auf die für die Preisbildung zuständige oberste Landesbehörde übertragen, soweit es sich um Güter oder Leistungen handelt, die in den Geltungsbereich des Grundgesetzes verbracht werden.
Diese Änderung kann, obwohl sie vom Bundesrat nicht zum Gegenstand der Vermittlung gemacht worden ist, wegen ihres unmittelbaren inneren Zusammenhangs mit der Änderung zu § 1 Abs. 1 Nr. 3 vom Vermittlungsausschuß vorgeschlagen werden.
Es wird ferner beschlossen, im gesamten Gesetz die Bezeichnung „Bundesgebiet" durch die Bezeichnung „Geltungsbereich des Grundgesetzes" zu ersetzen. Auch dieser Vorschlag kann vom Vermittlungsausschuß gemacht werden, weil sich sonst aus einer verschiedenartigen Auffassung Auslegungsschwierigkeiten ergeben könnten.
Der Vermittlungsausschuß hat im Zusammenhang mit der Beratung der Änderungsvorschläge des Bundesrates die Frage erörtert, ob der Bundestag über den Änderungsvorschlag des Vermittlungsausschusses nur insgesamt oder im einzelnen abstimmen könne, und kam dabei zu folgendem Ergebnis: a) Grundsätzlich kann der Bundestag über jeden einzelnen Änderungsvorschlag innerhalb des Gesamtvorschlages zu einem Gesetz einzeln abstimmen. b) Es gibt jedoch Fälle, in denen über mehrere Einzelvorschläge wegen ihres unmittelbaren inneren Zusammenhanges nur einheitlich abgestimmt werden kann. c) Darüber hinaus ist der Vermittlungsausschuß befugt, mehrere Einzelvorschläge so miteinander zu verbinden, daß nur einheitlich über sie abgestimmt werden darf. In diesen Fällen macht eben der Vermittlungsausschuß bezüglich mehrerer Einzelfälle nur einen einheitlichen untrennbaren Änderungsvorschlag.
Ich komme nunmehr zum Antrage des Vermittlungsausschusses. Er empfiehlt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die im Bericht Drucksache Nr. 1883 vom Vermittlungsausschuß empfohlenen Vorschläge zur Änderung des Entwurfs eines Preisgesetzes anzunehmen.