Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner war eben so liebenswürdig, von den sympathischen Zügen des Bundesministers der Finanzen, den er in diesem Fall als bayerischen Föderalisten oder Vertreter des bayerischen Föderalismus bezeichnete, zu sprechen.
Der Bundesminister der Finanzen sieht sich genötigt, hier ganz trocken und nüchtern auf eine sehr schwierige Frage, auf eine verfassungsrechtliche Frage zu sprechen zu kommen. Der Bundesminister der Finanzen und jeder Föderalist, der den Föderalismus des Grundgesetzes anerkennt, muß zunächst einmal darauf verweisen. daß die Unterstützung steuerschwacher Länder in Art. 106 des Grundgesetzes, und zwar, wie ich annehme, erschöpfend, geregelt ist. Es stünde mit unserer Verfassung nicht im Einklang, und ich glaube auch, daß es praktisch gar nicht durchführbar wäre, wenn der Bund aus Bundesmitteln, aus Mitteln des Haushalts, steuerschwache Länder finanzieren und ihnen die Mittel zur Verfügung stellen wollte. Dieser Weg müßte in seiner Auswirkung gegen den föderalistischen Gedanken sprechen, wäre aber auch finanztechnisch wohl überhaupt nicht gangbar. Es wird die Regelung — und das will an sich auch der Gesetzentwurf — gewählt werden müssen, in einem solchen Fall nur nach den Bestimmungen des Art. 106 Abs. 3 oder auch Abs. 4, der in dem Entwurf allerdings nicht erwähnt ist, zu verfahren.
Ich glaube aber mit dem Herrn Vorredner einer Meinung zu sein, wenn ich erkläre: Ich übernehme seine Anregung, zu prüfen, ob nicht ein interner Finanzausgleich unter benachbarten Ländern möglich ist, wenn zwischen diesen benachbarten Ländern wirtschaftliche Zusammenhänge bestehen. die vielleicht zu der besonderen Notlage des einen Landes führen, also zu prüfen, ob bei der Handhabung des Art. 106 Abs. 4 solche wirtschaftlichen Zusammenhänge in einem regionalen Finanzausgleich berücksichtigt werden können. Wir würden dann. glaube ich, einen gesunden Weg gehen, indem der horizontale Finanzausgleich des Bundes verstärkt werden könnte durch regionale Gesichtspunkte.
die unter benachbarten Ländern statthaben.
Ich darf infolgedessen zu dem Gesetzentwurf nur die eine Bemerkung machen: Wenn in § 2 des Entwurfs eine Kann-Bestimmung gewählt ist — „Zur Deckung dieses Zuschusses kann der Bund gemäß Artikel 106 Absatz 3 ... die Länder in Anspruch nehmen" —, so ist nach meinem Dafürhalten dies nicht als Kann-Bestimmung aufzufassen, sondern es ist eine Muß-Bestimmung insofern, als die Mittel nach meiner Überzeugung n u r auf dem Wege des Art. 106 gewonnen werden können.
Ich möchte zur Sache noch folgendes bemerken. Wir haben uns seinerzeit über das Problem des horizontalen Finanzausgleichs in diesem Hause und im Gebäude des Bundesrats den Kopf zerbrochen. Wir haben das Bestmögliche getan, um auch die Frage Schleswig-Holstein durch den horizontalen Finanzausgleich mit zu lösen. Ich darf daran erinnern, daß das Steueraufkommen des Landes Schleswig-Holstein nach den damals vorhandenen Unterlagen rund 110 Millionen D-Mark beträgt und daß nach dem Gesetzentwurf über den horizontalen Finanzausgleich Schleswig-Holstein dieselbe Summe, also 100% seines Aufkommens, aus dem horizontalen Finanzausgleich erhalten sollte. Eine Kommission, die ich bereits vor längeren Monaten nach Schleswig-Holstein gesandt habe, hat damals einen Finanzbedarf über die eigenen Steuereinnahmen hinaus von ungefähr 154 Millionen berechnet. Eine spätere kam zu einer Berechnung von insgesamt 170 Millionen; ich gebe nur runde Ziffern. Ich darf bemerken, daß der Bund in der letzten Zeit bereits Schleswig-Holstein in Form eines Kassenkredits helfend hat beispringen müssen; daß das Land Schleswig-Holstein bis dahin schon eine Art von Selbsthilfemaßnahmen ergriffen hatte, die heule zur Folge haben, daß neben der eigenen Steuerkraft Schleswig-Holsteins, d. h. seinen Steuereinnahmen, und den Einnahmen aus dem horizontalen Finanzausgleich auf dem Wege des Kredits und der Selbsthilfemaßnahmen dem Land Schleswig-Holstein schon mehr zugeflossen ist, als diese Differenz nach den Berechnungen und dem Bedarf erfordert hätte. Ich ziehe daraus hier nur die Schlußfolgerung, daß der Gesetzentwurf notwendig ist und daß wir uns über die Frage der Regelung der finanziellen Verhältnisse des Landes Schleswig-Holstein. mit Hilfe der Gesetzgebung des Bundes in aller Form und mit aller Gründlichkeit werden aussprechen müssen.
Ich darf dabei noch auf einen Gesichtspunkt hinweisen. Ich glaube, daß das Hohe Haus gern bereit ist, alles zu tun, um das Land Schleswig-Holstein finanziell gesund und lebensfähig zu erhalten. Aber es wird eine schwierige Aufgabe sein, zu entscheiden, ob der Bund in seiner Gesetzgebung dabei über die Grenze hinausgehen kann, die dadurch gezogen ist, daß er hier mit Bundeshilfe vielleicht einem Lande mehr zuweist, als Nachbarländer, die die Bundeshilfe nicht in Anspruch genommen haben, insgesamt an Steuerkraft und Mitteln des Finanzausgleichs heute haben. Das ist eine Grenze, die bei den Beratungen wohl überlegt werden muß.
Im übrigen glaube ich sagen zu dürfen. daß für die Bundesregierung die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit des Landes Schleswig-Holstein durch Mittel der Bundesgesetzgebung eine brennende Frage ist. Schleswig-Holstein ist das Land, das am meisten mit Flüchtlingen durchsetzt ist, ist ein Land, das an der Ostgrenze liegt, und Schleswig-Holstein muß daher zahlungsfähig gehalten werden. Die Bundesregierung ist also sehr gern bereit, sich an den Beratungen über diesen Initiativgesetzentwurf im Ausschuß zu beteiligen mit dem Ziele, das Land Schleswig-Holstein zahlungsfähig zu erhalten, in dem Rahmen, den das Grundgesetz für das Verhältnis zwischen Bund und Ländern auf finanziellem Gebiete zieht.