Rede von
Dr.
Franz
Richter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SRP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dem Helgoland-Antrag der Zentrumsfraktion möchte ich auf folgendes hinweisen. Es ist an sich etwas ganz Ungewöhnliches, was jeder, der einigermaßen die neuere Geschichte kennt, feststellen kann, daß nach Waffenniederlegung nach wie vor bewohntes, besiedeltes Gebiet bombardiert und in Schutt und Asche geworfen wird — ich glaube mich zu erinnern, daß Herr Kollege Schröter heute abend sagte: aus militärischen Notwendigkeiten. Es stimmt doch wohl, Herr Kollege Schröter? Ich möchte dazu feststellen, es gibt zahllose Plätze in Europa oder auf der ganzen Erde, die man weiß Gott besser dazu verwenden könnte. Es handelt sich meiner Überzeugung nach hier um gar nichts anderes als um die Anwendung jener „Taktik der verbrannten Erde", deretwegen heute noch deutsche Soldaten, Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften auch von den Engländern in Werl und anderswo eingesperrt werden, deretwegen man so manchem schweren Schaden nur deshalb zugefügt hat, weil er etwas getan haben soll, was damals im Zuge der Kriegsentwicklung militärisch notwendig war und was heute General MacArthur in Korea zu tun gezwungen ist.
Dies wurde bei Deutschen bestraft, andere gehen aber straffrei aus. Wir sehen nicht ein, weshalb man hier mit zweierlei Recht arbeiten will und glaubt arbeiten zu können. Wir sind vielmehr der Meinung wenn man auf der einen Seite den deutschen Soldaten, Offizieren und Mannschaften, den Vorwurf macht, daß sie einmal in der Verteidigung deutscher Lebensinteressen im Osten diese Taktik angewandt haben,
ist es ungerechtfertigt, daß sie deswegen bestraft werden — ja, das, was jetzt kommt, ist unerhört! — und daß auf der andern Seite dieselbe Anwendung der „Taktik der verbrannten Erde" straffrei ausgeht.
Wenn davon die Rede war, eigentlich sei ja die Insel Helgoland gar nicht so urdeutsches Gebiet, einmal hätten sie die Dänen gehabt, dann bin ich
der Meinung, daß auch einmal die Angeln und Sachsen von der Unterweser und der Unterelbe nach den englischen Inseln hinübergegangen sind und daß infolgedessen die Angeln und Sachsen, in erster Linie also die Sachsen, heute einen Anspruch hätten auf die englischen Inseln; und wenn man mit der Begründung, Helgoland sei ja also eigentlich gar nicht urdeutsch,
diese Insel bombardiert, könnte man mit derselben Begründung, England sei nicht urenglisch, England bombardieren.
Wir haben kürzlich einen Antrag gestellt, und dieser Antrag sollte eigentlich gar nichts anderes als eine Kundgebung dieses Hohen Hauses für Helgoland bezwecken.