Rede von
Gustav
Gundelach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine • Damen und Herren! Bei der Behandlung der Frage, was aus Helgoland wird, ist es angebracht, kurz an den Ausspruch des englischen Marineoffiziers in Cuxhaven gegenüber dem Landrat von Pinneberg zu erinnern, der schon angeführt worden ist. Dieser englische Marineoffizier sagte im September 1946: Es ist beabsichtigt, die Insel so weit zu zerstören, daß das Meer nur noch das übrige zu tun hat. Weiter erklärte dieser
englische Offizier: Die Gemeinde Helgoland hat aufgehört zu existieren. Seitdem sind fünf Jahre vergangen, und wir haben die Tatsache zu verzeichnen, wie von den Vorrednern bereits festgestellt worden ist, daß die englischen Strategen immer noch damit beschäftigt sind, die in dieser Äußerung von 1946 zum Ausdruck gebrachten Zerstörungsabsichten durchzuführen, nämlich die Ausradierung der Insel Helgoland zu vollenden.
Und noch etwas anderes, was hier noch nicht gesagt worden ist! Wir Kommunisten sind der festen Überzeugung, daß die fortgesetzten Bombardierungen sechs Jahre nach Beendigung des Krieges nichts anderes sind als Übungen zur Vorbereitung eines neuen Krieges.
Es gehört offenbar mit zur Verteidigung der sogenannten abendländischen Kultur, daß dieses kleine Stückchen Erde völlig zerstört werden muß.
Nimmt man weiter von der Tatsache Kenntnis, daß es die besondere Lage Helgolands gestattete, dort wissenschaftliche Forschungen zu betreiben, wie bereits von einer Vorrednerin im einzelnen aufgezeigt worden ist — ich kann auf eine Wiederholung verzichten —, dann kommt einem die ganze Abscheulichkeit der fortgesetzten Bombardements mit aller Klarheit zum Bewußtsein. Es ist bereits im einzelnen darauf hingewiesen worden, welche wissenschaftlichen Einrichtungen, die im Dienste der Menschheit standen, dort vernichtet wurden.
Aber noch eine weitere Tatsache, die schon von den Vorrednern angeführt worden ist, ist zu erwähnen. Helgoland gewährte einen bedeutenden Schutz der internationalen Schiffahrt. Die Insel Helgoland war außerdem ein sehr wichtiger Stützpunkt der deutschen Gesellschaft für Rettung Schiffbrüchiger. Das geht aus einer einzigen Tatsache hervor: daß allein einer dieser Rettungsmänner mit seinem Boote und seiner Mannschaft in der Zeit, in der er im Dienst stand, 416 Seeleuten das Leben gerettet hat. Das ist sicher überzeugend dafür, daß gerade die Insel Helgoland eine besondere Möglichkeit für Rettungsaktionen in der Schiffahrt bietet.
Diese wenigen Hinweise, meine Damen und Herren, zeigen in aller Deutlichkeit den hohen Wert der Insel Helgoland im Dienst einer friedlichen Entwicklung. Von den Einrichtungen, die im Dienste der Wissenschaft standen und den Interessen der Menschheit dienten, ist zur Zeit nichts mehr vorhanden, weil alles durch englische Bombardements zerstört worden ist. Mitten im Frieden wurden diese kulturellen Einrichtungen rücksichtslos vernichtet, eben im Willen, diese Bombardements auch weiter fortzusetzen in Verbindung mit dem großen Kriegsplan, der in Vorbereitung ist.
Das ist die eine Seite des Helgoland-Problems. Die andere nicht weniger bedeutungsvolle ist die der Menschen, die in früheren Jahren auf Helgoland ihre Heimat und ihre Existenz gehabt haben. Das sind die Helgoländer Fischer und jene Bewohner der Insel, die im Fremdenverkehrsgewerbe tätig waren oder in Verbindung mit der Fischerei, mit den wissenschaftlichen Einrichtungen und mit dem Fremdendienst eine Existenz fanden. Alle diese Menschen leben heute zumeist in sehr schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen, sowohl in Schleswig-Holstein als auch zum Teil im Lande Niedersachsen. Sie erheben, unterstützt von allen Deutschen, die berechtigte Forderung auf sofortige Einstellung der Bombardierungen ihrer Heimat, der Insel Helgoland und auf baldige Rückkehr auf diesen ihren Heimatboden.
Meine Fraktion hat sich angesichts der sehr ernsten Frage, für die jeder Deutsche einzutreten hat, entschlossen, dem Antrag der Zentrumsfraktion ihre Zustimmung zu geben. Es ist höchste Zeit, daß Schluß gemacht wird mit dem Zerstörungswerk, das zur Zeit noch auf höheren Befehl verantwortlicher englischer Regierungsstellen fortgesetzt wird. Es muß — das ist auch unsere Überzeugung — alles getan werden, um den früheren Bewohnern der Insel baldigst ihre Rückkehr auf die Insel zu ermöglichen, damit Helgoland wieder eine Stätte kultureller Einrichtungen werden kann.