Rede von
Dr.
Hermann
Ehlers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Dann sind wir uns völlig einig darüber. Ich glaube, wir brauchen das in keiner Weise zu erörtern. Weitere Erklärungen werden nicht gewünscht und sollen nicht abgegeben werden;
— nach der Meinung derjenigen, die diese Erklärung abgeben könnten.
Ich lasse abstimmen über den Antrag des Vermittlungsausschusses, der Ihnen auf Drucksache Nr. 1796 vorliegt. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. —
Ich bitte um die Gegenprobe. — Trotz der erfolglosen Einflußnahme der Frau Abgeordneten Dr. Weber war das erste die Mehrheit.
Der Antrag des Vermittlungsausschusses ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zum Entwurf eines Allgemeinen Eisenbahngesetzes (Nrn. 1081, 1341, 1640, 1716 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Landesminister Dr. Andersen. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Dr. Andersen, Minister für Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein, Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Allgemeine Eisenbahngesetz enthält in § 1 eine Abgrenzung des allgemeinen Begriffs der Eisenbahnen und in § 2 eine Abgrenzung des Begriffs der öffentlichen Eisenbahnen. Nach dem Regierungsentwurf sollte in Zweifelsfällen jeweils die zuständige oberste Landesverkehrsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesverkehrsminister darüber entscheiden, ob und inwieweit eine Bahn überhaupt zu den Eisenbahnen gehört bzw. ob sie die Eigenschaften einer öffentlichen Eisenbahn hat oder verloren hat.
Der Bundestag hat demgegenüber entsprechend einem Vorschlag des Bundesrats in seiner 107. Sitzung am 14. Dezember vorigen Jahres zu § 2 eine Änderung vorgeschlagen, die dahin geht, daß über Zweifelsfragen, ob eine Eisenbahn dem öffentlichen Verkehr dient, die obersten Landesverkehrsbehörden nicht mehr im Einvernehmen, sondern im Benehmen mit dem Bundesverkehrsminister entscheiden sollen. Die obersten Landesverkehrsbehörden sind danach gezwungen, Zweifelsfragen eingehend mit dem Bundesverkehrsminister zu erörtern und seinen Standpunkt eingehend zu erwägen. Die Entscheidung aber steht ihnen zu.
Dagegen hat es der Bundestag bezüglich der Entscheidung darüber, ob eine Bahn überhaupt als Eisenbahn oder etwa als Straßenbahn oder als Bahn besonderer Bauart zu behandeln ist, bei der Regierungsvorlage belassen, also die Entscheidung der obersten Landesverkehrsbehörden an das Einvernehmen des Bundesverkehrsministers zu binden. Hiergegen hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen und vorgeschlagen, die Entscheidung allein den obersten Landesverkehrsbehörden ohne jede Beteiligung des Bundesverkehrsministers zu überlassen. Der Vermittlungsausschuß hat die Frage eingehend erörtert und macht dem Bundestag und dem Bundesrat mit allen gegen zwei Stimmen den Änderungsvorschlag, auch in diesen Fällen die Entscheidungsbefugnis, soweit es sich nicht um bundeseigene Schienenbahnen handelt, den obersten Landesverkehrsbehörden im Benehmen mit dem Bundesverkehrsminister zu übertragen. Daß die Entscheidung, soweit es sich nicht um bundeseigene Schienenbahnen handelt, bei den obersten Landesverkehrsbehörden liegen muß, folgt notwendig aus dem Grundgesetz, das die nicht-bundeseigenen Bahnen der Verwaltungszuständigkeit der Länder überweist. Angesichts der Bestimmungen des Grundgesetzes aber, welches grundsätzlich getrennte Verwaltungen in Bund und Ländern vorsieht, ist es verfassungsrechtlich äußerst zweifelhaft, ob die Verwaltungsentscheidung des einen Teiles, also des Bundes oder eines Landes, überhaupt an das Einvernehmen des anderen Teiles gebanden werden darf.
Abgesehen von diesen verfassungsrechtlich sehr erheblichen Bedenken erscheint es auch zweckmäßig, die Entscheidung nicht an das Einvernehmen zweier Stellen zu binden. Dabei ist zu beachten, daß es sich nur um ganz wenige Fälle, und zwar eben nur um Zweifelsfälle handeln wird. Sollte hier nicht die Gewähr gegeben sein, daß eine eindeutige Entscheidung gefällt wird, so muß die letzte Entscheidung einer einzigen Behörde übertragen werden, da sonst die Gefahr besteht, daß eine Entscheidung gerade in Zweifelsfällen überhaupt nicht zustandekommt. Andererseits werden die Interessen der praktischen Verwaltung hinreichend gewahrt, wenn die entscheidende Landesverkehrsbehörde gezwungen ist, vorher die Auffassung des Bundesverkehrsministers festzustellen und sie sachlich zu würdigen.
Im übrigen darf nicht übersehen werden, daß es sich hierbei um Verwaltungsentscheidungen handelt, die nicht endgültig sind, sondern der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegen, und daß in besonderen Konfliktsfällen auch der Bundesminister für Verkehr die Möglichkeit hat, das Bundesverfassungsgericht nach Artikel 93 Abs. 1 Ziffer 3 und 4 des Grundgesetzes anzurufen.
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände schien es dem Vermittlungsausschuß bei nur zwei abweichenden Stimmen richtig, eine Mittellösung vorzuschlagen, die verfassungsrechtlich zweifelsfrei und praktisch zweckmäßig ist. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Änderungsvorschlag zuzustimmen.