Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche hier zu dem Antrag, der von den Mitgliedern des Wahlprüfungsausschusses eingereicht ist. Er wird hier von mir vertreten, weil ich sozusagen noch die Eierschalen des Berichterstatters dieses Ausschusses zum Wahlprüfungsgesetz an mir trage
und sie erst allmählich abstreife. Ich werde die Namen dieser Damen und Herren verlesen; Sie werden dann sehen, es ist kein interfraktioneller, sondern ein Sachantrag von Abgeordneten aus allen Fraktionen. Es sind: der Vorsitzende unseres Ausschusses, Herr Dr. Schneider von der FDP, der allerdings noch nicht unterschrieben hat, weil er noch nicht erreichbar war, dann Herr Dr. Mommer von der SPD, mein Mitberichterstatter aus dem Ausschuß; dann die beiden Herren Funk und Mühlenberg von der CDU; Frau Strobel und Herr Hoecker von der SPD, der zwar nicht unterschrieben hat, aber zustimmt; dann Herr Kollege Dr. Arndt von der SPD, der die Rechtslage geprüft hat, und endlich meine Wenigkeit als Antragsteller.
Der Wahlprüfungsausschuß hat zu der Sachlage folgendes zu bemerken: Wir haben mit Bedauern festgestellt, daß die das Wahlprüfungsrecht berührenden Bestimmungen dieses Verfassungs-Gerichtsgesetzes im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht sachlich verabschiedet waren, ehe man über die Einzelbestimmungen des Wahlprüfungsrechts selbst informiert war, insbesondere ehe man wußte, welche Tendenzen in dem damit beauftragten Wahlprüfungsausschuß eigentlich obwalteten. So sind zwei Dinge passiert: einmal ist über die Kosten eine Regelung getroffen, die wir anders gewünscht hätten; das andere ist das in § 48 geregelte Beschwerderecht. Den § 48 der Vorlage möchten wir nicht mehr ändern. Wenn er sich als nicht zweckmäßig herausstellen sollte, kann späterhin eine kurze gesetzliche Änderung erfolgen. Aber zu der Regelung der Kosten, die in § 34 behandelt wird, möchte ich ganz kurz etwas sagen.
Der Verfassungsgerichtshof hat grundsätzlich kostenfrei zu entscheiden. Das ist ein Grundsatz, der in allen Verfassungsrechten zugestanden wird, weil nur so ein wirksamer Schutz für jeden gewährleistet ist, der sich durch eine Verletzung der Verfassung benachteiligt glaubt. In Abs. 4 des § 34 ist aber eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorgesehen. Es heißt dort:
Wird eine Verfassungsbeschwerde als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen, so kann das Bundesverfassungsgericht dem Beschwerdeführer eine Gebühr von zwanzig Deutsche Mark bis zu eintausend Deutsche Mark auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde einen Mißbrauch darstellt.
Es soll also dort, wo der Verfassungsgerichtshof als Beschwerdeinstanz, nachdem vorher Entscheidungen anderer Instanzen gefallen sind, von jedermann angerufen werden kann, eine kostenrechtliche Bremse für Querulanten eingeschoben werden. Jedermann soll sich prüfen, ob er seine Auffassung auch sorgfältig genug begründen kann und Chancen hat zu gewinnen, also keinen Mißbrauch mit Rechtseinrichtungen treibt.
Genau der gleiche Gesichtspunkt ist nun aber nach Auffassung des Wahlprüfungsausschusses bei der zweiten Beschwerdemöglichkeit gegeben, der einzigen Beschwerde außer der allgemeinen Verfassungsbeschwerde, mit der man den Verfassungsgerichtshof anrufen kann, nämlich beim Wahlprüfungsrecht. Wir haben gestern das Wahlprüfungsgesetz bei einigen wenigen Stimmenthaltungen fast einstimmig verabschiedet. In meinem Bericht dazu habe ich ausgeführt, daß die so gegebene Ordnung vorsieht, eine quasi-richterliche Tätigkeit des Bundestages durch entsprechende Gestaltung der Vorbereitung der bundestäglichen Arbeit zu gewährleisten. Wir vertrauen darauf, daß danach der Bundestag nur rechtlich begründete Entschetdungen fällen wird, die selbstverständlich in einzelnen Fällen sehr wohl in der zweiten Instanz nicht Bestand haben mögen. Wir wollen aber nicht jedermann die Möglichkeit geben, risikofrei, da ohne Kosten, aus reinem Eigennutz eine von vornherein völlig aussichtslose Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundestages einzulegen; einmal weil das das Ansehen des Bundestages schädigen könnte, zum anderen weil wir natürlich diesen ohnehin überlasteten Gerichtshof vor unsinnigen Anträgen möglichst schützen müssen. Daher wird folgende dem System durchaus angepaßte kleine Änderung vorgeschlagen. Der Antrag lautet:
Der § 34 Abs. 4 wird wie folgt geändert:
1. In der ersten Zeile sind zwischen die Worte „Verfassungsbeschwerde" und „ als" die Worte einzuschieben: „oder eine Beschwerde gemäß Art. 41 Abs. 2 des Grundgesetzes ."
Daraus ergibt sich notwendig folgendes:
2. In der sechsten Zeile wird das Wort „Verfassungsbeschwerde" durch das Wort „Beschwerde" ersetzt.
Damit würde systemrichtig in jedem Fall der Beschwerde, die das einzige Rechtsmittel ist, auf Grund dessen das Bundesverfassungsgericht angerufen werden kann, die Möglichkeit eröffnet sein, willkürliche und mißbräuchliche Rechtsmittelakte
zu vermeiden oder jedenfalls mit einem Kostenrisiko zu versehen, und zwar in beiden Fällen nicht etwa schon dann, wenn der Beschwerdeführer unterliegt, sondern erst dann, wenn er nach der Meinung des Gerichts von seinem Rechtsmittel mißbräuchlich, also frivol Gebrauch gemacht hat.
Ich glaube, daß man das im Rechtsausschuß auch schon so formuliert hätte, wenn man die Bestimmungen des jetzt verabschiedeten Wahlprüfungsgesetzes damals gekannt hätte, als diese Fassung des § 34 im Rechtsausschuß festgelegt wurde.