Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz tritt zwar in einem sehr bescheidenen Gewand auf — es hat nur vier Paragraphen —, aber noch kärglicher ist seine Begründung, in der fast alles Wichtige verschwiegen wird; denn es handelt sich in Wirklichkeit um ein Gesetz mit einem entscheidenden politischen Hintergrund. Natürlich braucht der Bund einen Grenzschutz, nicht nur weil es im Art. 87 des Grundgesetzes so vorgeschrieben ist, und selbstverständlich sind auch wir der Meinung, daß es richtiger ist, wenn dieser Grenzschutz in der einheitlichen Hand der Bundesrepublik liegt und nicht in den Ländern zersplittert bleibt. Aber Art. 87, auf den sich dieses Gesetz stützt, hat schon einmal vor geraumer Zeit bei den Erwägungen des Kanzlers und seines Bundesinnenministers bei der Debatte über einen etwaigen deutschen Beitrag zur Verteidigung Westeuropas eine merkwürdige Rolle gespielt. Als Deutschland sich seinerzeit das Grundgesetz schuf, kannten wir ja gar nicht das Problem einer deutschen Wehrmacht. Daher konnte das Grundgesetz auch darüber keinerlei Bestimmungen enthalten. Als deshalb gelegentlich der Debatte über eines etwaigen Beitrag Deutschlands zur Verteidigung Westeuropas meine politischen Freunde auf die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung für den Fall einer Bejahung eines solchen Beitrages hinwiesen, verwies der Herr Bundeskanzler bei seinen Versuchen, die Opposition bei dieser Entscheidung auszuschalten, auf den Art. 4 Abs. 3 und auf den Art. 87 des Grundgesetzes. Man erklärte, daß, wenn die Verfassung eine Vorschrift enthalte, wonach jeder Deutsche das Recht habe, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern, und wenn nach Art. 87 des Grundgesetzes der Bund die Verpflichtung habe, die Grenzen durch Grenzschutzbehörden zu schützen, dann daraus doch ohne weiteres zu folgern sei, daß dieser Bundestag das Recht habe, durch ein einfaches Gesetz über einen etwaigen Beitrag zum Schutze der Grenzen zu entscheiden — ohne ein verfassungsänderndes Gesetz —, da es sich ja eben bei der Verteidigung Europas natürlich nicht um einen Aggressionskrieg handeln würde, sondern um den Schutz dieser Grenzen, und dafür reiche eben der Art. 87 aus.
Hieran fühlte man sich erinnert, als bei den Verhandlungen im Bundesrat der Vertreter des Herrn Bundesinnenministers, der Herr Staatssekretär Ritter von Lex, erklärte, die Länder mögen ruhig den jetzt bei ihnen befindlichen Grenzeinzeldienst behalten, entscheidend sei für die Bundesregierung, daß sie durch dieses Gesetz das Recht bekomme, in einer Tiefe von 30 bis 50 km hinter den Grenzen einen Schleier von kasernierten Formationen zu schaffen.
Daher, meine Damen und Herren, werden Sie verstehen, daß wir mißtrauisch sind. Denn wer schützt uns dann davor, wenn das Gesetz so durchgeht, wie es jetzt lautet, daß wir nicht eines Tages vor 60 000 oder noch mehr Grenzschutzbeamten stehen?
Der Herr Bundesinnenminister hat vorhin auf einen angeblichen Vorschlag der CDU-Fraktion hingewiesen, der gestern Gegenstand der Beratungen im Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung gewesen ist, wo wir übereingekommen waren, dem Bundestag bereits für diese Sitzung vorzuschlagen, daß der Bundestag, um eben diese Gefahr einer Remilitarisierung auf dem Umweg über den Grenzschutz zu vermeiden, beschließen möge, daß die Ist- und Sollstärke des künftigen Grenzschutzes durch einen Beschluß des Bundestages mit
absoluter Mehrheit festgelegt werden soll. Meine Damen und Herren, wir vermissen diesen Antrag. Wir haben gehört, daß die CDU-Fraktion geglaubt hat, diesen Antrag nicht vorlegen zu können. Was kann denn anderes dahinter stecken als die Furcht oder, sagen wir, der Versuch Ihrerseits, sich völlig freie Hand zu lassen, allein mit den Stimmen der Regierungsparteien frischfröhlich darüber endgültig zu bestimmen, ob Sie 10 000, 20 000 oder eines Tages 100 000 Grenzschutzbeamte einstellen wollen?
Es erhöht unser Mißtrauen gegen diese Vorlage, weil der gestern verabredete Antrag von Ihnen nicht eingebracht worden ist. Wir dürfen bei dieser Debatte den inneren Zusammenhang mit der Aussprache des Bundestags im Herbst vorigen Jahres in Verbindung mit den damals beantragten Verfassungsänderungen über die Einrichtung einer Bundesbereitschaftspolizei nicht übersehen. Wir können dieses Gesetz auch nicht aus der Debatte über die New Yorker Beschlüsse und über das, was den New Yorker Beschlüssen seinerzeit vorausgegangen war, herauslassen, denen — und das ergeben die New Yorker Beschlüsse ganz einwandfrei — die Bemühungen des Herrn Bundeskanzlers bei den Alliierten vorausgegangen waren, auf irgendeinem Wege, sei es mit Hilfe einer Bundesbereitschaftspolizei, sei es über den Grenzschutz, mit einem Soll-Mannschaftsbestand von 30 000 anzufangen, ihn alsbald auf 60 000 zu erhöhen, mit der Maßgabe, daß, sobald diese 60 000 Exekutivbeamten eingestellt seien, über weitere Einstellungen gesprochen werden müßte.
Vielleicht waren einige Mitglieder des Bundesrats und auch dieses Hauses überrascht, daß diese Vorlage so schnell kam. Aber, meine Damen und Herren, in Wirklichkeit handelt es sich um eine alte Lieblingsidee des Herrn Bundeskanzlers, die er schon im Frühjahr des vorigen Jahres durch den damaligen Bundesinnenminister Herrn Dr. Dr. Heinemann hat vertreten lassen, nämlich den Schutz des Bundes durch die Einrichtung eines Grenzschutzes von 25 000 Grenzschutzbeamten mit der Maßgabe zu übernehmen — und nun- mögen vor allem die Föderalisten sehr aufpassen —, in jedes der größeren Lander je 5 000 Grenzschutzbeamte zum Schutze dieser Länder zu legen.
Meine Damen und Herren! Unverständlich ist uns auch, warum man jetzt, ohne daß der Bundestag noch einmal eingeschaltet werden soll, vom Bundestag die Ermächtigung verlangt, so viel und so umfangreiche Behörden einer Zentral-, einer Mittel-Instanz und unterer Behörden zu errichten, wie die Bundesregierung glaubt haben zu müssen. Das geschieht in dem gleichen Augenblick, in dem gerade die Mitglieder der Regierungsparteien draußen im Lande und vor allem in den Ländern immer wieder, zum Teil mit sehr großem Stimmaufwand, einen Abbau der Behörden und eine Verwaltungsreform fordern.
Hier aber verschweigt man schamhaft — wir haben dies nicht nur in der schriftlichen, sondern auch in der heutigen mündlichen Begründung des Herrn Bundesinnenministers vermißt —, welche Behörden man einrichten will, wie groß sie sein sollen und was uns das Ganze überhaupt kosten wird.
Welchem Zwecke soll nun dieser Grenzschutz überhaupt dienen? Wir vermissen auch hier in der mündlichen Begründung — ebenso in der schriftlichen — eine Begriffsbestimmung, was Grenzschutz sein soll. Das Gesetz — ich sagte es schon — beruht auf dem Art. 87 des Grundgesetzes. Das Wort Grenzschutz erscheint im Grundgesetz erstmalig im Art. 73, in dem die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes geregelt wird. Aber dort wird es in einem völlig andern Zusammenhang gebraucht; denn dort ist es in die Probleme des Waren- und Wirtschaftsverkehrs eingebettet. Sehen Sie, in Art. 73 Ziffer 5 heißt es, daß der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schifffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes hat. Sie sehen also, daß das fernab von allen Fragen des Polizeilichen liegt.
Worauf geht diese Fassung des Art. 87, auf den sich das Gesetz stützt, zurück? Es geht auf ein Schreiben der Alliierten vom 14. April 1949 zurück, in dem es hieß, daß der Bund ermächtigt werden könnte, Grenzschutz polizei behörden einzurichten. Das Wort „Polizei" ist im Parlamentarischen Rat gestrichen worden, und zwar ist es von den damaligen Vertretern der heutigen Regierungsparteien mit Ausnahme der FDP gestrichen worden
mit der Begründung, daß das Wort „Polizei" auf jeden Fall heraus müsse; denn alle polizeilichen Funktionen dürften in dem föderativen Deutschland einzig und allein und ausschließlich nur bei den Ländern liegen. Dieses Anliegen der damaligen Rechtsparteien ging so weit, daß uns in den Verhandlungen erklärt wurde: wenn uns auf diesem Wege oder auf einem sonstigen die Mehrheit des Parlamentarischen Rates polizeiliche Funktionen des Bundes aufzwingen würde, ist die Gesamtannahme des Grundgesetzes gefährdet. Damals also glaubte man, das Zusammenwachsen der elf westdeutschen Länder unter Umständen davon abhängig machen zu sollen, daß man den Bund einer jeglichen polizeilichen Macht beraubte, auch auf dem Gebiete des Grenzschutzes.
Aber, meine Damen und Herren, es hat ja keinen Sinn, und es wäre mißlich, in der Politik nur dann Föderalist sein zu wollen, wenn es einem in den politischen Kram paßt, um vielleicht die Opposition im Bundestag lahmzulegen, aber dann immer Unitarist und Zentralist sein zu wollen, wenn man hofft, sich damit eine eigene Hausmacht zu schaffen.
Wie sieht denn nun eigentlich der Zoll- und Grenzschutz aus? Da haben wir zunächst den Zollbeamten, dann haben wir im Augenblick den Landesgrenzbeamten im Einzeldienst und dann an den Grenzen außerdem noch den üblichen Landespolizeibeamten im Einzeldienst. Der Bundesrat hat erstaunlicherweise die Paßnachschau gestrichen. Ich glaube, daß das gar nicht so unlogisch war; denn was soll denn eine Paßnachschau 30 oder 50 Kilometer hinter der Grenze? Die unerwünschten politischen Elemente haben doch, wenn die Grenzschutzbereitschaften erst 30 bis 50 Kilometer hinter der Grenze liegen, auf dieser Entfernung längst irgendwo Zuflucht gefunden.
Wo hat übrigens bisher je einmal der Grenzschutz der Länder versagt? Der Herr Staatssekretär für Inneres hat im Bundesrat auf diese Frage mit Recht geantwortet, daß der Grenzschutz bisher ausgezeichnet funktioniert habe und daß man vom
Bund aus an sich gar keine Bedenken hätte, ihn bei den Ländern zu lassen, daß es aber notwendig sei — und hier wiederhole ich seine Feststellung—, kasernierte Einheiten aufzustellen. Damit will man doch praktisch erreichen, was man durch die Länderverträge und durch die Opposition der CDU im Ausschuß für Inneres nicht erreicht hat, nämlich man will das erreichen, was man über die Bundesbereitschaftspolizei nicht bekommt. Man setzt hier Grenzschutz gleich Polizei.
Gegen einen solchen Mißbrauch und gegen eine solche illegale Auslegung der Bundesverfassung wehren wir uns. Wir meinen, daß wir endlich von der Unehrlichkeit der Verwaltung und der Gesetzgebung abkommen sollten. Man könnte Sie vielleicht dann verstehen, daß Sie diesen illegalen Umweg über die Grenzschutzpolizei versuchen, wenn die Opposition nicht bereit wäre, dem Bund eigene Polizeibefugnisse zu geben. Aber bitte erinnern Sie sich an die damalige Polizeidebatte. Wir von der Opposition waren es doch, die die Verfassungsänderung zugunsten dieser Regierung vorgeschlagen haben, und der Herr Bundesinnenminister war es, der damals noch von diesem Pult aus — inzwischen ist er von einem Saulus zum Paulus geworden —
— ich komme gleich darauf zurück; Sie werden dabei gerecht wegkommen — von sich aus den Antrag stellte, dem Bund und der Bundesregierung einen Zugriff auf die Länderpolizei ohne die Voraussetzungen des Artikel 91 des Grundgesetzes zu gestatten. Dann stellte die FDP einen verfassungändernden Antrag und forderte eine eigene Bundespolizei, ein Antrag, dem wir uns, wie Sie wissen, sofort anschlossen. Daher lehnen wir Grenzschutzbereitschaften auf alle Fälle ab, weil sie eine Verfassungsverletzung bedeuten würden. Es hat keinen Sinn, den Rechtsstaat zu fordern und davon zu reden, daß wir wieder zu einem rechtsstaatlichen Denken zurückkehren müssen, wenn wir dann in der Praxis der Gesetzgebung davon abgehen. Da hierzu keine Notwendigkeit besteht und Sie das gleiche Ziel, das Sie erreichen wollen, über eine saubere Verfassungsänderung erreichen können, lehnen wir die Schaffung von Grenzschutzbereitschaften ab.
Nach § 3 dieses Gesetzes soll der Grenzschutz nicht nur zum Schutz der Grenzen von außen dienen, sondern auch dazu, wenn diese Grenze von innen heraus gefährdet wird; denn es heißt im Gesetzentwurf, daß die Grenzschutzbehörden das Bundesgebiet auch gegen sonstige, die Sicherheit der Grenzen gefährdende Störungen der Ruhe und Ordnung sichern sollen. Ein Beispiel, das von einem Vertreter des Herrn Innenministers im Ausschuß gegeben wurde, macht die Situation deutlich. Er erklärte: wenn in Aachen z. B. die Ruhe, Ordnung und Sicherheit von innen heraus gestört sei — er hat vorsorglich und wohlweislich nicht davon gesprochen, daß es sich vielleicht auch um einen Streik handeln könne —, dann müßte wahrscheinlich nicht nur die Landespolizei, sondern auch der Grenzschutz eingesetzt werden. Hier wird also Grenzschutz gleichgesetzt mit den Aufgaben einer innerdeutschen Polizei.
Hinzu kommt, wenn man den Text genauer liest, noch folgendes Erstaunliche. Wir sind zwar bei den Gesetzesvorlagen der Bundesregierung manches gewohnt; daß man aber in diesem Gesetz vom Bundestag verlangt, auf das erste Recht eines jeden
Parlaments zu verzichten, nämlich die Organisation einer so wichtigen Verwaltung zu bestimmen und auf das Recht der Etatsbewilligung und der Planstellenbewilligung, das ist bisher in keiner der Gesetzesvorlagen der Fall gewesen. Nach § 2 soll künftig allein die Bundesregierung den Aufbau, die Zahl der Behörden und der Planstellen bestimmen. Wenn man das im Zusammenhang sieht mit dem nun doch nicht eingebrachten Antrag der CDU, daß die Planstellen durch einen Beschluß des Bundestags festgelegt werden sollen, dann ist das immerhin mehr als auffallend.
Wenn das Gesetz so durchgeführt würde. wie es jetzt vor uns liegt, dann würde sich die Buntscheckigkeit unserer Formationen auf dem Gebiet der Exekutive noch vergrößern, weil wir sie um zwei neue Arten vermehren. Wir hätten dann — ich bitte einmal hier um Ihre besondere Aufmerksamkeit — in Deutschland folgende Formationen. Zunächst hätten wir — vor allem in Süddeutschland — die Gemeinde- und Ortspolizei; dann hätten wir die staatliche Polizei des Einzeldienstes; wir hätten die Bereitschaftspolizei der Länder, die Bereitschaftspolizei des Bundes, den Grenzschutzeinzeldienst der Länder, den Grenzschutzeinzeldienst des Bundes und nun noch den Grenzschutzbereitschaftsdienst des Bundes. Das sind nicht weniger als sieben Formationen!
Das ist eine glatte Polizeiinflation.
Damit diese Polizeieinheiten sich nicht gegenseitig auf die Füße treten und damit sich die an sich erforderliche Konzentration der politischen und polizeilichen Kräfte nicht in ihr Gegenteil verkehrt, würden wir vorschlagen, daß von diesen sieben Formationen in Deutschland an jedem- Tag nur eine Formation Dienst tut und die anderen so lange Feiertag haben.
— Doch! Wir schlagen Ihnen einen Weg vor, auf dem Sie eine ganze Menge Geld sparen können, nämlich die 350 Millionen, die der Finanzminister dafür ausgeben will.
Es ist in der Tat erstaunlich, daß sich der gerade in sozialen Fragen so recht geizige Herr Finanzminister
auf den ersten Anhieb bereit erklärt hat, 350 Millionen zur Verfügung zu stellen.
Meine Damen und Herren, nun noch ein Wort zur Bewaffnung; auch hier vermissen wir einen Hinweis in der schriftlichen und mündlichen Begründung. Wir fragen: Wenn es heute in Deutschland noch nicht einmal möglich ist, jedem Polizeibeamten eine vernünftige Waffe in die Hand zu drücken, was hat es dann für einen Sinn, 35 000
neue Beamte einzustellen, denen Sie ebenfalls keine Waffen liefern können?
In den Ländern hat jeder Polizeibeamte nur einen meist sehr antiquierten Revolver und nur fünf Schuß. Wenn er die abgegeben hat, dann muß er nach Hause gehen, in der Hoffnung, daß der Verbrecher so lange wartet..
Das Groteske ist doch, daß die Bemühung der deutschen Innenminister, zu einer besseren Bewaffnung der Polizei zu kommen, an den Erklärungen der Besatzungsmächte gescheitert ist; eine stärkere Bewaffnung widerspräche den Grundsätzen der Alliierten über die Entmilitarisierung Deutschlands.
Aber diese Einengung der polizeilichen Entfaltungsmöglichkeiten hat auch tragische Folgen. Wir haben gestern in Gelsenkirchen den Polizeiwachtmeister Michalczek begraben. Nachdem er in der vorigen Woche bei Stellung eines Verbrechers seine fünf Schuß aus seinem Revolver abgegeben hatte, war er am Ende seiner Möglichkeiten. Der Verbrecher aber, der sich an die alliierten Bestimmungen, nur fünf Schuß im Revolver zu haben, natürlich nicht gehalten hat, hatte sieben Schuß im Revolver, und mit den beiden letzten hat er den deutschen Polizeibeamten erschossen.
Die Frage der Bewaffnung ist also ein sehr ernstes Problem, und ich glaube, es wäre sehr leichtfertig, wenn wir heute die 350 Millionen DM des Herrn Bundesfinanzministers dazu benutzen würden, Tausende und aber Tausende von neuen Beamten einzustellen, aber diese Beamten nicht in die Lage versetzen würden, durch eine ausreichende Bewaffnung nicht nur ihr eigenes Leben zu schützen, sondern auch wirksam polizeilich tätig zu werden.
Vor kurzem hatte ein Land die Möglichkeit, im Ausland Waffen zu bestellen. Woran ist das aber gescheitert? Es ist daran gescheitert, daß, obwohl dieser Antrag beim Herrn Bundeswirtschaftsminister vor drei Monaten gestellt wurde, der Herr Bundeswirtschaftsminister bis heute noch nicht einmal eine Antwort erteilt, geschweige denn Devisen zugeteilt hat.
Es wäre vielleicht ganz nützlich, wenn der Herr Bundesinnenminister sich einmal mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister in Verbindung setzen und ihm klarmachen würde, daß das Problem der Polizei nicht nur eine Frage der Zahl der Mannschaften ist, sondern auch eine Frage der notwendigen Devisen zur Beschaffung der Waffen.
Meine Damen und Herren, noch ein Wort zur Bezahlung der Polizeibeamten. Wenn man in den Ministerien erwägt, diesen Bereitschaftsbeamten des Grenzschutzes und der Polizei nur monatlich 45 DM Gehalt neben freier Beköstigung und Unterbringung zu zahlen, dann schaffen Sie sich doch nichts weiter als ein neues Beamtenproletariat. Zehn Beamte, gut besoldet, die mit Liebe an ihrem Beruf hängen, sind mir viel wichtiger als hundert Polizeibeamte, die mürrisch mitlaufen. Sie sollten daher dieses Geld eher dazu verwenden. die einzelnen Beamten sozial und wirtschaftlich besserzustellen.
Gerade weil wir auch hier wieder feststellen müssen, wie gebefreudig die Bundesregierung auf dem Gebiet der „inneren Sicherheit" und der polizeilichen Aufrüstung ist, möchten wir zum Schluß noch einmal und auch bei diesem Gesetz davor warnen, alles auf eine Karte zu setzen: soziale Zugeständnisse zu verweigern, aber neue Polizeien der verschiedensten Art für Hunderte von Millionen einzurichten. Die Welt ist noch nie glücklicher durch eine Politik geworden, die auf Bajonetten beruhte; und sie kann nur unglücklicher werden durch eine Politik der sozialen Unterdrückung, die sich auf Polizeiknüppel stützt. Die Sozialdemokratie wird wachsam sein.