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    Deutscher Bundestag - 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Januar 1951 4271 114. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Januar 1951. Geschäftliche Mitteilungen 4273A, 4333C Genesung des Abg. Schmidt (Bayern) nach einem Autounfall 4273A Änderungen der Tagesordnung 42'73A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung von Bundesgrenzschutzbehörden (Nr. 1785 der Drucksachen) 4273C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern . 4273D, 4279C, 4282D, 4286A Dr. Menzel (SPD) 4275C, 4284D Paul (Düsseldorf) (KPD) 4278C Dr. von Merkatz (DP) . . . . 4280D, 4286B Neumayer (FDP) 4281D Dr. Dresbach (CDU) 4283B, 4286A von Thadden (DRP) 4284B Dr. Hamacher (Z) 4286B Ausschußüberweisung 4287A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Nrn. 328, 788 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1724 der Drucksachen); Änderungsanträge Umdruck Nrn. 54, 56 4287A, 4303D Dr. Laforet (CSU) . 4287C, 4297D, 4303D Fisch (KPD) 4289D, 4294A, 4300A Dr. Reismann (Z) 4292D, 4299A Ewers (DP) 4293B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) . . 4294A, 4298A Jacobi (SPD) 4295D Dr. von Merkatz (DP) 4299C Schoettle (SPD) 4301C Dr. Arndt (SPD) 4302B, 4303B Abstimmungen . . . 4291C, 4295A, 4300C, 4303A Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes (Drucksache Nr. 1836) . . . . 4303B, C Beschlußfassung 4303D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für Sicherungs- und Überleitungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Nrn. 1510, 1679 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr.1764 der Drucksachen); Änderungsanträge Umdruck Nrn. 38, 51, 55 4273C, 4304A, 4313B Naegel (CDU), Berichterstatter 4304B, 4307D Kurlbaum (SPD) 4306D Ollenhauer (SPD) 4307D Dr. Bleiß (SPD) . . . 4313C, 4319C, 4320C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 4315D, 4320A Agatz (KPD) 4318A Dr. Bertram (Z) 4318D Dr. Preusker (FDP) 4320D Abstimmungen 4307B, 4320B, 4321A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Niedersächsischen Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche vom 9. Dezember 1948/16. Mai 1949 (Nr. 1783 der Drucksachen) 4304A, 4308A Dr. Lauffer, Bevollmächtigter des Landes Niedersachsen, Berichterstatter 4308A Keuning (SPD) 4308D, 4312D Kohl (Stuttgart) (KPD) 4310A Mensing (CDU) 4310C Kuntscher (CDU) 4311C Storch, Bundesminister für Arbeit . 4312A Ausschußüberweisung 4313B Abstimmungen 4320B, 4321A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über Grenzgänger vom 10. Juli 1950 (Nr. 1483 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 1757 der Drucksachen) . . . 4321A, 4325A Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 4325A Beschlußfassung 4325C Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichsautobahngesetzes vom 29. Mai 1941 (Nr. 1571 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 1781 der Drucksachen) 4321B Meyer (Bremen) (SPD), Berichterstatter 4321C Beschlußfassung 4321D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Deutsche Bundesbahn (Nrn 1776, 1533 der Drucksachen) 4321D Rümmele (CDU), Berichterstatter . 4322A Paul (Düsseldorf) (KPD) 4323C Jahn (SPD) 4323D Beschlußfassung 4325A Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Rückgabe der Insel Helgoland an ihre Bewohner (Nr. 1758 der Drucksachen) 4273B, 4325A Beratung abgesetzt 4325A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Grenzübergang Emmerich (Nrn. 1782, 1631 der Drucksachen) . . . . 4325C Günther (CDU), Berichterstatter . . 4325C Beschlußfassung 4326A Beratung der Interpellation der Abg. Dr. Frey, Dr. Dr. Müller (Bonn), Frau Dr. Weber (Essen), Hoogen u. Gen. betr. landwirtschaftlichen Grundbesitz und Traktatrecht im deutsch-holländischen Grenzgebiet (Nr. 1666 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Frey, Dr. Dr. Müller (Bonn), Frau Dr. Weber (Essen), Hoogen u. Gen. betr. landwirtschaftlichen Grundbesitz und Traktatrecht im deutsch-holländischen Grenzgebiet (Nr. 1665 der Drucksachen) . . . . 4308A, 4326A Dr. Frey (CDU), Interpellant . . . 4326B Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 4327B Beschlußfassung 4328D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Kohlenlieferungen für Bayern ails der Tschechoslowakei (Nr. 1825 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Etzel (Bamberg) u. Gen. betr. Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft bei Ausfall tschechoslowakischer Kohle (Nr. 1793 der Drucksachen) 4273B, 4328D Beratung abgesetzt 4328D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerwesen über den Antrag der Abg. Dr. Bertram u. Gen. betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Nrn. 1541 und 1834 der Drucksachen) . . . . 4273B, 4328D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Berichterstatter 4329A Beschlußfassung 4329B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Goetzendorff (Nr. 1818 der Drucksachen) 4329B Muckermann (CDU), Berichterstatter 4329B Beschlußfassung 4329C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Dorls (Nr 1819 der Drucksachen) 4329C Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 4329D Goetzendorff (DRP-Hosp.) 4330A Beschlußfassung 4330B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Renner (Nr. 1820 der Drucksachen) 4330B Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 4330C Beschlußfassung 4330D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Schmidt (Niedersachsen) (Nr. 1821 der Drucksachen) . . 4330D Dr. Mende (FDP), Berichterstatter . . 4331A Dr. Reismann (Z) 4331C Dr. von Brentano (CDU) 4331D Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 4332A Ritzel (SPD) 4332B Beschlußfassung 4332C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Mayer (Stuttgart) (Nr. 1822 der Drucksachen) 4332D Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 4332D Beschlußfassung 4333A Nächste Sitzung 4333C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Robert Lehr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Es ist verschiedentlich eingewandt worden, daß Art. 87 unseres Grundgesetzes nur von Grenzschutzbehörden spricht, aber nicht von Grenzschutzeinheiten. In der Verwaltungspraxis, meine Damen und Herren, ist es nichts Ungewöhnliches, daß Behörden über eigene Exekutivkräfte verfügen, ohne daß sie damit die Behördeneigenschaft verlieren. Ich darf nur an die Polizeibehörden erinnern, an die Polizeipräsidien, die schon vor 1933 weitgehend Vollzugsbeamte hatten, weit mehr Vollzugsbeamte, als uns heute selbst für die Grenzschutzbehörden vorschwebt. Welchen Sinn sollte überhaupt eine Grenzschutzbehörde oder gar eine Mehrzahl von Grenzschutzbehörden haben, wie sie der Art. 87 ausdrücklich vorsieht, wenn sie lediglich aus Bürobeamten und Schreibkräften bestehen sollten und nicht über eigene Exekutivkräfte verfügen dürften! Deshalb können diese Außenbeamten durchaus — sie müssen sogar — Polizeibeamte sein, die zweifellos nicht Aufgaben in irgendeinem geheimen oder getarnten militärischen Auftrag erfüllen, die aber eben polizeiliche Befugnisse haben sollen.

    (Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)

    An der Doppeldeutigkeit, die in dem Worte Grenzschutzbehörden liegt, trägt nicht die Bundesregierung die Schuld. Im Grundgesetz ist der Ausdruck Bundesgrenzschutzbehörden damals bewußt geprägt worden. Man war sich bei der Verabschiedung des Grundgesetzes durchaus im klaren, daß es sich hierbei um reine Polizeibehörden und um nichts anderes handeln sollte. Auch die Militärgouverneure selbst haben in einem Schreiben vom 14. April 1949 daran erinnert, daß im Zusammenhang mit der Überwachung des Personenverkehrs an den Bundesgrenzen ausdrücklich von „Bundespolizeibehörden" gesprochen worden ist.
    Nun verfolgt unsere Regierung nicht die Absicht, die gesamte Polizeiverstärkung in der Form von Bundesgrenzschutzbehörden durchzuführen. Grenzschutzbehörden müssen ihrem Begriff nach an der Grenze stationiert sein; sie müssen also ihre Funktionen auf ein bestimmtes Gebiet im Grenzbereich beschränken. Schon aus diesem Grunde können sie eine kasernierte Bereitschaftspolizei im Innern des Bundesgebiets, wie wir sie dringend nötig haben, wirksam nicht ersetzen, seien es nun Länderbereitschaftspolizeien, sei es Bundesbereitschaftspolizei.
    Es kommt hinzu, daß der Bundesgrenzschutz von uns in einem möglichst kleinen Rahmen gehalten werden soll. Ich muß nur dem Hohen Hause einem Versuch widerraten, die Stärke des Grenzschutzes gesetzlich oder gar verfassungsgesetzlich festzulegen. Sie, meine Damen und Herren, haben ja jederzeit die Möglichkeit, durch Ihre Entscheidung die Zahl dieser Bundesgrenzschutzbehörden zu bestimmen. Wir verfolgen das Bestreben, den Personalbestand der Bundesgrenzschutzbehörden im engen Einvernehmen mit dem Hohen Hause festzusetzen. Deshalb ist von uns aus gar kein Bedenken gegen den in der letzten Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung von der Fraktion der CDU/CSU bereits vorgelegten Antrag zu erheben, wonach dieser Personalbestand durch Beschluß der Mehrheit der Mitglieder dieses Hohen Hauses festgesetzt werden soll.


    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    Als Aufgabe obliegt den Bundesgrenzschutzbehörden der polizeiliche Schutz der Grenzen. Was darunter zu verstehen ist, ist in § 3 der Regierungsvorlage näher dargelegt. Um Reibungen mit den Landesbehörden und den Polizeieinheiten der Länder möglichst auszuschließen, hat sich die Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesrates angeschlossen, daß die Bundesgrenzschutzbehörden im Benehmen mit den Polizeibehörden der Länder zu handeln haben, wenn deren Polizeiaufgaben durch die Tätigkeit des Bundesgrenzschutzes berührt werden.
    Aber eins müssen wir im Gegensatz zu den Beschlüssen des Bundesrats feststellen: zum polizeilichen Schutz der Grenzen gehört auch die Paßkontrolle. Der Bundesrat hat dem Bundesgrenzschutz das Recht zur Paßnachschau nicht geben wollen. Indessen kann der Bund auf diese Kompetenz nicht verzichten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.) Paßrechtliche Sicherung der Grenzen gegenüber dem Ausland ist nach dem Art. 87 des Grundgesetzes geboten und nicht mehr Aufgabe der Länder, sobald der Bund von diesem Art. 87 Gebrauch macht.

    Meine Damen und Herren! Aus diesen Überlegungen kann der einzig mögliche Schluß, der unserer angespannten Lage allein gerecht wird, nur dieser sein: Schlagen Sie der Bundesregierung dieses bescheidene Instrument, das die Gesetzesvorlage ihr verschaffen soll, nicht aus der Hand! Versagen Sie dem Bund nicht die in der Verfassung vorgesehene Möglichkeit, seine Grenzen aus eigener Kraft polizeilich zu schützen. Die Ermöglichung dieses Schutzes darf die Bevölkerung nach den langen, schleppenden Verhandlungen der vergangenen Monate von uns und von Ihnen mit Recht erwarten.
    Gestatten Sie mir noch ein persönliches Wort! Die drei Monate, in denen ich an der Vervollständigung unserer inneren Sicherheit arbeite, sind tief enttäuschend gewesen. Hemmnisse und Schwierigkeiten von allen Seiten, unzureichendes Verständnis bei den hohen alliierten Behörden, unzureichendes Verständnis bei den Ländern selbst, obwohl es sich um ihre eigene Sicherheit handelt; Schwierigkeiten aber auch in dem unendlich langsamen Fortgang der Verhandlungen, die wir untereinander pflegen. Meine Herren, die Gegenseite, der der Kampf seitens unseres Hauses gilt, ist weitaus aktiver und entschlossener und geschlossener. Der Einsatz von der andern Seite geht planmäßig und methodisch mit gesteigerter Kraft vor sich, besonders von dem Zeitpunkt ab, an dem der GrotewohlBrief seine verdiente Erledigung gefunden hat.

    (Abg. Rische: Nach Ihrer Meinung!)

    — Ja, „nach Ihrer Meinung". Wenn Sie die Vorlage angreifen, ist das die beste Empfehlung für meine Worte!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, es ist nicht unsere Aufgabe, vor solchen Gefahren die Augen zu verschließen, sondern jetzt mit Entschlossenheit und Tatkraft zu handeln. Deshalb bitte ich um die Zustimmung aller Seiten des Hauses zu der Vorlage.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die allgemeine Aussprache der ersten Beratung. Darf ich um Wortmeldungen bitten. — Herr Abgeordneter Dr. Menzel, bitte!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walter Menzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz tritt zwar in einem sehr bescheidenen Gewand auf — es hat nur vier Paragraphen —, aber noch kärglicher ist seine Begründung, in der fast alles Wichtige verschwiegen wird; denn es handelt sich in Wirklichkeit um ein Gesetz mit einem entscheidenden politischen Hintergrund. Natürlich braucht der Bund einen Grenzschutz, nicht nur weil es im Art. 87 des Grundgesetzes so vorgeschrieben ist, und selbstverständlich sind auch wir der Meinung, daß es richtiger ist, wenn dieser Grenzschutz in der einheitlichen Hand der Bundesrepublik liegt und nicht in den Ländern zersplittert bleibt. Aber Art. 87, auf den sich dieses Gesetz stützt, hat schon einmal vor geraumer Zeit bei den Erwägungen des Kanzlers und seines Bundesinnenministers bei der Debatte über einen etwaigen deutschen Beitrag zur Verteidigung Westeuropas eine merkwürdige Rolle gespielt. Als Deutschland sich seinerzeit das Grundgesetz schuf, kannten wir ja gar nicht das Problem einer deutschen Wehrmacht. Daher konnte das Grundgesetz auch darüber keinerlei Bestimmungen enthalten. Als deshalb gelegentlich der Debatte über eines etwaigen Beitrag Deutschlands zur Verteidigung Westeuropas meine politischen Freunde auf die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung für den Fall einer Bejahung eines solchen Beitrages hinwiesen, verwies der Herr Bundeskanzler bei seinen Versuchen, die Opposition bei dieser Entscheidung auszuschalten, auf den Art. 4 Abs. 3 und auf den Art. 87 des Grundgesetzes. Man erklärte, daß, wenn die Verfassung eine Vorschrift enthalte, wonach jeder Deutsche das Recht habe, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern, und wenn nach Art. 87 des Grundgesetzes der Bund die Verpflichtung habe, die Grenzen durch Grenzschutzbehörden zu schützen, dann daraus doch ohne weiteres zu folgern sei, daß dieser Bundestag das Recht habe, durch ein einfaches Gesetz über einen etwaigen Beitrag zum Schutze der Grenzen zu entscheiden — ohne ein verfassungsänderndes Gesetz —, da es sich ja eben bei der Verteidigung Europas natürlich nicht um einen Aggressionskrieg handeln würde, sondern um den Schutz dieser Grenzen, und dafür reiche eben der Art. 87 aus.
    Hieran fühlte man sich erinnert, als bei den Verhandlungen im Bundesrat der Vertreter des Herrn Bundesinnenministers, der Herr Staatssekretär Ritter von Lex, erklärte, die Länder mögen ruhig den jetzt bei ihnen befindlichen Grenzeinzeldienst behalten, entscheidend sei für die Bundesregierung, daß sie durch dieses Gesetz das Recht bekomme, in einer Tiefe von 30 bis 50 km hinter den Grenzen einen Schleier von kasernierten Formationen zu schaffen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Daher, meine Damen und Herren, werden Sie verstehen, daß wir mißtrauisch sind. Denn wer schützt uns dann davor, wenn das Gesetz so durchgeht, wie es jetzt lautet, daß wir nicht eines Tages vor 60 000 oder noch mehr Grenzschutzbeamten stehen?
    Der Herr Bundesinnenminister hat vorhin auf einen angeblichen Vorschlag der CDU-Fraktion hingewiesen, der gestern Gegenstand der Beratungen im Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung gewesen ist, wo wir übereingekommen waren, dem Bundestag bereits für diese Sitzung vorzuschlagen, daß der Bundestag, um eben diese Gefahr einer Remilitarisierung auf dem Umweg über den Grenzschutz zu vermeiden, beschließen möge, daß die Ist- und Sollstärke des künftigen Grenzschutzes durch einen Beschluß des Bundestages mit


    (Dr. Menzel)

    absoluter Mehrheit festgelegt werden soll. Meine Damen und Herren, wir vermissen diesen Antrag. Wir haben gehört, daß die CDU-Fraktion geglaubt hat, diesen Antrag nicht vorlegen zu können. Was kann denn anderes dahinter stecken als die Furcht oder, sagen wir, der Versuch Ihrerseits, sich völlig freie Hand zu lassen, allein mit den Stimmen der Regierungsparteien frischfröhlich darüber endgültig zu bestimmen, ob Sie 10 000, 20 000 oder eines Tages 100 000 Grenzschutzbeamte einstellen wollen?

    (Abg. Strauß: Bis zu 1 Million!)

    Es erhöht unser Mißtrauen gegen diese Vorlage, weil der gestern verabredete Antrag von Ihnen nicht eingebracht worden ist. Wir dürfen bei dieser Debatte den inneren Zusammenhang mit der Aussprache des Bundestags im Herbst vorigen Jahres in Verbindung mit den damals beantragten Verfassungsänderungen über die Einrichtung einer Bundesbereitschaftspolizei nicht übersehen. Wir können dieses Gesetz auch nicht aus der Debatte über die New Yorker Beschlüsse und über das, was den New Yorker Beschlüssen seinerzeit vorausgegangen war, herauslassen, denen — und das ergeben die New Yorker Beschlüsse ganz einwandfrei — die Bemühungen des Herrn Bundeskanzlers bei den Alliierten vorausgegangen waren, auf irgendeinem Wege, sei es mit Hilfe einer Bundesbereitschaftspolizei, sei es über den Grenzschutz, mit einem Soll-Mannschaftsbestand von 30 000 anzufangen, ihn alsbald auf 60 000 zu erhöhen, mit der Maßgabe, daß, sobald diese 60 000 Exekutivbeamten eingestellt seien, über weitere Einstellungen gesprochen werden müßte.
    Vielleicht waren einige Mitglieder des Bundesrats und auch dieses Hauses überrascht, daß diese Vorlage so schnell kam. Aber, meine Damen und Herren, in Wirklichkeit handelt es sich um eine alte Lieblingsidee des Herrn Bundeskanzlers, die er schon im Frühjahr des vorigen Jahres durch den damaligen Bundesinnenminister Herrn Dr. Dr. Heinemann hat vertreten lassen, nämlich den Schutz des Bundes durch die Einrichtung eines Grenzschutzes von 25 000 Grenzschutzbeamten mit der Maßgabe zu übernehmen — und nun- mögen vor allem die Föderalisten sehr aufpassen —, in jedes der größeren Lander je 5 000 Grenzschutzbeamte zum Schutze dieser Länder zu legen.
    Meine Damen und Herren! Unverständlich ist uns auch, warum man jetzt, ohne daß der Bundestag noch einmal eingeschaltet werden soll, vom Bundestag die Ermächtigung verlangt, so viel und so umfangreiche Behörden einer Zentral-, einer Mittel-Instanz und unterer Behörden zu errichten, wie die Bundesregierung glaubt haben zu müssen. Das geschieht in dem gleichen Augenblick, in dem gerade die Mitglieder der Regierungsparteien draußen im Lande und vor allem in den Ländern immer wieder, zum Teil mit sehr großem Stimmaufwand, einen Abbau der Behörden und eine Verwaltungsreform fordern.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Hier aber verschweigt man schamhaft — wir haben dies nicht nur in der schriftlichen, sondern auch in der heutigen mündlichen Begründung des Herrn Bundesinnenministers vermißt —, welche Behörden man einrichten will, wie groß sie sein sollen und was uns das Ganze überhaupt kosten wird.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Welchem Zwecke soll nun dieser Grenzschutz überhaupt dienen? Wir vermissen auch hier in der mündlichen Begründung — ebenso in der schriftlichen — eine Begriffsbestimmung, was Grenzschutz sein soll. Das Gesetz — ich sagte es schon — beruht auf dem Art. 87 des Grundgesetzes. Das Wort Grenzschutz erscheint im Grundgesetz erstmalig im Art. 73, in dem die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes geregelt wird. Aber dort wird es in einem völlig andern Zusammenhang gebraucht; denn dort ist es in die Probleme des Waren- und Wirtschaftsverkehrs eingebettet. Sehen Sie, in Art. 73 Ziffer 5 heißt es, daß der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schifffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes hat. Sie sehen also, daß das fernab von allen Fragen des Polizeilichen liegt.
    Worauf geht diese Fassung des Art. 87, auf den sich das Gesetz stützt, zurück? Es geht auf ein Schreiben der Alliierten vom 14. April 1949 zurück, in dem es hieß, daß der Bund ermächtigt werden könnte, Grenzschutz polizei behörden einzurichten. Das Wort „Polizei" ist im Parlamentarischen Rat gestrichen worden, und zwar ist es von den damaligen Vertretern der heutigen Regierungsparteien mit Ausnahme der FDP gestrichen worden

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    mit der Begründung, daß das Wort „Polizei" auf jeden Fall heraus müsse; denn alle polizeilichen Funktionen dürften in dem föderativen Deutschland einzig und allein und ausschließlich nur bei den Ländern liegen. Dieses Anliegen der damaligen Rechtsparteien ging so weit, daß uns in den Verhandlungen erklärt wurde: wenn uns auf diesem Wege oder auf einem sonstigen die Mehrheit des Parlamentarischen Rates polizeiliche Funktionen des Bundes aufzwingen würde, ist die Gesamtannahme des Grundgesetzes gefährdet. Damals also glaubte man, das Zusammenwachsen der elf westdeutschen Länder unter Umständen davon abhängig machen zu sollen, daß man den Bund einer jeglichen polizeilichen Macht beraubte, auch auf dem Gebiete des Grenzschutzes.
    Aber, meine Damen und Herren, es hat ja keinen Sinn, und es wäre mißlich, in der Politik nur dann Föderalist sein zu wollen, wenn es einem in den politischen Kram paßt, um vielleicht die Opposition im Bundestag lahmzulegen, aber dann immer Unitarist und Zentralist sein zu wollen, wenn man hofft, sich damit eine eigene Hausmacht zu schaffen.

    (Zuruf von der CDU: Unerhört!)

    Wie sieht denn nun eigentlich der Zoll- und Grenzschutz aus? Da haben wir zunächst den Zollbeamten, dann haben wir im Augenblick den Landesgrenzbeamten im Einzeldienst und dann an den Grenzen außerdem noch den üblichen Landespolizeibeamten im Einzeldienst. Der Bundesrat hat erstaunlicherweise die Paßnachschau gestrichen. Ich glaube, daß das gar nicht so unlogisch war; denn was soll denn eine Paßnachschau 30 oder 50 Kilometer hinter der Grenze? Die unerwünschten politischen Elemente haben doch, wenn die Grenzschutzbereitschaften erst 30 bis 50 Kilometer hinter der Grenze liegen, auf dieser Entfernung längst irgendwo Zuflucht gefunden.
    Wo hat übrigens bisher je einmal der Grenzschutz der Länder versagt? Der Herr Staatssekretär für Inneres hat im Bundesrat auf diese Frage mit Recht geantwortet, daß der Grenzschutz bisher ausgezeichnet funktioniert habe und daß man vom


    (Dr. Menzel)

    Bund aus an sich gar keine Bedenken hätte, ihn bei den Ländern zu lassen, daß es aber notwendig sei — und hier wiederhole ich seine Feststellung—, kasernierte Einheiten aufzustellen. Damit will man doch praktisch erreichen, was man durch die Länderverträge und durch die Opposition der CDU im Ausschuß für Inneres nicht erreicht hat, nämlich man will das erreichen, was man über die Bundesbereitschaftspolizei nicht bekommt. Man setzt hier Grenzschutz gleich Polizei.
    Gegen einen solchen Mißbrauch und gegen eine solche illegale Auslegung der Bundesverfassung wehren wir uns. Wir meinen, daß wir endlich von der Unehrlichkeit der Verwaltung und der Gesetzgebung abkommen sollten. Man könnte Sie vielleicht dann verstehen, daß Sie diesen illegalen Umweg über die Grenzschutzpolizei versuchen, wenn die Opposition nicht bereit wäre, dem Bund eigene Polizeibefugnisse zu geben. Aber bitte erinnern Sie sich an die damalige Polizeidebatte. Wir von der Opposition waren es doch, die die Verfassungsänderung zugunsten dieser Regierung vorgeschlagen haben, und der Herr Bundesinnenminister war es, der damals noch von diesem Pult aus — inzwischen ist er von einem Saulus zum Paulus geworden —

    (Zuruf von der FDP: Sollte es nicht die FDP gewesen sein?)

    — ich komme gleich darauf zurück; Sie werden dabei gerecht wegkommen — von sich aus den Antrag stellte, dem Bund und der Bundesregierung einen Zugriff auf die Länderpolizei ohne die Voraussetzungen des Artikel 91 des Grundgesetzes zu gestatten. Dann stellte die FDP einen verfassungändernden Antrag und forderte eine eigene Bundespolizei, ein Antrag, dem wir uns, wie Sie wissen, sofort anschlossen. Daher lehnen wir Grenzschutzbereitschaften auf alle Fälle ab, weil sie eine Verfassungsverletzung bedeuten würden. Es hat keinen Sinn, den Rechtsstaat zu fordern und davon zu reden, daß wir wieder zu einem rechtsstaatlichen Denken zurückkehren müssen, wenn wir dann in der Praxis der Gesetzgebung davon abgehen. Da hierzu keine Notwendigkeit besteht und Sie das gleiche Ziel, das Sie erreichen wollen, über eine saubere Verfassungsänderung erreichen können, lehnen wir die Schaffung von Grenzschutzbereitschaften ab.
    Nach § 3 dieses Gesetzes soll der Grenzschutz nicht nur zum Schutz der Grenzen von außen dienen, sondern auch dazu, wenn diese Grenze von innen heraus gefährdet wird; denn es heißt im Gesetzentwurf, daß die Grenzschutzbehörden das Bundesgebiet auch gegen sonstige, die Sicherheit der Grenzen gefährdende Störungen der Ruhe und Ordnung sichern sollen. Ein Beispiel, das von einem Vertreter des Herrn Innenministers im Ausschuß gegeben wurde, macht die Situation deutlich. Er erklärte: wenn in Aachen z. B. die Ruhe, Ordnung und Sicherheit von innen heraus gestört sei — er hat vorsorglich und wohlweislich nicht davon gesprochen, daß es sich vielleicht auch um einen Streik handeln könne —, dann müßte wahrscheinlich nicht nur die Landespolizei, sondern auch der Grenzschutz eingesetzt werden. Hier wird also Grenzschutz gleichgesetzt mit den Aufgaben einer innerdeutschen Polizei.
    Hinzu kommt, wenn man den Text genauer liest, noch folgendes Erstaunliche. Wir sind zwar bei den Gesetzesvorlagen der Bundesregierung manches gewohnt; daß man aber in diesem Gesetz vom Bundestag verlangt, auf das erste Recht eines jeden
    Parlaments zu verzichten, nämlich die Organisation einer so wichtigen Verwaltung zu bestimmen und auf das Recht der Etatsbewilligung und der Planstellenbewilligung, das ist bisher in keiner der Gesetzesvorlagen der Fall gewesen. Nach § 2 soll künftig allein die Bundesregierung den Aufbau, die Zahl der Behörden und der Planstellen bestimmen. Wenn man das im Zusammenhang sieht mit dem nun doch nicht eingebrachten Antrag der CDU, daß die Planstellen durch einen Beschluß des Bundestags festgelegt werden sollen, dann ist das immerhin mehr als auffallend.
    Wenn das Gesetz so durchgeführt würde. wie es jetzt vor uns liegt, dann würde sich die Buntscheckigkeit unserer Formationen auf dem Gebiet der Exekutive noch vergrößern, weil wir sie um zwei neue Arten vermehren. Wir hätten dann — ich bitte einmal hier um Ihre besondere Aufmerksamkeit — in Deutschland folgende Formationen. Zunächst hätten wir — vor allem in Süddeutschland — die Gemeinde- und Ortspolizei; dann hätten wir die staatliche Polizei des Einzeldienstes; wir hätten die Bereitschaftspolizei der Länder, die Bereitschaftspolizei des Bundes, den Grenzschutzeinzeldienst der Länder, den Grenzschutzeinzeldienst des Bundes und nun noch den Grenzschutzbereitschaftsdienst des Bundes. Das sind nicht weniger als sieben Formationen!

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das ist eine glatte Polizeiinflation.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Damit diese Polizeieinheiten sich nicht gegenseitig auf die Füße treten und damit sich die an sich erforderliche Konzentration der politischen und polizeilichen Kräfte nicht in ihr Gegenteil verkehrt, würden wir vorschlagen, daß von diesen sieben Formationen in Deutschland an jedem- Tag nur eine Formation Dienst tut und die anderen so lange Feiertag haben.

    (Lachen links. — Zuruf rechts: Billiger ging's nicht!)

    — Doch! Wir schlagen Ihnen einen Weg vor, auf dem Sie eine ganze Menge Geld sparen können, nämlich die 350 Millionen, die der Finanzminister dafür ausgeben will.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Es ist in der Tat erstaunlich, daß sich der gerade in sozialen Fragen so recht geizige Herr Finanzminister

    (Zuruf von der Mitte: Na! Na!)

    auf den ersten Anhieb bereit erklärt hat, 350 Millionen zur Verfügung zu stellen.

    (Beifall bei der SPD. — Widerspruch in der Mitte und rechts. — Zuruf: Unerhört!)

    Meine Damen und Herren, nun noch ein Wort zur Bewaffnung; auch hier vermissen wir einen Hinweis in der schriftlichen und mündlichen Begründung. Wir fragen: Wenn es heute in Deutschland noch nicht einmal möglich ist, jedem Polizeibeamten eine vernünftige Waffe in die Hand zu drücken, was hat es dann für einen Sinn, 35 000


    (Dr. Menzel)

    neue Beamte einzustellen, denen Sie ebenfalls keine Waffen liefern können?

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)

    In den Ländern hat jeder Polizeibeamte nur einen meist sehr antiquierten Revolver und nur fünf Schuß. Wenn er die abgegeben hat, dann muß er nach Hause gehen, in der Hoffnung, daß der Verbrecher so lange wartet..

    (Heiterkeit.)

    Das Groteske ist doch, daß die Bemühung der deutschen Innenminister, zu einer besseren Bewaffnung der Polizei zu kommen, an den Erklärungen der Besatzungsmächte gescheitert ist; eine stärkere Bewaffnung widerspräche den Grundsätzen der Alliierten über die Entmilitarisierung Deutschlands.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Aber diese Einengung der polizeilichen Entfaltungsmöglichkeiten hat auch tragische Folgen. Wir haben gestern in Gelsenkirchen den Polizeiwachtmeister Michalczek begraben. Nachdem er in der vorigen Woche bei Stellung eines Verbrechers seine fünf Schuß aus seinem Revolver abgegeben hatte, war er am Ende seiner Möglichkeiten. Der Verbrecher aber, der sich an die alliierten Bestimmungen, nur fünf Schuß im Revolver zu haben, natürlich nicht gehalten hat, hatte sieben Schuß im Revolver, und mit den beiden letzten hat er den deutschen Polizeibeamten erschossen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Frage der Bewaffnung ist also ein sehr ernstes Problem, und ich glaube, es wäre sehr leichtfertig, wenn wir heute die 350 Millionen DM des Herrn Bundesfinanzministers dazu benutzen würden, Tausende und aber Tausende von neuen Beamten einzustellen, aber diese Beamten nicht in die Lage versetzen würden, durch eine ausreichende Bewaffnung nicht nur ihr eigenes Leben zu schützen, sondern auch wirksam polizeilich tätig zu werden.
    Vor kurzem hatte ein Land die Möglichkeit, im Ausland Waffen zu bestellen. Woran ist das aber gescheitert? Es ist daran gescheitert, daß, obwohl dieser Antrag beim Herrn Bundeswirtschaftsminister vor drei Monaten gestellt wurde, der Herr Bundeswirtschaftsminister bis heute noch nicht einmal eine Antwort erteilt, geschweige denn Devisen zugeteilt hat.

    (Hört! Hört! links.)

    Es wäre vielleicht ganz nützlich, wenn der Herr Bundesinnenminister sich einmal mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister in Verbindung setzen und ihm klarmachen würde, daß das Problem der Polizei nicht nur eine Frage der Zahl der Mannschaften ist, sondern auch eine Frage der notwendigen Devisen zur Beschaffung der Waffen.
    Meine Damen und Herren, noch ein Wort zur Bezahlung der Polizeibeamten. Wenn man in den Ministerien erwägt, diesen Bereitschaftsbeamten des Grenzschutzes und der Polizei nur monatlich 45 DM Gehalt neben freier Beköstigung und Unterbringung zu zahlen, dann schaffen Sie sich doch nichts weiter als ein neues Beamtenproletariat. Zehn Beamte, gut besoldet, die mit Liebe an ihrem Beruf hängen, sind mir viel wichtiger als hundert Polizeibeamte, die mürrisch mitlaufen. Sie sollten daher dieses Geld eher dazu verwenden. die einzelnen Beamten sozial und wirtschaftlich besserzustellen.
    Gerade weil wir auch hier wieder feststellen müssen, wie gebefreudig die Bundesregierung auf dem Gebiet der „inneren Sicherheit" und der polizeilichen Aufrüstung ist, möchten wir zum Schluß noch einmal und auch bei diesem Gesetz davor warnen, alles auf eine Karte zu setzen: soziale Zugeständnisse zu verweigern, aber neue Polizeien der verschiedensten Art für Hunderte von Millionen einzurichten. Die Welt ist noch nie glücklicher durch eine Politik geworden, die auf Bajonetten beruhte; und sie kann nur unglücklicher werden durch eine Politik der sozialen Unterdrückung, die sich auf Polizeiknüppel stützt. Die Sozialdemokratie wird wachsam sein.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)