Rede von
Margot
Kalinke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Bisher haben sich die Juristen über die Beendigung der verschiedenen Verfahren nach den Entnazifizierungsgesetzen unterhalten.
Jetzt möchte ich - und ich kann mir das erlauben, weil ich keiner war —
Ihnen sagen, daß ich als deutsche Frau bedaure, das wiederholen zu müssen, was ich 1945 vor dem Zonenbeirat der britischen Zone den Engländern sagen mußte: daß ich es bedaure, daß hier immer vom Christentum, von der Versöhnung, von der Gemeinschaft und — wenn die Weihnachtsglocken läuten werden — vom Frieden gesprochen wird.
Wenn wir die Diskussion um dieses Gesetz im deutschen Volk nicht endlich beenden, können wir den Frieden von den anderen nicht erwarten.
Wir haben erst dafür Sorge zu tragen, daß wir im eigenen Volke Frieden schaffen. Ich bin daher der Meinung, daß die Fraktionen in dieser Frage nicht mehr miteinander über die Beendigung des Entnazifizierungsgesetzes sprechen sollten,
sondern daß sich jeder Mühe geben sollte, das zu tun, was dem Frieden dient.
- Gerade Sie Berliner haben es nötig!
Sie selber haben das Problem zu einem sozialen Problem in Berlin gemacht. Sie selber sind diejenigen, die Gesetze geschaffen haben, die einer Frau eines deutschen Offiziers oder einer Frau eines Soldaten den Zwang auferlegt haben, den toten Mann entnazifizieren zu lassen, wenn sie einen Anspruch erheben will.
Wir schämen uns solcher Gesetze, und wir wollen nicht, daß sie noch bestehen bleiben.
Wir wollen, daß endlich Friede wird!
— Und wenn Sie noch so schreien, dann mag Ihnen das Ihr -schlechtes Gewissen eingeben.
— So haben Sie sich im Berliner Wahlkampf auch benommen.
Es geht nicht darum, die Macht mit der Entnazifizierung zu verteidigen, sondern es geht darum, Frieden zu schaffen. Und dem soll unser Antrag dienen.