Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Nein, ich denke gar nicht daran. Nur bitte ich, wenn uns einmal in der Hitze des Gefechts das Wort „Demagogie" über die Lippen geht, auch so zartfühlig zu sein und uns nicht mit einem Ordnungsruf zu belegen.
Nun, der Herr Minister hat uns gesagt, die Zuwendungen, von denen er sprach, würden beim Vorliegen der Bedürftigkeit im Sinne des Begriffs Bedürftigkeit der Fürsorgepflichtverordnung gegeben. Was heißt das? Es heißt, daß z. B. in Hessen, wo der Fürsorgerichtsatz für ein Ehepaar im Stadtkreis 75 DM pro Monat, im Landkreis 65 DM beträgt, ein Ehepaar, dessen Gesamteinkommen aus irgendeiner Rentenquelle diesen Betrag erreicht, keinen Anspruch mehr auf diese zusätzliche Unterstützung hat. In Bayern sind die Fürsorgerichtsätze noch niedriger. Dort betragen sie durchschnittlich 55 DM und im Höchstfalle 60 DM für ein Ehepaar. Wenn man also diese Zuwendungen davon abhängig macht, daß Bedürftigkeit im Sinne der Fürsorgepflichtverordnung vorliegt, dann soll man sich darüber klar sein, daß in einem hessi-
schen Stadtkreis ein Ehepaar, das über 75 DM im Monat verfügt, schon keinen Anspruch mehr auf diese Zuwendung des Bundes hat.
— „So sozial wie möglich", ganz richtig! —
Der erste Sprecher der CDU hat geglaubt auf die Frage der Zuständigkeit hinweisen zu sollen. Sicherlich ist der Bund nicht ohne weiteres als zuständig für die Unterstützung des gesamten Personenkreises anzusprechen, für den wir Anträge gestellt haben. Aber wie ist es denn? Wenn wir in den Gemeinden Anträge stellen, dann sagt uns dort die Mehrheit der CDU: Die Stadt hat kein Geld. Stellen wir derartige Anträge in den Ländern, dann sagt man uns: Ihr müßt in Bonn für eine Erhöhung des Finanzausgleichs kämpfen; wir möchten gern, aber wir können nicht. Das sagen dieselben CDU-Herren, die hier dominieren.
Ich komme zur Arbeitslosenwinterbeihilfe. Der zweite Herr Sprecher der CDU hat geglaubt feststellen zu müssen, daß wir da keine Differenzierung vornehmen. Hätte er unseren Antrag gelesen, dann hätte er aus unserem Antrag gemerkt, daß wir diese Winterbeihilfe für Hauptunterstützungsempfänger beantragt haben. Was ein Hauptunterstützungsempfänger ist, dürfte sogar ein Herr aus der CDU langsam wissen.
Ich komme zu seinen generellen Behauptungen, daß die Arbeitsämter, also der Arbeitsstock, außerstande seien, die Zuwendungen zu decken, die wir gefordert haben. Ich darf darauf hinweisen, daß man in einigen Ländern das Vermögen des Arbeitsstocks für vollkommen versicherungsfremde Zwekke aufgebraucht hat. Ich darf darauf hinweisen, daß man z. B. in der französischen Zone aus dem Arbeitsstock Besatzungskosten abgedeckt hat. So liegen die Dinge.
Der Herr Sprecher der CDU aus Fulda hat sich der Tatsache gerühmt, daß bei ihm in der Stadtverordnetenversammlung keine Kommunisten sitzen. Aber der Vorschlag, die Millionenarmee der im Reiche Adenauers, unter der Sonne der sozialen Marktwirtschaft hungernden deutschen Menschen auf private Wohlfahrtspflege und -tätigkeit abzustellen, kann tatsächlich nur von einem Politiker der CDU aus Fulda kommen.