Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Kapitel Jagd und die damit zusammenhängenden Fragen gehören wohl zu dem Trübsten der Zeit seit 1945. Im Jahre 1945 wurde es dem deutschen Jäger unmöglich gemacht, weiterhin seiner Pflicht gegenüber dem Landvolk hegend und mit der Büchse schützend nachzukommen. Wie ist denn die Entwicklung seit jenen Tagen gelaufen? An die Stelle der deutschen Jagdberechtigten traten die Vertreter der Besatzungsbehörden. Es war leicht, Rehwild und anderes sogar vom Anfänger zu erlegendes Wild in größerem Maße abzuschießen. Wir haben erlebt, daß die Rehwildbestände in ganz kurzer Zeit dezimiert waren. Ja, es hat eine Zeit gegeben, in der es tatsächlich ein Kunststück war, draußen im Wald noch ein Stück Rehwild zu sehen, und zwar in Revieren, die einstmals stark mit diesem Wild besetzt waren, was für die Landwirtschaft kaum schädigende Wirkung hatte.
Auf der anderen Seite haben sich dadurch, daß der deutsche Jäger nicht mehr in der Lage war zu jagen, die Wildarten entwickelt, die wir kurzweg als Schadwild bezeichnen müssen. Denken wir zurück: wir sind drei Phasen durchlaufen. In der ersten Phase war das Recht, überhaupt Waffen zu tragen und Wild zu jagen, in der amerikanischen Zone einzig und allein der Besatzungsmacht vorbehalten. Die Wildschweine, jenes Wild, das sich zur Qual weiter bergbäuerlicher Dörfer entwickelt hat, nahmen in einem Maße zu, wie wir es bis dahin in Deutschland überhaupt nie gekannt hatten. Wir haben erlebt, daß in diesen Bergdörfern Wildschäden von 50 und 60 % vorhanden waren. Wir haben erlebt, daß die bäuerliche Bevölkerung in jenen Wildschadengebieten nicht mehr bereit war, überhaupt noch Herbstbestellungen, besonders nach Kartoffeln, durchzuführen.
Außerdem hat sich ein anderer Wildbestand entwickelt, der, wenn er zu Felde zieht, der bäuerlichen Produktion auch sehr starken Abbruch tut, der des Rotwildes.
Meine Damen und Herren! Wir haben sowohl in den Landtagen wie im Wirtschaftsrat immer wieder auf die volkswirtschaftlichen Schäden hingewiesen, die dadurch verursacht werden, daß diesem Schadwild nicht zu Leibe gerückt werden konnte. Leider Gottes jahrelang ohne Erfolg. Millionenbeträge deutscher Agrarerzeugnisse sind in einer Zeit vernichtet worden, als man Bahnfahrten unternehmen mußte, um einige Kartoffeln oder ein Stück Brot zu bekommen.
- Auch ich habe das erlebt, verehrter Herr Kollege, davon dürfen Sie überzeugt sein; denn ich bin nicht berufsausübender Landwirt, sondern Verbraucher wie Sie.
Hinzu kommen die Schäden, die den Gemeinden dadurch entstanden sind, daß keine Jagdpachten mehr gezahlt wurden. Vergessen wir doch nicht, in einer Reihe gerade der ärmsten Gemeinden haben die Beträge, die durch Jagdpacht hereingekommen sind, ich möchte sagen, den Hauptbestandteil des Gemeindeetats dargestellt.
Dann kam die erste Verordnung, die es wenigstens einem Teil der deutschen Berufsjäger ermöglichte, dem Wild zu Leibe zu rücken, nämlich dem Schwarzwild, das hauptsächlich sich in den deutschen Fluren schädigend betätigte. Ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen, den beamteten Grünröcken den Dank des Landvolkes dafür auszusprechen, daß sie in Tag- und Nachtschicht — wenn ich einmal so sagen darf — ihre Pflicht getan haben, um wenigstens die Schäden, die diese Wildart verursacht hat, auf ein Maß herabzudrücken, das nicht erträglich, aber doch erträglicher ist, als es vorher war.
Meine Damen und Herren! Nach langer Zeit kam dann am 11. August jene amerikanische Jagdverordnung heraus, die im größten Teil der deutschen Jägerschaft Empörung und Erbitterung auslöste, je nach Temperament. Was sagt denn diese Jagdverordnung? Klipp und klar, nüchtern und eindeutig, daß das Vorrecht der amerikanischen Besatzungsbehörde in aller Form aufrechterhalten wird! In dieser Besatzungsanordnung heißt es, daß der amerikanische Besatzungsangehörige in Deutschland ohne Rücksicht auf Eigentumsverhältnisse jagen darf. Der deutsche Jäger zahlt die Pacht, der amerikanische Jäger schießt das Wild und darf nach dieser Besatzungsanordnung auch aus den privaten Revieren 50 % des Wildbrets ohne Zahlung mitnehmen. Das ist etwas, was unter zivilisierten Völkern eigentlich unmöglich sein sollte. Daß der eine nur zahlt, der andere aber einen Teil oder alles nimmt, ist leider Gottes ein Zustand, den man vielleicht in den Gebieten als zu Hause betrachten kann, die ostwärts von uns liegen.
Daß es aber der Vertreterin einer demokratischen
Macht vorbehalten geblieben ist, die Eigentumsrechte derartig mit Füßen zu treten, macht uns
mehr als erstaunen. Wir müssen bei dieser Gelegenheit die Bundesregierung allen Ernstes
ersuchen, bei dem amerikanischen Hohen Kommissar darauf hinzuwirken, daß diese für die
deutsche Jägerschaft diskriminierenden Bestimmungen aufhören und daß das Jagdrecht wieder,
wie es in Deutschland immer war, integrierender
Bestandteil des Eigentumsrechts schlechthin wird.