Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Der überaus dürftige Bericht, den uns heute die Bejaher von Straßburg gegeben haben, und die Enthüllungen, die hier gemacht worden sind, um scheinbare Gegensätze in der Haltung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages in Straßburg zu konstruieren, scheinen uns ein Beweis für die Richtigkeit der Ausführungen zu sein, die wir seinerzeit bei der Entscheidung über die Frage des Beitritts Westdeutschlands zum Europarat über den Sinn dieses Europarates hier gemacht haben. Was wir heute gehört haben, ist für uns ein Beweis dafür, daß Straßburg unfähig ist, ein Instrument zur Koordinierung der Interessen selbständiger Staaten zu sein, daß Straßburg nichts anderes ist als ein Instrument der USA-Monopolkapitalisten, eine von ihnen beherrschte Organisation. Straßburg ist tatsächlich nur ein Instrument mehr zur Realisierung der Kriegsvorbereitungspläne und zur Einbeziehung Westdeutschlands in den Kriegspakt zur Sicherung der Profitinteressen der Monopolherren, in der Hauptsache der Konzerngewaltigen und Kriegstreiber in den USA. Straßburg, das ist die Vertiefung der Spaltung Deutschlands, Straßburg, das ist die Remilitarisierung, und Straßburg, das ist der Krieg. Das ist das Urteil, das ein Mann abgegeben hat, der einmal Mitglied dieses Adenauer-Kabinetts gewesen ist.
Bezeichnend ist auch, daß das einzige halbwegs konkrete Ergebnis der, bisherigen Beratungen, die Empfehlungen zum Schuman-Plan, bekanntlich sogar auf den Widerstand gewisser deutscher kapitalistischer Gruppen gestoßen ist. Ich gucke nach rechts und sehen den Herrn Lehr an.
Diese Gruppe erkennt im Schuman-Plan eine Gefährdung ihrer ureigensten kapitalistischen Interessen.
Der Schuman-Plan ist ein Kriegspakt zur Verstärkung der Kriegsproduktion von Stahl und Kohle und zur einheitlichen Lenkung im Sinne einer Steigerung dieser Produktion und einer besseren Durchführung des Krieges. Nicht der Mi-
nisterrat — das ist bezeichnend — ist die Behörde, die in diesem Schuman-Plan bestimmen soll. Bestimmende Organe sind die Herren von Kohle und Eisen. Sie also entscheiden auch in der Zukunft über das Schicksal der im Bergbau und in der Eisenindustrie beschäftigten deutschen Arbeiter. Der Europarat ist außerstande, die berechtigten Interessen des werktätigen deutschen Volkes sicherzustellen. Diese unsere deutschen Interessen sind nur in der Friedensfront realisierbar, nicht aber im Kriegspakt und im Bündnis mit den monopolkapitalistischen Kriegstreibern. Die nationalen Interessen des deutschen Volkes werden auf einem anderen Wege verteidigt werden müssen. Nicht Straßburg, nicht der Atlantikpakt, nicht die Remilitarisierung, nicht der Krieg, — die Beschlüsse der Prager Außenministerkonferenz
sind der Weg zur Wiederherstellung der Einheit Deutschlands, zum Aufbau einer gesunden deutschen Friedenswirtschaft und zur Schaffung von gesunden Lebensverhältnissen für das werktätige deutsche Volk. Es ist bedauerlich, daß das Hohe Haus zu diesen Prager Beschlüssen bisher keine positive Stellung bezogen hat.
Wir sind aber der Auffassung, daß im Interesse Deutschlands endlich ein gesamtdeutsches Gespräch zustandekommen muß. Das Instrument dazu ist der in den Prager Empfehlungen vorgeschlagene gesamtdeutsche Konstituierende Rat unter paritätischer Zusammensetzung,
dessen Aufgabe sein soll, eine provisorische Regierung zu bilden, die dazu berufen ist, an der Ausarbeitung des Friedensvertrages mitzuwirken. Das ist der Weg zur deutschen Einheit.
Diesen Weg hat mit besonderer Klarheit und Eindeutigkeit auf der letzten Tagung der Sozialistischen Einheitspartei auch deren Generalsekretär Walter Ulbricht aufgezeigt. Ich zitiere aus seiner Rede.
Er sagt, — —
— Hören Sie nur ruhig zu!