Rede von
Paul
Bausch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Diese Maßstäbe sind uns von unserem Schöpfer gegeben. Wir müssen uns nur entschließen, diese Maßstäbe auch gegen uns selbst mit allen Konsequenzen und für alle Bezirke unseres Lebens gelten zu lassen. Was meinen Sie, was es für die Hitlerzeit bedeutet hätte, wenn unser Volk sich an die einfachen Maßstäbe „gut oder böse" gehalten hätte? Gut oder böse, Wahrheit oder Lüge, Selbstlosigkeit oder Egoismus, Sauberkeit oder Unsauberkeit, Liebe oder Haß; dies sind die für uns entscheidenden Maßstäbe, die, wie ich zu behaupten wage, das wichtigste politische Faktum für unsere Zeit darstellen.
Die Frage ist nur, ob wir uns an ihnen orientieren und ob wir damit bei uns selbst anfangen wollen. Tun wir dies, so bedeutet das Änderung für jeden einzelnen von uns.
Ich möchte hier einem großen Mißverständnis vorbeugen. Ich behaupte nicht, daß der Mensch mit der Orientierung an diesen großen Maßstäben, an diesen wichtigsten Wegweisern für unser Leben schon die politische Lösung, die Lösung für die politische Einzelfrage gefunden hätte. Um sie müssen wir uns nach wie vor schinden, mühen und plagen. Aber ich glaube, daß wir mit dieser Orientierung irgendwie in einen größeren Zusammenhang mit der Welt über uns und um uns hineingestellt sind, der uns vor dem Verirren bewahrt. Ich glaube, daß durch die Ordnung unserer Beziehungen zu der Welt über uns und um uns die wichtigsten Voraussetzungen dafür geschaffen werden, ,daß überhaupt wieder echte politische Entscheidungen möglich sind.
Ich sprach vorhin von der Notwendigkeit der Änderung. Viele haben bezweifelt, ob Menschen geändert werden können. Ich glaube, daß dies möglich ist, und ich glaube, 'daß dies auch für uns Deutsche möglich ist, was vielfach in der Welt bezweifelt wird. Wäre es nicht möglich, so gäbe es keine Zukunft und keine Hoffnung für uns.
Denn die größten Schwierigkeiten in der Politik liegen nicht auf der technischen oder materiellen, sondern überwiegend auf der menschlichen Ebene. Die politischen Probleme sind menschliche Probleme!
Das ist nun die Antwort, die ich auf die gestellte Schicksalsfrage geben möchte: Das schlagende Herz der Demokratie von morgen ist der geänderte und befriedete Mensch, der sich unter die Herrschaft jener höheren Macht über uns stellt, der sich an absolut gültigen sittlichen und moralischen Maßstäben orientiert, der bei sich selbst anfängt und der dadurch einen entscheidenden Beitrag für die Schaffung einer neuen Welt erbringt. Im Mittelpunkt einer erneuerten, wahrhaft inspirierten Demokratie, einer echten Renovatio, steht der Mensch, der nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist und sich zu diesem umgestalten läßt.
Dieser Tage ist der Satz gesprochen worden: „Die soziale Gesundheit ist das Leben der Demokratie". Ich wage zu sagen: Die Änderung des Menschen ist das Leben und die Herzkammer der Demokratie, und aus der Änderung des Menschen ergibt sich die soziale Gesundheit. Wenn sich die Menschen ändern, dann ändern sich auch die Verhältnisse. Aus der persönlichen Änderung ergibt sich die soziale, die politische, die gesellschaftliche, die nationale und die internationale Änderung, die wir alle brauchen und die wir voll und ganz und uneingeschränkt bejahen.
Die Antwort auf die totalitäre Ideologie des Ostens ist die Ideologie der Änderung. Wir müssen uns entscheiden, ob wir diese Antwort geben wollen. Diese Ideologie ist in ihren revolutionären Auswirkungen viel entscheidender als die Revolution des Ostens. Jene Revolution schafft Knechtschaft, Angst, Zwiespalt, Terror und Verzweiflung. Die neue Art zu leben, von der ich spreche, bringt Freiheit, Furchtlosigkeit, Zuversicht und Hoffnung. Sie verwandelt den Zwiespalt in Einheit. Dort wird alles erwartet von der Änderung der äußeren Verhältnisse. Der Mensch wird zum Heloten und zum Sklaven gemacht. Hier vollzieht sich die Revolution der Herzen. Der Mensch erhält den Wert, der ihm von Gottes und Rechts wegen zukommt. Aber aus der Revolution der Herzen kann sich auch eine Änderung der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse ergeben, die unabsehbar ist.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, Ihnen nicht versichern zu brauchen, daß es sich hier um keine parteipolitische Angelegenheit, etwa um eine solche der CDU handelt. Dieses Rezept zur Umwandlung unserer gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse kann überall und von j e der m a n n angewandt werden. Es handelt sich hier um höchst reale und wichtige politische Dinge.
— Sie haben das ganz richtig erfaßt. Ich glaube, die Kommunisten haben am ehesten einen Sinn für ideologische Probleme. Sie haben es richtig erkannt: Es handelt sich um die Schaffung einer ideologischen Grundlage für die Zukunft der Menschheit überhaupt.
Ich kann Ihnen sagen, daß die Umwälzung, von der ich spreche, nicht nur in unserem Lande, sondern auch bereits in vielen Ländern Europas und in der ganzen Welt im Gange ist. Ich habe mich
davon auf mehreren Auslandsreisen überzeugen können. In den skandinavischen Ländern, in der Schweiz, in Holland und in vielen anderen Ländern dieses Erdteiles und der ganzen Welt ist diese Umwälzung im Gange. Auch in Asien. Führende Politiker vieler Länder haben diesen Weg beschritten. Wenn wir ihn auch in Deutschland beschreiten, so kann dies zu einer völligen Erneuerung unserer internationalen Beziehungen führen. Lassen Sie mich darüber noch ein Wort sagen.
Heute stehen allüberall noch Berge von Mißtrauen gegen uns. Deutschland kann nach allem, was geschehen ist, nicht auf stolzem Rosse einherreiten und Forderungen an die übrige Welt stellen. Ein solches Deutschland wird nach meiner Beobachtung überall im Ausland abgelehnt. Ein solches Deutschland wird in Europa nicht. benötigt! Einem geänderten Deutschland aber stehen alle Türen in der ganzen Welt offen. Alles wartet im Ausland darauf, ob wir Deutsche uns ändern und ob es uns ,diesmal gelingen wird, eine gute Demokratie einzuführen und aufzubauen. Wenn wir Deutsche bereit sind, nicht von der Welt etwas zu fordern, sondern der Welt etwas zu geben, dann werden sich uns viele Türen öffnen.
Es ist der besondere geschichtliche Auftrag Deutschlands, der Welt, der wir Deutsche so unerhört viel Unglück und Leid zugefügt haben, durch eine neue Lebensqualität einen Beitrag zu ihrem Wiederaufbau zu geben. Wir müssen es lernen, das Mißtrauen, das uns so vielfach entgegentritt, mit Vertrauen zu erwidern. Es ist eine entscheidende politische Frage, ob wir Deutsche fähig sind und die innere Kraft besitzen, das Böse, das uns in der Welt entgegentritt, durch das Gute zu überwinden. Wenn wir die Dinge anders sehen, wenn wir von der Welt etwas fordern oder erwarten, dann werden wir auch weiterhin von einer Enttäuschung zur anderen gehen.
Was unsere Beziehungen zur Welt des Ostens anlangt, so möchte ich nur folgendes bemerken. Jedem Terror muß mit aller Entschlossenheit, auch unter Einsatz der staatlichen Machtmittel entgegengetreten werden. Den Versuchen der östlichen Machthaber, bei uns Furcht und Schrecken zu erzeugen, muß in völliger Furchtlosigkeit begegnet werden. Wenn Herr Ulbricht unlängst erklärt hat, die Führer der Bundesrepublik würden schneller vor einen Volksgerichtshof kommen, als sie es sich nur träumen ließen, dann muß ich sagen, daß das nicht den geringsten Eindruck auf uns macht.
Den menschlichen Trägern dieser Ideologie des Ostens aber soll, das ist unsere Auffassung, nicht mit Haß begegnet werden. Das ist keine leere Phrase. Ich glaube, daß wir die Kommunisten für unsere Auffassung gewinnen müssen. Nach meiner Beobachtung der Entwicklung der Verhältnisse in
Deutschland sind wir auf dem besten Wege dazu.
Im rheinisch-westfälischen Industriegebiet gibt es heute schon eine große Anzahl ehemals führender Kommunisten, die dieser verderblichen Ideologie abgesagt und diese Ideologie der Änderung bejaht haben.
— Herr Kollege Seelos — — —