Meine Damen und Herren! Dieser Antrag beinhaltet eine sehr traurige Angelegenheit, die schon einige Male in diesem Hause behandelt worden ist, und ich erkläre hier ganz offen: Meine Fraktion wird zu dieser Frage nicht schweigen, auch wenn der Antrag von diesem i Hause wiederum abgelehnt werden sollte. Es handelt sich bei diesem Antrag darum, endlich zu verbieten, daß Deutsche für fremdländische militärische Dienste verwandt werden können.
Wir sind doch hier im Westen.
Am 1. Februar dieses Jahres hatte meine Fraktion schon eine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet, wie sie zu dieser Frage stehe, die für uns hier im Westen von großer Bedeutung ist. Die Regierung hat damals erklärt, daß es nicht verboten sei, Deutsche für ausländische Dienste anzuwerben. Aber, meine Damen und Herren, wir sind uns doch alle darüber im klaren, daß das ein unmöglicher Zustand ist und daß es die Pflicht der Regierung gewesen wäre, sofort dafür einzutreten, daß endlich ein Verbot zustande kommt.
Aber es ist nichts geschehen; gar nichts ist geschehen. Der Antrag, der damals von unserer Fraktion gestellt wurde, stand am 27. April unter Drucksache Nr. 687 hier schon zur Debatte. Damals wurden eine ganze Reihe von Pressestimmen zitiert, und ich kann mich gut erinnern, daß eine Reihe von Fraktionen dieses Hauses noch in weit schärferer Form gegen diese Maßnahmen in diesem Hause Stellung genommen haben. Die Werbestellen im Westen Deutschlands wurden in diesem Hause bekanntgegeben, wo die Werbungen ganz offiziell vorgenommen wurden. Es wurde sogar gesagt und bewiesen, daß eine Reihe von Arbeitsämtern in Verbindung mit diesen ausländischen Werbestellen gemeinsame Arbeit verrichten.
Es ist davon gesprochen worden, daß die zentrale Umschlagstelle Offenbach sei. Das Flüchtlingsministerium hat damals zugegeben: täglich kann man mit ungefähr 50 jungen deutschen Menschen rechnen, die für ausländische Dienste angeworben. werden.
Der Antrag meiner Fraktion wurde im April an den Ausschuß überwiesen. In der vorigen Woche hat der Ausschuß Bericht erstattet. Am 18. Oktober wurde entschieden, der Antrag, der im April zur Debatte stand, solle als erledigt zu betrachten sein. Mag auch der heutige Antrag vom Ausschuß oder vom Hause für erledigt betrachtet werden, für uns wird er nicht erledigt sein, ebensowenig wie für all diejenigen, die durch diese Angelegenheit schwer betroffen werden.
Ich kann mich erinnern, daß in der gestrigen Debatte nicht nur von dem Redner meiner Fraktion, sondern auch von anderen Sprechern darauf hingewiesen worden ist, daß die deutsche Jugend in, Arbeitslagern der Ausländer zu militärischem Diensten gezwungen wird.
Am 7. Oktober haben wir diesen Antrag eingereicht; er steht heute zur Debatte. Es ist der Antrag Drucksache Nr. 1437. Wir wollen einmal sehen, wie heute das Haus zu dieser Frage steht, ob das Haus noch weiterhin gewillt ist,
der Regierung zu gestatten, daß sie dazu schweigt,
daß Arbeitskompanien aus Deutschen für ausländische Dienste der Reihe nach entstehen, daß die
Industriepolizei bewaffnet wird und daß militärähnliche Einheiten wie Pilze aus der Erde schießen.
Ganz offiziell wurde zugegeben, daß allein in der amerikanischen Zone 26 000 Deutsche aus dem Reservoir der Arbeitslager unter Waffen gestellt worden sind. Ich erinnere an das, was Minister Albertz vor einiger Zeit der Presse mitteilte, daß auf Umwegen Deutschen ein Gewehr in die Hand gedrückt werden soll:
Aber wir erleben überall, in allen Städten, die es angeht, daß sich auch Deutsche finden, die sich weigern, die Waffe in die Hand zu nehmen.
Solche Weigerungen sind in fast allen Städten hauptsächlich in der amerikanischen Besatzungszone vorhanden.
Ich erwähne nur Nürnberg, München, Hanau usw.
Wir möchten, daß diejenigen, die aus wirklicher
Liebe zu ihrer Nation
nicht für fremde Nationen die Waffen in die Hand, nehmen wollen, keinen Nachteil haben; wir wünschen, daß sie von der Regierung geschützt werden, wenn wir auch nicht viel Hoffnung nach dieser Richtung hin haben. Es ist ein unmöglicher Zustand, daß deutsche Arbeitsämter, obschon sie über
diese Dinge Bescheid wissen, gezwungen werden,. einer fremden Besatzungsmacht Kräfte zur Verfügung zu stellen.
In den „Stuttgarter Nachrichten" vom 19. Oktober dieses Jahres ist ein Artikel — ich will ihn nicht zitieren — erschienen unter der Überschrift: „Herr Leutnant! Herr Hauptmann!".
— Unsere Zeitung ist ja doch verboten. — In diesem Artikel heißt es auf der ersten Seite, daß der Bedarf, der jetzt von den amerikanischen Besatzungstruppen angegeben werde, ungemein hoch sei und daß das Arbeitsamt in Stuttgart 100 Mann vermittelt habe, bei denen großes Mißtrauen vorgeherrscht habe, so daß das Arbeitsamt einen Beobachter nach Frankfurt mitgeschickt habe. Das, was dieser Beobachter in Frankfurt feststellen konnte, war das, wovon ich eben sprach, nämlich daß eine militärische Ausbildung, eine Unterbringung in Kasernen und eine Bewaffnung dieser Menschen erfolgen sollte. Ich bin der Meinung, daß es nicht die Aufgabe unserer Arbeitsämter und einer deutschen Behörde unwürdig ist, deutsche Menschen für imperialistische, militärische Zwecke zu vermitteln, und zwar an ausländische Besatzungsmächte.
Wir wollen, daß die Bundesregierung an die Landesregierungen Anweisungen erteilt, damit diesem Treiben ein Ende gemacht wird. Wir wollen nicht, daß Deutsche zu Waffenträgern fremder Mächte werden.
Wir wollen, daß diejenigen, die sich weigern, wegen der Erfüllung dieser ihrer nationalen Pflicht keine Nachteile haben. Man sollte die Not hauptsächlich der deutschen Jugend nicht für die Interessen nichtdeutscher, ausländischer imperialistischer Mächte ausnutzen.