Rede von
Dr.
Georg-August
Zinn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Nach Art. 106 Abs. 2 des Grundgesetzes fließt das Aufkommen der Biersteuer den Ländern zu. Die Länder besitzen also die sogenannte Steuerertragshoheit. Die Gesetzgebung über die Biersteuer gehört dagegen nach Art. 105 Abs. 2 Ziffer 1 des Grundgesetzes zu der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebung; es besteht also keine ausschließliche Gesetzgebungshoheit der Länder. Der Bund ist infolgedessen in der Lage, jederzeit, wenn die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 des Grundgesetzes vorliegen, die Biersteuer bundeseinheitlich zu regeln. Unabhängig davon ist das beim Inkrafttreten des Grundgesetzes geltende Biersteuerrecht als früheres Reichsrecht oder als Abänderung des früheren Reichsrechts zu Bundesrecht geworden und schließt damit eine Gesetzgebungsbefugnis der Länder auch im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung aus, weil eben die Fiktion besteht, daß der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht nach Art. 125 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht habe.
Gegen die in Art. 105 des Grundgesetzes getroffene Regelung, nach der die Biersteuergesetzgebung als eine Gesetzgebung über eine Verbrauchssteuer zur konkurrierenden Gesetzgebung gehört, richtet sich der Angriff der Fraktion der Bayernpartei, die durch ihren Antrag vom 11. Mai 1950, der in der Drucksache Nr. 929 wiedergegeben ist, erstrebt, die Gesetzgebung über die Biersteuer aus der konkurrierenden Gesetzgebung herauszunehmen und der Gesetzgebungshoheit der Länder zuzuweisen. Die gleiche Frage hat das Hohe Haus schon zweimal beschäftigt. Im Laufe eines Jahres sind schon zweimal Anträge mit dem gleichen rechtspolitischen Ziel, mit dem gleichen Inhalt — allerdings anderer Fassung — gestellt worden, und in beiden Fällen hat das Hohe Haus auf Vorschlag des Ausschusses für Finanz- und Steuerwesen diese früheren Anträge — einmal einen Antrag der Bayernpartei, im anderen Fall einen Antrag der CSU — abgelehnt.
Ich glaube deshalb nicht, daß es notwendig ist, noch einmal auf die finanz- und steuerpolitischen Erwägungen, die bei dieser Ablehnung eine Rolle gespielt haben, einzugehen. Man sagt zwar, steter Tropfen höhlt den Stein; aber in diesem Fall scheint sich das Wort nicht zu bewahrheiten. Die bewundernswerte Hartnäckigkeit der Antragsteller ist auch diesmal wiederum an der Unnachgiebigkeit des Ausschusses für Finanz- und Steuerwesen gescheitert, der erneut auf die Verhandlungen des Parlamentarischen Rats hinweist, in denen die Argumente, die zu der Gesetz gewordenen Regelung des Art. 105 geführt haben, sehr eingehend erörtert worden sind, und die er sich auch zu eigen macht. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerwesen hat infolgedessen den Antrag der Bayernpartei mit 13 gegen 2 Stimmen — wie bereits in früheren Fällen — abgelehnt. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat sich, ohne im einzelnen auf die Argumente des an sich für diese Frage viel berufeneren Finanzausschusses einzugehen, dieser ablehnenden Empfehlung angeschlossen.
Ich möchte Sie deshalb — in der Hoffnung, daß im Anschluß an diesen meinen Bericht keine Biersteuerdebatte stattfindet — bitten, den ablehnenden Antrag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, wiedergegeben in der Drucksache Nr. 1439, anzunehmen.