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ID0109210000

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    Deutscher Bundestag — 92. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Oktober 1950 3407 92. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. Oktober 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 3408B, D, 3438D Amtsniederlegung des Präsidenten des Deutschen Bundestags Dr. Köhler . . . . 3408C Anfrage Nr. 47 der Fraktion der BP betr. Durchführung des Art. 36 des Grundgesetzes (Nrn. 515 und 1477 der Drucksachen) 3403D Anfrage Nr. 118 der Fraktion des Zentrums betr. Monopolkontrolle (Nrn. 1373 und 1478 der Drucksachen) 3408D Bericht des Bundesministers für den Marshallplan über die Bereitstellung von ERP-Mitteln zur Förderung der Forschung (Nr. 1475 der Drucksachen) . . . 3408D Zurückziehung des Entwurfs eines Gesetzes über Kündigung von Tarifverträgen (Nr. 1269 der Drucksachen) 3409A Beratung der Interpellation der Fraktionen der BP, des Zentrums und der WAV betr. Abwicklung der im Zusammenhang mit Grundabtretungen für ehemalige Reichsstraßen und Autobahnen entstandenen Verpflichtungen und Begleichung der Ansprüche ehemaliger Angestellter des Unternehmens „Reichsautobahn" (Nr 1382 der Drucksachen) 3409B Volkholz (BP), Interpellant 3409B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 3409C Beratung der Interpellation der Abg. Bauknecht u. Gen. betr. Lage der deutschen Pelztierzucht (Nr. 1349 der Drucksachen) 3410B Bauknecht (CDU), Interpellant . . . 3410B Dr. Schalfejew, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 3411A, 3412A Walter (DP) 3411B Reitzner (SPD) 3411D Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Zuckerversorgung im Bundesgebiet (Nr. 1351 der Drucksachen) . . 3412B Kriedemann (SPD), Interpellant 3412B, 3414D Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 3413A Rüdiger (FDP) 3414B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (Nr. 1372 der Drucksachen) 3415B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 3415B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland (Nrn. 650, 724 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung (5. Ausschuß) (Nr. 1415 der Drucksachen) 3416C Dr. Becker (Hersfeld) (FDP), Berichterstatter 3416C Jacobi (SPD) 3419C Ewers (DP) (zur Geschäftsordnung) 3420B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Anwerbung von Deutschen für fremdländischen Militärdienst (Nrn. 1416, 687 der Drucksachen) 3420C Eichler (SPD), Berichterstatter . . 3420D Müller (Offenbach) (KPD) 3421B Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Nrn. 1430, 180 der Drucksachen) 3422A Zur Geschäftsordnung: Paul (Württemberg) (SPD) 3422A Strauß (CSU) 3422B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 3423B Zur Sache: Weltner (SPD), Berichterstatter . . 3423D Paul (Württemberg) (SPD) 3424D Strauß (CSU) . . . . 3425B, 3427B, 3428A Ewers (DP) 3426B Frau Thiele (KPD) 3426D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Vorlage eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit (Nrn. 1425, 912 der Drucksachen) 3428B Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 3428B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes (Nrn. 1426, 275 der Drucksachen) 3430A Dr. Jaeger (CSU), Berichterstatter . 3430A Frau Wessel (Z) 3430B Dr. Dr. Lehr, Bundesminister des Innern 3431A Dr. von Merkatz (DP) 3431B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses zum Schutze der Verfassung (5. Ausschuß) betr. Entnazifizierung (Nrn. 1440, 13, 27, 97, 99, 482, 609, 1057 der Drucksachen) 3431C Dr. Menzel (SPD), Berichterstatter 3431D Dr. Schneider (FDP) 3435A von Thadden (DRP) 3436C Mellies (SPD) 3437B Dr. von Merkatz (DP) 3437D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Mayer (Stuttgart) gemäß Schreiben des Justizministeriums von Württemberg-Baden vom 14. Juni 1950 (Nr. 1450 der Drucksachen) 3438B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . . . 3438B Übersicht über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 2) 3438C Nächste Sitzung 3438D Die Sitzung wird um 9 Uhr 42 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dr. Walter Menzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Durch Beschluß des Plenums vom 30. September des vorigen Jahres — Drucksache Nr. 63 — wurden den beiden Ausschüssen, dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und dem Ausschuß zum Schutze der Verfassung, fünf Anträge und zwei Gesetzentwürfe auf dem Gebiet der Beendigung . der Entnazifizierung zur Beratung überwiesen.
    Es handelt sich zunächst um den Antrag der Deutschen Partei — Drucksache Nr. 13 — vom 8. September 1949, worin die Bundesregierung aufgefordert wird, ein Gesetz zum baldigen Abschluß der Entnazifizierung und einer Amnestie der beiden Gruppen III und IV vorzulegen. In Verbindung damit oder in Ausführung dieses Antrags ist unter Drucksache Nr. 609 ein Gesetzentwurf der DP vorgelegt worden, der sich im einzelnen mit dem Inhalt des Antrags in Drucksache Nr. 13 befaßt. Es


    (Dr. Menzel)

    wird zunächst die Wiederherstellung aller Rechte der in die Kategorien III und IV eingestuften Personen und der vergleichbaren Kategorien der anderen Zonen gefordert. Es wird ferner das Verbot der Einleitung neuer Verfahren und in Verbindung damit die Einstellung der laufenden Verfahren verlangt. Nur diejenigen Fälle sollen ausgenommen sein, in denen den Betroffenen, wie es heißt, „während der Hitlerzeit ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder einer aus Eifer für den Nationalsozialismus begangenen strafbaren Handlung nachzuweisen ist". Ferner sollte auch ausgenommen sein, wer sich nach dem 8. Mai 1945 gegen die Demokratie strafrechtlich vergangen hat.
    Ferner lag der Antrag der WAV — Drucksache Nr. 27 — vom September 1949 zur Beratung vor. In ihm wird eine Generalamnestie für die Mitläufer und Minderbelasteten verlangt, vor allem dahingehend, daß sämtliche politischen Beschränkungen für diese Gruppen aufzuheben seien.
    In fast der gleichen Richtung wie die Anträge der DP gingen der Antrag der FDP vom 28. September 1949 in Drucksache Nr. 97 und der damit in Verbindung zu sehende Gesetzentwurf der gleichen Partei vom 31. Januar 1950 in Drucksache Nr. 482. In etwa 6 Punkten wird für die Beendigung der Entnazifizierung folgendes gefordert.
    Die Verfolgung sollte - wie bei dem Antrag der DP — auf die während der nationalsozialistischen Willkürherrschaft begangenen Verbrechen beschränkt bleiben; demgegenüber sollen aber die nach Gruppe III bis V Eingereihten wieder in die alten Rechte eingesetzt werden, und sie sollen die gleichen staatsbürgerlichen Rechte erhalten; die Gruppen I und II seien künftighin nur noch von den ordentlichen Gerichten abzuurteilen, und die ) Frage nach der politischen Vergangenheit solle künftig als unzulässig angesehen werden.
    Der Antrag der Bayernpartei vom 14. Oktober vorigen Jahres — Drucksache Nr. 99 — ging dahin, daß die Bundesregierung ersucht werde, mit den Ländern zu verhandeln — also nicht ein Bundesgesetz vorzulegen -, urn auf der Grundlage übereinstimmender Ländergesetze die sofortige Beendigung der Entnazifizierung und die Wiederherherstellung aller Rechte der nach der Gruppe IV der amerikanischen Zone eingestuften Personen herbeizuführen.
    Schließlich lag auch noch der Antrag der Abgeordneten von Thadden und andere in Drucksache Nr. 1057 vom 16. Juni dieses Jahres vor, worin die Bundesregierung ersucht werden sollte, die Länder aufzufordern, zur Einsparung von Arbeit und Kosten sofort alle laufenden Verfahren auf dem Gebiete der Entnazifizierung einzustellen.
    Meine Damen und Herren! Der Ausschuß hat sich zunächst einmal bemüht, mit Hilfe statistischer Erhebungen den Personenkreis festzustellen, der von dem Verfahren der Entnazifizierung und damit von der hier beantragten Regelung berührt werden würde. Für die Ministerien war es begreiflicherweise nicht sehr leicht, das Material zusammenzubekommen, weil die Einstufung und die Bewertung der Stufen in den einzelnen Zonen verschieden ist und z. B. Personen, die in der amerikanischen Zone nach III eingruppiert wurden, in anderen Zonen in eine andere Stufe gekommen wären. Aber ein ungefährer Überblick ergibt folgende Zahlen:
    In alien drei Zonen sind ca. 6,1 Millionen Fälle bearbeitet worden, davon allein in der amerikanischen Zone rund 3,6 Millionen. Von diesen 3,6 Millionen der amerikanischen Zone sind 2,5 Millionen amnestiert worden. In rund 59 000 Fällen wurde das Verfahren durch Entscheidung erledigt. Die Anzahl der Verfahrensfälle in der britischen Zone betrug rund 2 Millionen und in der französischen Zone rund 670 000.
    Bei den Debatten hat die Unterscheidung der Gruppen V bis III auf der einen Seite von den beiden schwerstbelasteten Gruppen I und II eine erhebliche Rolle gespielt. Daher war es interessant festzustellen, wieviele Personen in der amerikanischen Zone nach I und II eingruppiert worden sind. In der amerikanischen und französischen Zone sind in die Kategorie I 1664 Personen gebracht worden und in der Kategorie II der Schuldigen und Belasteten rund 23 000, insgesamt nach I und II rund 24 700. Vergleichbare Zahlen für die britische Zone konnten nicht beigebracht werden, da in der britischen Zone die Einstufung in die Kategorien I und II nicht von deutschen Institutionen, sondern von britischen Dienststellen erfolgte und wir keine Übersicht haben, um wieviele Fälle es sich dabei handelt.
    Meine Damen und Herren, ehe der Ausschuß zum Schutze der Verfassung, für den ich berichte, sich mit diesen Vorlagen befaßte, waren die angeführten Drucksachen Gegenstand der Beratungen des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, dessen Arbeiten auch bei uns im Ausschuß für Verfassungsschutz behandelt wurden und daher meiner Berichterstattung mitunterliegen.
    Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat sich in drei Sitzungen vom 13. Oktober, 12. November und 13. Dezember vorigen Jahres mit den Vorlagen befaßt. In der ersten Sitzung beschloß er, eine Auskunft des Herrn Bundesjustizministers über die Frage einzuholen, ob die Bundesregierung die Gesetzgebungskompetenz des Bundes bejahe oder die der Länder. In der zweiten und dritten Ausschußsitzung wurden dann durch Referat und Korreferat die Probleme, die hier eine Rolle spielen, eingehend erörtert. Ich darf das Ergebnis dieser beiden Referate kurz vortragen.
    Während der Referent zu dem Vorschlag kam, daß er die Aufhebung aller Folgen, die sich aus der Bestrafung eines Gesinnungsdeliktes ergeben, und zum anderen die Aburteilung aller derjenigen vor dem ordentlichen Richter verlangte, die sich eines Verbrechens im Sinne des Strafgesetzes schuldig gemacht hatten, kam der Korreferent zu einer Reihe von Vorschlägen, die er in mehrere Punkte aufteilte.
    Der Korreferent ging zunächst, im Gegensatz zu dem Referenten, von dem Standpunkt aus, daß nicht der Bund, sondern die Länder für die Gesetzgebung zuständig seien und daß die Artikel 131 und 139 einer solchen Regelung nicht im Wege stehen. Ferner schlug er u. a. vor, daß sich der Bundesinnen- und Bundesjustizminister unverzüglich mit den Landesregierungen in Verbindung setzen müßten, um im Wege der Verhandlungen Grundsätze für eine Abschlußgesetzgebung auszuarbeiten. Die Teilnahme der Mitglieder des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht sei dabei erforderlich. Er wies außerdem darauf hin, daß untersucht werden müsse, ob ein praktisches Bedürfnis vorliege, die in die Gruppe III eingestuften Personen gesetzlich besonders zu behandeln.
    Wesentlich war in seinen Vorschlägen die folgende Bedingung: Da die gesamte Entnazifizierung — so heißt es im Protokoll — einen einheitlichen, politischen Komplex darstellte, sollte jede gesetzgeberische und administrative Maßnahme davon


    (Dr. Menzel)

    abhängig gemacht werden, daß a) das Entschädigungsrecht für die politisch, rassisch und religiös Verfolgten abschließend gesetzlich geregelt ist — als Modell solle dafür das auf Länderratsbasis erarbeitete Entschädigungsgesetz vom 10. August 1949 gelten —; b) sollten Grundsätze für die Aufnahme von Zusicherungsträgern in die öffentliche Verwaltung ausgearbeitet werden.
    Meine Damen und Herren! Die Debatte ging auch im Ausschuß für Verfassungsschutz zunächst von der Prüfung der Frage aus, ob die Zuständigkeit des Bundes oder der Länder gegeben sei. Von den Anträgen bejahten die der FDP und der DP die Bundeszuständigkeit für die Gesetzgebung. Aber die Mehrheit des Ausschusses hatte verfassungsrechtliche Bedenken, diese Bundeszuständigkeit zu bejahen. Daher schlägt der Ausschuß Ihnen mit Mehrheit nicht den Erlaß eines Bundesgesetzes vor, sondern er empfiehlt Ihnen Richtlinien, die von den Ländern bei ihrer Landesgesetzgebung zugrunde gelegt werden sollten.
    Die Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung auf diesem Gebiet wurde von den Vertretern der beiden angeführten Fraktionen u. a. wie folgt begründet. Die Entnazifizierung enthalte zwei entgegengesetzte Momente ideologischer und geschichtlicher Herkunft; sie resultiere aus den Konferenzen der Alliierten von Jalta und Potsdam und umfasse Vorstellungen aus dem bolschewistischen Rechtskreis und den historisch begründeten Vorstellungen der Vereinigten Staaten nach dem Abschluß der damaligen Bürgerkriege über das impeachment. Bei den Maßnahmen auf Grund der Entnazifizierungsgesetze und bei den in den einzelnen Zonen ergangenen Beschlüssen und Urteilen habe es sich daher um nichts anderes als um den Vollzug fremden Rechts gehandelt. Daher habe das Befreiungsgesetz der amerikanisch en Zone und ein großer Teil des Entnazifizierungsrechts der Verordnung 79 der britischen Zone im wesentlichen strafrechtlichen Inhalt. Hierdurch und aus dem Bedürfnis einer einheitlichen Zusammenfassung der in den drei Westzonen erheblich auseinandergehenden Entnazifizierungsrechte seien die Erfordernisse des Art. 72 des Grundgesetzes und damit die Zuständigkeit zu einer konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Ziffer 1 des Grundgesetzes gegeben. Schließlich kam nach Meinung jener beiden Fraktionen hinzu, daß Art. 139 des Grundgesetzes, der von dem Fortbestand der Entnazifizierungsgesetze in den Ländern spreche, durch die Vorschriften über die Grundrechte, insbesondere die Art. 2 und 3 des Grundgesetzes überholt sei und es daher Aufgabe des Bundesgesetzgebers sein müsse, die praktische Aufhebung auch durch ein Bundesgesetz über die Beendigung der Entnazifizierung durchzuführen.
    Demgegenüber war sich die Mehrheit des Ausschusses einig, daß das Recht über die Entnazifizierung nicht als Strafrecht, sondern als ein Recht besonderer Art, geboren aus der politischen Situation unserer Jahre, aufzufassen sei, daß es sich dabei im wesentlichen um ein Wiedergutmachungsrecht auf dem Gebiete des Politischen und um die Fernhaftung aller jener Personen handele, die durch ihr Verhalten und ihr Eintreten für den Nationalsozialismus Deutschland in die jetzige Situation gebracht hätten. Die Mehrheit war sich unter Ablehnung der Auffassung, die Entnazifizierung sei aus fremden Rechtsvorstellungen geboren, auch darüber klar, daß es auch Sache der Deutschen gewesen sei, Bereinigungsmaßnahmen zur Sicherung der neuen Republik und zur Ausschaltung besonders belasteter Elemente durchzuführen, und zwar auch dann, wenn die Alliierten von ihrer Seite aus nichts in dieser Richtung getan haben würden. Allerdings hätten wir diese Maßnahmen wahrscheinlich in einer anderen und daher auch wirksameren Form durchgeführt. Aber der Zusammenbruch habe uns vor die Aufgabe gestellt, ein bestimmtes politisches Problem zu lösen, und daraus hätten sich für uns auch gewisse Notwendigkeiten, und zwar nicht allein von der Besatzung aus gesehen, sondern auch von den Deutschen her, ergeben.
    Der strafrechtliche Charakter wurde von der Mehrheit auch mit dem Hinweis abgelehnt, daß seine Bejahung einen Verstoß gegen den alten strafrechtlichen Grundsatz bedeuten würde, eine Handlung könne nicht nachträglich zu einer strafbaren Tat erklärt werden, und daß alle diejenigen, d e irgendwie von den Entnazifizierungsgesetzen erfaßt worden seien, künftighin, wenn auch vielleicht in geringem Maße, als vorbestraft gelten würden. Das wäre aber gerade für die Millionen der kleinen ehemaligen Pgs von unübersehbarem Nachteil. Die Mehrheit war sich ferner darüber einig, daß es sich bei all den Vorschriften über die Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus um die Wiedergutmachung verschuldeten Unrechts und darum handele, den politischen Aufbau des neuen Staates unbeeinflußt von jenen, die den Nationalsozialismus und Militarismus erheblich gefördert haben, durchzuführen. Diese Auffassung stimme im übrigen mit den Verfassungstexten der meisten Länder der französischen und der amerikanischen Zone überein. Daher beeinträchtige der Inhalt der Grundrechte auch nicht den Art. 139, der vorverfassungsmäßiges Recht aufrechterhalte und in einen verfassungsmäßigen Zustand überleite.
    Aus dieser Auffassung der Mehrheit ergab sich nun, daß für die Gesetzgebung zur Beendigung der Entnazifizierung nicht der Bund, sondern nur die Länder zuständig sein können. Die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes sind in den Art. 70 ff. des Grundgesetzes erschöpfend aufgezählt. Die Gesetzgebung aller dort nicht aufgeführten Sachgebiete steht nach der gesetzlichen Vermutung des Grundgesetzes gemäß Art. 70 Abs. 1 den Ländern zu. Dieser Auffassung hat sich der Herr Bundesjustizminister in einem längeren Schreiben an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vom 15. November 1949 angeschlossen. Auch der Vertreter des Herrn Bundesministers des Innern hat in einer unserer Ausschußsitzungen die gleiche Erklärung abgegeben, indem er die Zuständigkeit des Bundes für die Gesetzgebung verneint hat.
    Zu den gleichen Ergebnissen hinsichtlich der Zuständigkeit war bereits auch der im Ausschuß erörterte Beschluß des Justizkollegiums vom 5. und 6. November 1949 gekommen. Das Justizkollegium, eine Zusammenfassung der Länderjustizminister, stellte sich bereits damals einmütig auf den Standpunkt, daß ein solches Gesetz über den Abschluß dieser Verfahren zwar unbedingt notwendig, aber Sache der Länder sei. Zwar haben sich damals nicht alle Länder an diese Empfehlungen der Landesjustizminister gehalten—nur das Land NordrheinWestfalen hat die Beschlüsse bereits im vorigen Jahr fast restlos durchgeführt —, aber die mangelnde Resonanz jener Beschlüsse des Kollegiums rührte wohl daher, daß sie den Landesregierungen, vor allem den gesetzgebenden Körperschaften der Länder, nicht genügend bekanntgemacht worden waren. Der Ausschuß glaubt aber, daß eine Empfehlung des Bundestags einen viel stärkeren Einfluß auf die Länderparlamente haben könnte.


    (Dr. Menzel)

    Für die Zuständigkeit der Länder sprach nach Auffassung der Mehrheit des Ausschusses auch die Überlegung, daß die Vielzahl der Rechtsvorschriften auf dem Gebiete der Entnazifizierung und die Uneinheitlichkeit der Versuche ihrer Beendigung in den Ländern die Schaffung eines einheitlichen Rechts durch ein Bundesgesetz außerordentlich erschweren würde. Das ergab sich schon daraus, daß in der britischen Zone das Wesen der Entnazifizierung die Ausschaltung bestimmter Personen aus dem öffentlichen Leben ist, die Entnazifizierung in der amerikanischen und französischen Zone daneben auch die Wiedergutmachung und die Sühne zum Ziel hat. Ein Bundesgesetz nun, das alle diese seit Jahren auseinanderlaufenden Bestrebungen und Praktiken unter einen Hut zu bringen versuchen würde, müßte daher zunächst einmal das gesamte Entnazifizierungsrecht der Länder neu aufgliedern und aufbauen, um darin nach der so geschaffenen Einheitlichkeit Grundsätze über die Beendigung und einer Amnestie aufzustellen. Das würde allein schon hinsichtlich der britischen Zone schwierig sein, weil wir hier weder die Zahl der in Kategorien I und II eingestuften Personen kennen, noch wissen, welche Maßnahmen die britische Regierung über diese Personen verhängt hat. Wenn jedoch allseitig der Wunsch besteht, die Entnazifizierung endlich im wesentlichen zu beenden, dann wäre, so meinte die Mehrheit des Ausschusses, eine Kodifikation, also eine Zusammenfassung durch den Bund, die ungeeignetste Maßnahme; denn die Kodifikation und die Übertragung von Länderzuständigkeiten auf eine größere politische Einheit, d. h. hier auf den Bund, würde bedeuten, der Sache einen größeren Wirkungskreis und damit auch im Materiell-Politischen einen neuen Auftrieb zu geben. Der Ausschuß glaubte daher auch aus diesen Gründen, daß es besser ist, es den Ländern zu überlassen, auf Grund ihrer Gesetze und deren praktischer Anwendung die Beendigung der Entnazifizierung und die Durchführung einer Amnestie organischer und damit sachgemäßer und wirkungsvoller für die Betroffenen zu veranlassen.
    Meine Damen und Herren! Der Text der einzelnen Richtlinien liegt Ihnen vor. Ich kann mich daher auf wenige Worte zur Erläuterung beschränken. Durch die Vorschläge zu Ziffer 1 und 3 der Richtlinien wird fast die gesamte Entnazifizierung ab 1. Januar 1951 eingestellt. Damit wird vor allen Dingen den sogenannten kleinen Pgs geholfen, die nach allseitiger Auffassung erheblich mehr von den Entnazifizierungsverfahren betroffen worden sind, als die Hauptschuldigen, wenn man den Grad ihres Mitverschuldens an den Folgen des Naziregimes zugrunde legt.
    Bis zum 31. März des nächsten Jahres kann jeder, der bisher keinen Kategorisierungsbescheid erhalten hat, aber an einer Bestätigung über seine politische Haltung damals ein Interesse hat, den Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung stellen, daß ein Verfahren gegen ihn nicht mehr durchzuführen ist. Zugunsten der Spätheimkehrer gilt jedoch diese Fristbeschränkung vom 31. März 1951 nicht.
    Hinsichtlich der in die Gruppen I und II eingestuften Personen wurde ein Antrag der Abgeordneten der FDP und DP, auch diese Personen voll zu amnestieren und sie nur wegen etwaiger krimineller Vergehen und Verbrechen vor den deutschen Strafgerichten abzuurteilen, von der Mehrheit abgelehnt. Die Mehrheit glaubte es nicht verantworten zu können, solchen Elementen schon jetzt wieder das Eindringen in die Politik zu gestatten und ihnen damit die Möglichkeit zu geben, auf das politische Leben Deutschlands Einfluß zu gewinnen. Daher bleibt es nach den Vorschlägen des Ausschusses für die in die Kategorien I und II eingestuften Personen bei dem bisherigen Rechtszustand, wobei allerdings für die britische Zone seitens der Länderregierungen versucht werden muß, die Zuständigkeit von britischen auf deutsche Stellen zu übertragen.
    In Verfolg dieser Versuche einer weitgehenden Bereinigung werden ab 1. Juli 1951 bei allen Betroffenen die staatsbürgerlichen Beschränkungen wegfallen, nachdem bereits vorher, am 1. 1. 1951, die Berufs- und Tätigkeitsverbote enden, in beiden Fällen aber wiederum mit der Ausnahme, daß diese Vergünstigungen nicht für die nach I und II Kategorisierten gelten.
    Nach den Ziffern 7 und 8 der vorgeschlagenen Richtlinien werden für alle Gruppen, d. h. hier auch für die Gruppen I und II, ab 1. Juli des nächsten Jahres die Vermögenssperre aufgehoben sowie Sühnegelder und Verfahrenskosten für die nach III bis V eingruppierten Personen ab 1. Januar des nächsten Jahres nicht mehr eingezogen.
    Ein besonders schwieriges Kapitel war die Behandlung jener Personen, die in der amerikanischen Zone zu Arbeitslager verurteilt worden waren. Hierbei wurden im Ausschuß einige besonders schwere verbrecherische Fälle vorgetragen, so daß die ursprüngliche Absicht einiger Ausschußmitglieder, einen vollen Erlaß der restlichen Freiheitsstrafe, teils ab sofort, teils ab nächstes Jahr, zu beantragen, von ihnen fallengelassen wurde und der Ausschuß sich einstimmig mit der jetzigen Ziffer 9 auf die Empfehlung an die Länder beschränkte, weitgehend von dem Recht der Amnestie Gebrauch zu machen.
    Ein Antrag, künftighin die Frage nach der politischen Vergangenheit zu verbieten, verfiel mit 11 gegen 2 Stimmen der Ablehnung. Die Mehrheit war der Auffassung, daß nach unserer Verfassung jeder Staatsbürger das Recht zu einer solchen Frage hat und dieses Recht ihm nicht durch ein Gesetz genommen werden kann.
    Die Mehrheit des Ausschusses war außerdem der Auffassung, daß auch bei der Begründung eines auf besonderer Treuepflicht beruhenden Beamtenverhältnisses der Bund, die Länder und die Gemeinden als Dienstherren das Recht behalten müssen, zu erfahren, wo derjenige in der Zeit nach 1933 gestanden hat, dem jetzt wieder besondere Rechte eingeräumt werden sollen.
    Meine Damen und Herren! Diese Richtlinien sind dann mit 11 Ja- gegen 3 Nein-Stimmen angenommen worden. In den dem Hohen Hause vorgeschlagenen Richtlinien glaubte der Ausschuß trotz der verschiedenen Situationen in den Ländern materiell eine größtmögliche Angleichung geschaffen zu haben.
    Darüber hinaus aber sah er sich veranlaßt, aus innen- wie auch aus außenpolitischen Gründen nochmals mit Nachdruck die Forderung zu erheben, daß die Staatsanwaltschaften mehr als bisher bei dem Verdacht von Verbrechen gegen die Menschlichkeit um die Beschaffung des notwendigen Beweismaterials bemüht bleiben müssen. Wir halten es für erforderlich, der Justiz in aller Öffentlichkeit klarzumachen, daß sie die Verpflichtung hat, sich ernsthaft um derartige Vorgänge zu kümmern. Daher schlagen wir Ihnen in II des Antrages vor, daß die Bundesregierung ersucht werde, auf die Landesregierungen einzuwirken, die Staatsanwaltschaften mögen bei den Verfahren der vorbezeich-


    (Dr. Menzel)

    neten Art unter Einsatz aller ihnen zur Verfügung stehenden Fahndungs- und Ermittlungsmöglichkeiten mit Entschlossenheit vorgehen, damit endlich alle strafrechtlich schuldig gewordenen nationalsozialistischen Aktivisten wirksam zur Rechenschaft gezogen werden.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir kommen zur Aussprache. Ich darf darauf aufmerksam machen, meine Damen und Herren, daß es sich in diesem Falle um einen Entschließungsantrag handelt. Es besteht also wohl keine Notwendigkeit, jetzt etwa ziffern- oder abschnittsweise

(Zuruf von der Mitte: Doch!)

die Debatte zu führen. Die getrennte Abstimmung
ist eine andere Frage. Ich bitte also die Redner, die
in der Debatte zu Wort kommen, den gesamten
Gegenstand in ihren Ausführungen zu behandeln.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schneider.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Schneider


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat in dankenswerter und sehr ausführlicher Weise die ganze Problematik dieses Problems, das wir heute anzusprechen haben, vor Ihnen aufgezeigt. Er hat auch dargetan, daß in einigen entscheidenden Punkten der Ausschuß, der diese Dinge zu bearbeiten hatte, zu einer einheitlichen Auffassung gekommen ist. Aber wir sind doch in verschiedenen Punkten anderer Auffassung.
    Als wir unser Gesetz, das heute mit erledigt werden soll und die Drucksachen-Nr. 482 trägt, hier einbrachten, gingen wir natürlich von der selbstverständlichen Voraussetzung aus, daß der Bund für den Erlaß eines derartigen Gesetzes zuständig sei. Wir haben auch diese Auffassung heute noch nicht geändert, aber ich will dieses Problem, das der Herr Berichterstatter so ausführlich behandelt hat, hier nicht mehr aufreißen, weil uns dazu nicht die Zeit bleibt und weil es sinnlos ist, da durch die Stellungnahme der größten Fraktionen dieses Hauses feststeht, daß eine Mehrheit für unseren Standpunkt hier nicht zu finden ist. Es muß also dabei sein Bewenden haben, daß der Bund erklärt, daß er für den Erlaß eines Entnazifizierungsgesetzes nicht zuständig ist.
    Wir begrüßen die Aufstellung dieser Richtlinien, wie sie in der Drucksache Nr. 1440 vom Ausschuß zum Schutz der Verfassung erarbeitet worden sind; aber wir möchten sie in einem entscheidenden Punkt ergänzt wissen, nämlich in dem Punkt, daß wir der Meinung sind, daß man endlich mit dieser unglückseligen Entnazifizierung, die noch dazu in Deutschland nach ganz verschiedenen Gesichtspunkten und Graden behandelt wurde, Schluß machen soll, und zwar endgültig und radikal, auch für die Gruppen I und II;

    (Beifall in der Mitte)

    denn die Gruppen I und II sind ja gar nicht mehr in diesem Umfange vorhanden, jedenfalls nicht in der Zone, deren Recht ich besonders gut kenne, in der amerikanischen Zone. Alles, was in den Gruppen I und II überhaupt noch verdächtigt war, ist ja längst entnazifiziert. Wenn hier und da noch vielleicht ein Fall ausstehen sollte, lohnt es gar nicht, noch ganze Spruchkammerorganisationen mit ungeheuren Kosten aufrechtzuerhalten. Es lohnt auch um deswillen nicht, weil Ihnen in der Ziffer 2 des Antrages
    des Ausschusses vorgeschlagen wird, daß strafrechtliche Handlungen ohne weiteres weiter verfolgt werden können. Diese Auffassung haben wir auch. Meistens — das lehren mich meine Erfahrungen aus der Praxis - sind bei Leuten, die nach den Entnazifizierungsbestimmungen normalerweise in die Gruppen I und II zu kategorisieren wären, strafrechtliche Tatbestände gegeben, die nach -dem Strafgesetzbuch zu erfassen sind. Diese Leute können, wenn wir sie jetzt nicht mehr weiter entnazifizieren wollen, strafrechtlich erfaßt und ihrer Sühne zugeführt werd en.
    Eine andere Überlegung zwingt auch dazu; denn wenn Sie die Ziffer 1 des Ausschußvorschlages so annehmen, dann ergibt sich daraus der merkwürdige Zustand, daß es jetzt in der britischen Zone mit der Entnazifizierung der Gruppen I und II erst losgeht. Die Rechtsprechung lag für diese Kategorien in der britischen Zone nämlich nicht in deutscher Hand. Sie haben vom Herrn Berichterstatter gehört, daß man noch nicht einmal weiß, wieviel Leute dort durch die Besatzungsmacht in die Gruppen I und II eingestuft worden sind. Man weiß auch nicht, welche Sühnemaßnahmen verhängt worden sind. Wenn man jetzt die Gesetzgebung in die deutsche Hand gibt, dann besteht die Gefahr, daß in der britischen Zone erneut und heftig entnazifiziert wird.

    (Abg. Frau Thiele: Sie werden gerade jetzt gebraucht! — Weiterer Zuruf von der KPD: Wen denn?)

    Jedenfalls wirft sich eine Reihe von Rechtsproblemen auf, die auch im Ausschuß behandelt worden sind. Ich kenne das Recht der britischen Zone zu wenig, um hier materiell Stellung nehmen zu können. Es taucht die Frage auf, ob für die zukünftige Entnazifizierung in materieller Beziehung Besatzungsrecht gilt und nur eine deutsche Verfahrensordnung zu schaffen wäre oder umgekehrt. Ich will dieses Problem nicht vertiefen. Jedenfalls würde das unter Umständen dazu führen, daß in der britischen Zone erneut in ungeheurem Umfange entnazifiziert wird. Darin sind sich wohl alle einig, daß das, unter politischen Aspekten gesehen, ein Unglück wäre. Das ist auch die Auffassung der Mehrheit des Ausschusses zum Schutze der Verfassung; sonst wäre er nicht zu der Formulierung dieser Richtlinien gekommen.
    Da meine Redezeit nur noch kurz ist, spreche ich nur noch weniges zu den einzelnen Änderungsanträgen. Wir beantragen:
    Ziffer 1 erhält folgende Fassung: Entnazifizierungsverfahren sind nach dem 1. Januar 1951 nicht mehr zulässig. Anhängige Verfahren sind einzustellen.
    Das bedeutet das, was ich vorhin im einzelnen ausgeführt habe.
    In logischer Ergänzung dazu beantragen wir zu Ziffer 3, in Satz 1 das Wort „danach" zu streichen. Wir beantragen weiter zu Ziffer 4, an Stelle der Worte „vom 1. Juli 1951" die Worte zu setzen: „vom 1. Januar 1951". Das ist klar und logisch. Denn wenn wir schon der Auffassung sind, daß man die Entnazifizierung endgültig am 1. 1. 1951 beenden sollte, dann muß auch die Ziffer 4 in dieser Weise geändert werden.
    Zu Ziffer 5 Satz 2 schlagen wir folgende Fassung vor:


    (Dr. Schneider)

    Ausgenommen sind Beschränkungen für die Gruppen (Kategorien) I und II, die sich auf die Ausübung des Berufs eines Lehrers, Predigers, Redakteurs, Rundfunkkommentators oder auf die Bekleidung des Amtes in der Polizei, im auswärtigen Dienst oder eines Amtes der höheren Beamtenlaufbahn beziehen.
    Der Ausschuß hatte hier formuliert:
    Beruf eines Lehrers, Predigers, Redakteurs, Rundfunkkommentators oder auf die Bekleidung eines höheren Amtes oder einer führenden Stellung des öffentlichen Lebens beziehen.
    Diese Formulierungen des Ausschusses sind mir zu ungenau, zu unbestimmt und jeder willkürlichen Auslegung fähig. Deshalb schlägt meine Fraktion Ihnen das vor, was ich vorgelesen habe. Wir nehmen die besonderen Berufe, die schon im Entnazifizierungsgesetz der amerikanischen Zone besonders behandelt worden sind, so, wie das der Ausschuß vorgechlagen hat, hinein und sagen dann ganz konkret:
    . . . ein Amt in der Polizei, im auswärtigen Dienst oder ein Amt der höheren Beamtenlaufbahn.
    Ich glaube, wir haben die Beschränkungen in der Berufsausübung so weit gezogen, wie das nur möglich und auch nach unserer Auffassung noch nötig ist.
    Zu Ziffer 7 beantragen wir, die Worte „vom 1. Juli 1951" durch die Worte zu ersetzen: „vom 1. Januar 1951".
    In Ziffer 8 sind die Worte zu streichen — das ist die logische Folge unseres Änderungsantrages zu Ziffer 1 —: „von Personen der Gruppen (Kategorien) III bis V".
    In Ziffer 9 sind hinter dem Worte „Amnestie" die Worte einzufügen: „oder Begnadigung". Wir halten das für notwendig, weil wir den Ländern empfehlen wollen, von dem individuellen Begnadigungsrecht, das den jeweiligen Ministerpräsidenten zusteht, weitgehend Gebrauch zu machen.
    Schließlich schlagen wir eine neue Ziffer 10 vor:
    10. Bei Einstellungen sind Nachfragen über die Entnazifizierung nur soweit zulässig, als sie auf die Feststellung der Einstufung in die Gruppen (Kategorien) I und II gerichtet sind.
    Wir halten das für unbedingt erforderlich. Wenn man schon dem Entnazifizierungsverfahren überhaupt einen Wert beimißt, dergestalt, daß durch den Spruch, der in dem Entnazifizierungsverfahren ergangen ist, ein endgültiger Zustand geschaffen wird und jemand durch einen solchen Spruch oder, wenn Sie wollen, durch ein rechtskräftiges Erkenntnis in eine der Gruppen III — das war ja nur die Übergangsgruppe —, IV oder V eingereiht wurde, wir aber heute die Gleichheit dieser Gruppen nach einhelliger Auffassung des Ausschusses garantieren, dann hat es wirklich keinen Sinn mehr, mit der fortgesetzten Schnüffelei — denn etwas anderes ist es nicht — fortzufahren, so daß man bei Einstellung von Beamten dieser Gruppen wieder das Pferd am Schwanze aufzuzäumen versucht. Deshalb halten wir das nicht für tragbar und schlagen Ihnen folgende Fassung vor.

    (Glocke des Präsidenten.)