Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine Damen und Herren! Es kommt hier gar nicht darauf an, ob man den Künstlern helfen will oder nicht. Wir waren im Ausschuß ganz überwiegend der Meinung, daß ein Weg gefunden werden müßte, der modernen Kunst zu helfen. Dieser Wunsch des Ausschusses, der auf Grund eines Antrages der Bayernpartei in den Verhandlungen deutlich zum Ausdruck gekommen war, konnte nicht realisiert werden, weil die Regierungsvertreter im Ausschuß erklärt haben, der Weg sei nicht gangbar. Erst auf Grund der Anregung der Regierungsvertreter im Finanzausschuß ist seinerzeit der ablehnende Beschluß zustande gekommen. Dann haben einzelne süddeutsche Länder eine Regelung contra legem getroffen, und diese Regelung der süddeutschen Länder ist dann von dem Bundesfinanzminister in den Durchführungsrichtlinien sanktioniert worden.
Das Entscheidende ist also, daß der Ausschuß auf Grund eines Antrages der Bayernpartei helfen wollte, seitens der Regierung aber gesagt worden ist, es gehe nicht, und daß wir uns dann mit diesem Bescheid zufrieden gegeben haben.
Ich bin aber der Ansicht: Wenn einmal ein Antrag einer Partei im Bundestag vorliegt, dann hat damit der Bundestag die Angelegenheit an sich gezogen. Parlamentarische Regierungsform ist doch die Staatsherrschaft der Volksvertretung. Wenn ein solcher Antrag hier im Bundestag oder in seinen Ausschüssen behandelt wird, dann kann nicht die Exekutive hergehen und die gleiche Angelegenheit anders entscheiden, als sie selber zunächst gewünscht hat. Die Tatsache — das ist meiner Ansicht nach hier der entscheidende Punkt —, daß der Bundestag sich auf Grund eines Antrages mit der Angelegenheit befaßte, mußte für die Exekutive ein Verbot bedeuten, die gleiche Angelegenheit in dem einen oder andern Sinne zu behandeln, solange die Entscheidung im Bundestag nicht gefallen war.
Es kommt ja gar nicht darauf an, ob ein entgegenstehender Beschluß eines Bundestagsausschusses vorlag; ein solcher Beschluß würde ja staatsrechtlich gar keine Bedeutung haben, solange er nicht im Plenum des Bundestages bestätigt worden ist. Worauf es ankommt, ist die Tatsache, daß die Exekutive sich nicht scheut, über den Kopf der Volksvertretung hinweg sich dieses Gegenstandes zu bemächtigen und ihn so oder so zu entscheiden, obwohl die Angelegenheit in der dafür maßgebenden Volksvertretung behandelt wird. Ich glaube, hier handelt es sich tatsächlich um mehr als bloß um eine Prestigefrage; hier handelt es sich um eine Wesensfrage, nämlich darum, ob unser Parlament die zentrale Funktion im Staate hat, die ihm zukommt, oder nicht oder ob die Bürokratie die zentrale Funktion hat.
Diese Frage soll heute mit dieser Interpellation entschieden werden, die gleiche Frage, die wir ja gestern im Finanzausschuß bezüglich des Sitzes der Bundesbranntweinmonopolverwaltung zu behandeln hatten. Deshalb glaube ich, es ist doch sehr wichtig, daß wir hier eine einheitliche Willensäußerung dahin kundtun: die Dinge, die in der Volksvertretung behandelt werden, dürften nicht
im Vorwege von der Exekutive so oder so entschieden werden.