- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
()
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesfinanzminister Schäffer ist zu seinem großen Bedauern durch die heutige Sondersitzung des Zentralbankrates verhindert, die Interpellation selbst zu beantworten.
Ich darf hier zunächst einmal auf einige Daten der Beschlußfassung eingehen, die wohl für die Beurteilung der Sache sehr wesentlich sind. Die Bayernpartei hatte den Antrag eingebracht, daß derartige Steuererleichterungen, d. h. die Möglichkeit, Kunstwerke als kurzlebige Wirtschaftsgüter anzusehen, berücksichtigt werden, und zwar bis zur Höhe von 1000 DM. Dieser Antrag ist am 8. Februar 1950 im Finanzauschuß des Bundestages beraten und zunächst abgelehnt worden. In der folgenden Woche, am 16. Februar, hat der Finanzausschuß die Beratung des Antrags wieder aufgenommen. Der Vorsitzende hat damals darauf aufmerksam gemacht, daß schon ein Beschluß in der Sache gefaßt sei und daß ein erneuter Beschluß nur mit Mehrheit gefaßt werden könne. Es ist dann mit Mehrheit folgendes beschlossen worden:
Der Ausschuß kommt zu dem Ergebnis, daß die Beratung über den Antrag Nr. 299 bis zu einer neuen Formulierung vertagt wird. Eine Förderung soll sich auf zwei Jahre beschränken und nicht mehr als 500 DM im Jahr für die Anschaffung von Werken lebender Künstler steuerfrei belassen.
Mit dieser Beschlußfassung vom 16. Februar war die ablehnende Beschlußfassung vom 8. Februar überholt. Die Anordnung des Bundesministers der Finanzen hält sich im Rahmen der Beschlußfassung vom 16. Februar. Die Einkommensteuerrichtlinien für 1948 und 1949 sind am 5. Juli erlassen worden, nachdem sie Ende Mai vom Kabinett verabschiedet und während des Monats Juni im Bundesrat verhandelt worden waren. Bis zu dieser Unterzeichnung am 5. Juli hat nichts Gegenteiliges vor-
gelegen, weder ein Beschluß des Bundestages noch ein anderweitiger Beschluß des Finanzausschusses.
Wenn also in der Interpellation ausgeführt wird, daß der Bundestag bei der Beratung des Einkommensteuergesetzes anders entschieden oder daß ein entgegengesetzter Beschluß des Finanzausschusses zur Zeit des Erlasses der Einkommensteuerrichtlinien vorgelegen hätte, so glaube ich, hiermit dargetan zu haben, daß das nicht so ist. Der Finanzausschuß hat sich erst am 12. Juli, also eine Woche hinterher, damit befaßt, und zwar als die Referenten des Finanzministeriums bei der neuen Beratung auf die Einkommensteuerrichtlinien hingewiesen haben. Diese Einkommensteuerrichtlinien mußten damals erlassen werden. Sie sind eigentlich schon viel zu spät erlassen worden, weil sie für die Abgabe der Steuererklärungen für das zweite Halbjahr 1948 und das Kalenderjahr 1949 dringend notwendig waren.
Ich darf also nochmals zusammenfassen: Im Zeitpunkt des Erlasses der Einkommensteuerrichtlinien hat kein Beschluß des Plenums und kein Beschluß des Finanzausschusses vorgelegen, der einen entgegengesetzten Standpunkt dargelegt hätte. Der Bundesfinanzminister hat also nicht entgegen einem Beschluß des Plenums oder des Finanzausschusses Stellung genommen.
Was die Sache betrifft, so ist genau dieselbe Vorschrift in mehreren süddeutschen Ländern seit Jahren in Kraft, und zwar auf Grund derselben gesetzlichen Ermächtigung. Wir haben die Vorschriften nicht aus eigenem in die Richtlinien hineingebracht, sondern auf Wunsch der süddeutschen Länder und auf Grund des in den süddeutschen Ländern geltenden Einkommensteuerrechts hinsichtlich dieser Materie. Wir haben zudem noch ein Gutachten des Herrn Bundesministers der Justiz herbeigeführt. Dieses Gutachten ist unter dem 21. September an den Herrn Vorsitzenden des Finanzausschusses des Hohen Hauses ergangen. Ich darf annehmen, daß das Gutachten den Mitgliedern des Finanzausschusses auf jeden Fall vorliegt, und darf daher ganz kurz nur aus dem Inhalt wiedergeben, daß der Herr Bundesminister der Justiz der Ansicht ist, daß Ziffer 50 Abs. 6 der Einkommensteuerrichtlinien mit § 7 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung vereinbar ist. Ich erwähnte schon, daß dieselbe Ansicht seit Jahren in einer Reihe von süddeutschen Ländern praktiziert wird. Hiernach hat das Bundesfinanzministerium keinen Zweifel daran, daß erstens die Vorschrift rechtsgültig ist, und zweitens glaube ich, dargetan zu haben, daß zum Zeitpunkt des Erlasses der Vorschrift entgegenstehende Beschlüsse des Parlaments nicht vorgelegen haben.
Was nun die Sache betrifft, so nehme ich an, daß vielleicht demnächst im Finanzausschuß des Bundestages noch einmal eine Beratung darüber stattfinden wird. Ich bin ermächtigt zu erklären, daß ein besonderes Interesse des Bundesfinanzministeriums für oder wider diese Vorschrift gar nicht vorliegt; denn es handelt sich um Einkommensteuer, die den Ländern zufließt, und der hier etwa in Wegfall kommende Einkommensteuerbetrag ist so minimal, daß er kaum zu Buche schlägt. Nachdem aber die Länder diese Bestimmung gerade im Interesse der lebenden bildenden Künstler angeregt haben, hat das Bundesfinanzministerium geglaubt, sich dem nicht versagen zu sollen.