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Wir kommen zur Abstimmung. Es ist beantragt, Drucksache Nr. 1366 dem Haushaltsausschuß als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Verkehrswesen zu überweisen. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr auf Punkt 13 a und 13 b der Tagesordnung:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Verordnung PR Nr. 51/50 vom 9. August 1950 über Änderung des Einheitstarifes für Kraftfahrtversicherungen ;
b) Beratung des Antrags der Fraktion der WAV betreffend Verordnung PR Nr. 51/50 vom 9. August 1950
Das Wort zur Begründung des Antrags der Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Meyer .
Meyer (SPD), Antragsteller: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint, als ob über dem deutschen Kraftfahrzeuggewerbe ein Unstern schwebt. Nachdem sich der Bundestag monatelang in jeder möglichen Richtung mit der Benzinpreiserhöhung beschäftigt und seinem Unmut darüber deutlichen Ausdruck gegeben hat, daß man auf diesem Wege eine wesentliche Beeinflussung des Preisstandes herbeiführen könne, ist nun auf das deutsche Kraftfahrzeuggewerbe und alle daran beteiligten Verkehrsteilnehmer mit der Preisverordnung Nr. 51/50 vom 9. August 1950, die am 22. August im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, eine neue Belastung zugehäuft worden, die sich in einer für die einzelnen Gruppen spezifizierten Erhöhung der bis dahin geltenden Prämiensätze ausdrückt.
Wir sind der Meinung, daß damit eine wesentliche Veränderung der Sätze des Einheitstarifs für die Kraftfahrzeugversicherung in einem Zeitpunkt herbeigeführt ist, als bereits innerhalb des Bundestags Beratungen über das neue Preisgesetz, das in erster Lesung am 1. Juni vor dem Hohen Hause verhandelt wurde, in intensiver Form stattfanden und als aus dem Gang der Beratungen in den Ausschüssen — mindestens was den Ausschuß für Verkehrswesen betraf — auch der Bundesregierung sehr klar werden mußte, daß man sehr große Bedenken hatte, einen Preisschutz für den gesamten Einheitstarif der Kraftfahrzeugversicherung weiterhin zu gewährleisten. Der Verkehrsausschuß hatte bereits in seinen Sitzungen nach eingehender Prüfung des Zahlenmaterials des Bundeswirtschaftsministers vom 13. Juli mit großer Mehrheit jede Preisbindung für das Gebiet der Kasko- und Insassenversicherung abgelehnt. Ohne daß ich die Darlegungen, die in dieser Debatte gemacht worden sind, im einzelnen hier wiederholen will — die dann im wirtschaftspolitischen Ausschuß bei der weiteren Erörterung vertieft worden sind —, möchte ich aber sagen, daß mindestens der Bundesregierung und dem Herrn Bundeswirtschaftsminister klar sein mußte, daß es in diesem Zeitpunkt aus vielen Gründen nicht zweckmäßig sein konnte, einen Vorgriff vorzunehmen, der lediglich dem Drängen der beteiligten Versicherungsgesellschaften entsprach.
Ich will nur auf einen Punkt hinweisen, nämlich auf das Gebiet der Kasko- und Insassenversicherung. Hier verlangen wir mit unserem Antrag, daß die Preisverordnung Nr. 51/50 insoweit aufgehoben wird, daß auf diesem Gebiet volle Versicherungsfreiheit für alle Verkehrsteilnehmer besteht und daß angesichts dieser vollen Versicherungsfreiheit, auch wenn man die Konzeption der Bundesregierung auf wirtschaftspolitischem Gebiet im übrigen berücksichtigt, gar keine Veranlassung besteht, noch einen Preisschutz zugunsten der Versicherungsgesellschaften zu gewährleisten.
Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, daß die Bundesregierung zwar auf dem Standpunkt steht, die Preise müßten sich auf vielen Gebieten von Verbrauchsgütern am nicht vorhandenen Markte regeln, daß aber in all den Fragen, wo die Interessentengruppen stark genug sind und glauben, auf diesem Wege einige Unbequemlichkeiten für die Führung ihrer Geschäfte in Kauf nehmen zu müssen, indem sie sich dem Druck der Konkurrenzität ihrer Leistungen aussetzen, diesem Druck gern nachgegeben wird. Wir stellen jedenfalls fest, daß in dieser Frage von den Regierungsvertretern immer wieder einheitlich die Auffassungen
der Versicherungsgesellschaften vertreten worden sind, ohne daß die die Sachunterlagen prüfenden Ausschußmitglieder beispielsweise des Verkehrsausschusses von der Überzeugungsfähigkeit dieses Zahlenmaterials den gleichen Eindruck hatten.
Es kommt hinzu, daß diese Preisverordnung Festpreise und nicht etwa Höchstpreise regelt. Es scheint uns doch sehr erheblichen Bedenken zu unterliegen, daß man auf dem Gebiete der Kaskoversicherung, einer freiwilligen Versicherung, Festpreise vorschreibt, obwohl die Kostenelemente auch nach den Zahlenunterlagen der Versicherungsgesellschaften in ihrer Höhe durchaus unterschiedlich sind. Es gibt bei den Versicherungsgesellschaften solche, die mit einem Höchstsatz von 40 % Verwaltungskosten, und solche, die mit geringeren Verwaltungskostensätzen rechnen. Ganz abgesehen davon: wir glauben, daß das Argument, das hier als wesentlichstes vorgebracht wird, bei der Aufhebung des Preisschutzes für die Kasko- und Insassenversicherung würde eine Schleuderkonkurrenz eintreten und damit würden die Versicherungsgesellschaften zu Lasten etwa der Einkünfte aus den Haftpflichtversicherungsprämien notleiden, in keiner Hinsicht überzeugen kann, da ja jeder Versicherte, der ein gutes Risiko zu besitzen glaubt, die Möglichkeit hat, aus der Versicherung herauszugehen, so daß dann damit die Versicherungsgesellschaften mit dem Restbestand der schlechten Risiken verbleiben, die ihrer Erfahrung nach damit rechnen können, daß sie auf jeden Fall mindestens die Versicherungsprämie, wenn nicht mehr herausholen.
Ich will auf die andere Seite der Frage nicht eingehen, die letzthin noch in einem Gutachten von Dr. Jabusch vom Obersten Gerichtshof Köln im „Betriebsberater" vom 30. 9. 1950 berührt worden ist, wo er darlegt, daß Preisanordnungen im rechtspolitischen Sinne nur zulässig sein können, wenn sie auf der echten Kostengrundlage einen Preisschutz gewähren, und daß man innerhalb dieses Preisschutzes nicht für Versicherungskostengruppen eine Ausgleichung der Kostenträger zugunsten anderer Kostengruppen herbeiführen kann, daß also beispielsweise keine Erhöhung der Sätze der Haftpflichtversicherung zulässig sei, wenn damit etwa Verluste, die in der Kaskoversicherung auftreten, gedeckt werden sollen. Die Ausgleichung müßte vielmehr innerhalb dieser Schadensgruppen selbst gesucht werden. Ich will das nur am Rande erwähnen.
Zur Frage der Haftpflichtversicherung sind wir der Meinung, daß es sich angesichts der Bedeutung, die dieser Einheitstarif und seine künftige Prämienberechnung für die gesamte Wirtschaft hat, um eine Preisanordnung von solcher Wichtigkeit handelt, daß der Bundestag das Recht fordern muß, die Preisanordnung insoweit nachzuprüfen.
Ich bitte Sie deshalb, meine Damen und Herren, unserem Antrag beizustimmen, die Bundesregierung zu ersuchen, daß sie für das Gebiet der Kasko- und Insassenversicherungen den Preisschutz aufhebt und daß im übrigen den zuständigen Ausschüssen — dem Verkehrsausschuß und dem wirtschaftspolitischen Ausschuß — die Möglichkeit gegeben wird, für das Gebiet der Haftpflichtversicherung die Preisanordnung in ihrer Berechtigung nachzuprüfen, indem die Bundesregierung gebeten wird, das darauf bezügliche Material vorzulegen.