Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen als Drucksache Nr. 1366 vorliegende Antrag meiner Fraktion will einen Beschluß dieses Hauses herbeiführen, nach dem die Bundesregierung die für die Finanzierung des Baues von Hochseeschiffen in Aussicht genommenen 100 Millionen DM den beteiligten Ländern beschleunigt zur Verfügung stellt. In diesem Antrag wird außerdem gesagt, daß der Bundestag von der Regierung gegebenenfalls verlangt und erwartet, daß sie die notwendigen Vorlagen zur Durchführung dieses Beschlusses und eines Vorgriffs auf die im Bundeshaushalt vorgesehenen Leistungen dem Haushaltsausschuß des Bundestags zur Beschlußfassung beschleunigt unterbreitet.
Wir stützen uns dabei auch - das wird in dem Antrag ebenfalls gesagt — auf die Ankündigungen und Erklärungen, die Herr Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm in seiner Antwort auf eine Interpellation meiner Fraktion und im Zusammenhang damit auch in der Begründung des damals von diesem Haus behandelten Gesetzes zum Wiederaufbau einer Handelsflotte gegeben hat. In dieser Rede vom 19. Juli sagte der Herr Bundesverkehrsminister, daß für das Etatjahr 1950/51 250 Millionen DM in folgender Form vorgesehen seien: Erstens 100 Millionen DM aus dem außerordentlichen Haushalt; zweitens 105 Millionen DM aus dem Wiederaufbauprogramm der Bundesregierung; drittens 45 Millionen DM aus ERP-Mitteln usw. Inzwischen ist — und das ist ein besonderer Beunruhigungsfaktor — schon allerlei darüber gesprochen worden, daß der vom Herrn Bundesverkehrsminister unter 2) angeführte Posten
105 Millionen DM aus dem Wiederaufbauprogramm der Bundesregierung — zunächst einmal nicht greifbar ist, weil über dieses Wiederaufbauprogramm keine Klarheit herrsche. Hier aber, in unserem Antrag, geht es zunächst um diese 100 Millionen DM, deren Bereitstellung als sicher hingestellt worden ist. Der Herr Bundesverkehrsminister hat ja damals auch noch über dieses hinaus erklärt, daß man im September, und zwar spätestens im September - wir sind jetzt im Oktober —, die entsprechenden Verhandlungen über die von den zuständigen Schiffsbauunternehmen vorgelegten und gemeinsam mit den Ländern ausgearbeiteten Programme führen werde.
Nun, ich muß Ihnen in diesem Zusammenhang sagen, daß unser Antrag aus der Sorge darüber entstanden ist, daß das Werk, das mit der Annahme des Gesetzes über Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen in diesem Hause im Juli .dieses Jahres mit einer großen Einmütigkeit begonnen wurde, schon in seinen Anfängen nicht in dem notwendigen Maße gefördert wird. Wenn ich sage: in dem notwendigen Maße, so darf ich Sie bitten, sich daran zu erinnern, daß in diesem Hause bei der Behandlung des Gesetzes und im Zusammenhang mit den sich aus unserer Interpellation ergebenden strittigen Fragen allerlei gute Worte über die volkswirtschaftliche Notwendigkeit des Schiffsbaus gesagt worden sind. Es ist auch daran möchte ich noch einmal erinnern — darüber gesprochen worden, wieviel andere als die direkten Küstenländer bei einem wirklich großzügig in Angriff genommenen Hochseeschiffbau partizipieren würden, arbeitsbeschaffend usw.
Ich darf Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, daß bei einem Schiffsbauvolumen im Werte von 250 Millionen DM, wie es vorgesehen war, annähernd 87 Millionen DM nach Nordrhein-Westfalen, 37,5 Millionen nach Süddeutschland, 118 Millionen DM nach den Küstenländern und ein Rest für Importe fließen würden. Ich sage das noch einmal, um die Bedeutung und um die Ausdehnung eines Objekts, um das es sich hier handelt, zu kennzeichnen. Jetzt aber ist es so, daß diejenigen, die sich ein wenig mit der Lage der Werften beschäftigen, feststellen müssen, daß wir uns wieder bedenklich dem Punkte nähern, an dem die Werften mit den jetzigen Aufträgen nicht weiterkommen und an einer Grenze angelangt sind. Auch das „Handelsblatt" hat in seiner Ausgabe vom 2. dieses Monats geschrieben, daß schon im Jahre 1951 nach Erledigung der jetzigen Aufträge ein neues Beschäftigungstal mit allen Erscheinungen der Betriebseinschränkung und Arbeiterentlassungen drohe, wenn nicht der Anschluß durch neue Aufträge hergestellt wird.
Das muß nicht so sein! Aber Tatsache ist, daß augenblicklich — vor allen Dingen in den Küstenländern - tiefe Sorge darüber herrscht, ob denn zum Beispiel diese Küstenländer nicht auf den Verpflichtungen sitzen bleiben, die sie auf dem Weg der Vorfinanzierung des Schiffsbaus im Hinblick auf die ihnen in Aussicht gestellten Mittel eingegangen sind. Es hat eine Zeit gegeben, da hat man diese Initiative der Küstenländer begrüßt, und zweifellos war das vom Standpunkt der Beschäftigung und überhaupt vom volkswirtschaftlichen Standpunkt nützlich. Jetzt aber müssen diese Küstenländer gehen und müssen fragen: Wie steht es denn nun mit der Deckung?
Hier wollen wir Sicherheit dafür schaffen, daß über die schönen Worte hinaus, die am 19. Juli und dann auch beim Abschluß der Beratungen über das Gesetz gesprochen worden sind, nun endlich einmal etwas vorgelegt wird. Wir warten bis heute noch auf die Ausführungsverordnungen. Wir wissen, daß damals auch im Bundesrat Sorge darüber war, ob die Regierung bei der Ausarbeitung dieser Verordnungen recht beraten werde, wenn sie nicht auch die besonderen Interessen der Küstenländer mit berücksichtige. Es kommt uns jetzt darauf an, daß man, wie es unser Antrag verlangt, beschleunigt diese Vorlagen einreicht. Soweit ich unterrichtet bin, ist beim Haushaltsausschuß noch keine einzige Vorgriffsanforderung vorgelegt worden. Das geht nicht, und wir müssen, wenn wir im Interesse der Beschäftigung der Werftindustrie und auch im allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse beim Aufbau einer deutschen Handelsflotte das wahrmachen wollen, was hier im Juli von allen Seiten des Hauses feierlich gesagt worden ist, von der Regierung verlangen, was unser Antrag bezwecken will.