Rede von
Gottfried
Leonhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Vor Ihnen liegt die Drucksache Nr. 883, Antrag des Abgeordneten Goetzendorff und Genossen betreffend Fahrpreisermäßigung für Heimatvertriebene. Mit dieser Drucksache wurde beantragt, die Bundesregierung zu ersuchen, zu veranlassen, daß Heimatvertriebenen gegen Vorlage ihres Flüchtlingsausweises auf allen Strecken der Deutschen Bundespost eine 50%ige Fahrpreisermäßigung gewährt wird. Der Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen hat sich in seiner Sitzung am 31. Mai 1950 und erneut in seiner Sitzung am 14. September 1950 eingehend mit diesem Antrag befaßt. Leider hatte der Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen nicht das Vergnügen, die mündliche Begründung des Antragstellers, des Herrn Abgeordneten Goetzendorff, entgegenzunehmen, obwohl sich dieser zur Zeit der Sitzung im Hause befand
und zu dieser Sitzung schriftlich und unmittelbar vor der Sitzung noch einmal telefonisch eingeladen wurde.
Der Ausschuß bedauerte dies in Anbetracht der Bedeutung des Antrags sehr.
Das Problem der Fahrpreisermäßigung wurde gründlich beraten und von allen Seiten beleuchtet. Die Mitglieder des Auschusses hatten volles Verständnis für die Belange der Heimatvertriebenen, jedoch konnte der Ausschuß nicht diesem Antrag zustimmen, dem erwähnten Personenkreis eine 50%ige Fahrpreisermäßigung auf den Strecken der Bundespost zu gewähren. Dies würde dazu führen, daß auch für Geschäfts- und Vergnügungsreisen jeder gegen Vorzeigung des Flüchtlingsausweises in den Genuß dieser Ermäßigung käme, und zwar auch bei guten Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Gegenüber all den Ausgebombten, Kriegs- und Währungsgeschädigten, Arbeitslosen, Fürsorge- und Unterstützungsempfängern und sonstigen Bedürftigen wäre dies ein großes Unrecht. Auch die Postverwaltung konnte sich nicht entschließen, dem Antrag zuzustimmen, da sie finanziell nicht in der Lage ist, so weitgehende Vergünstigungen zu gewähren.
Der Heimatvertriebenenausschuß hat sich mi diesem Antrag ebenfalls befaßt, diesen gutgeheißen und sich einstimmig dafür ausgesprochen, daß den Flüchtlingen bei der Post die gleichen Vergünstigungen gewährt werden, wie dies gegenüber den Heimatvertriebenen auf den Eisenbahnlinien der Bundesbahn geschieht. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß es sich bei den Ermäßigungen für Flüchtlinge durch die Bundesbahn im wesentlichen darum handelt, den Vertriebenen die Möglichkeit zu geben, ihre durch die Vertreibung aus der Heimat und Unterbringung im Bundesgebiet oft weit auseinandergerissenen und noch voneinander getrennt lebenden Verwandten zu besuchen. Diese Funktion wird in der Regel der Postomnibusverkehr nicht erfüllen können. Aus diesen und auch aus finanziellen sowie verkehrstechnischen Gründen lehnt es auch die Bundesbahn ab, auf den von ihr betriebenen Kraftwagenlinien die gleiche Vergünstigung zu gewähren, wie sie diese den Vertriebenen bei der Eisenbahnbeförderung eingeräumt hat.
Der Verkehrsausschuß befaßte sich in seiner Sitzung vom 7. Juni 1950 ebenfalls mit dem Antrag Goetzendorff und Genossen auf 50%ige Fahrpreisermäßigung der Heimatvertriebenen bei der Deutschen Bundespost und schloß sich einstimmig der ablehnenden Haltung des Ausschusses für das Post- und Fernmeldewesen an.
Im Namen des Ausschusses bitte ich deshalb das Hohe Haus, den Antrag Nr. 883 der Abgeordneten Goetzendorff und Genossen entsprechend der Drucksache 1358 abzulehnen.