Rede von
Willi
Richter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stimmen grundsätzlich der Tendenz, die in dem Antrag der CDU/CSU liegt, zu, sind aber nicht damit einverstanden, daß die Errichtung einer Geschäftsführung oder eines Direktoriums erfolgen soll, sondern sind der Meinung, daß entsprechend unserem Antrag unter Nr. 11 auch in der Rentenversicherung ein Geschäftsführer und, wenn erforderlich, ein Stellvertreter vorgesehen sein sollen. Erstmals in der Geschichte der Rentenversicherung der Arbeiter wird mit diesem Gesetz versucht, nicht einen Geschäftsführer, sei es unter dem Titel Präsident oder Direktor, die Geschäfte führen zu lassen, sondern ein Direktorium, eine mehrgliedrige Geschäftsführung von drei, ja unter Umständen fünf Personen an seine Stelle zu setzen. Wir sehen keinen sachlichen Grund dafür, daß bei allen 17 Landesversicherungsanstalten der Bundesrepublik ein Direktorium errichtet werden soll. Wir sind der Meinung, daß auf Grund der Konstruktion der Selbstverwaltung, wonach der Vorstand die Geschäfte zu führen hat und die Vertreterversammlung quasi das legislative Organ dieser Institution ist, nicht noch ein drittes Organ, Direktorium oder Geschäftsführung genannt, geschaffen werden kann. Praktisch müßte ja dann, wenn die Beschlüsse des Vorstands von der Geschäftsführung durchzuführen sind, diese Geschäftsführung noch einmal beschließen, von wem, wie, wo und wann sie durchgeführt werden sollen. Das führt doch zu Zuständen, die von keinem von Ihnen gewollt werden können. Sie können mir erwidern: In der Angestelltenversicherung wurde bei Schaffung der Reichsanstalt im Gesetz von 1911 ein Direktorium vorgesehen. Da ist es ein Organ mit Befugnissen neben dem Vorstand und neben dem Verwaltungsrat gewesen. Dort hat es Stimmrecht in allen Fragen gehabt. Das ist doch ganz anders, als es jetzt in unserm Gesetz über die Selbstverwaltung vorgesehen ist.
Wir sind weiter der Meinung, daß weder der Geschäftsführung noch dem Geschäftsführer in der Rentenversicherung der Arbeiter bei der Aufstellung des Haushalts, des Stellenplans und in Fragen der Vermögensanlage ein beschließendes Stimmrecht gegeben werden sollte. Das würde praktisch bedeuten, daß der Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführung bei der paritätischen Zusammensetzung des Vorstandes in einer Abstimmung das Zünglein an der Waage bilden, daß in diesen Fragen nicht die Arbeitgeber und nicht die Versicherten entscheiden, wenn sie verschiedener Meinung sind, sondern letzten Endes der Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführung. Das halten wir für ungesund; es verstößt gegen die Tendenz der Selbstverwaltung. Deshalb bitte ich Sie, unseren Antrag unter Nr. 11 anzunehmen, durch den die frühere Fassung des Wirtschaftsrats und der ursprüngliche Beschluß des sozialpolitischen Ausschusses wieder hergestellt werden soll.