Rede von
Dr.
Hermann
Etzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin — West — hat im vergangenen Jahr die Finanzabteilung des Magistrats Berlin ermächtigt, die im Bundesgebiet geltende Steuer auf Alkohol, der bei der Herstellung von Heilmitteln des Deutschen Arzneibuches verwendet wird, nicht zu erheben. Später wurde ein Satz von 4,50 DM gegenüber dem im Bundesgebiet geltenden Satz von 8,50 DM festgelegt.
Die Sonderregelung wurde von der Stadtverordnetenversammlung mit den ungünstigeren preiskalkulatorischen Bedingungen der alkoholverarbeitenden pharmazeutischen Industrie von West-Berlin begründet. Sie sollte nur für den Absatz am Platz selbst, also in West-Berlin gelten. Tatsächlich nahm aber eine Anzahl von Berliner Firmen die ihnen gebotene steuerliche Begünstigung zum Anlaß, um in einer unlauteren Weise mit einem Preisdumping in die Absatzgebiete der einschlägigen pharmazeutischen Betriebe des Bundesgebietes einzubrechen. Diese Berliner Unternehmungen waren in der Lage, Preisvorteile zu bieten, die weit über den Betrag der erlassenen Umsatzsteuer in Höhe von 3 % hinausgingen, weil die Alkoholsteuer von ihnen zunächst überhaupt nicht und später nur mit einem Betrag von 4,50 DM bezahlt zu werden brauchte.
Die vom Landesfinanzamt Berlin vorgeschlagenen Maßnahmen erwiesen sich auch nach der Ansicht des Herrn Bundesministers für Wirtschaft als durchaus ungenügend und unwirksam. Im besonderen unterblieb in der Regel die Nacherhebung der Steuerdifferenz bei Lieferungen in das Bundesgebiet.
Die Stadtverordnetenversammlung von Berlin hat nun vor kurzem ein Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol in Berlin-West erlassen. In diesem Gesetz wird der Magistrat bzw. dessen Finanzabteilung ermächtigt, die Steuer nach dem im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland — Bundesgebiet — geltenden Satz zu erheben, wenn branntweinhaltige Erzeugnisse in dieses Gebiet geliefert werden. Dieses Gesetz ist bis jetzt noch nicht verkündet worden, so daß auch das Landesfinanzamt Berlin die entsprechende, sicher schon vorbereitete Anordnung über die Durchführung dieses Gesetzes nicht erlassen konnte. Wird dieses Gesetz durchgeführt, dann ist damit dem Hauptvorschlag unseres Antrags in Ziffer 1 genügt, und ich möchte mir die Anregung gestatten, die Beratung des Antrags auszusetzen, um dem Magistrat Berlin die Möglichkeit zu geben, die in dem neuen Abänderungsgesetz der Stadtverordnetenversammlung vorgesehene Festsetzung der Alkoholsteuer auf den im Bundesgebiet geltenden Satz vorzunehmen. Ich glaube, daß es angemessen wäre, hierfür eine Frist von 14 Tagen in Aussicht zu nehmen. Ich möchte mir also die Anregung erlauben, die Beratung des Antrags um diese Zwischenzeit auszusetzen.