Rede:
ID0108707200

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Metadaten
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    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. September 1950 3239 87. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21, September 1950. Geschäftliche Mitteilungen 3239D, 3257C, 3266C, 3269A Ergänzende Mitteilung zur Anfrage Nr. 89 der Abg. Horlacher u. Gen. betr. Wiederaufbau kriegszerstörter landwirtschaftlicher Anwesen bzw. deutschen Grundbesitz in Holland (Nr. 1056, 1290 und 1367 der Drucksachen) 1240A Änderung der Tagesordnung 3240A Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Entlassung des Bundesfinanzministers Schäffer (Nr. 1259 der Drucksachen) 3240B Dr. Adenauer, Bundeskanzler 3240B Zur Geschäftsordnung: Schoettle (SPD) 3240C Goetzendorff (DRP-Hosp.) 3240D Dr. Seelos (BP) 3241B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung von Bestimmungen in dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 (RGBl. I S. 187) in der zur Zeit geltenden Fassung (Nr. 1322 der Drucksachen) 3241D Keuning (SPD), Antragsteller . . . 3242A Sabel (CDU) 3244A Dr. Atzenroth (FDP) 3245A Storch, Bundesarbeitsminister . . 3245D Kohl (Stuttgart) (KPD) 3246C Richter (Frankfurt) (SPD) 3246D Frau Kalinke (DP) 3247D Arndgen (CDU) 3248C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die freiwillige Höherversicherung in den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten (Nr. 1323 der Drucksachen) 3248D Frau Döhring (SPD), Antragstellerin 3249A Arndgen (CDU) 3250A, Frau Kalinke (DP) 3250C Richter (Frankfurt) (SPD) 3251B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Änderung und Aufhebung von Vorschriften der Sozialversicherung (Nr. 1330 der Drucksachen) 3252A Zur Sache: Troppenz (SPD), Antragsteller . . 3252A Arndgen (CDU) 3253B Dr. Hammer (FDP) 3253D Frau Kalinke (DP) 3255A Richter (Frankfurt) (SPD) 3255C Dr. Hammer (FDP) 3256C Zur Geschäftsordnung: Ritzel (SPD) 3257A Dr. Horlacher (CSU) 3257A Gengler (CDU) 3257B Beratung der Interpellation der SPD betr. öffentliche Äußerungen von Bundesministern zu außenpolitischen Fragen (Nr. 1218 der Drucksachen) 3241D 3257C Dr. Lütkens (SPD), Interpellant . . . 3257C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . . 3262A Dr. Seelos (BP) 3263D von Thadden (DRP) 3264C Paul (Düsseldorf) (KPD) 3265A Dr. Hamacher (Z) 3266A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Fischer-Tropsch-Werk Bergkamen (Nr. 1327 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Frau Niggemeyer und Gen. betr. Fischer-TropschWerk Bergkamen (Nr. 1266 der Drucksachen) 3240A, 3266D Frau Niggemeyer (CDU), Antragstellerin 3266D Gleisner (SPD), Antragsteller 3267C Storch, Bundesminister für Arbeit . . 3268B Dr. Bertram (Z) 3268C Nächste Sitzung 3269C Die Sitzung wird urn 14 Uhr 37 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dr. Gebhard Seelos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)

    Meine Damen und Herren! Die Interpellation war eigentlich so ernst, daß sie von den Interpellanten selbst nicht dadurch hat degradiert werden sollen, daß sie auf ein kleines parteitaktisches Niveau heruntergezogen worden ist.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    Denn die Äußerungen sind so verhängnisvoll, daß sie durch sich selbst wirken. Man braucht nicht Tatbestände einzufügen, die nicht zu dieser Interpellation gehören.
    Es wird von der Bundesregierung immer im nationalen Interesse erwartet, daß Parteienanträge, die Besatzungspolitik und auswärtige Dinge behandeln, vor internationalen Konferenzen zurückgestellt werden. Die Abgeordneten sind meist so loyal — ob Regierungspartei oder Opposition —, diesen Wünschen aus nationalem Interesse Rechnung zu tragen.
    Wenn nun der Bundestag so wenig Kredit bei der Bundesregierung genießt, .daß sie glaubt, ihn etwas bevormunden zu müssen, weil man befürchtet, daß immer Exzesse in der Debatte stattfinden, dann möchte ich doch darauf hinweisen, daß schließlich in jeder Demokratie im Parlament


    (Dr. Seelos)

    vollkommene Freiheit der Rede herrscht, und daß man auch im Auslande verzeiht, wenn einige outsider Äußerungen machen, die völlig unpassend sind.
    Die Saardebatte oder auch andere Debatten haben aber gezeigt, daß sie eine wertvolle Unterstützung der Regierung bedeutet haben und daß sie auch im Ausland die wirkliche Stimmung des deutschen Volkes übertragen und durchaus positiv gewirkt haben. Dazu sind wir da, daß wir in entscheidenden Phasen in solch schwierigen außenpolitischen Situationen unsere Stimme erheben. Nun aber sollen wir , die wir dazu berufen sind, nicht dazu reden; aber die Minister, die reden frei und unbeherrscht über Probleme, die keineswegs zu ihrem Ressort gehören. Und das ist von der größten Gefahr. Denn erinnern Sie sich: Wir sind durch Reden in der Vergangenheit mit in unser nationales Unglück gekommen. Kaiser Wilhelm II. hat soviele außenpolitische Reden gehalten, die in der Welt die Meinung hervorgerufen haben, daß wir den Krieg wollten, obwohl das deutsche Volk nicht daran dachte, den Krieg zu wollen. Aber das Ausland hat geglaubt: das ist der verantwortliche Mann, dessen Wille ja bestimmt.
    Das Ausland kann nicht glauben, daß verantwortliche Minister ihre Rede nicht mit dem Kanzler abgesprochen haben. Das Ausland kennt nicht unsere Verfassung. Es nimmt das, was Minister sagen, für todernst. 'Wenn der Herr Kanzler sagt, daß keine schlimmen Folgen deswegen vorgekommen seien, dann ist das nicht geschehen, weil diese Reden nicht so verhängnisvoll waren, sondern wegen der furchtbaren internationalen Situation. Da durfte man diese Reden nicht aufgreifen, man muße sie mehr oder weniger totschweigen.
    Es ist richtig, daß die Minister nicht Untergebene des Kanzlers sind. Aber der Bundeskanzler muß in solchen schwerwiegenden Fällen tatsächlich von seinen verfassungsmäßigen Rechten Gebrauch machen. Es ist eben ein Fehler unserer Bundesverfassung, daß die Exekutive und die Legislative in dieser Weise vermengt sind, daß Abgeordnete Minister sind. Nach der Verfassung sind sie also als Abgeordnete nur ihrem Gewissen verantwortlich, als Minister sind sie an die Richtlinien des Bundeskanzlers gebunden. Ja, wie sollen sie aus dieser Situation herauskommen, wenn sie glauben, auf Grund ihres Gewissens reden zu müssen? — Das ist ein Widerspruch, der behoben werden sollte. Die Militärregierung hat es bei den Beamten einfach durch einen Befehl gemacht, daß Abgeordnete, die Beamte sind, ihre Beamteneigenschaft verlieren. Viel schwieriger, und verhängnisvoller ist aber die Vermengung von Abgeordneteneigenschaft und Ministereigenschaft. Wir sehen es doch, wenn die Minister manchmal vom Olymp heruntersteigen und unten von der Bank aus sich selbst das Vertrauen aussprechen. Wenn ein Minister in dieser jetzigen Situation glaubt, sein Amt nicht ausüben zu können, wenn er die Besatzungslage für so verhängnisvoll ansieht, daß es gegen sein Gewissen geht, hier mitzuwirken, dann hat er ein Mittel, — dann kann er zurücktreten. Jeder wird sagen: Hut ab vor einem Minister, der wegen seiner Überzeugung zurücktritt und die Konsequenzen zieht. Das ist das andere Mittel: Wenn der Bundeskanzler einen Minister deswegen nicht entlassen will oder die Entlassung dem Bundespräsidenten nicht vorschlagen will, dann sollte der
    betreffende Minister selbst die Konsequenzen ziehen.
    Ich erinnere z. B. an dieses verhängnisvolle Entnazifizierungsgesetz in der amerikanischen Zone, das die drei Ministerpräsidenten unterschrieben haben, was sie wohl bitter bereut haben.

    (Zurufe von der CDU.)

    Man darf nicht Dinge unterschreiben, von deren Fehlerhaftigkeit und von deren verhängnisvollen Folgen man überzeugt ist. Man darf erwarten, daß ein Minister zu seiner Meinung steht und eben nur als Abgeordneter hier unten so wirkt, wie er es als Abgeordneter noch seinem Gewissen verantworten zu können glaubt, und daß er nicht dann auch Minister spielen will.
    Wir haben genug Schwierigkeiten. Wir wollen besonders in der Außenpolitik eine klare Linie der gesamten Regierung sehen. Wir wollen keine vier Außenminister haben. Da kann man nur sagen: Wir sind froh, daß der Kanzler wieder gesund ist und daß er jetzt die Härte zeigen kann, um diese Konsequenzen künftig zu ziehen. Man verlangt in der jetzigen Situation, wo es um Sein und Nichtsein des deutschen Volkes geht, Disziplin vom deutschen Volk. Herr Kanzler, sorgen Sie zuerst für Disziplin in Ihrem Kabinett!

    (Beifall bei der BP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Thadden.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Adolf von Thadden


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DRP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DRP)

    Meine Damen und Herren! Das Grundgesetz sieht vor, daß der Bundeskanzler für die Politik der Regierung verantwortlich ist. Es sieht weiter vor, daß der Bundeskanzler dem Parlament für die Politik seiner Regierung verantwortlich ist. Wir haben — das ist schon von einem Vorredner ausgeführt werden — bisher nur selten Gelegenheit gehabt, dem Bundeskanzler die Meinung des Plenums dieses Hauses mitzuteilen. Ich möchte auf folgendes besonders hinweisen, und dies wurde von dem Herrn Kollegen Lütkens bereits hervorgehoben. Der Hauptfehler an diesen Äußerungen von Ministern — zu denen man im einzelnen sehr unterschiedlich stehen kann — ist doch wohl darin zu sehen, daß der Bundeskanzler seine Minister zu wenig anhält, eine offizielle Linie innezuhalten, und ihnen vielleicht auch zu wenig über die Linie sagt, die er einzuhalten gedenkt. Der Kanzler hat die bekannte Neigung, möglichst viel allein zu machen. An sich begrüßen wir eine Präsidial-Demokratie durchaus. Wir haben sie aber leider noch nicht.

    (Zurufe von der SPD.)

    Den Ministern werden wesentliche Dinge vorenthalten, und es kommen dann auf der anderen Seite Äußerungen von seiten des Kanzlers, die man nicht ganz begreifen kann, die man zumindest genau so wenig begreifen kann wie monierte Äußerungen von Ministern. Ich glaube, daß der Kanzler für deplacierte Äußerungen kausal verantwortlich ist, der zu wenig tut, um eine einheitliche Linie des Kabinetts durch eine wirkliche Kabinettstätigkeit zu gewährleisten. Ich möchte auf verschiedene böse Worte, die die Opposition in diesem Zusammenhang schon oft gebraucht hat, nicht noch besonders hinweisen. Die Interpellation der SPD müßte meines Erachtens sachlich dahingehend beantwortet werden, dem Kanzler die notwendige Informationspflicht über die von ihm


    (von Thadden)

    beabsichtigte Linie gegenüber dem Kabinett aufzuerlegen.
    Ich glaube, daß man die Situation mit einer kleinen Abwandlung vielleicht mit dem früheren Kaisertum vergleichen kann. Damals gab der Kaiser seinem Kanzler die Richtlinien, die dieser dann in Wahrung der Loyalität als ausführendes Organ an seine Minister weiterleitete.

    (Abg. Schröter: Das ist aber nicht ganz richtig!)

    — Einen Moment! — Heute können wir an die Stelle des Kaisers das „oktroyierende politische Überwachungs-Triumvirat" setzen, und vielleicht sind es Gründe mangelnder Loyalität, die Bedenken entstehen lassen, diese alte Praxis fortzuführen. Wir wollen an den Kanzler die dringende Bitte richten, im Interesse eines geschlossenen Dastehens von Regierung und Parlament in Zukunft wesentlich mehr darauf zu achten, daß die Pläne, die er selber hat, seinen Ministern besser bekannt sind und auch von diesem Hause etwas mehr debattiert werden, als es bisher der Fall war. Das gilt gerade im Augenblick, wo es um weltpolitisch so wichtige Dinge geht. Damit kann auch nach außen die Einheit hergestellt werden, die wir heute notwendig haben.