Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Ihnen in Drucksache Nr. 1287 vorliegenden Gesetzentwurf darf ich folgendes ausführen.
Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts ist bisher nur in Gesetzen und Verwaltungsanordnungen der Länder geregelt. Als Wiedergutmachungsfälle sind in diesen Länderregelungen außer den Schäden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit sowie an Eigentum und Vermögen auch die Schäden im wirtschaftlichen Fortkommen anerkannt. Hierzu gehören auch die Schäden, die ein Beamter, Angestellter oder Arbeiter unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wegen seiner politischen Überzeugung aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung dadurch erlitten hat, daß er entlassen, in den Ruhestand oder in ein Amt mit niedrigerem Diensteinkommen versetzt oder sonst benachteiligt worden ist.
Die Länderregelungen sind verschieden. Sie befassen sich im allgemeinen nur mit den Angehörigen des öffentlichen Dienstes, deren Maßregelung im Landesgebiet selbst erfolgt ist. Dazu treten dann noch die Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die im Herkunftsgebiet der Flüchtlinge, die dem Lande zugewiesen sind, entlassen worden sind. Wiedergutmachungspflichtig ist auch diesen gegenüber das Aufnahmeland.
Außerhalb der Länderregelungen steht also die Mehrzahl der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in den Ostgebieten oder in Berlin durch nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen benachteiligt worden sind. Dies gilt auch dann, wenn sie nach ihrer Entlassung oder nach ihrer vorzeitigen Zurruhesetzung bereits lange Zeit vor dem Zusammenbruch ihren Wohnsitz in das Bundesgebiet verlegt haben. Ein Teil dieser Geschädigten hat, soweit sie noch dienstfähig sind, wieder Verwendung im öffentlichen Dienst gefunden. Die übrigen sind bisher leider ohne Betreuung geblieben.
Meine Damen und Herren, der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf bezweckt nun, die Lücken zwischen den Länderregelungen zu schließen, und zwar ehe
noch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen — der Entwurf ist gestern hier erörtert worden — verabschiedet wird. Diese bevorzugte Behandlung entspricht einem Gebot der Gerechtigkeit. Auf die endgültige Regelung der allgemeinen Wiedergutmachung kann im Interesse der Geschädigten nicht länger gewartet werden.
Da es nun aus psychologischen Gründen nicht angängig erscheint, die Geschädigten, die zum Personenkreis der Verdrängten gehören, besser zu behandeln als die einheimischen Geschädigten, ist in dem Gesetzentwurf vorgesehen, daß die Wiedergutmachungsleistungen zunächst nach Landesrecht zu bemessen sind. Auch das Verfahren soll sich zunächst nach den geltenden Landesvorschriften regeln. Die sich nach der Wiedergutmachung des erlittenen Schadens nach dem Landesrecht ergebenden Versorgungsbezüge sollen jedoch in voller Höhe gezahlt werden. Die verdrängten Geschädigten — darauf darf ich besonders hinweisen — nehmen also an etwaigen Kürzungen der Versorgungsbezüge der übrigen Verdrängten — dieser Punkt ist gestern erörtert worden - nicht teil; sie werden den einheimischen Geschädigten im vollen Umfang gleichgestellt.
Zur Erleichterung der Unterbringung der Geschädigten durch andere öffentlich-rechtliche Dienstherren ist vorgesehen, daß der Bund die Versorgungsbezüge, die vor der Zeit der Wiederanstellung in dem Land liegen, anteilig übernimmt. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, die noch nicht untergebrachten dienstfähigen Geschädigten in volle dienstliche Verwendung zu nehmen.
Meine Damen und Herren! Zusammenfassend glaubt die Bundesregierung sagen zu dürfen, daß der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf in der Frage der Wiedergutmachung gegenüber verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes einen wichtigen Schritt nach vorwärts bedeutet.