Rede von
Anton
Storch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus den Ausführungen des Berichterstatters ist die wirkliche Situation und das wirklich Gewollte nicht klar geworden. In Wirklichkeit handelt es sich darum, daß schon seit dem Frühjahr dieses Jahres ernstlich versucht wird, die Mittel der Arbeitslosenversicherung nur noch zweckgebunden zu verwalten. Sie wissen, daß die Arbeitsverwaltung zur Zeit keine bundeszentrale Führung hat, und es besteht bei manchen Ländern die Rechtsauffassung, daß die Einnahmen aus der Arbeitslosenversicherung Einnahmen der Länder seien. Wir haben schon im Februar dieses Jahres versucht, mit den Sozialpartnern zu einer Verständigung darüber zu kommen, daß wir nach dem Muster des Treuhänderausschusses für die englische Zone für das ganze Bundesgebiet einen
Treuhänderausschuß bilden wollten, der bis zur Schaffung einer Bundesanstalt die gesamten Mittel der Arbeitslosenversicherung zweckgebunden festhält. Damals haben sich die Länderarbeitsminister, die ja zur Zeit die vorgesetzten Behörden der Landesarbeitsämter sind, auf den Standpunkt gestellt, daß das eine wesentliche Einschränkung ihrer Rechte sei. Sie waren im alleräußersten Fall gewillt, einen Treuhänderausschuß wirksam werden zu lassen, der die Überschüsse in den einzelnen Ländern verwalten soll. Wir konnten damals noch nicht übersehen, wie sich die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in diesem Jahre gestalten würde; wir konnten noch nicht übersehen, was uns der kommende Winter eventuell an Belastungen für die Arbeitslosenversicherung bringen würde, und haben deshalb immer und immer wieder den Versuch gemacht, auf diesem Gebiete vorwärtszukommen.
Meine Damen und Herren, seien Sie sich völlig klar darüber, wenn Sie dem hier vorliegenden Antrag entsprechen würden, dann müßten Sie entweder sagen, daß durch die Aufhebung der Führererlasse die frühere Reichsanstalt wiederhergestellt sei. Das wollen die Arbeitsminister der Länder absolut nicht; sie wollen Bestimmungen, die es uns unmöglich machen, in einer Übergangszeit eine zentrale Sicherstellung der Arbeitslosenversicherungsmittel herbeizuführen. Wenn Sie den Weg gehen würden, daß Sie den Ländern einseitig die Möglichkeit geben, über diese Gelder zu verfügen, dann müssen Sie sich klar darüber sein, daß im nächsten Monat in Schleswig-Holstein die Arbeitslosenunterstützungen nicht mehr ausgezahlt werden können. Sie werden momentan nur deshalb ausgezahlt, weil der Treuhänderausschuß für die englische Zone noch wirksam ist, der auf einem Erlaß von Lemgo aus dem Jahre 1946 beruht, obwohl er gar keine gesetzliche Grundlage mehr hat. Wir haben im vergangenen Jahre aus dem Beitragsaufkommen aus Nordrhein-Westfalen auf diesem Wege Schleswig-Holstein nicht weniger als 100 Millionen DM zufließen lassen. Wie Sie diese Dinge jetzt lösen wollen, wenn Sie diesem Antrag entsprechen, verstehe ich nicht ganz. Wenn Sie diesen Antrag mit dem Wunsch, die alte Reichsanstalt zumindest für das Bundesgebiet wieder ersehen zu lassen, im Anfang dieses Jahres gestellt hätten, hätte ich Sie gern unterstützt und wäre jeden Weg mit Ihnen gegangen.
Sie wissen,' daß wir in der Zwischenzeit — zumindest wissen das die Herren, die in der Gewerkschaftsleitung stehen — seit Monaten sehr ernste Besprechungen mit den Sozialpartnern über die Gestaltung einer kommenden Bundesanstalt geführt haben. Am 21. dieses Monats wird zwischen den Sozialpartnern und dem Bundesarbeitsministerium in Unkel abschließend über einen fertiggestellten Gesetzentwurf verhandelt, der auf der Basis aufgebaut ist, daß eine von der Selbstverwaltung der Sozialpartner getragene Bundesanstalt erstehen soll. Es kann sich also höchstens darum handeln, daß wir am 21. dieses Monats in Unkel zu einer einheitlichen Auffassung kommen und daß wir spätestens 8 Tage danach diesen Gesetzentwurf im Kabinett verabschieden können. Er wird dann dem Bundesrat zugehen, der seine Einspruchsfrist hat, so daß Sie spätestens in anderthalb Monaten den Gesetzentwurf zur endgültigen Beschlußfassung werden vorliegen haben. Es wäre geradezu widersinnig, und ich würde kein Verständnis dafür haben, wenn Sie, nachdem wir auf Grund der schnelleren Entwicklung in der Vorbe-
reitung dieses Gesetzes keine Maßnahmen getroffen haben und auch nicht zu treffen gedenken, um den heutigen Zustand für die Übergangszeit zu beseitigen, durch die Aufhebung der Erlasse für die Zeit des Übergangs eine Rechtsunsicherheit herbeiführen würden.