Rede von
Paul
Harig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie auch mir einige wenige Worte zu diesem Thema.
Ich habe Verständnis dafür, wenn sich die Unternehmer hier gegen diesen Antrag, der von der SPD gestellt wurde, aussprechen. Ich habe aber kein Verständnis dafür, wenn es Gewerkschaftler gibt, die die Interessen der Arbeitnehmer, die sie vertreten sollen, nicht richtig kennen. Sonst könnten sie sich gegen diesen Antrag niemals ausgesprochen haben.
Dieser Antrag ist bezeichnend für eine Reihe von Auffassungen von Auchgewerkschaftlern. Dieser Antrag ist aber auch bezeichnend für die Wirtschafts- und Preispolitik dieser Regierung. Glauben Sie nur ja nicht, meine Damen und Herren, wenn Sie diesen Antrag ablehnen, daß dann auch alles entschieden sei. An der Entscheidung sind auch Menschen interessiert, die nicht in diesem Hause sitzen. Sie werden es in Zukunft ja erleben, daß die Welle ihres Mitdabeiseinwollens bei der Entscheidung draußen höher gehen wird.
Hier sind eine Reihe von Diskussionsrednern aufgetreten, die die Lage der Arbeitnehmer, die die Lage der Sozialrentenempfänger geschildert haben. Ich will mir deshalb eine Wiederholung ersparen. Aber wir wollen uns doch über eins im klaren sein. Am besten haben doch die Unternehmer seit der Währungsreform abgeschnitten.
Die Löhne lagen bei der Währungsreform doch ungefähr auf dem Stande von 1938. Das wenige, was an Sachlieferungen dem Arbeiter vor der Währungsreform gegeben wurde, war doch schnell wieder genommen. Oder wollen Sie bestreiten, daß die Lohnerhöhungen bei weitem nicht Schritt gehalten haben mit den Preissteigerungen? Wollen Sie bestreiten, daß nicht auf Kosten der Löhne Milliardenbeträge für Investierungen erübrigt wurden? Wollen Sie bestreiten, daß neben diesen Milliardenbeträgen an Investierungen auch noch Milliardengewinne herausgekommen sind?
Ich konnte bislang immer die Parole nicht verstehen, die da herausgegeben worden ist und da heißt: Herunter mit den Preisen!
Diese Parole habe ich nie verstanden, da ich mir einbildete, daß diejenigen, die Einfluß auf die Preise haben, sich nicht an der Parole störten. Ich habe auch nie Verständnis gehabt für den Appell an die Vernunft der Unternehmer. Dieser Appell ist sinnlos.
— Meine Herren, ich will Ihnen etwas sagen. Ich stehe auch schon 30 Jahre im Betrieb, und ich kenne ja auch das Verhalten der Unternehmer. Nun klettern die Preise seit einigen Wochen und Monaten ungemein. Nicht die Preise für die Dinge, die die wenigsten kaufen, aber für die Dinge, für die der arme Mensch draußen, der wenig Einkommen hat, fast den größten Teil seines Einkommens verwendet. Das muß man sehen. Das kann auch
vom Bundesarbeitsminister nicht bagatellisiert werden.
Die englischen Gewerkschaftler sind vor einigen Tagen zusammengewesen. Sie haben ein Ansinnen der Regierung abgelehnt; sie haben abgelehnt, sich für den Lohnstop zu entscheiden, und sie haben recht getan. Sie haben abgelehnt, so wie in der Vergangenheit die Kosten der Rüstung abwälzen zu lassen auf den schaffenden Menschen, und sie haben recht gehandelt. Und hier wird es genau so kommen.
Hier will man die Preise erhöhen, um das Kapital für die Rüstung freizubekommen, um wie in früheren Zeiten die Lasten für die Rüstung auf die Schultern der Werktätigen abwälzen zu können. Das will man hier. Meine Fraktion — darüber herrscht sowieso kein Zweifel —,
wird alles unterstützen, was dazu beiträgt, die Hindernisse aus der Welt zu räumen, die Hindernisse, die dem noch im Wege stehen, daß der Arbeiter sich frei für seine Forderungen einsetzen kann.
Ich sage Ihnen ganz offen: hier wird das Wenigste entschieden, entschieden wird draußen im Kampf in den Betrieben. Und daß er kommt, das wird die Zukunft beweisen.
- Uns interessieren immer noch die Verhältnisse hier. Dafür sind wir hier.