Rede:
ID0108403200

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    Vokabeln: 7
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    7. Pannenbecker.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. September 1950 3135 84. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 13. September 1950. Geschäftliche Mitteilungen 3135C Mitteilung betr. Zugehörigkeit des Abg Dr. Richter (Niedersachsen) zu keiner Fraktion 3135D Änderung der Tagesordnung 3135D Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Ausführungen des Wirtschaftsministers des Landes Baden (Nr. 1204 der Drucksachen) . . . . . . . . . 3136A Dr. Schmid (Tübingen) (SPD), Interpellant 3136A Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 3139B Dr. Seelos (BP) 3140B Dr. von Brentano (CDU) 3141A Mayer (Stuttgart) (FDP) 3141C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Nr. 1306 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung der Interpellation der Fraktion der BP betr. Art. 131 des Grundgesetzes (Nr. 1151 der Drucksachen) . . . 3136A, 3142A Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 3142B Dr. Richter (Niedersachsen) (parteilos) 3146C Dr. Menzel (SPD) 3147C Farke (DP) 3150C Pannenbecker (Z) 3151A Dr. Kleindinst (CSU) 3152B Wackerzapp (CDU) 3153C Dr. Falkner (BP) 3154D Gundelach (KPD) 3155B Fröhlich (WAV) 3156B Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) (FDP) 3157B von Thadden (DRP) 3159B Dr. Wuermeling (CDU) 3160C Arndgen (CDU) 3161A Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung der Bestimmungen der Zweiten Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs (Nr. 1249, zu Nr. 1249 der Drucksachen) . . . 3161B Erste Beratung des Entwurfs eines Zolltarifgesetzes (Nr. 1294 der Drucksachen) 3161C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3161C, 3165A(( Kalbitzer (SPD) 3163A Dr. Bertram (Z) 3163C Dr. Horlacher (CSU) 3164B Degener (CDU) 3164C Dr. Oellers (FDP) 3164D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) (Nr. 1333 der Drucksachen) 3161C Storch, Bundesminister für Arbeit 3165A, 3172D Frau Dr. Probst (CSU) 3167C Leddin (SPD) 3170A Frau Kalinke (DP) 3173B Frau Arnold (Z) 3173C Kohl (Stuttgart) (KPD) 3174C Volkholz (BP) 3176A Mende (FDP) 3177B Löfflad (WAV) 3179C Arndgen (CDU) 3180A Dr. Leuchtgens (DRP) 3180C Schoettle (SPD) 3181A Nächste Sitzung 3181D Die Sitzung wird um 14 Uhr 35 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer eröffnet.
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    Rede von Ernst August Farke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Partei steht dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen ablehnend gegenüber. Sie kann ihn nur unter dem Gesichtspunkt betrachten, daß er die parlamentarisch-gesetzgeberische Tätigkeit einleitet und ermöglicht, in der Ausschußarbeit zu einer anderen, zu einer dem Grundgesetz gemäßeren Regelung zu kommen. Bei dieser Arbeit kann es sich nicht darum handeln, Verbesserungen für die eine oder andere Gruppe der Betroffenen zu erreichen, sondern lediglich darum, dem vorliegenden Entwurf die Konzeption zu nehmen, die nach unserer Meinung zu verfassungsbedenklichen Regelungen geführt hat.
    Der vorliegende Entwurf geht von reinen Haushaltserwägungen aus. Der Herr Innenminister hat das in seiner Begründung doppelt unterstrichen. Zur Unterstützung dieser Haushaltserwägungen haben leider in der Vergangenheit ministerielle Initiatoren Presse und Öffentlichkeit mit astronomischen Ziffern beeinflußt und beinahe das Menetekel eines Staatsnotstandes heraufbeschworen. Bindende Rechtsverpflichtungen mußten einer solchen Konzeption mit ihren Begleiterscheinungen zum Opfer fallen. Diesem fiskalischen Ausgangspunkt, dem eine Einheitsregelung der Ansprüche grundverschiedener Gruppen folgen mußte, fielen zwangsläufig weitere Rechtsverpflichtungen zum Opfer. Damit sind gegebene Grenzen verwischt; bisherige Grundsätze des im Grundgesetz garantierten Berufsbeamtentum sind aufgegeben, insbesondere das durch Jahrzehnte hindurch schwer erkämpfte Alimentationsprinzip. Die entnazifizierten Beamten sind minderberechtigt. Die jüngeren Beamtenjahrgänge, deren Masse Kriegsteilnehmer war, sind so gut wie entrechtet. Die Wehrmachtsangehörigen erfahren eine nicht tragbare Behandlung. Es ist darum kein Wunder, daß die betroffenen Kreise in eine berechtigte, wenn auch — das muß gesagt werden — in der Form oft bedenkliche Erregung geraten sind.
    Der Ausgangspunkt für die Neugestaltung des vorliegenden Entwurfs ist nach unserer Auffassung das bestehende unantastbare Recht, wie es für jede Gruppe der Betroffenen in der deutschen Entwicklung gewachsen und geworden ist. Von dieser Rechtsgrundlage aus ist die Rechtsnachfolgeschaft für die verschiedenen Verwaltungen und Körperschaften, die nicht mehr existieren, den entsprechenden Dienstherren in der Bundesrepublik zu übertragen.
    Die finanzielle Regelung ist dementsprechend so durchzuführen, daß die entsprechenden Dienstherren hier für die materiellen Leistungen ver-


    (Farke)

    antwortlich sind. Zuständig für die ehemaligen Reichsbediensteten und die Wehrmacht ist unmittelbar der Bund, für die Länderbediensteten in gerechter Verteilung die Länder, für die Kommunalbediensteten in gerechter Verteilung die Kommunen. Dieser Regelung vorweg ist das wichtigste, die vorgesehene Unterbringung durchzuführen, die endlich die unerträgliche einseitige Unterbringung in den drei Flüchtlingsländern beseitigt und die Unterbringung zu einer Gesamtverpflichtung macht, die den Kreis der Betroffenen entscheidend verringern wird und mit den Maßnahmen der angedeuteten Konzeption eine befriedigendere Lösung, als sie uns in dem Entwurf geboten wird, ermöglicht.
    Die dreiprozentige Abgabe aller Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die bei der heutigen Einkommenslage der Beamtenschaft überhaupt nicht zu verantworten ist, muß und kann vermieden werden. Die Deutsche Partei führt ihren politischen Kampf gegen jedes Unrecht. Sie kämpfte besonders in den schweren tumultarischen Jahren der jüngsten Vergangenheit für das Berufsbeamtentum, für die zu Unrecht Entlassenen, für Ehre und Recht des deutschen Soldaten. Sie wird dieser Haltung bei der Endgestaltung dieses Gesetzes nicht untreu werden, um unserem jungen Staatswesen die Treue seiner Diener als Eckpfeiler in seinen Fundamenten zu sichern.

    (Beifall bei der DP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Pannenbecker.

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    Rede von Otto Pannenbecker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Meine Damen und Herren! Im Volksmunde heißt es, daß das, was lange währe, endlich gut werde. Die Zentrumsfraktion ist der Auffassung, daß der von der Regierung endlich vorgelegte Gesetzentwurf, der heute zur Beratung steht, das Prädikat „gut" nicht verdient. Meine politischen Freunde sind mit mir nicht damit einverstanden, daß der übergeordnete Rechtsstandpunkt zugunsten finanzieller Überlegungen grundsätzlich hintenangestellt worden ist.

    (Sehr richtig! beim Zentrum.)

    Das sollte in einem Rechtsstaate unmöglich sein.

    (Sehr gut! beim Zentrum.)

    So etwas ist untunlich, weil dadurch das Vertrauen der betreffenden Personen zum Staat, zur jungen Demokratie nur allzu leicht untergraben wird. Und dieses Vertrauen wird untergraben innerhalb eines sehr großen Personenkreises, von dem man — mit Recht sage ich — erwartet, daß er in besonderer Treue zum Staat und zu seinen Einrichtungen steht. Hier entsteht ein Manko, das — in erster Linie im Interesse des Staates — nicht leicht genommen werden sollte.
    Meine Damen und Herren, wenn man sich grundsätzlich zum Berufsbeamtentum bekennt, dann gilt zunächst einmal ebenso grundsätzlich das Bekenntnis Treue um Treue, Treue um Treue durch beiderseitige Tat. Im vorliegenden Gesetzentwurf vermißt man den Geist der der Beamtenschaft zu erwidernden Treue. Gewiß, die Bedeutung des Berufsbeamtentums liegt zutiefst im Ideenmäßigen, aber doch auch im Materiellen insoweit, als das Recht nicht verletzt werden darf. Das Gehorsams- und Treueverhältnis der Beamten — Gehorsam gegenüber der Regierung, Treue gegenüber Volk und Staat — verträgt keinerlei Verletzung des Rechtes, besonders dann nicht, wenn man bedenkt, daß die Tätigkeit des Beamten,
    seine Lebensaufgabe durchsetzt sein muß mit goldhaltigen Imponderabilien. Es gibt ein Wort von Ludwig Börne, das lautet: „Wer in der wirklichen Welt arbeiten kann und in der idealen leben, der hat das Höchste erreicht!" Und das wird—ich sage: mit Recht — vom Beamten verlangt. Darum noch einmal: Treue um Treue!
    Meine Damen und Herren! Die Besoldungsordnung von 1927 ist heute noch in Kraft. Hoffentlich wird sie ihr Silberjubiläum nicht erleben. Der Herr Bundesfinanzminister selbst hat gelegentlich einmal gesagt, daß die Beamtenschaft in den letzten Jahren bis zu 50 % Vorleistungen hinter sich gebracht habe. Trotzdem wird den Beamten hier eine Sondersteuer von 3 % ihres Diensteinkommens zugemutet. Die Zentrumsfraktion wird diese Sondersteuer ablehnen. Sie lehnt darüber hinaus jede Verkoppelung mit der sechsprozentigen Einkommenskürzung ab, soweit sie noch besteht. Was ich bisher hinsichtlich der Beamten gesagt habe, das gilt — ich hebe das ausdrücklich hervor — auch hinsichtlich der in Frage kommenden Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes. Das gilt ebenso hinsichtlich der Offiziere und Unteroffiziere der ehemaligen Wehrmacht und ihrer Beamten und Angestellten.
    Ich kann bei der mir zur Verfügung stehenden Redezeit von zehn Minuten auf Einzelheiten des Gesetzentwurfes nicht eingehen. Aber einiges, was zur Sache insgesamt gehört, möchte ich noch sagen. Anläßlich der Anwesenheit des früheren Reichskanzlers Brüning im Bundesgebiet ist dessen Name in der Öffentlichkeit wieder häufig genannt worden. Aber jenseits dieser Anwesenheit und lange vorher ist dieser Name in Verbindung mit der bekannten Notverordnung in Beamtenkreisen viel häufiger genannt worden, weil diese Notverordnung, soweit sie noch besteht, ein Widerpart im Gefüge des Besoldungswesens ist, und zwar deshalb, weil das Erfordernis der Gleichheit gegenüber der Besoldungsordnung hier verletzt ist.
    Das hat letzthin die Postbeamtenschaft auf den Plan gerufen. Erstmalig — und, wie ich hoffen möchte, einmalig — hat die deutsche Postgewerkschaft die Angehörigen der Bundespost zu einer Urabstimmung aufgerufen. Angesichts der Lage, in der die Beamtenschaft steckt, ist es nicht überraschend, daß sich 89 % der Angehörigen der Bundespost an dieser Abstimmung beteiligt haben. In dieser Urabstimmung haben 96 % der Beteiligten gegen die Beibehaltung der sechsprozentigen Gehaltskürzung und gegen die Einführung einer dreiprozentigen Sondersteuer und für die Anwendung gewerkschaftlicher Mittel gestimmt. Diese Anwendung — so hat die Postgewerkschaft nachher erklärt — sollte nicht zwingend den Streik bedeuten. Meine Damen und Herren! Das ist immerhin ein ungewöhnlicher Vorgang, der geradezu — ich möchte sagen — alarmierend wirkt. Dieser ungewöhnliche Vorgang könnte — ich sage „könnte" — zur Radikalisierung der Beamtenschaft führen, wenn die Regierung nicht alsbald ihren beamtenpolitischen Kurs ändert. Solche Radikalisierung wäre vom Übel, besonders in einer jungen Demokratie, deren Verhältnisse noch längst nicht allewege gefestigt sind.
    Die Zentrumsfraktion lehnt — um darüber keinen Zweifel aufkommen zu lassen, sage ich das in diesem Zusammenhang — den Beamtenstreik ab. Sie hat aber Verständnis dafür, daß es zu dieser Urabstimmung gekommen ist. Der Initiator war die deutsche Postgewerkschaft. Aber diese ist nicht


    (Pannenbecker)

    schuldig zu sprechen. Ebensowenig ist die ansonsten durchaus besonnene Postbeamtenschaft schuldig zu sprechen, deren Minister in der Lage und gern bereit gewesen wäre, die sechsprozentige Gehaltskürzung aufzuheben, wenn er nicht durch entgegenstehende Kabinettsbeschlüsse, die dieses Hohe Haus durch seine Regierungsmehrheit sanktioniert hat, daran gehindert gewesen wäre.
    Wie es um die Stimmung in der gesamten Beamtenschaft und darüber hinaus bei allen von dem Gesetzentwurf aus Art. 131 des Grundgesetzes betroffenen Personen steht, darüber möchte ich aus einer kleinen Anzahl von Zuschriften, die mir gleich anderen Kollegen des Bundestages zu Hunderten zugegangen sind, einiges wenige sagen. — Ich stelle gerade fest, daß meine Redezeit beinahe abgelaufen ist. Ich kann Ihnen also aus dieser Blütenlese nichts wiedergeben. Man braucht das, was in diesen Zuschriften gesagt worden ist, nicht zu billigen, Herr Bundesinnenminister; da bin ich durchaus mit Ihnen einverstanden. Man kann es sogar verurteilen. Man muß nach meiner Meinung aber auch Verständnis dafür haben. Das sind nicht mehr Ausdrücke eines gesteigerten Unbehagens, sondern es sind Verzweiflungsrufe und Notschreie und, was nicht weniger schlimm ist, Ausdrucksweisen eines heraufziehenden Radikalismus aus der Not der Lage heraus. Solche Äußerungen abstoppen, diesen Radikalismus bannen heißt nichts anderes, als den übergeordneten Rechtsstandpunkt, von dem ich eingangs sprach, aus der Ecke herausholen, in die man ihn hineingestellt hat.
    Die Zentrumsfraktion beantragt Überweisung der Vorlage an den Ausschuß für Beamtenrecht. In diesem Ausschuß wird meine Fraktion dahin mitzuwirken suchen, daß verletztes Recht, daß Verstöße gegen Treu und Glauben wieder gutgemacht werden; einmal, damit allen Beteiligten gegeben werde, was ihnen nach Recht und Billigkeit zusteht, und zum anderen, damit einer beginnenden Radikalisierung der Beamtenschaft, die dem staatstragenden Charakter des öffentlichen Dienstes abträglich ist, Einhalt geboten wird, damit wieder eine erträglichere, eine wohltuendere, eine friedliche Atmosphäre geschaffen wird.

    (Beifall beim Zentrum.)