Rede von
Dr.
Fritz
Neumayer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir begrüßen den vorliegenden Entwurf zur Schaffung eines Bundeskriminalpolizeiamtes. Auf den springenden Punkt hat der Herr Bundesinnenminister von vornherein aufmerksam gemacht. Es handelt sich darum, ob § 4 in seiner gegenwärtigen Fassung erhalten bleiben oder entsprechend den Vorschlägen des Bundesrats abgeändert werden soll. Herr Kollege Dr. Etzel, der von uns sehr geschätzt wird, hat sich heute wieder als ein Rocher de bronze des förderalistischen Gedankens erwiesen. Vielleicht war in unserem Sinne eine fortschrittliche Neigung zu gesamtdeutschen Ideen dadurch festzustellen, daß er dem Herrn Bundesinnenminister, der ja nicht aus Bayern stammt, den Vorzug gegenüber dem aus Bayern stammenden Staatssekretär gegeben hat.
Meine Damen und Herren! Wie ist es nun mit dem § 4? In § 4 wird bestimmt, daß das Bundeskriminalamt eine strafbare Handlung selbst verfolgt, wenn eine zuständige Landesbehörde darum ersucht oder ein Land ihre wirksame Verfolgung ablehnt oder der Bundesminister des Innern es aus schwerwiegenden Gründen anordnet. Gegen
die erste Bestimmung — wenn eine zuständige Landesbehörde darum ersucht — hat der Bundesrat keine Einwendungen erhoben, wohl aber gegen die zweite und dritte Bestimmung, Abs. 2b und c. Nach Auffassung des Bundesrats soll das Bundeskriminalpolizeiamt also nicht selbständig tätig werden können, wenn ein Land die wirksame Verfolgung ablehnt oder der Bundesinnenminister aus schwerwiegenden Gründen die Verfolgung einer Straftat anordnet. Wir glauben, daß die Verfassung genügend Anhaltspunkte bietet, um dem Regierungsentwurf in seiner Fassung beizutreten.
Zunächst bestimmt Art. 73 Ziffer 10 des Grundgesetzes, daß die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes auch die Zusammenarbeit mit den Ländern in der Kriminalpolizei sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes und die internationale Verbrechensbekämpfung umfaßt. Darüber hinaus kann nach Art. 87 des Grundgesetzes durch Bundesgesetz eine Zentralstelle für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen und zur Sammlung von Unterlagen für die Kriminalpolizei eingerichtet werden, d. h. ein Bundeskriminalamt als Bundesoberbehörde.
Darüber aber, das Bundesoberbehörden eine gewisse Exekutive zusteht, ist bisher nie ein Zweifel gewesen. Wollte man nun dem Bundeskriminalpolizeiamt das Recht auf die eigene Exekutive in der vom Bundesrat gewünschten Weise beschneiden, so bliebe seine Tätigkeit im wesentlichen auf die Sammlung von Material und Nachrichten beschränkt. Dadurch würde gerade der Hauptzweck, nämlich die wirksame Bekämpfung des über die Landesgrenzen hinausgreifenden gemeinen Verbrechertums, eingeengt und in Frage gestellt. Hierum aber handelt es sich; denn wie nach jedem Krieg hat sich auch diesmal wieder bei uns gezeigt, daß gerade das gemeine Verbrechertum im erheblichen Zunehmen begriffen ist und über die Landesgrenzen hinausgreift, wie das ja an sich in der Natur der Dinge liegt. Zur Bekämpfung ist es aber notwendig, daß eine zentrale Polizeistelle geschaffen wird, die nicht nur das Material sammelt, sondern auch in der Lage ist, entsprechend einzugreifen. Wir sind der Auffassung, daß der Hauptzweck des ganzen Gesetzes erheblich eingeschränkt würde, wenn man den Vorschlägen des Bundesrats nachgeben würde. Wir glauben auch, daß die von mir bereits angeführten Artikel des Grundgesetzes eine ausreichende Handhabe bieten, um dem Bundeskriminalrat die Exekutivgewalt zu geben, wie sie in der Vorlage vorgesehen ist und die sich gerade mit Rücksicht auf die Länder in einem sehr bescheidenen Rahmen hält.
Aus diesen Gründen stimmen wir der Vorlage in der Fassung der Regierung zu und sind mit der Überweisung an die in Frage kommenden Ausschüsse einverstanden.