Rede von
August-Martin
Euler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier in der prinzipiellen Einstellung zu diesem Gesetz eine erfreuliche Übereinstimmung festzustellen, die durch alle Parteien hindurchgeht und von der sich wahrscheinlich oder sicher nur die KPD ausschließt. Wenn die Einmütigkeit in der Auffassung zu diesem Gesetz von diesem Hause nach unten in die breiteren Schichten der politisch Tätigen ausstrahlt, dann sollte zu erreichen sein, daß demnächst von keiner Seite mehr Versammlungsstörungen und Versammlungssprengungen unternommen werden. Vielleicht hat die bloße Existenz dieses Gesetzes schon zur Folge, daß manche Vorkommnisse aufhören, die in den vergangenen Monaten das politische Bild der Auseinandersetzung der Parteien getrübt haben, so daß dann allenfalls nur noch eine Störungsquelle bleiben mag, nämlich der organisierte Kampf gegen die Demokratie, wie er von der äußersten Linken kommt. Aber es darf wohl gesagt werden: wir werden Mittel und Wege finden, um auch den Störungen, den terroristischen Versuchen von dieser Seite entgegenzutreten.
Hinsichtlich der Grundlinien dieses Gesetzes begrüßen wir, daß durch das Gesetz in seiner jetzigen Gestalt — darin liegt der entscheidende Vorzug gegenüber dem früheren Entwurf — dem Leiter der Versammlung eine einwandfreie, eindeutig starke Stellung gegeben wird; er hat Ordnungsmittel in der Hand, um den Versuchen entgegenzuwirken, die auf Sprengung der Versammlung abzielen, Versuchen, die durch die Fassung des Gesetzes von 1908 geradezu provoziert wurden, insofern damals das einzige Ordnungsmittel, das dem Leiter von Rechts wegen zustand, die Schließung der Versammlung war, womit ge-
rade der Zweck erreicht war, den die Terroristen anstrebten.
Wir wenden uns mit Entschiedenheit gegen die Auffassung des Bundesrats. es müsse die Stellung des Leiters nun noch dahin ergänzt werden daß der Leiter auch verpflichtet sei, mißbräuchlichen Ausführungen des Redners entgegenzutreten, daß er verpflichtet sei einzugreifen, wenn etwa der Redner Ausführungen gegen die demokratische Ordnung, gegen den Bestand der Bundesrepublik oder aber Ausführungen, die den Gesetzen der Völkerverständigung zuwiderlaufen, macht. Meine Damen und Herren. denken wir erst einmal daran: wie sind die Versammlungsleiter in kleinen Orten beschaffen? Man wird nicht von ihnen erwarten können. Unterschiede zu treffen. die von terroristischen Versammlungsteilnehmern nur herausgespielt würden, um einen Streit zu entfesseln, mit dem Ziel, die Versammlung zu sprengen; dabei wäre von vornherein unklar, wer recht und wer unrecht hat. Die Befugnis des Leiters, einzugreifen, darf nicht davon abhängig gemacht werden, was für Ausführungen der Redner macht. Es ist meines Erachtens vielmehr die Aufgabe der Polizei. dafür zu sorgen, daß der Redner unterbrochen wird, wenn er Ausführungen macht. die sich gegen den Bestand der demokratischen Grundordnung oder gegen den Bestand der Bundesrepublik richten.
Im übrigen haben meine politischen Freunde soeben mit Genugtuung festgestellt, daß der Sprecher der Sozialdemokratie, Herr Kollege Jacobi. hinsichtlich des Verbots der Farben Schwarz-WeißRot eine Haltung zu erkennen gab, die sehr wohltuend von dem absticht. was früher aus den Reihen der Sozialdemokratie geäußert wurde.
Zum Schluß möchte ich sagen, daß die Strafvorschriften, wie sie der Abschnitt IV in den SS 22 ff. vorsieht, wohl ausreichend sind. Uns scheint es keineswegs nötig zu sein, den Zuchthausträumen des Herrn von Thadden zu folgen.