Rede von
Adolf
von
Thadden
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DRP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DRP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist höchst bedauerlich, daß ein so gutes Gesetz wie das Vereinsgesetz von 1908 wiederum durch die Zeitläufte revisionsbedürftig geworden ist, obwohl hierzu an sich keinerlei Veranlassung vorliegen sollte.
Wir können dem vorliegenden Gesetzentwurf unsere Zustimmung nicht versagen. Wir wollen hoffen, daß dieses Gesetz in vielen, vielen Exemplaren, vor allem bei der Linken, für den täglichen Hausgebrauch verteilt wird.
Wir begrüßen außerordentlich den § 16, der den befriedeten Bannkreis verlangt, und erinnern uns dabei des VVN-Einmarsches in den Wiesbadener Landtag. Solche Dinge können in Zukunft verhindert werden.
— Nein, Angst haben wir nicht; wir haben ja zwei Hände!
Die Strafvorschriften in Abschnitt IV sind jedoch auf Grund der mannigfaltigen Erfahrungen, die wir in der letzten Zeit machen konnten, unseres Erachtens nicht ausreichend; vor allen Dingen müßten sie etwas mehr spezifiziert werden. Ich möchte dazu einen Vorschlag machen, den ich in der zweiten Lesung auch noch als Antrag einbringen werde, den ich aber jetzt schon bekanntgeben will, weil er meines Erachtens schon in die erste Beratung gehört, nämlich: Derjenige, der
durch Gewaltanwendung oder fortgesetzten Lärm Versammlungen sprengt, wird mit Gefängnis bestraft. Bei Jugendlichen erfolgt Einweisung in Fürsorgeerziehung. Die Rädelsführer und die Auftraggeber sollen für solche Dinge besonders herangezogen werden. Wenn als Rädelsführer oder Auftraggeber — auch das gibt es — in solchen Gewaltaktionen Mitglieder kommunaler Körperschaften, Verwaltungs- oder Polizeibeamte, Vorsitzende von Partei- oder Berufsorganisationen oder hauptamtliche Funktionäre von solchen festgestellt werden, dann soll auf Zuchthaus nicht unter 1 Jahr, bei Bundestags- und Landtagsabgeordneten — auch das kommt vor — auf Zuchthaus nicht unter 3 Jahren erkannt werden.
Wer in Verfolg politischer Auseinandersetzungen Andersdenkende tätlich mißhandelt, wird je nach der Schwere des Falles mit Gefängnis von 6 Monaten bis zu 3 Jahren bestraft. Und handelt es sich um gemeinschaftliche Überfälle — auch das haben wir erlebt —, dann soll die Strafe entsprechend verschärft werden. Wenn ein Gewaltverbrechen, also Prügelei, von den vorhin aufgeführten Leuten inspiriert oder durchgeführt wird, soll ebenfalls auf Zuchthausstrafe erkannt werden.
Wenn Bundestags- oder Landtagsabgeordnete sich als Prügelanten betätigen — auch das haben wir erlebt —, dann soll besonders scharf vorgegangen werden.
— Ja, ich glaube, es ist peinlich für Sie, das zu hören.
— Sie brauchen nicht für uns zu sorgen. Wir sorgen in unseren Versammlungen schon allein für uns.
Es muß in Zukunft einfach unmöglich gemacht werden, daß sich Dinge wiederholen. die wir vor allem im letzten Jahr dauernd erlebt haben, daß z. B., wie es in Hildesheim passiert ist, der stellvertretende Leiter vom Arbeitsamt als Haupträdelsführer auftritt, wenn es darum geht, einen großen, mit 800 Menschen besetzten Saal zu demolieren, oder daß auf Grund irgendwelcher Proteste von Gewerkschaftsorganisationen irgendein Polizeipräsident sich bemüßigt fühlt, irgendwelche Versammlungen von politisch Andersdenkenden aufzulösen, oder daß VVN, SPD und KPD im friedlichen Verein miteinander in Düsseldorf eine Versammlung der FDP zusammenschlagen, weil der Herr von Manteuffel dort spricht. Alle diese Dinge müssen in Zukunft unmöglich gemacht werden.
Wir freuen uns ganz außerordentlich, daß diese Gesetzesbestimmungen nun da sind. Wir werden auf die Vorschriften dieses Gesetzes, das uns sehr gelegen kommt
für die ordnungsmäßige Durchführung unserer oft durch Sie gestörten Versammlungen, in Zukunft in unseren Versammlungen hinweisen und darauf aufmerksam machen, in welche Gefahren sich Ihre
Leute begeben, wenn sie die Praktiken fortsetzen,
die sie bisher in so reichem Maße exerziert haben.