Rede von
Dr.
Hermann
Etzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion beabsichtigte ursprünglich nicht, dem Hohen Hause noch einmal die Bewerbung Bambergs vorzulegen, obwohl dazu an und für sich schon der Umstand hätte Anlaß geben können, daß die Feststellungen, die das Bundesjustizministerium über die Brauchbarkeit und Zulänglichkeit des modernen Baues der ehemaligen OPD als Dienstgebäude des Bundesgerichtshofes getroffen hat, ebensowenig als richtig anzuerkennen waren wie die Behauptung des Unterausschusses des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, daß die Verkehrslage Bambergs ungünstig sei. Ich habe diesen unrichtigen Stellungnahmen im Gesamtausschuß ausdrücklich und entschieden widersprochen. Wenn wir gleichwohl die Bewerbung Bambergs erneut vor dieses Hohe Haus bringen zu müssen glaubten, so lag der Grund dafür in einem Vorgang, der sich vorgestern hier abgespielt hat. Als die Bewerbung Bambergs bekanntgegeben wurde, bemächtigte sich eines beträchtlichen Teils dieses Hohen Hauses eine amüsierte Heiterkeit. Ich habe die Gründe dieser Heiterkeit bis jetzt nicht ermitteln können, glaube aber, sie galt der Tatsache, daß sich eine Stadt von der Größe Bambergs anmaßt, unter die Bewerber zu treten.
Ich möchte dazu folgendes erklären. Bamberg ist immerhin eine alte Bischofs- und Kaiserstadt zu einer Zeit gewesen, als in anderen Teilen Deutschlands weder das Licht des Christentums noch das der abendländischen Kultur und Gesittung verbreitet war.
Von dieser alten Kaiser- und Bischofsstadt sind Ströme deutschen Wesens, deutscher Kraft und deutscher Größe in jene Gegenden gedrungen.
Die Bundesregierung hat die Absicht,
den Kopf des Bamberger Reiters, einer Gestalt der deutschen Natur und Art, auf das neu auszuprägende Fünfmarkstück aufdrücken zu lassen.
Der Bamberger Dom ist eines der ragendsten und charakteristischsten Denkmale deutscher Kunst.
Ich darf weiter sagen, daß diese Stadt eine alte Juristenstadt ist,
und feststellen, daß die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Bambergs in den Archiven, in den Zeitungen, in den Sammelwerken, die die maßgeblichen und beachtlichen Entscheidungen veröffentlicht haben, immer eine bedeutende Rolle gespielt haben.
Die Stadt Bamberg hat auch in der heutigen Zeit nicht geschlafen, sie ist der Sitz der Bamberger Symphoniker, eines Orchesters von internationalem Rang,
das als erstes deutsches Orchester nach dem zweiten Weltkrieg die Größe der deutschen Musik in den romanischen Ländern Frankreich, Spanien und Portugal verkündet hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf, wenn gerade ich es mir herausgenommen habe, diese Ausführungen zu machen, die Legitimation zu einer solchen Verteidigung, zu einer solchen Apologie daraus herleiten, daß ich selber der Gründer dieses Klangkörpers bin.
Bei der zweiten Beratung der kleinen Justizreform haben verschiedene Antragsteller die Meinung geäußert, das Grundgesetz lasse es nicht mehr zu, daß in den einzelnen Ländern Staatsoberhäupter bestehen. Das waren die Herren, die den Änderungsantrag zu dem § 376 ZPO und dem § 49 StPO eingebracht haben. Ich halte diese Auffassung für so offenbar unrichtig, daß ich mit der „verwegenen" Möglichkeit, ja sogar Wahrscheinlichkeit rechnen möchte, die Urheber des Antrags könnten in der Zwischenzeit die Unhaltbarkeit ihrer Ansicht erkannt und sich gleichzeitig davon überzeugt haben, daß ihre Demonstration die verfassungsrechtliche Lage nicht ändert und daß dieser juristische Zwirnsfaden, den sie ziehen wollen, die unausweichlich kommende politische Entwicklung nicht verhindern und Länder des Bundes, welche alte große Staaten sind, nicht davon abhalten kann,
von dem verfassungmäßigen Recht, sich ein Staatsoberhaupt zu geben, Gebrauch zu machen.
Wenn Länder, weil sie gestern noch eine preußische Provinz waren, das Bedürfnis nach einer solchen Institution noch nicht haben oder fühlen, so mögen sie in ihrer Abstinenz verharren,
bis sie in ein echtes Staatstum erwachsen;
aber man möge darauf verzichten, die Bundesfreudigkeit von Mitgliedern des Bundes, die Staaten
sind, durch derartige Nadelstiche zu beeinträchtigen.