Rede von
Dr.
Franz-Josef
Wuermeling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tatsache, daß eine Zufallsmehrheit des Beamtenrechtsausschusses dem Antrag der KPD zugestimmt hat, scheint mir keine entscheidende Begründung dafür zu sein, daß dem Antrag stattzugeben ist.
Es handelt sich um einen kommunistischen Antrag, der noch vom 6. Dezember 1949 herrührt und damals sicher nicht weniger aus Gründen des guten Eindrucks nach außen gestellt worden ist als die sonst hier im Hause gestellten kommunistischen Anträge.
Wir kennen als Vertreter der Regierungsparteien die Notlage gerade in den Schichten der unteren Beamtengruppen nicht weniger genau als die Abgeordneten der Kommunistischen Partei und die Abgeordneten der Opposition.
Nach unserer Auffassung muß immer und immer wieder darauf hingewiesen werden, daß kein Berufsstand in seinen Einkommensverhältnissen im Vergleich zu früher so wenig den jetzigen Verhältnissen angepaßt worden ist wie der Berufsstand der Beamten, der noch auf den Gehältern von 1927, und dazu noch vielfach mit einer Kürzung von 6%, steht. Das muß immer und immer wieder herausgestellt werden, schon weil so oft in der Öffentlichkeit gegenüber den Beamten der Standpunkt vertreten wird, als wäre bei ihnen alles in Gold.
In besonderem Ausmaße gilt das natürlich von den unteren Beamtengruppen; und weil man das wußte, deswegen hat man ja im Wirtschaftsrat seinerzeit diese Zulagen für die unteren Beamtengruppen gewährt, aber gewährt als Vorleistung auf die Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung, die man ja in absehbarer Zeit wieder vornehmen wollte und die nach wie vor auf der Bundesebene bevorsteht. Wenn das aber eine Vorleistung war, meine Damen und Herren, dann muß sinngemäß diese Vorleistung, diese Vorschußleistung bei der endgültigen Leistung angerechnet werden, wenn nicht unser Besoldungssystem noch mehr durcheinandergeraten soll, als es bisher schon durcheinandergeraten ist, wie ich ja auch gestern abend schon darzulegen Gelegenheit hatte. Die Überschneidungen zwischen den unteren und den mittleren Besoldungsgruppen würden sich, wenn diese Anrechnung nicht erfolgt, noch mehr steigern als bisher. Ich darf darauf hinweisen, daß wir ja im Beamtenrechtsausschuß den Versuch gemacht haben, durch den Antrag unseres Kollegen Dr. Brönner eine Klärung über das Ausmaß dieser Überschneidungen durch eine Anfrage an das Finanzministerium herbeizuführen. Aber dieser Antrag ist mit Stimmengleichheit abgelehnt worden, woraus sich ergibt, daß die Hälfte der abstimmenden Mitglieder nicht einmal den Wunsch hatte, über das Ausmaß dieser Überschneidungen Kenntnis zu erhalten. Also der erste Gesichtspunkt, der gegen eine Annahme des Antrages spricht, ist dieser materiell besoldungsrechtliche.
Der zweite, noch viel wichtigere Gesichtspunkt — denn daß Änderungen in den unteren Gruppen erfolgen müssen, darüber sind wir uns alle klar — ist der finanzielle, daß nämlich dem Bund 50 Millionen Mehrausgaben aufgebürdet werden, die er einfach nicht leisten kann. Ich habe bereits heute nacht bei einem anderen Antrage den Standpunkt darlegen müssen, daß es nicht angängig ist, durch Anträge von dieser oder jener Partei immer wieder Mehrausgaben im Plenum beschließen zu lassen, die dann nicht geleistet werden können, weil die Mittel nicht vorhanden sind. Allerdings ist es hier im allgemeinen Aufgabe der Regierungsparteien, für die haushaltsrechtliche Ordnung zu sorgen; und die Opposition hat die Möglichkeit, draußen im Lande herumzuziehen und zu sagen: Ja, die bösen unsozialen Regierungsparteien wollen natürlich für die kleinen Leute nichts tun; aber wir, die Opposition, sind bereit, diese Dinge ohne weiteres zu machen.
Ich habe gestern dargelegt: Dem Haushaltsrecht des Bundestages entspricht auch die Haushaltungspflicht des Bundestages; und deswegen können wir Mehrausgaben nur bewilligen, wenn ein Deckungsvorschlag gemacht ist,
der hier bislang nicht vorliegt.
Als letztes dann aber auch noch ein formeller Gesichtspunkt. Was soll dieser Beschluß eigentlich gesetzestechnisch bedeuten? Ist das ein Gesetz? Ist das eine Entschließung? Ist das ein Ansuchen an die Bundesregierung? — Die Dinge liegen doch so: Die Regelung der Aufhebung der sechsprozentigen Kürzung kann doch nur durch ein Gesetz erfolgen. Also können diese Details, ob die Anrechnung erfolgt oder nicht, auch nur durch ein Gesetz geregelt werden, nicht aber durch eine Entschließung oder einen derartigen Beschluß, wie er uns hier vorliegt.
Meine Damen und Herren! Aus diesen drei Gründen, den materiellen, den finanziellen und den formellen, möchte ich den Antrag stellen, den Antrag des Beamtenrechtsausschusses der Bundesregierung als Material zu überweisen, nicht aber ihm zuzustimmen oder ihn abzulehnen; ihm nicht zuzustimmen, weil es finanziell nicht möglich ist, ihn aber auch nicht abzulehnen, weil wir durch eine Überweisungs-Beschlußfassung den Willen bekunden wollen, daß für uns das Problem noch nicht endgültig geklärt ist und daß auch wir eine möglichst weitgehende Besserung der Besoldungsverhältnisse vor allem in den untersten Beamtengruppen wünschen.
Ich überreiche also dem Herrn Präsidenten den Antrag:
Der Antrag des Ausschusses für Beamtenrecht Drucksache Nr. 1186 wird der Bundesregierung als Material überwiesen.