Rede von
Dr.
Victor-Emanuel
Preusker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Das Gesetz, das Ihnen zur zweiten und dritten Lesung vorgelegt wird und dessen Annahme in der Fassung der Drucksache Nr. 1219 Ihnen der Ausschuß für Geld und Kredit empfiehlt, ist ein technisches Gesetz, das einen durch die Kriegsfolgen entstandenen Notstand überbrücken soll.
Sie wissen alle, daß wir uns gegenwärtig in der D-Mark-Umstellung des Kapitals der Aktiengesellschaften befinden und es außerordentlich wichtig ist, daß dieser Prozeß möglichst schnell zum Abschluß gelangt, damit die deutsche Wirtschaft wieder auf festen Rechtsverhältnissen hinsichtlich des
Kapitals und der Bilanzen fußt. Dieser Umstellungsprozeß kann nur durch Hauptversammlungsbeschlüsse bekräftigt werden.
Es handelt sich nun darum, diese Hauptversammlungen, die die Umstellung zu beschließen haben, beschlußfähig zu machen. Das Wertpapierbereinigungsverfahren dauert nach allem, was man sich nach dem notwendigen Anmeldeverfahren ausrechnen kann, etwa eineinhalb bis zwei Jahre. Es geht nicht an, daß man während dieser ganzen Zeit nur die wenigen — vielleicht auf höchstens 15 bis 20 % zu schätzenden — noch vorhandenen effektiken Aktienrechte zur Ausübung der Mitgliedschaftsrechte zuläßt, sondern man muß eine Hilfskonstruktion finden, um möglichst allen, die nach Abschluß des Wertpapierbereinigungsverfahrens wieder berechtigte Aktionäre sind, die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte zu gestatten. Das ist der Sinn dieses, wie ich sagte, technischen Gesetzes.
An der Regierungsvorlage sind eine Reihe von redaktionellen Änderungen untergeordneter Bedeutung vom Bundesrat vorgenommen worden. Sowohl der Rechtsausschuß wie der Ausschuß für Geld und Kredit haben sich diesen redaktionellen Änderungen angeschlossen. Darüber hinaus hat der Ausschuß für Geld und Kredit noch einige materielle Änderungen vorgenommen, die ich Ihnen ganz kurz begründen möchte.
Der Kernpunkt dieser Änderungen ist der neu eingefügte § 6 a. Die Begründung ist durch die praktische Entwicklung des Wertpapierhandels seit dem Anmeldestichtag zur Wertpapierbereinigung vom 1. Oktober 1949 gegeben. Es hat sich, ohne daß wir untersuchen wollen, inwieweit das der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers entsprochen hat, ein Treuhandgiroverkehr in Zuteilungsrechten an Sammelbeständen der Wertpapiersammelbanken herausgebildet. In der Praxis entfallen etwa 80 % der gesamten Aktienumsätze an den Börsen auf diese Zuteilungsrechte.
Nun wäre es nicht mit der wirtschaftlichen Vernunft zu vereinbaren gewesen, wollte man die gegenwärtigen Inhaber dieser Zuteilungsrechte, die ja zweifellos Aktienrechte erwerben wollen, von der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte ausschließen bei Beschlüssen, die die zukünftige Entwicklung der Gesellschaften, für die sie sich interessiert haben, grundlegend beeinflussen. Ich brauche Ihnen das nur mit zwei Worten zu sagen. Es ist ein recht erheblicher Unterschied für die zu erwartenden Erträgnisse aus einer Gesellschaft, ob das Aktienkapital 1 zu 1 oder, sagen wir, 10 zu 1 umgestellt wird.
Um die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte zu ermöglichen, ist also der § 6 a geschaffen worden mit den notwendigen Sicherungen, die sich im ganzen an das Verfahren der Wertpapierbereinigung anschließen. Aus der Einfügung des § 6 a ergeben sich zwangsläufig die Anfügungen des dritten Absatzes des § 5 und des dritten Absatzes des § 6.
Dann ist noch eine zweite materielle Änderung erfolgt, die die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten bei Namensaktien betrifft. Der Ausschuß war sich vollständig klar darüber, daß eine Umschreibung von Namensaktien selbstverständlich erst erfolgen kann, wenn das Verfahren der Wertpapierbereinigung abgeschlossen ist. Er wollte aber ebenso wie im Falle des Treuhandgiroverkehrs auch hier die Möglichkeit eröffnen, daß diejenigen, die analog dem im Wertpapierbereinigungsgesetz vorgeschriebenen Verfahren ihre Mitgliedschaftsrechte nachweisen können, auch nicht von der Teilnahme an grundlegenden Beschlüssen der Hauptversammlungen ausgeschlossen sind.
Dann zum Schluß noch eine weniger bedeutsame Änderung oder Ergänzung des Gesetzes: Wir haben sowohl im Falle der Inhaber- wie im Falle der Namensaktien die Möglichkeit eröffnet, daß diejenigen, die ihre Gesamtrechtsnachfolge an einem Aktienbestand, also als Erben oder im Wege der Fusion, nachweisen können, auch die Möglichkeit erhalten, die Mitgliedschaftsrechte auszuüben.
Ich darf Sie daher bitten, diesem Gesetz zuzustimmen, dessen Bedeutung vor allen Dingen darin liegt, daß es möglichst schnell in Kraft tritt, damit noch im Laufe der zweiten Hälfte dieses Jahres die Hauptversammlungen der Aktiengesellschaften zur Umstellung ihres Aktienkapitals mit wirklich zuverlässiger Mehrheit der gegenwärtigen Berechtigten durchgeführt werden können.