Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich glaube, daß in dieser Zeit stärkster weltpolitischer Spannung diese Hohe Haus, die Regierung und alle Abgeordneten vor dem deutschen Volk vor allen Dingen die Verpflichtung haben, Zeichen ruhiger Besinnung und einer festen Haltung zu geben.
Meine Damen und Herren, Sie sprachen vorhin von Weltöffentlichkeit und von deutscher Öffentlichkeit. Lassen Sie mich Ihnen sagen, daß die Weltöffentlichkeit und das deutsche Volk für derlei Demonstrationen nach meiner festen Überzeugung nicht das geringste Verständnis haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle ausdrücklich fest: Ich habe weder eine Institution noch eine Fraktion noch eine Person angesprochen, und ich habe vor allen Dingen nicht vor einem internationalen Forum, sondern vor deutschen Industriellen gesprochen, die am Außenhandel mit Belgien und Luxemburg interessiert sind,
Ich habe in einer Aussprache mit meinen Freunden
diese Dinge in wenigen Minuten bereinigt gehabt,
weil nur etwas guter Wille dazu gehört, um zu verstehen, was sich hier abgespielt hat. Es lag mir
völlig fern, irgendeine Fraktion, eine Institution
oder eine Person zu beleidigen; es konnten sich ja
ebensogut zwei Leute angesprochen fühlen wie 402.
Ich sagte, ich habe nicht die Absicht, lange darüber zu sprechen.
Es ist auch sehr wenig dazu zu sagen, aber es ist
geradezu grotesk, wie dieser Fall einmal hier zu
grundsätzlichen Fragen staatsrechtlicher Art aufgebauscht wird, obwohl ich auch dazu feststellen
möchte, daß ich das Grundgesetz in allen seinen
Teilen stets gewissenhaft gehalten habe und daß
ich mich vor allen Dingen immer bemühte, zwischen
meinem Ministerium und dem Bundestag in allen
Teilen und zu allen Ausschüssen das beste Einvernehmen und die engste Zusammenarbeit zu wahren.
Die Verhältnisse aber werden da auf den Kopf gestellt. Ich werde gewissermaßen als der Vertreter einer Bürokratie gebrandmarkt, die in einem Gegensatz zu dem lebendigen Leben, zu den Menschen mit Herz stünde. Ich habe bisher immer die Erfahrung gemacht, daß ich wohl mehr als jeder andere in diesem Hause alles getan habe, um den Übermut der Bürokratie zu brechen,
gegen Ihren Willen, meine Herren ! (Lebhafter Beifall bei der CDU.)
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es wird niemand hier sein, der etwa der Meinung ist, hier stünden wirklich so große staatspolitische Prinzipien, hier stünden sogar die Ehre und die Würde dieses Hauses auf dem Spiel,
und ich wäre gewissermaßen der erste gewesen, der sie verletzt hätte. Ich muß Ihnen sagen: soweit ich mit der SPD und ihren Vertretern in Berührung gekommen bin, habe ich nicht den Eindruck gehabt, daß sie sich durch besondere Zartheit der Sprache und des Ausdrucks ausgezeichnet haben.
Wenn die Würde des Hauses verletzt worden ist, Herr Dr. Schumacher,
dann haben Sie es mit der Erklärung „Bundeskanzler der Alliierten" viel mehr getan,
und Sie haben die Abgeordneten der Regierungsparteien, mit deren Stimmen der Kanzler gewählt worden ist, damit persönlich beleidigt,
während ich niemand angesprochen habe. Sie werden es ja auch niemand begreiflich machen,
daß dahinter tatsächlich die Absichten stehen, die Professor Schmid vorgetragen hat. Nein, meine. Damen und Herren, Sie wollen einen Mann be seitigen, der Ihnen mit Erfolg Widerstand geleistet hat!
Meine Damen und Herren! Ich kann zum Schluß und will zu Ihrem Antrag nur das eine sagen: Das könnte Ihnen so passen!