Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Getreidegesetz hat den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum erstenmal in seiner Sitzung vom 17. Mai 1950 informatorisch beschäftigt. Dort haben Bundesminister Niklas und Ministerialdirektor Stab einen Überblick über die Grundsätze des Gesetzes gegeben. Insbesondere wurden die Hauptpunkte des Gesetzes hervorgehoben: eine ausreichende Vorratshaltung an Getreide sei notwendig, die Festsetzung stabiler Preise, die Aufstellung eines Versorgungsplanes, die Ermächtigung an die Regierung bezüglich verschiedener Ausmahlungsvorschriften, dann die Verarbeitungsregelung der Mühlen, die Schaffung einer eigenen Einfuhr- und Vorratsstelle und gewisse Maßnahmen zur Preisregelung. Ich darf in diesem Zusammenhang auf die Rede des Herrn Landwirtschaftsministers Niklas bei Einbringung des Gesetzes verweisen.
Es wurde dann in einer Sitzung vom 31. Mai eine allgemeine Aussprache über das Getreidegesetz gepflogen. Auf die Ergebnisse dieser Aussprache werde ich bei der Berichterstattung über die einzelnen Paragraphen noch zurückkommen. Es gab dann ein kleines Zwischenspiel am 7. Juni in einer Sitzung, in der insbesondere von dem Abgeordneten Dr. Müller verlangt wurde, daß erst bestimmte Vorfragen des Getreidegesetzes geklärt werden müßten, vor allem die Frage der Subventionierung. Damals wurde beschlossen, den Herrn Bundeskanzler, sowie die Herren Bundesminister für Finanzen, Wirtschaft und Ernährung einzuladen, um von diesen Herren die entsprechenden Aufschlüsse zu bekommen. Es haben dann auch solche Zwischenbesprechungen stattgefunden, und danach wurde an die Einzelberatung des Gesetzes herangegangen. Ich darf dazu nun folgendes feststellen.
Der Ausschuß war einstimmig der Meinung, daß auf dem landwirtschaftlichen Gebiet eine gewisse Ordnung notwendig sei. Dieses Getreidegesetz ist nun das erste der hier zu behandelnden Agrargesetze, die eigentlich bis zum 1. Juli verabschiedet sein sollten. Bei der Beratung des Gesetzes hat man die Beschlüsse des Bundesrates im allgemeinen anerkannt. Es sind nur unwesentliche Bestimmungen, bei denen man den Vorschlägen des Bundesrates nicht gefolgt ist.
Der eine Punkt ist, daß bei der Vermahlungsregelung dem Interesse der heimatvertriebenen Müller Rechnung getragen werden soll. Dieser Punkt wurde im Grundsatz anerkannt, aber es wurde allgemein zum Ausdruck gebracht, daß hier nicht der Platz sei, um das im Getreidegesetz zu regeln. Das muß an anderer Stelle geschehen. Die Regierung wurde beauftragt, gewisse Maßnahmen durch andere Stellen vorzunehmen.
Hauptdifferenzpunkte des Gesetzes sind in der Aussprache gewesen: a) die Preisfestsetzung. Hier lag ein Antrag der SPD vor, an Stelle des § 2 des Entwurfs, der von der Versorgungsregelung spricht, die Preisregelung festzusetzen. Hier sollte es heißen:
Durch Bundesgesetz werden rechtzeitig im
voraus für jedes Getreidewirtschaftsjahr die Preise für Getreide festgelegt.
Der Bundesminister hat seine Aufsichts- und Weisungsbefugnisse über die durch dieses Gesetz zu schaffenden Organe so auszuüben, daß die Einhaltung dieser Preise gewährleistet ist.
Der Antrag wurde gegen die Stimmen der SPD
abgelehnt.
Ein weiterer Differenzpunkt war die Schaffung
der Mühlenstelle. Hier gingen die Meinungen zwischen SPD und den übrigen Mitgliedern des Ausschusses ebenfalls auseinander und hier hat die
SPD folgende Abänderungsanträge eingebracht:
Zur Sicherstellung des Absatzes des Inlandsgetreides und zur Gewährleistung einer gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit
Mehl und Brot bestimmt der Bundesminister
durch Rechtsverordnungen
1. den Umfang der Vermahlung von Brotgetreide in den einzelnen Mühlen. Dabei soll die Vermahlungsregelung so gestaltet werden, daß übersetzte Verarbeitungs-, Handels- und Transportspannen abgebaut und den berechtigten Interessen der verschiedenen Wirtschaftsgebiete und Betriebsgrößenklassen und der in ihnen beschäftigten Menschen Rechnung getragen wird.
Ferner kann der Bundesminister bestimmen, in welchem Umfange Brotgetreide für andere Zwecke als für die menschliche Ernährung verwendet werden kann ...,
Bestimmungen, die auch in der Vorlage enthalten sind, die mit dem SPD-Antrag identisch sind.
Dann kam zur Frage der Mühlenwirtschaft noch der SPD-Antrag:
Für das Gebiet der Mühlenwirtschaft wird beim Bundesminister ein Beirat gebildet. Diesem Beirat sind alle Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage der Vorschriften des § 3 erlassen werden sollen, vorzulegen.
Der Beirat muß für seine Stellungnahme eine Frist von 14 Tagen haben.
Der Beirat setzt sich zusammen aus:
6 Vertretern der Mühlen,
2 Vertretern der Nährmittelindustrie,
1 Vertreter der Schälmühlen,
2 Vertretern der Bäcker,
4 Vertretern der Erzeuger- und Absatzgenossenschaften,
7 Vertretern der Verbraucher,
2 Vertretern des Import- und des Landhandels,
3 Parlamentariern.
Hier wäre nach dem SPD-Antrag die Mühlenstelle vollständig verschwunden gewesen, und nur die Befugnisse des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft wären mit dem Beirat für die Mühlenwirtschaft stipuliert worden. Dieser Antrag der SPD wurde abgelehnt.
Dagegen wurde ein SPD-Abänderungsantrag zu § 8 einstimmig angenommen.
Während also in der Frage der Mühlenstelle Differenzen im Ausschuß vorhanden waren, ist man in der Frage Ein- und Ausfuhrstelle zu einer einmütigen Stellungnahme gekommen. Im SPD-Antrag wurden die Grundsätze festgelegt, daß die freie Disponierung über Getreide, das die Einfuhr- und Vorratsstelle nicht abnimmt, abgeschafft wurde, um gewisse klare Verhältnisse in der Bewirtschaftung durch die Einfuhr- und Vorratsstelle zu schaffen. Ich darf darauf verzichten, den Wortlaut
dieses Abänderungsantrags zu verlesen, weil er ja in der Gesetzesvorlage, auf die ich jetzt zu sprechen komme, verankert ist.
Der Ernährungsausschuß hat sich dann mit den einzelnen Paragraphen beschäftigt. In den letzten Tagen hat auch der Wirtschaftsausschuß zu dem Gesetz noch Stellung genommen. Ich habe die Formulierung zu vertreten, die Ihnen jetzt in Drucksache Nr. 1224 vorliegt. Ich bitte Sie, diese Beilage zur Hand zu nehmen; das erleichtert uns die Angelegenheit. Hier ist gegenübergestellt auf der einen Seite die Vorlage der Regierung und auf der andern Seite die Vorlage der Ausschüsse, und zwar des Ernährungsausschusses wie des Wirtschaftsausschusses oder die kombinierten Beschlüsse des Ernährungs- und Wirtschaftsausschusses. Es ist erfreulicherweise durch die zunächst getrennten Beratungen, aber dann doch wieder zusammengehenden Auffassungen eine ziemlich gemeinsame Meinung hergestellt worden. Sie finden in §§ 1 und 2 die Anderungen, die im Ausschuß vorgenommen worden sind, durch Fettdruck gekennzeichnet. Sie finden das auch in § 3.
Im § 4 hat es gewisse schwere Auseinandersetzungen gegeben. Hier ist wiederholt der Grundsatz zum Ausdruck gekommen, daß die Mühlenbewirtschaftung so zu handhaben sei, daß einer unwirtschaftliche Übersetzung beseitigt wird, daß aber auf der anderen Seite die Kontingentierung auch so erfolgen muß — das war der Wunsch des Ausschusses —, daß den Klein- und und Mittelmühlen in ihrer Existenz Rechnung getragen wird, daß aber trotz dessen ein wirtschaftlicher Leistungswettbewerb in der Mühlenindustrie gesichert ist. Sie finden jetzt den ganzen Kompromiß in § 4 zu einer Einheit zusammengezogen. Wer Interesse dafür hat, den bitte ich, sich diesen Paragraphen genauer anzusehen.
Dazu liegt dann noch, was ich zu Protokoll geben muß, ein einstimmiger Beschluß des Ernährungsausschusses vor, daß die Kontingente, die ausschließlich an Betrieben haften, bei einheimischen Mühlen nicht zum Handelsobjekt gemacht werden dürfen, und daß der Ausschuß der Auffassung ist, daß in eigenem Betrieb nichtverwendete Kontingente nicht weiterverkauft werden dürfen, sondern daß sie dem Betrieb entzogen werden sollen, unbeschadet einer anderweitigen gesetzlichen Regelung. Das ist ein Grundsatz, der im Protokoll des Ausschusses zu finden ist und der nicht im Gesetz festgelegt ist. Deswegen wiederhole ich das hier.
Zu § 5 unter „Mühlenstelle" sehen Sie dann, daß gewisse Schwierigkeiten bezüglich der Gestaltung des Vorstandes des Verwaltungsrates zu überwinden waren. Der Beirat ist durch den Einspruch des Wirtschaftsausschusses gefallen. Sie finden die ganze Konstruktion der Mühlenstelle mit dem Aufsichtsrecht des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft in § 5 niedergelegt. In § 5 ist die Ziffer 7 weggefallen, weil das an einer späteren Stelle bei der Behandlung der Kostenregelung geregelt ist.
§ 6 ist unverändert geblieben.
In § 7 ist das wichtige Kapitel „Einfuhr- und Vorratsstelle" gelöst, wobei insbesondere die Neugestaltung der Zusammensetzung des Verwaltungsrats hervorzuheben ist. Sie sehen im Fettdruck die durch den Ausschuß vorgenommenen Änderungen. Dann sehen sie auch die wichtigen Bestimmungen über das Funktionieren des Verwaltungsrats, nämlich dahingehend, daß die gefaßten Beschlüsse des Verwaltungsrats dem Bundesminister zur Genehmigung vorzulegen sind.
Sie sehen dann an dem weiteren Fettdruck die anderen Regelungen im § 8. Die wesentlichen Anderungen, die hier gegenüber der Regierungsvorlage vorgenommen sind, sind genau ersichtlich; sie stimmen mit dem genannten Antrag der SPD in den Grundzügen überein. Ich bitte aber wegen der Kürze der Zeit, das alles selber nachlesen zu wollen.
Wichtig ist dann noch die Bestimmung:
Die Einfuhr- und Vorratsstelle hat ferner die Aufgabe, je nach Marktlage unter Verwendung der im Haushalt bereitgestellten Mittel eine Vorratshaltung in Auslands- und Inlandsgetreide durchzuführen.
Dann sehen Sie sich die Vorschrift noch an:
Bei der Durchführung ihrer kaufmännischen und technischen Aufgaben soll sich die Einfuhr- und Vorratsstelle der Einrichtungen der Wirtschaft bedienen.
Das heißt: sowohl des Handels wie der Raiffeisengenossenschaften,
§ 8 ist hier eingefügt. Sie sehen das in der Vorlage.
§ 9 behandelt die Preisregelung. Hier ist wichtig, daß ein Abs. 4 hinzugefügt ist:
Rechtsverordnungen, durch die Preise für Getreide oder Brot festgesetzt oder freigegeben werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates und des Bundestages.
In § 10 und den weiteren Paragraphen finden Sie die Bestimmungen, die geändert worden sind, durch Fettdruck hervorgehoben.
Ebenso ist in § 14a alles zusammengezogen, was sich auf die Gebühren bezieht.
Die Buchführung wird das Hohe Haus weniger interessieren; sie ist im Gesetz genau behandelt; ebenso in § 16 die Meldepflicht. Dann kommen die Straf- und Schlußbestimmungen. Diese sind auch so gehalten, wie es die Verhältnisse erfordern.
Damit bin ich am Ende der Berichterstattung angelangt. Ich habe mich bemüht, das in 10 Minuten fertigzubringen.
Es war ein Kunststück, bei einer so großen Materie. Ich habe mich bemüht, Ihnen ein Musterbeispiel einer objektiven Berichterstattung zu geben. Ich habe hier die Dinge nur so geschildert, wie sie tatsächlich im Ausschuß behandelt worden sind, objektiv. Ob es die Partei oder jene Partei gewesen ist, das war mir gleichgültig.
Ich habe Sie nun im Auftrage des Wirtschafts- und Ernährungsausschusses zu bitten, der Vorlage, wie sie hier vorliegt, Ihre Zustimmung zu geben.