Rede von
Friedrich
Mensing
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ausführungen des Kollegen Loritz veranlassen mich, noch das Wort zu nehmen.
Ich möchte nicht, daß in der deutschen Öffentlichkeit, beim deutschen Handwerk der Eindruck erweckt wird, als ob Herr Loritz hier der Gralshüter handwerklicher Belange sei.
Das ist der Grund, weshalb ich mich veranlaßt fühle, eine kurze Erklärung abzugeben.
Wieweit Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft in Großbetrieben möglich ist, darüber will ich mich aus dem einfachen Grunde nicht äußern, weil ich den Eindruck habe, daß beide Gesetzentwürfe dem Handwerk doch ein gewisses Entgegenkommen zeigen. Ich hoffe, daß wir, die wir dem Handwerk angehören, in den Ausschußberatungen noch die Möglichkeit haben, dem Gesetz hinsichtlich des Hand- werks die Giftzähne auszuziehen.
Abgelehnt werden muß das Mitbestimmungsrecht auf jeden Fall für die Klein- und Mittelbetriebe. Die handwerklichen Betriebe müssen daher bei der Frage der Mitbestimmung ausscheiden.
Im Handwerk haben von jeher Fragen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer kaum eine nennenswerte Rolle gespielt. Das soziale Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Handwerk wird am besten durch die Tatsache bewiesen, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den meisten Betrieben auch heute noch an einem Tisch ihre Mahlzeiten einnehmen, und durch die Tatsache, daß die Handwerksmeister in ihren Arbeitnehmern niemals die Arbeitnehmer in dem Sinne gesehen haben, wie es in der Industrie der Fall ist, wo der klassenkämpferische Gedanke in den letzten Jahrzehnten vorherrschend war; sondern der Handwerksmeister hat in seinem Gesellen seinen Mitarbeiter gesehen, der später einmal selbständig wird und sein Nachfolger werden soll. Auf Grund dieser Tatsache löst sich die Frage Arbeitgeber—Arbeitnehmer im Handwerk von selbst.
Der besonderen Stellung des Handwerks im Rahmen der gesamten Volkswirtschaft muß daher Rechnung getragen werden. Das Handwerk lehnt es ab, sich nach irgendeiner Seite festzulegen. Als Mittler zwischen Kapital und Arbeit will das Handwerk seine Funktionen ausüben. Der Arbeitnehmer im Handwerk hat daher niemals in seinem Brotgeber den Feind gesehen. Es ist daher nicht zu verwundern, daß gerade im Handwerk viele Fragen, die im Rahmen des Mitbestimmungsrechts jetzt zur Erörterung stehen, schon von jeher verwirklicht waren, ohne daß dazu erst eine Gesetzgebung notwendig ist. Im Handwerk entscheidet ausschließlich das Verhältnis von Mensch zu Mensch, das Gebot des Anstandes und des sozialen Gewissens. Das ist aber einzig und allein eine Sache des Charakters und nicht des Gesetzgebers.
Das Handwerk lehnt es ab, sich eine Einmischung irgendwelcher anonymer Kräfte in seinen Betrieben bieten zu lassen. Ein Außenstehender, wer es auch sei, hat in einem Handwerksbetrieb nicht mitzubestimmen. Eingriffe des Gesetzgebers, um den Handwerksbetrieben in der Frage der Mitbestimmung gesetzliche Vorschriften machen zu wollen, würden lediglich dazu beitragen, den sozialen Frieden in diesen Betrieben zu stören.
In einem Handwerksbetrieb kann im entscheidenden Augenblick nur die persönliche Initiative des Unternehmers in der Lage sein, Maßnahmen zum Besten seines Betriebes und damit der Gesamtwirtschaft zu treffen. Nur die Persönlichkeit des selbständigen Handwerksmeisters vermag in diesen Betrieben Situationen zu meistern, die klare, persönliche Verantwortung erfordern. Jedes Mitbestimmungsrecht Dritter würde im Handwerk die Initiative lähmen und den Betrieben und ihren Arbeitnehmern größten Schaden zufügen.
In einem Handwerksbetrieb werden in den meisten Fällen Kredite nicht dem Betrieb, sondern der Persönlichkeit des Besitzers eines solchen Unternehmers gegeben. Das Handwerk vertritt die Auffassung, daß daher das Mitbestimmungsrecht für das Handwerk nicht in Frage kommen kann.
Weiter darf ich zum Ausdruck bringen, daß das Privateigentum für uns Handwerker heilig ist.-
Auch verstehen wir die Persönilchkeit des Unternehmers so, daß die Initiative und die Kraft des Unternehmers, der auch in den meisten Fällen Erfinder ist, nicht durch Einmischung irgendwelcher anonymer Kräfte von außen her gelähmt werden darf.
Noch ein Wort zu dem Kammersystem. Wir haben von seiten des Handwerks diesem bereits weitestgehend dadurch Rechnung getragen, daß wir die Handwerkskammern mit einem Drittel Gesellenvertretern besetzt haben. Eine Parität lehnen wir deshalb ab, weil im Handwerk 40 Prozent Einmannbetriebe vorhanden sind. Es würde eine Vergewaltigung des Handwerks darstellen, wenn dort Parität verlangt würde.